Joseph von Lauff
Die Seherin von der Getter
Joseph von Lauff

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12

Er ging seines Weges,« fuhr es ihm kraus durch die Sinne, »wie der Landpfleger Pontius Pilatus, der ein hartes Gesicht machte, seine Hände wusch und sie abtrocknete, zum Zeichen: ich bin nicht schuldig am Blute des Galiläers.«

Die Freude am Leben streifte er von sich.

Er horchte auf. Die Stille der Nacht verstärkte alle Geräusche. Selbst die leisesten hörten sich an, als gingen sie auf Nägelschuhen durch Kammern und Scheunen. In der Gesindestube war man noch heiter, freute sich des heutigen Abends und ließ die Gläser aneinander lauten. Aber das Lautsein respektierte Sitte und Anstand. Hövelkamp sorgte dafür, daß die Kirche im Dorf blieb. Man hätte das Krispeln und Rascheln eines Strohhalms vernommen, so arbeitete die geschäftige Stille, unentwegt, erbarmungslos, mit dem scharfen Meißel eines Kleinkünstlers. Er vernahm den Odem der schlafenden Tiere in den Ställen, das Schnaufen des Stieres und das dumpfe Auf- und Niederpendeln der Latierbäume. Auch das der Halfterketten, das Wuchteln des Schleierkauzes, der sich wie ein Schattenspiel um die weitläufigen Gebäulichkeiten des Hofes bewegte – und war doch nur ein Nichts, ein Wesenloses, ein schaukelnder Flaum vor dem Hauch des Unfaßbaren. Alle Sinne erregten sich doppelt und dreifach. Er sah mit andern Augen, hörte mit andern Ohren, fühlte mit andern Nerven. Das, was er zu sehen gewähnt hatte, wurde zur Gewißheit bei ihm, trat in Gestalt eines brutalen Menschen auf ihn zu, redete wirres Zeug durcheinander und drehte ihm den klaren Verstand aus den Fugen. Sein Schädel ähnelte einer Kesselschmiede: ein Rasseln von Eisenblechen, ein Züngeln von Flammen und giftigen Schwaden, ein Dröhnen von Hämmern, und in diesem Dröhnen die immer wiederkehrenden heillosen Worte: »Und er ging seines Weges wie der Landpfleger Pontius Pilatus, der ein hartes Gesicht machte, seine Hände wusch und sie abtrocknete, zum Zeichen: ich bin nicht schuldig an dem Blute des Galiläers.«

Und er fügte hinzu: »Pharisäer.«

Das knirschte.

Dann hörte er wieder auf die Stimmen da draußen, auf die seiner Mutter und die von Ludgerus Hölscher. Er vernahm sie ganz deutlich. Die seiner Mutter schien ihn entschuldigen zu wollen, sein Fernbleiben auf eine gewisse Arbeitsübermüdung zurückzuführen. Auch vernahm er, wie man es sich in der Schlittenkufe bequem machte und Jans Schwarte erklärte, in zwei bis drei Stunden könne er zurück sein, vorausgesetzt, daß keine fatalen Umstände einträten und Ohm Gideon nicht den Wunsch äußere, bei irgendeinem Krug noch abzuhalftern. Gleich darauf sprach Hille vereinzelte Worte. Er verstand sie nicht; an wen sie gerichtet wurden, das fühlte er deutlich. Sie schlichen sich an ihn, legten ihm einen Strick um den Hals, schnürten ihm die Kehle zusammen. Wilde Zerrbilder traten in sein Gesichtsfeld, veränderten sich in Form und Gestalt, als hätte sie ein wahnwitziger Geist in den Nebel gezeichnet. Keine Wirklichkeitsbilder mehr. Alle wüst und verwahrlost. Hastig leerte er sein Glas und füllte es wieder. Diese Zwangsvorstellungen! Er rekapitulierte: die Geschehnisse auf Darfeld . . . damals . . . vor Jahren . . . ihr heutiges Zusammensein . . . Emmerichs Antwort . . . sein forciertes Wesen . . . ein Sichmeiden und doch ein unauffälliges Ineinanderklammern der Seelen und Leiber . . . Verdammich! er schrieb seine Gedanken mit blutiger Feder. Immer tiefer raste er in einen Tobel von Zweifel hinein. Er stellte sich vor: es gibt Blicke, die sündiger sind als die heißesten Küsse, die tiefer loten als die heiligsten Schwüre. Nennen wir es ruhig beim Namen: das Weib ist zwiespältig von Anbeginn an. In ihm wohnt Auferstehung und Tod, Qual und Entsetzen, Freude und Verwesung. Auch in dem reinsten. Und Hille war rein. Aber war sie auch rein in Gedanken? und waren diese Gedanken nicht bereits ein Abschlag für später, für die unselige Stunde, in der sie sich sagen mußte: Mein Blut ist stärker als ich; ich kann mich seiner nicht mehr erwehren? und es fuhr ihm jäh durch den Kopf, was er wohl täte, wenn man über seine Ehre fortschritte wie über einen mistigen Strohhalm, falls Emmerich es wagen sollte, sein Weib zu entkleiden, wenn auch nur mit unkörperlichen Händen und in erregten Träumen. Immer taumelsüchtiger wurden die roten Zeichen und Runen. Er las Zeile um Zeile, Buchstabe um Buchstabe. »Wenn er es täte . . .

Seine Faust krachte nieder.

»Dann – ultima ratio!« und seine halbgeschlossenen Lichter krochen an den Wänden entlang, wo allerlei Jagdgerät hing: altmodische Flügelhörner, Angelgerten und Feuerschloßbüchsen.

An einer Hetzpeitsche blieben sie haften.

Das war, was er suchte.

»Die müßte heran.«

Er streckte die Hand aus.

Draußen erhob sich ein lautes Geklingel.

Jetzt fuhren sie ab.

»Hia da hüp!« und mit dem nadelfeinen Gezwitscher von Singmäuschen glitt die Kufe über den Hof hin, durch die große Einfahrt ins offene Land hinaus, wo Myriaden von Lichtsplitterchen sich in dem weiten Schneefeld widerspiegelten . . . und sein Haß fuhr mit und fror nicht und fröstelte nicht, glühte vielmehr und regierte die Hetzpeitsche.

»Da jagt einer fort, ein Landflüchtiger. Pontius Pilatus, halt' an, steh' Rede und Antwort. Dein Händewaschen fruchtet dir nichts. Wischt die Schande nicht fort. Aber ich seh' jetzt: mit dir ist kein Staat mehr zu machen. Reisende soll man nicht aufhalten. Also, Pontius, 'rin in den Sumpf und leuchte den Toten! Mein Geschmack ist abwendig. Ich habe 'ne andere Mission zu erfüllen. Sie bleibt im eigenen Hause und richtet sich an die nächste Adresse. Dann fällt Schutt über mich hin.«

Er verstummte.

Sie kamen zurück: seine Mutter, Hille und das Fräulein von Boeselager.

Nur eine kurze Spanne noch, eine einzige Szene, und das Spiel war zu Ende.

Frau Judith trat ihm entgegen, in der alten Würde und Hoheit, pflanzte sich vor ihm auf wie eine Sterbekerze in der Kirche von Hiltrup und sagte: »Ist das das Ende einer seligen Weihnacht auf Getter, wo sich alles anließ, als wäre uns endlich der Engel des Herrn erschienen? Hörtest du nicht aus seinem eigenen Munde: Ich bin nicht mehr allein, ich atme für zwei? Wohin ich gehe, da geht die Hoffnung mit und eine Gott wohlgefällige Freude? Und nun diese Umstellung, dieses Verleugnen, dieses brutale Verhalten deinem Freund und den übrigen Gästen gegenüber. Mußte das sein? War das unbedingt nötig? Nein, das durfte nicht geschehen. Das war deiner nicht würdig, und wenn du mir in den Ohren liegst: So bin ich nun mal und kann mich nicht ändern, so sage ich dir« – und die Alte mauerte ihre Worte nebeneinander wie Ziegelsteine – »die Travelmänner gehen inbrünstiglich zur Eucharistie und zermahlen gleichzeitig einen Fluch zwischen den Zähnen. Das hab' ich bei deinem Vater erlebt, und wenn ich dran denke, atme ich die Moderluft einer Sterbekapelle; allein ich machte auch stets die Erfahrung: sie wahrten den Anstand.«

»Mutter, das mir?«

Er stierte sie an, das Gesicht wie verheert.

»Lasse mich aussprechen, Bernd.«

Sie hob drohend den Krückstock.

»Erst ich, dann kommst du an die Reihe. Das Haus ist verödet. Mir ist so, als hätte es weder Klaue noch Feder. Hier lauert etwas, das hat Gift auf der Zunge und Argwohn unter den Rippen. Willst du es aufkeschern und ihm die Bolzen noch fiedern? Ich sehe: die seligen Stunden haben keine Gemeinschaft mit dir, sind spurlos vorübergegangen. Sie gaben reichlich, ohne von dir gewertet zu werden. Sonst wäre dein Verhalten nicht möglich gewesen. Ich täusche mich nicht. Gefaßt, wenn auch bekümmerten Sinnes sehe ich den Dingen entgegen. Wir wollen uns gegenseitig nichts vormachen. Kein Parlamentären, denn wir beide sind Menschen, die sich von jeher verstanden, selbst unter geballten Fäusten. Alles jedoch war offen und ehrlich gemeint, wenn es auch weh tat. Jetzt aber: hier lockt eine häßliche Flamme, frißt am Gebälk und will über sein Höchstes und Bestes herfallen. Tritt sie tot, diese Fresserin, bevor es zu spät ist. Glaubst du denn, ich wüßte nicht, was in deinem Innern vorgeht? Sähe nicht, was sich an dich geworfen hat? Daß Hille und er eine Aussprache hatten, das weiß ich. Es ist mit deinem Willen und Wissen geschehen. Daß Emmerich kämpft und immer noch leidet, auch das ist mir kein Geheimnis geblieben, und ich habe schwer dran zu tragen. Aber du selber . . . Warst du es nicht, der mir alle Sorgen hinwegnahm? Und nun willst du kommen . . . mit einem Mal . . . aus heiterm Himmel herunter . . . Was bezweckst du damit? Hier bin ich, und dort steht dein Weib. Also, was willst du?«

Ein trockenes Lachen.

Er schabte sein Kinn.

»Immer 'ran an die Kandare und Fühlung gehalten. Das ist nötig, um mir selber nicht untreu zu werden.«

Dann schwieg er.

»Ach, Bernd! Viens, mon ami! Wie konntest du nur?«

Das Freifräulein von Boeselager legte ihm die Hand auf die Schulter. Tränen standen in ihren Augen.

»Ich tat, was ich mußte,« gab er kurz zurück.

Er schob sie beiseite, wie man einen Armvoll Ähren zu den andern häufelt.

Und wieder das verhaltene Atmen.

»Was stehst du da und gibst keine Antwort, und weißt doch: ich bin deine Mutter.«

»Aber ein Weib.«

»Was heißt das?«

Seine Faust griff ins Leere, als wäre dort Halt und Stütze zu finden.

»Das Weib hängt am Weibe. Was das eine tut, wird vom andern gebilligt.«

Sie prallte zurück.

»Der Wein spricht aus dir.«

»So magst du es nennen. Ihr hört nur Mäuse pfeifen. Ich Ratten. Das sind zweierlei Pfiffe. Kurz, es handelt sich jetzt darum, Dinge zu klären, die der Aufklärung harren. Vorhin bei Tisch ist etwas verabsäumt worden. Dem ist Rechnung zu tragen. Der Weihnachtsbaum brannte, die Tafel war trefflich und kein Tadel zu finden. Im Hause Travelmann wird nicht gelumpt und geknausert. Das soll ausdrücklich betont und festgelegt werden. Kein Titelchen fehlte. Mit Apothekergewichten wurde alles gewogen. Aber die Klimax blieb aus, und da, wie es scheint, auch jetzt sich keiner findet, das Manko in Wechsel zu nehmen, fühle ich mich veranlaßt, den Ausgleich zu schaffen und die unter den Tisch gefallene Rede zu halten.«

»Was willst du?«

Frau Judith glaubte nicht ihren Ohren zu trauen.

»Trag' mir nicht das Entsetzen ins Haus; denn wenn ein Travelmann redet . . . zu dieser Stunde . . . in dieser Verfassung . . .«

Die Frauen drängten ängstlich zusammen.

»Bernd, ich verbiete dir, diesen Ort zu entweihen. Hier werden Tote gebahrt und Eide geschworen.«

»Und Reden gehalten.«

»Du sollst nicht!«

Aber da stand er schon, der Frei- und Erbsassenhöfer, bleichen Gesichts, hart und zäh, einen steilen Hieb zwischen den zusammengezogenen Brauen, just wie sein Vorfahr, als er denen zu Münster die Faust vor die Stirne rückte, und strammte den Nacken.

Dann umgriff er den Fuß seines Spitzglases.

»Also beginnen wir,« klirrte es von seinem Munde wie das Klingen von Kettenschaken. »Das Versäumte muß nachgeholt werden, denn geschähe es nicht, wäre die Getter um eine Anekdote ärmer geworden. Das brächte Griesgram. Eigenlich hätte sich Ludgerus Hölscher aufraffen müssen. Er war der nächste dazu, denn seine Rede ist süße. Aber er schwieg wie ein Sargnagel, wie ein wühlender Maulwurf. Talpa europaeus. Ich glaube sogar, er trug 'ne rote Schleife im Knopfloch, wie die Angstmeier sie hineinfingern, wenn die Revolutzer ihre Knallpistolen mobil machen. So'n Schwarzkittel. Sagen hätte er müssen: Merkt auf! da sind zwei Gesellen, wie nicht mehr zu finden. Sie tranken sich Freundschaft zu aus silbernen Schalen. Und wenn da ein Stoßvogel kam: der eine für seine Person riß das Schießeisen an die Backe und holte den scheußlichen Vogel herunter. Allein, es waren deren zu viele, und siehe: der andre saß an der Tafel des einen und ging seines Weges, wie der Landpfleger Pontius Pilatus es exekutierte, als er ein hartes Gesicht machte, seine Hände wusch, sie abtrocknete und sagte: Ich bin nicht schuldig am Blut des Galiläers. Das hätte er sagen müssen, der Schwarzkittel. Aber er schwieg, wie die beiden da oben. Und weil er versagte, hatte ich in seinem Namen zu sprechen – und tat's – und habe nichts mehr hinzuzufügen, als das noch: Dieser Mann, der vom Gastmahl hinwegging, ist ein Pharisäer und Zöllner, wenn nicht noch Schlimmeres . . . und da er es ist« – und er packte das Glas, daß es tönte und zersprang – »erkläre ich meine Ehre für fallit und melde Bankerott an.«

Der Rest des Kelches klirrte zu Boden.

Von seiner Hand träufelte es rot. Eine Scherbe hatte ihm eine Ader zerschnitten.

Immer tiefer sank seine Stirne. Er lächelte und legte sein Mundtuch um die blutende Wunde.

Aber in dieses Lächeln hinein . . .

»Bernd!« schrie Hille, »das geht auf mich,« und die bleichen Finger um den Travelmannschen Schmuck gelegt, als wenn sie ihn zu zerreißen gedächte, wankte sie näher. Dann straffte sie sich.

Alles grau in grau, wie auf Golgatha und dem Berge des Ärgernisses, da sich die Sonne verfinsterte und der Vorhang des Tempels mitten entzwei riß.

Judith rührte sich nicht. Über ihre Züge ging die Verwüstung. Stephanie von Boeselager weinte still vor sich hin.

Das weiße Gesicht Hilles stand dicht vor dem seinen. Sie ließ den Schmuck fahren, packte ihr Spitzentuch und zog die Enden herunter.

»Wenn ich jetzt spreche,« sagte sie mit erzwungener Kälte, »so geschieht es nicht um meinetwillen, sondern um deinetwillen. Daß ein Verdacht mich mit ekelhaften Fingern betastete, ist traurig, aber trauriger ist es, den herostratischen Mut zu haben, seinem eigenen Weib zu mißtrauen und ihm ins Antlitz zu schleudern: Du hast das Herdfeuer entweiht, deinen Leib nicht behütet und das Geheimnis der ehelichen Kammer preisgegeben, wenn auch nur in Gedanken. Das vergißt eine Frau nicht und kann es niemals vergessen.«

»Jeder für sich,« sagte er abgekehrten Gesichtes. »Den ersten Wiesenschnitt will ich haben. Nichts weiter. Mit Grummet lasse ich mich nicht abfinden. Ich pflege nicht, aus einem Becher zu trinken, Lippen zu küssen und in Augen zu sehen, die bereits andre abgesucht haben.«

»Dein gutes Recht,« versetzte sie mit einer Stimme, die gebot, Reu' und Leid zu erwecken und mit reinen Lippen das Tafeltuch des Herrn zu küssen, »nur beschämend für dich, es in dieser Art zu mißbrauchen. Was willst du von mir? Mein Mund hat keinen fremden berührt, mein Auge in kein fremdes geschaut, um das zu suchen, was die Frauenehre gefährdet und sie hinführt, wo die Ausgestoßenen ihr Schicksal beweinen. Das tut eine Travelmann nicht, und ich bin eine Travelmann seit der Stunde, wo die Kirche mir sagte: Wo er hingeht, da sollst auch du hingehen, und wo er letzten Endes das müde Haupt in die Kissen drückt, da sollst auch du dich hinlegen, um auch im Tode mit ihm vereint zu bleiben. Das hat sich geändert. Um meinetwillen ist mir nicht bange. Aber um deinetwillen. Ich könnte dir mancherlei sagen. Lasse es aber hiermit genug sein. Ich möchte dir jede Kränkung ersparen. Nur eins noch . . . Was ich tat und auch jetzt nicht bereue, geschah aus lauterer Nächstenliebe und Mitleid heraus. Mein Blick war ein Sichversenken in ein zermartertes Dasein, ein stilles Begreifen. Mit Sünde hatte es keine Gemeinschaft. Es war eine räumliche Trennung für immer. Er wollte den Abschied, und ich habe ihm diesen Abschied gegeben. Er ging, um nicht wiederzukommen. Im übrigen aber . . .«

Sie schauerte in ihren Achseln zusammen. Ihre Augen weiteten sich maßlos. Flammen waren darin. Solche, die wie Totenlampen brannten, und solche, die der Sturm auftrieb und sich anließen wie züngelnde Schwerter.

Er ertrug sie nicht.

Seine Blicke krochen wieder an den Wänden entlang, wo allerlei Jagdgerät hing: altmodische Flügelhörner, Angelgerten und Feuerschloßbüchsen.

An der Hetzpeitsche blieben sie haften, aber er getraute sich nicht, sie in seine Fäuste zu wünschen.

Das gekränkte Weib sagte ihm Fehde an, empörte sich wider ihn, im Angesicht ihrer eigenen Reinheit. Die züngelnden Schwerter begannen zu blitzen. Hille, die Duldsame, die Gesegnete, die Frau, die das hohe Wunder der kommenden Mutterschaft mit ihrem Blute ernährte, ließ alles hinter sich, war nicht wieder zu kennen und brach ihm den Stab wie am Tag des Gerichtes.

»Im übrigen du, wenn du Verdacht hast, pflege ihn weiter. Auch das ist dein Recht, wenn auch ein trauriges Recht. Ich weise es ab. Es ist nichtig für mich. Ich stehe turmhoch darüber. Du kannst mein Kleid besudeln, aber nicht meine Seele. Hüte dich, Bernd! Wage es nicht, in diese, meine Seele zu greifen! Betaste mich nicht, auch nicht in Gedanken; denn deine Gedanken sind häßlich. Aus ihnen wachsen schmutzige Hände, und diese Hände . . . Von jetzt an – berühre mich nicht mehr, du würdest in der Lebendigen eine Tote berühren.«

Ihre Kraft war zu Ende.

An Stephanies Seite, die sich kaum auf den Füßen zu halten vermochte, ging sie hinaus.

Die Alte blieb bei ihm.

Die Mutter verließ ihren Sohn nicht.

Eine welke Aristokratenhand legte sich um eine braune Freisassenfaust und schnürte sie heftig.

»Bernd,« sagte sie tonlos, als wenn das Grauen neben ihr stünde, »du solltest dich schämen. Rette dich vor dir selber! Brich nicht die Brücken hinter dir ab, wenn du nicht willst, daß deine Tage verfehlt sind und deine Nächte zu schlaflosen werden. Die da ging, führt ein Innen- und Außenleben für sich. Und beides ist köstlich. Sie brachte Ordnung auf Getter, und nun willst du kommen und diese Ordnung zerstören. Sie gab dir Verheißung und bot dir das Höchste, was ein Weib zu bieten vermag, und du wagst es, die Frucht schon in der Blüte zu töten.«

Ihre Stimme schwoll an.

»Halte Ruhe – du, peitsche deine überschüssige Kraft nicht über trostlose Bahnen, oder wir sitzen schließlich auf einem Stein und zählen die verkrüppelten und windschiefen Chausseebäume. Mensch, du!«

Nacht fiel über ihn her.

Er fühlte nicht mehr den Druck der Mutterhand.

Als er aufschaute, sah er in tropfende Leuchter. Nur wenige noch führten ein elendes Dasein. Ihre Frist war bemessen. Mit ihrem Hinscheiden wuchsen die Schatten. Der weite Raum dunkelte ein. Das weiße Tafeltuch lag wie ein Sterbelinnen vor ihm gebreitet. Alles kam ihm verstört vor, fade, verwelkt, wie nach einem verunglückten Gastmahl. Wo Rosen geblüht hatten, nickten jetzt Totenblumen in hohen Stengelgläsern. Dazwischen kringelten häßliche Flecken, die von seiner Schnittwunde herrührten.

Er entfernte das Mundtuch. Die Blutung hatte nachgelassen. Nur ein empfindlicher Schmerz war übrig geblieben. Er erinnerte ihn an das soeben Durchlebte. Wie das unbarmherzige Urteil eines Scherbengerichtes rückte es näher.

Über ihm erloschen die Kerzen.

Nur eine brannte noch zwischen den Stangen und Sprossen. Ein Dunstkreis umgab den spärlichen Docht, kaum fähig, die nächste Umgebung schwach zu erhellen.

Die Finsternis kam; bald mußte auch das große Schweigen und die Einsamkeit kommen. Nur auf dem Gutshof war noch ein Wispern und Rascheln. Die alten Eichen rieben ihre mit Rauhreif umkrusteten Zweige gegeneinander. Der Nachhall irgendeines verlorenen Schalles lag ihm im Ohr. Er hörte, wie Knechte und Mägde ihre Kammern aufsuchten. Sie gingen heimlich über die Flure. Nur ein Poltern gesellte sich dem fast lautlosen Gehen. Es waren die festen Nagelschuhe des Antilopengesichtes. Er hatte die Order Judiths befolgt, wußte er doch: heute würde die Alte seine Schritte belauschen, und so tat er denn auch, was in seinen Kräften stand, um keine bösen Tage zu haben.

Bernd stand noch immer auf der nämlichen Stelle, wie gebannt, ohne zu wissen, was er eigentlich wollte und sollte, als sich unmittelbar neben ihm das Knistern von Frauenkleidern erhob.

In der weichen Dämmerung schmeichelte es sich langsam heran.

Und wieder berührte ihn die wohlige Nähe eines weiblichen Körpers.

»Was soll das, Johanna?«

»Es ist ohne Absicht geschehen.«

»Was willst du noch hier?«

»Ich bemerkte noch Licht, und alle sind schlafen gegangen.«

»Und sonst wolltest du nichts?«

Im matten Schein des letzten Dochtes schienen ihre Glieder zu beben.

»Eigentlich nichts,« kam es von blassen Lippen.

»Oder,« und er legte seine Hand auf die ihre, »bist du willens, mir Ruhe zu bringen?«

Sie verfiel in ein wirres Sehnen und Stammeln: »Wie gerne, Herr Travelmann.«

Da trat ihm eine Stelle aus dem Evangelium in den Sinn, die von einem hohen Berge und einer sonnigen Landschaft erzählte: »Das alles will ich dir geben . . .« und er tat sie von sich wie ein lästiges Spielzeug: »Geh' schlafen, Johanna! Ich gehöre dir nicht.«

»Aber ich dir.«

»Nein!« brauste er auf. Seine Stimme hämmerte.

Da senkte sie den Kopf und gehorchte. Aber der Duft des Weibes war bei ihm geblieben.

Auch er mußte gehen.

Da hörte er Schritte, und vor diesen Schritten zirkelte der Feuerschein einer Stallaterne.

»Wohin noch, Hövelkamp?«

»Als letzter zu Bett, und ich wollte bloß fragen: Soll ich noch laustern, bis Jans Schwarte zurück ist?«

»Nicht nötig. Der Mensch kann seine Gäule selber besorgen.«

»Meine ich auch, Herr Travelmann. Gute Nacht denn, und nochmals meinen gehorsamsten Ausdruck für bescherte Weihnacht. Es war über alles Erwarten.«

»Keine Ursache. Dem dreschenden Ochsen soll man das Maul nicht verbinden. Ist alles in Ordnung auf Getter?«

»Alles, Herr Travelmann. Nichts mankiert.«

»In den Scheunen nachgesehen?«

»Nachgesehen.«

»Auch in den Ställen?«

»Dito, desgleichen. Man darf wohl sagen:

Christi Barmhertigkeit,
Bueren Unbeschuftigkeit,
Rüen Riekeligkeit
Un Papen Begehrlichkeit
Währt in alle Ewigkeit.

Und ich setze hinzu: auch die Ruhe und das gute Gewissen auf Getter. Amen. Und nochmals gesagt: Gute Nacht denn. Die Hunde sind munter.«

»Gute Nacht!«

Er selber dachte nicht dran, eine geruhsame Nacht zu genießen.

Als Hövelkamp sich entfernt hatte, nahm er einen bandfesten Stock und stülpte sich einen alten Jagdfilz über die Ohren. So ausgerüstet, heißes Blut in den Adern und ein Brausen und Sausen im Schädel, trat er ins Freie.

Die nadelfeinen Kristalle, die über den mondbeschienenen Hof splitterten, taten ihm wohl.

Die beiden Wolfsspitze, die mit hängenden Lefzen und blauen Lichtern ihre Runde vollführten, sprangen wedelnd gegen ihn an.

Er streichelte ihnen die Köpfe und sagte: »Marsch, an die Arbeit.«

Sie folgten wie geduldige Lämmer. Der eine schwenkte nach links, der andre nach rechts ab. Sie zogen lange, wachsame Kreise um die grauen Mauern und die angeschmiedete Gräfte, unter deren Panzer es seufzte und ächzte.

Er ging weiter, feldeinwärts, Stunde um Stunde. Dann wieder zurück. An der Einfahrt hielt er den Fuß an.

Unter dem Mondlicht tat sich eine dämmerige Schau aus.

Hoch im Osten spielte der Orion mit seinem bunten Feuerwerk. Der Jakobsstab perlte. Seitlich davon, dem Horizont näher, hing der große Hundsstern. Sein eiskaltes Licht schien in das weiße Schneefeld zu stechen.

Genau in dieser Richtung lag Hiltrup.

Man glaubte, den schmalen Kirchturm zu sehen. Auch die mächtigen Kiefern, die zum verganteten Kotten gehörten, rückten auf Reichweite nahe, so hell war die Sicht, so emsig schafften die Trupps der goldenen Bienenschwärme, wirr und gezottelt durcheinander und doch regelmäßig geordnet, als wären sie von dem großen Imker und Zeidelmeister, dem Hundsstern, angeleitet und ausgeschickt worden.

Unter ihnen her lief ein mageres Tönen.

Es kam aus der Gegend des Dorfes.

Bernd zählte die einzelnen Schläge.

»Vier schon,« sagte er heiser. »Verdammich! alles vergeht. Eins nach dem andern,« drückte die Faust auf die Herzgrube und begann zu revieren, wie es die Wolfsspitze taten, durch verschneite Obstgärten und an fuchsigen Bocksdornhecken vorüber, das Durchlebte hinter ihm her, auf schleppenden Sohlen und leise wimmernd.

Von Zeit zu Zeit vernahm er ein trockenes Belfern. Das geschah jedesmal, wenn sich die beiden Wächter auf ihrer Patrouille begegneten. Auf schlanken Läufen, die Schnauzen am Boden und mit Augen, die wie Phosphor leuchteten, glitten sie aneinander vorüber.

»Brav so, brav so!« sagte der Gutsherr und sah auf sein schlafendes Haus, auf die ausgestorbenen Fenster, die noch vor wenigen Stunden so freundlich geglänzt hatten. Jetzt alle hohläugig und mit schwarzen Tüchern verhangen. Dann aber . . . als er das eingefrorene Wasser passierte, die harten Stengel des überständigen Rohres neben ihm auftauchten und er die Schattenseite seines Anwesens gewann, legte sich plötzlich ein Lichtbalken quer über die blaue Spreite, scharf umgrenzt und wie mit breitem Pinsel auf den Boden geworfen.

Die Helle drang aus einem zur ebenen Erde gelegenen Zimmer.

Hier wohnte Johanna.

Also auch hier keine Ruhe.

Nur noch wenige Schritte – und ein heißes Bild mitten in der Nacht: die heidnische Göttin in ihrer Sünde und Nacktheit . . . oder Diwara, das Weib des Propheten, wie sie erschien, um dem König von Sion den Kelch mit den Tränen der Magdalena zu bieten.

Wie mit einem Messer bohrte es sich in seine Sinne hinein. Das Fieber packte ihn, rüttelte ihn und gebot ihm, das entflammte Gesicht nicht abzukehren.

Ein Weib, in seiner Jugend und Fülle, nur umkleidet mit seinem eigenen Wunder und eben dabei, die schwarzblaue Flechtenkrone zu lösen, erschien ihm in voller Beleuchtung – anzusehen, wie aus dem Hohen Liede genommen: »Du bist schön, meine Freundin, wie Thirza, lieblich wie Jerusalem, schrecklich wie Lanzenspitzen . . .«

Das sah er.

»Und ehe der Hahn zweimal krähet . . .«

Mit einem jähen Ruck wandte er sich von der trunkenen Schau, ging quer über das stahlharte Wasser, dem kahlen Buchenwald zu, wo zwischen dem Unterholz eine lichte Blöße sich streckte. Hier angekommen, wagte er nochmals, den Blick auf das unselige Fenster zu richten.

Aber nichts mehr.

Das Bild war aus dem Rahmen genommen, die Gardine herunter gelassen, hinter ihr die Lampe erloschen.

Zur Linken aber, dem Helweg zu, auf glatter Bahn, kam ein lautloser Schlitten, ein Schnaufen und Trappeln.

Dazwischen war das zierliche Gebimmel von Schellen.

* * *

Noch kurze Zeit zitterte die Legende von der Geburt des Herrn in den Herzen der Menschen nach, dann feierte man Silvester, wo die Kundigen und Sinnierenden in die Punschgläser sahen, ihre Nasen hineintauchten und die unmöglichsten Dinge von dem neuen Jahre erhofften. Wie gewöhnlich war das alte hundsmiserabel und gottserbärmlich gewesen, ohne Schwung und Begeisterung, ohne jedes Verständnis für des Leibes Notdurft und Behagen, und daher mehr als geboten, dem neuen ins Gewissen zu reden und ihm zu befehlen, endlich die Spendierbuxe anzuziehen und sich nobel zu geben. Jede Brust hegte diesen Wunsch, jedes Punschglas klingte davon, und wo zwei irdische Kannegießer beieinander waren, schüttelten sie sich beim Glockenschlag zwölf drei lange Minuten hindurch die Hände, stierten sich mit roten Köpfen an, hörten auf das Knattern der Feuerwerkskörper und sagten: »Prosit Neujahr! auf daß es uns besser ergehe . . .« und dann kam das Fest der heiligen Drei Könige, wo man schon wieder nüchterner und nachdenklicher wurde und ganz allmählich in das arbeitsame und alltägliche Dasein hineingondelte.

Am Abend dieses Tages standen die Weisen aus dem Mohrenland auf der münsterischen Heide. Sie waren in Fuchspelze gehüllt und trugen kostbare Gewänder aus Brokat und sonstigen Seidenstoffen. Auch dufteten sie noch immer nach Weihrauch und Myrrhen, wenngleich sie auch kleiner und vermickerter wurden, als frören sie langsam zusammen.

Balthasar, der älteste von ihnen, rückte seine Krone etwas beiseite und sagte: »Kinder, wir müssen jetzt abbauen. Hier ist nichts mehr zu holen.«

»Nichts mehr,« pflichtete ihm Melcher bei und schob sein mit edeln Steinen umkrustetes Diadem tief in den Nacken.

»Überhaupt nichts mehr,« bestätigte Kasper, und da er kein Stirngeschmeide trug, sondern nur einen landfremden Turban mit Agraffe und Reiher, wackelte er mit dem Kopf, so daß ihm der Türkenbund aufs linke Ohr rutschte. Verständnisinnig sah er auf seine beiden Mitkomparenten.

»Ja, ja,« meinten diese, »wir müssen. Traurig, aber nicht mehr zu ändern,« und wie auf ein stummes Geheiß griffen sie in Gottes Christbaum hinein und langten sich den Stern von Bethlehem aus der blauen Höhe herunter. Sorglich hüllten sie ihn in Watte und Windeln und verstauten ihn behutsam in die Packtasche, die der jüngste von ihnen mitgebracht hatte.

»Fertig?« fragte Balthasar. Er strählte dabei seinen stattlichen Vollbart, der aussah wie das Rauchwerk einer Angoraziege.

Melcher nickte.

Kasper desgleichen.

»Dann los dafür!« und gemeinsam stiefelten sie dem fernen Osten entgegen. Ex Oriente lux! Und sie gingen wieder hin, von wannen sie hergekommen waren. Der andre Morgen fand ihre Spuren noch auf dem vergletscherten Schneefeld.

Bis zu diesem Tage hatte sich auf Getter wenig verändert.

Das Unheil war nun einmal geschehen. Zwischen Mann und Weib gähnte eine Kluft, die mit jeder Stunde weiter und bedrohlicher wurde. Hövelkamp war stumm vor Schrecken und Bängnis, die er großfütterte wie der Rotschwanz seine zirpenden Jungen. Aber er zeigte und offenbarte es keinem, während Johanna . . . Immer lilienhafter und reiner trat sie ihrer Herrin entgegen, sorgte für sie, war bescheiden, hilfreich und gut, als wäre sie aus dem Lande Samaria gekommen. Auf ihrer Kammer jedoch lachte sie ihr heiterstes Lachen, wiegte dabei ihren schlanken Leib sehnsüchtig in den gerundeten Hüften, und wenn ihr der Freisasse begegnete, glitt sie an ihm wie eine aalglatte Nonne aus dem Kloster der Ursulinerinnen in Dorsten vorüber.

Frau Judith schwieg. Sie befand sich in einem Zustand zwischen Schlafen und Wachen. Was sollte sie auch? Zurzeit hätte sie vor tauben Ohren gepredigt. »Man muß sich gedulden,« dachte sie öfters. »Es ist nicht wohlgetan, den Pflug in hartgefrorene Schollen zu stoßen. Erst die aufgetaute Erde bringt ersprießliche Arbeit,« und so wartete sie auf den Tag der Erfüllung.

Das Freifräulein von Boeselager hingegen war andrer Meinung. Ihr schien Handeln geboten, bevor es zu spät war. So fand sie sich denn eines frühen Tages im Zimmer des Gutsherrn ein, verweint, mit wippender Krinoline und auf frommen Lastingschühchen.

»Bernd,« sagte sie schluchzend, »so geht das nicht weiter,« und zwei angejahrte Hände versuchten es, um einen Männernacken zu greifen. »Quelle affaire! nein, so geht das nicht weiter! Ach du, ich weiß ja: mein verstorbener Schwager und ich sind dir zu großem Danke verpflichtet. O, mon ami! auf deinem Grund und Boden gabst du mir eine bleibende Stätte, die warme Sonne und den Frieden des Abends. Das wird dir niemals vergessen, selbst dann nicht, wenn es heißt, sie ist hingegangen wie ein spärliches Lichtlein. O mon dieu! mon dieu! und nun dieses Elend. Du trägst Schuld; aber auch sie ist davon nicht freizusprechen. So groß ihr auch seid, ihr seid Kinder geblieben, und bei Kindern ist Nachsicht geboten. Sieh mal, Bernd« – und sie nahm seine Hände – »so bin ich denn auf den Gedanken gekommen, euch Überlegung und Bedenkzeit anzuempfehlen. Eine gewisse Trennung ist nötig. Sie lindert vieles. Wir müssen Platz schaffen für neue Eindrücke. Wenn es euch recht ist, nehme ich Hille mit mir nach Darfeld, und das morgen schon . . . und dann – und dann – und dann . . .«

Sie konnte nicht weiter.

Sie begann das Vaterunser zu beten. Ihre Tränen liefen stärker.

»Und dann in Monatsfrist . . . Ach, Bernd, wenn ich könnte! Ich hab' dich so lieb, Bernd!«

»Ja, du auch . . .!« und das honette Edelfräulein fühlte sich an die Brust des erschütterten Mannes gerissen.

Er hob sie auf und küßte sie sacht auf die Stirne, sacht und mit heiliger Scheu, wie man die küßt, die man segnet.

»So ist's gut, so wird alles schon werden. Ach, du Lieber, du Unbändiger und doch du Treuer und Starker!«

Ihre Worte erstickten.

Andren Tages schwankte die Märchenkutsche über den Hof fort.

Frau Judith stand an der Einfahrt.

»Hoffentlich hilft es,« sagte sie ruhig und sah dem Gefährt nach, in dem sich Hille und das Freifräulein von Boeselager befanden.

Ein grauer Vorhang war über die Landschaft gezogen.

 


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