Alain René Lesage
Gil Blas von Santillana
Alain René Lesage

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Viertes Kapitel.

Gil Blas kommt in Madrid an; bey wem er daselbst Dienste nimmt.

Ich hielt mich bey dem jungen Barbier eine Zeitlang auf, hierauf macht' ich mich mit einem Segovischen Kaufmann auf den Weg, der durch Olmedo ging. Er hatte Waaren nach Valladolid geschafft, und kam mit seinen vier Maulthieren leer zurück. Unterwegs machten wir Bekanntschaft, und er gewann mich so lieb, daß ich bey unsrer Ankunft zu Segovien schlechterdings bey ihm wohnen mußte. Zwey Tage hielt ich mich in seinem Hause auf, und als er mich im Begriffe sahe, mit Maulthiertreibern nach Madrid abzugehen, so gab er mir einen Brief mit, den er mich eigenhändig, der Aufschrift gemäß, abzuliefern bath. Er ließ mir nicht merken, daß es ein Empfehlungsschreiben war.

Ich ermangelte nicht, ihn dem Sennor Mathéo Melendez zu überbringen; einem Tuchhändler, der am Sonnenthore, an der Ecke der Koffermacherstraße wohnte. Kaum hatte dieser Mann den Brief gelesen, so sagt' er mit einer sehr freundlichen Miene zu mir: Sennor Gil Blas, mein Correspondent, Pedro Palazio, schreibt mir so viel Gutes von Ihnen, 61 empfiehlt Sie mir so dringend, daß ich nicht umhin kann, Ihnen ein Logis in meinem Hause anzubiethen. Er bittet mich überdieß, Sie gut unterzubringen. Ein Auftrag, den ich gleichfalls mit dem größten Vergnügen übernehme. Ich bin überzeugt, daß es nicht schwer halten soll, Ihnen eine vortheilhafte Stelle zu verschaffen.

Ich nahm Melendez's Anerbiethen mit so großer Freude an, da ich meine Barschaft ersichtlich schwinden sahe. Doch blieb ich ihm nicht zu lange auf dem Halse. Nach Verlauf von acht Tagen sagt' er zu mir, er habe mich einem Cavalier von seiner Bekanntschaft, der einen Kammerdiener brauchte, vorgeschlagen, und allem Anschein nach würde mir dieser Posten nicht entgehen. In eben dem Augenblicke trat dieser Cavalier in's Zimmer. Hier gnäd'ger Herr, sagte Melendez, indem er auf mich zeigte, ist der junge Mensch, von dem ich Ihnen gesagt habe; ein rechtlicher und sittiger junger Mann, für den ich gut stehe. Der Cavalier sah mich fest an und sagte: Seine Physiognomie gefällt mir, ich nehme ihn in meine Dienste. Er darf mir nur folgen, und ich will ihm zeigen, was seines Amts seyn soll. Damit wünscht' er dem Kaufmann einen guten Morgen, und nahm mich mit sich fort.

Wir gingen nach der breiten Straße, und er führte mich in ein schönes Haus, das unfern 62 der Sanct-Philipps-Kirche lag, und dessen einen Flügel er ganz bewohnte. Dann stiegen wir eine Treppe von fünf bis sechs Stufen herauf, von da wir an ein Zimmer kamen, das er durch zwey starke Thüren verwahrt hatte, und deren erste in der Mitte ein kleines Gitterfensterchen hatte. Mein Herr öffnete dieß Zimmer. Aus demselben kamen wir in ein anderes, worin sich ein Bett' und anders Hausgeräth befand, das mehr sauber, als kostbar war.

Hatte mich mein neuer Herr bey Melendez genau in's Auge gefaßt, so that ich nunmehr ein Gleiches. Er war ein Mann in die Funfzig, sein Gesicht schien etwas Ernstes, Kaltes, dabey aber viel Gutherziges zu haben. Meine Gesichtskunde trog mich nicht. Er that verschiedne Fragen, in Betreff meiner Familie, an mich, und meine Antworten befriedigten ihn.

Du scheinst mir ein rechter guter Junge, Gil Blas, sagte er zu mir, und es ist mir recht lieb, Dich in meinen Diensten zu haben. Du kannst Deiner Seits darauf rechnen, daß Dir's nicht übel gehen soll. Du bekommst täglich Deine sechs Realen für Kost, Kleidung und Lohn, die kleinen Sporteln ungerechnet, die Du Dir sonst noch machen kannst. Sauer soll Dir übrigens meine Bedienung nicht werden. Zu Hause speis' ich nicht. Des Morgens mußt Du mir meine Kleider rein machen, und der ganze übrige Tag ist Dein. Das Einzige 63 empfehl' ich Dir, Dich des Abends fein frühzeitig einzustellen, und mich vor der Thür zu erwarten. Weiter verlang' ich von Dir nichts.

Nachdem er mir solchergestalt meine Geschäfte vorgeschrieben hatte, zog er sechs Realen aus der Tasche, die er mir zu dem ebenerwähnten Gebrauche gab. Hierauf gingen wir alle Beyde fort. Er schloß die Thüren selbst zu, steckte die Schlüsseln ein, und sagte zu mir: Folg' mir nicht Freund, geh' wohin Du willst, lauf in der Stadt herum, nur daß ich Dich heut' Abend, wenn ich zu Hause komme, hier auf dieser Treppe finde. Mit diesen Worten ging er von mir und überließ mir's, den Tag hinzubringen, wie ich es für gut befände.

Wahrlich, Gil Blas, sagt' ich nun zu mir selbst, einen bessern Herrn hättest du nicht treffen können! Findest einen Mann, der Dir für das Ausbürsten und Klopfen seiner Kleider, und für das Ausräumen seines Zimmers täglich sechs Realen gibt, und die Freyheit spazieren zu gehen und herumzujubeln wie ein Schüler, der Ferien hat! Wahrhaftig und Gott! ein glücklicheres Leben gibt es nicht! Nun wundr' ich mich nicht mehr, warum ich mich so nach Madrid hinsehnte; unstreitig ahndete ich das mich hier erwartende Glück.

Ich durchlief den ganzen Tag die Straßen, und betrachtete alles, was mir neu war. So hatt' ich Zeitvertreib und Beschäftigung vollauf. 64 Den Abend aß ich in einem nicht weit von unserer Wohnung belegnen Speisehause, sodann eilt' ich nach dem Orte, woselbst mich mein Herr hinbestellet hatte. Er kam erst Dreyviertelstunden nach mir; meine Pünctlichkeit schien ihm zu gefallen.

So recht! sagte er. Ich liebe die Bedienten, die auf ihre Schuldigkeit genau halten. Mit diesen Worten öffnete er die Thüren unsers Zimmers und schloß sie wieder zu, sobald wir herein waren. Da wir kein Licht hatten, nahm er Feuerstein, Zunder und zündete ein Licht an. Hernach half ich ihm, sich auskleiden. Sobald er zu Bette war, steckt' ich eine in seinem Kamine stehende Lampe an, und nahm das Licht mit in die Vorkammer, wo ich mich in ein kleines Bett ohne Vorhänge legte. Er stand den Morgen zwischen neun und zehn auf. Ich kehrte ihm die Kleider aus, er zahlte mir meine sechs Realen hin und beurlaubte mich bis auf den Abend. Nachdem er seine Thüren auf's allersorgfältigste verwahret hatte, ging er auch aus. Wir sahen einander vor Abends nicht wieder.

So war tagtäglich unsere Lebensart, die ich sehr angenehm fand. Das Lustigste war, daß ich meines Herrn Nahmen nicht wußte. Melendez ging es nicht besser. Er kannte diesen Cavalier weiter nicht, als daß er unterweilen zu ihm in's Gewölbe kam, und ihm Tuch 65 abkaufte. Unsere Nachbaren konnten meine Neugier nicht besser befriedigen. Sie versicherten mir, mein Herr wär' ihnen stockfremd, ob er sich gleich schon zwey Jahre im Hause befände; erzählten mir, er besuche niemanden in der Nachbarschaft, und einige von ihnen, die gleich alles, wie man zu sagen pflegt, zu Bolzen zu drehen wußten, machten hieraus den Schluß, daß er nicht viel Gutes im Schilde führen müsse. In der Folge ging man sogar noch weiter, hielt ihn in dem Verdacht, er sey ein Spion des Königs von Portugal, und gab mir aus Mitleid einen Wink, darnach meine Maßregeln zu nehmen; ein Wink, der mich nicht wenig beunruhigte.

Wenn sich das wirklich so verhielte, stellt' ich mir vor, so schwebt' ich in Gefahr, die Gefängnisse von Madrid kennen zu lernen, die ich mir nicht anmuthiger dachte, als die übrigen. Meine Unschuld war nicht hinlänglich, mir Muth einzuflößen. Meine vergangenen Unglücksfälle hatten mir die Justiz furchtbar gemacht. Zweymahl hatt' ich's erfahren, daß, wenn sie gleich die Unschuldigen nicht tödtet, sie dennoch die Gesetze der Gastfreyheit so schlecht gegen sie ausübt, daß man den Aufenthalt bey ihr nichts weniger denn angenehm findet.

In einer so kritischen Lage schwebend zog ich den Melendez zu Rathe. Der wußte 66 mir keinen zu geben. Wenn er gleich meinen Herrn für keinen Spion zu halten Ursache hatte, so konnt' er dennoch nicht das Gegentheil verfechten. Ich beschloß demnach meinen Herrn genau zu beobachten, und ihn zu verlassen, sobald ich ihn als einen Staatsfeind fände; mir schien es aber der Klugheit gemäß, und die Reitze meiner jetzigen Lebensart riethen mir auch dazu, vorher einen Grund zu haben, worauf ich sicher fußen konnte. Ich begann demnach alle seine Handlungen auf's genaueste zu untersuchen, und um ihm auf den Puls zu fühlen, sagt' ich eines Abends beym Auskleiden zu ihm: Man mag doch auch in der Welt noch so still vor sich wegleben, so kriegen einen doch die Lästermäuler unter. Die Welt ist recht böse, und wir haben hier Nachbaren, die den Teufel nicht taugen; rechte boshafte Geschöpfe. Sie sollten wohl in Ewigkeit nicht rathen, was sie uns nachsagen. Nun, Gil Blas, antwortete er, was können sie denn von uns sagen?

Als wenn's der Verleumdung jemahls am Stoffe fehlte, erwiederte ich. Wahrlich, die Tugend selbst muß ihr welchen hergeben. Unsre Nachbaren sprechen: wir wären gefährliche Leute, verdienten, daß der Hof uns in genaue Obacht nehmen liesse; mit einem Worte, man hält Sie hier für einen Spion des Königs von Portugal. Bey diesen Worten faßt' ich meinen Herrn so in's Auge, wie ehmahls 67 Alexander seinen Leibarzt, und wandte alle meine Scharfsicht an, die Wirkung zu erforschen, die diese Worte in ihm hervorbringen würden. Mich dünkte, daß er zusammenbebte, was sich denn mit den Muthmaßungen der Nachbarschaft gar wohl reimte, und ich sah' ihn in ein Staunen sinken, das ich nicht zum günstigsten auslegte. Doch erholt' er sich bald wieder von seiner Betroffenheit, und sagte zu mir mit ziemlich ruhiger Miene: Mögen sie doch schwatzen, unsere Nachbaren, Gil Blas, unsere Ruhe soll nicht von ihrem Geträtsch' abhängen. Wir wollen uns nicht kümmern, was für eine Meinung sie von uns hegen, wenn wir ihnen nur nicht Anlaß geben, eine schlechte von uns zu fassen.

Hierauf ging er zu Bette, und ich that das nähmliche, ohne zu wissen was ich denken sollte. Als wir den kommenden Morgen eben im Begriffe waren auszugehen, hörten wir an die äußere Thür stark anpochen. Mein Herr öffnete die innere, sah durch das Gitterfensterchen, und erblickte einen wohlgekleideten Mann, der zu ihm sagte: Gnädiger Herr, ich bin Alguazil, und komme her, Ihnen zu sagen, daß der Herr Corregidor Sie zu sprechen wünschet. Was verlanget er von mir? antwortete mein Patron. Das weiß ich nicht, 'R Gnaden, versetzte der Alguazil, wenn Sie's aber wissen wollen, so dürfen Sie sich nur zu ihm hinbemühen. Ich bin sein Diener, erwiederte mein 68 Herr, ich habe nichts mit ihm zu schaffen. Dieß gesagt, zog er die Thür mit Ungestüm an sich. Hierauf ging er eine Zeitlang die Stub' auf und ab, mit der Miene eines Menschen, dem des Alguazil's Rede viel nachzudenken gegeben hatte, drückte mir die sechs Realen in die Hand, und sagte zu mir: Du kannst gehen, Gil Blas, mein Freund, und den Tag zubringen, wo Du willst. Ich meiner Seits werde sobald nicht ausgehen und brauche Dich diesen Morgen nicht.

Aus diesen Worten schloß ich, ihm sey bang' in Haft genommen zu werden, und aus der Besorgniß blieb er auf seinem Zimmer. Ich ging fort, und um zu sehen, ob ich mich in meinem Verdachte betrogen hatte, verbarg ich mich an einem Orte, wo ich ihn konnte ausgehen sehen. Ich würde den ganzen Morgen hier auf der Lauer gelegen haben, wenn er mir nicht die Mühe erspart gehabt. Eine Stunde darauf sah' ich ihn mit einer so dreisten Miene über die Straße gehen, daß mein Verdacht anfänglich schwinden wollte. Doch weit entfernt seinem Aeussern zu trauen, legt' ich es ganz anders aus, denn er fand keinen günstigen Richter in mir. Eitel Gaukelspiel! dacht' ich. Er ist gewiß bloß darum noch zu Hause geblieben, um alles das, was er an Gold und Edelgesteine hat, mitzunehmen, und steht jetzt im Begriffe durch 69 eine schleunige Flucht für seine Sicherheit zu sorgen.

Ich hoffte nicht mehr ihn wiederzusehen, und war zweifelhaft, ob ich diesen Abend ihn vor der Thür erwarten sollte, oder nicht, so fest überzeuget war ich, daß er noch heute die Stadt verlassen, und sich vor der ihm drohenden Gefahr bergen würde. Dennoch stellt' ich mich zur rechten Zeit ein. Ich erstaunte nicht wenig, als sich mein Herr um die gewöhnliche Stunde einfand. Er legte sich nieder, ohne die mindeste Besorgtheit zu äußern, und stand am Morgen eben so ruhig wieder auf.

Wie er mit dem Ankleiden war fertig geworden, pochte man plötzlich an die Thür. Mein Herr sahe durch das kleine Gitter. Er erkannte den gestrigen Alguazil, und fragte ihn, was er wolle. Nur aufgemacht, versetzte dieser, der Herr Corregidor ist da. Bey diesem fürchterlichen Nahmen starrte alles Blut in meinen Adern. Seitdem ich diesen Herren in die Hände gerathen war, fürcht' ich sie, wie die Kinder den Popanz, und hätte mich in diesem Augenblick gern hundert Meilen von Madrid gewünschet. Mein Patron, der minder erschrocken war, denn ich öffnete die Thür, und empfing den Richter mit Ehrerbiethung.

Sie sehen, sagte der Corredigor, daß ich mit keinem großen Gefolge zu Ihnen komme. Ich will kein Aufsehen machen. So nachtheilig 70 das Gerücht auch ist, das von Ihnen in der Stadt umläuft, so denk' ich doch, daß Sie einige Schonung verdienen. Ich bitte mir Ihren Nahmen aus, und Ihre hiesigen Geschäfte. Sennor, antwortete mein Herr, ich bin aus Neukastilien bürtig, und heiße Don Bernard de Castil Blazo. Was meine Beschäftigungen anbelanget, so geh' ich spazieren, besuche die Schauspiele, und ergötze mich täglich in einem kleinen muntern Zirkel von Freunden. Ohne Zweifel haben Sie große Einkünfte? versetzte der Richter. Nein, Sennor, unterbrach ihn mein Patron, ich habe weder Renten, noch Landgüter, noch Häuser. Wovon leben Sie denn? erwiederte der Corregidor.

Von dem, was Sie gleich sehen sollen, versetzte mein Herr. Zu gleicher Zeit hob er eine Tapete auf, öffnete eine Thür, die ich noch nie bemerket hatte, nachher noch eine, die hinter selbiger war, und ließ den Richter in ein Cabinet treten, worin ein großer Koffer voller Goldstücken stand, den er ihm zeigte.

Sie wissen, Sennor, fuhr er hernach fort, die Spanier sind Feinde der Arbeit. So sehr meine Landsleute selbige aber auch verabscheuen, so kann ich doch sagen, daß sie mir hierin bey weitem nicht gleich kommen, Mir ist so eine starke Dosis Trägheit zu Theile geworden, daß ich zu jedem Geschäfte untauglich bin. Wollt' ich meine Laster zu Tugenden erheben, so würd' 71 ich meine Trägheit eine philosophische Gleichgültigkeit nennen, würde sagen, sie sey die Frucht eines Geistes, der die Eitelkeit der Dinge hat einsehen lernen, denen man in der Welt so gierig nachjägt; so aber gesteh' ich rund heraus, meine Trägheit ist Temperamentsfehler, und geht so weit, daß ich glaube, ich stürbe eher Hungers, als daß ich mir meinen Lebensunterhalt erarbeitete.

Um also ein Leben völlig nach meiner Laune zu führen, um mich nicht um die Verwaltung meines Vermögens bekümmern zu dürfen, und noch mehr um eines Intendanten entübriget zu seyn, hab' ich mein ganzes Vatertheil, das in verschiedenen beträchtlichen Landgütern bestand, in bares Geld verwandelt. In diesem Koffer befinden sich funfzigtausend Ducaten. Eine Summe, die für meine übrige Lebenszeit mehr denn hinreichend ist, und wenn ich auch über ein Jahrhundert hinaus leben sollte. Denn ich verzehre jährlich keine tausend Stück, und bin bereits über mein funfzigstes Jahr hinweg. Sonach ist mir für die Zukunft nicht bange, indem ich, dem Himmel sey Dank. nicht jenen drey Dingen ergeben bin, die die meisten Menschen zu Grunde richten. Aus Schmaus- und Zech-Gelagen mach ich mir nicht viel; spiele nicht anders als zum Zeitvertreib, und den Weibern bin ich auch schon längst abgestorben. Ich darf nicht befürchten, daß 72 man mich dereinst unter jene alte Graubärte zählet, die den Buhldirnen ihre Gunstbezeigungen mit Gold aufwiegen müssen.

Was für ein glücklicher Mann Sie sind! sagte der Corregidor. Hm! Wie schön paßt nicht der Verdacht, daß Sie Spion sind, auf Sie! Gerade Männer von Ihrem Temperamente müssen einen solchen Posten haben. Setzen Sie immer Ihre Lebensart fort, Don Bernardo. Weit entfernt, die Ruhe Ihrer Tage zu stören, erklär' ich mich vielmehr hiermit zu deren Beschützer. Ich bitte Sie um Ihre Freundschaft, und biethe Ihnen die meinige an.

Ha, Sennor! schrie mein Herr, durch diese verbindlichen Worte innigst gerühret, ich nehme dieß kostbare Geschenk mit eben so vieler Freud' als Ehrfurcht an. O wie viel reicher werd' ich nicht durch Ihre Freundschaft! Nunmehr bin ich vollglücklich!

Nach dieser Unterredung, die der Alguazil und ich an der Cabinetsthür mit angehöret hatten, nahm der Corregidor vom Don Bernardo Abschied, der alle Aeußerungen seiner Erkenntlichkeit seinen Empfindungen nach viel zu schwach fand. Ich meiner Seits, um meinen Herrn zu unterstützen, und ihm die Honneurs des Hauses mit machen zu helfen, überschüttete den Alguazil mit tausend Höflichkeiten; machte ihm tausend tiefe Bücklinge, ob ich gleich im Grunde meiner Seele allen den 73 Abscheu und die Verachtung gegen ihn empfand, die von Natur jeder rechtschaffene Mann gegen einen Gerichtsdiener fühlet.

 


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