Anthoine de La Sale
Die fünfzehn Freuden der Ehe
Anthoine de La Sale

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Die sechzehnte Freude der Ehe ist diese.

Der: junge Mann beobachtet seine Kameraden, wie sie um das Netz herumtanzen, solange den Eingang suchen, bis sie ihn finden und dann mit großer Hast hineinstürmen, um ja allen anderen zuvorzukommen. Und er, der klug und weise ist, sieht alle die Qualen und Erbärmlichkeiten, die dort herrschen, und erkennt sie natürlich auch besser als die armen Gefangenen. Denn eine junge Frau hat immer die Neigung, vielerlei kennen zu lernen und zu erproben, und wird lieber bei einem jungen Mann, der noch sanft, witzig und geduldig ist, in die Schule gehen als bei einem unfreundlichen Gatten, der nur an sein Geschäft und seinen Verdienst denkt. Die Ehemänner hingegen halten ihre Frauen für viel zu einfältig und beschränkt und glauben, daß es gar nicht ihre Sache sei, ihnen allerlei Geheimnisse und verborgene Dinge aufzudecken, was sehr zu tadeln ist, weil die Frauen dann aus Unwissenheit die kostbarsten Gaben der Natur unbeschäftigt und ungenutzt lassen. Daher kommt es, daß die armen Unschuldigen sich anderweitig umsehen müssen, und sicherlich leicht jemanden finden, der sie über alles aufklärt. – Dann aber gibt es auch Ehemänner von ganz anderer Gemütsart, die in der ersten Zeit ihrer Ehe sich die größte Mühe geben, ihre Frauen in diese Geheimnisse und Mysterien einzuweihen, was auch wieder unbedacht ist: denn binnen kurzem müssen sie infolge der Ermüdung durch Arbeit und der Beschränktheit der menschlichen Natur die köstlichen Übungen der ersten Tage aufgeben, zum größten Mißvergnügen ihrer jungen Schülerin, die daran Ergötzen gefunden und in der angewandten Zeit viel Wissen geschöpft hat. Sie wird nun Gelegenheit suchen, mit irgendeinem jungen Mann, der Herr seiner Zeit und seiner Kraft ist, das mit ihrem Gatten begonnene Spiel fortzusetzen.

Auf diese Weise wird der junge Mann im stillen, aber gründlich über mancherlei Dinge unterrichtet, welche demjenigen, den sie betreffen, unbekannt bleiben; und diese Dinge scheinen ihm schlecht zu einer Ehe zu passen, weshalb er im Herzen oft den armen Ehemann beklagt. Doch weil er edel und hochherzig ist, gibt er nach und bemüht sich aufs beste, dessen Pflichten zu erfüllen, aber unter keiner Bedingung wünscht er mit gleichem vergolten zu werden. Da er nur ein sicheres Mittel kennt, dieser Gefahr zu entgehen, weicht er mit größtem Scharfsinn den Schlingen des Ehestandes aus und schwört tausend Eide, sich niemals darin fangen zu lassen.

So geht der Galan eine Zeitlang unbekümmert seinen Vergnügungen nach. Beiläufig sucht er auch das Haus eines Freundes auf, der eine junge und hübsche Frau hat; und er erweist ihr, wenn er kann, manchen Dienst, denn er ist artig und gutmütig. Es währt nicht lange und sie beginnt sich mit tiefen Seufzern und reichlichen Tränen über ihren Gatten zu beklagen, der sich nicht mehr gebührend um sie bemühe wie in der ersten Zeit, sondern ihr, so meint sie, ein gelangweiltes Gesicht zeige und angeblich seinen Geschäften nachgehe. Sie aber vermutet, daß ihn etwas anderes bewege, denn er vernachlässige sie ganz und gar, sagt sie; und es sei doch ganz sinnlos, zu heiraten, um so ohne den Mann zu leben. Und der junge Galan, der ein sanftes Herz hat und keine Frauenträne sehen kann, ohne gerührt zu sein, sagt ihr allerlei Freundliches und tröstet sie, so gut er kann, bis mit der Zeit ihre Betrübnis verfliegt und der Gedanke der Rache, die das Vergnügen der Götter ist, lebendig wird. Der Liebhaber setzt nun alles daran, um der Dame zu gefallen und durchlebt mit ihr eine genußfrohe Zeit. Das kann wohl ein halbes Jahr und länger dauern; schließlich wird er dessen überdrüssig, denn es gehört ja mit zum Wesen solch unehrenhafter und auch anderer Liebe, immer matter zu werden und zuletzt ganz zu verlöschen. Und eines schönen Tages nimmt der junge Mann wahr, daß seine schöne Freundin durchaus nicht so vollkommen und unvergleichlich ist, wie er geglaubt hat. Dann zählt er seine Barschaft und stellt fest, daß sie durch Festmähler und allerlei Süßigkeiten, die er der Dame geboten, durch Kleider, Gürtel und Schmuckstücke, die er ihr verehrt hat, beträchtlich zusammengeschmolzen ist. Vielleicht hat er auch ihrem Gatten ein Stück Geld geliehen, wenn der einer von jenen Ehemännern ist, die von ihren guten Freunden gern Geld borgen. Oder der Gatte seiner Dame ist einer von den trübseligen und grausamen Männern, die stets bereit sind loszuschlagen und zu töten, und der junge Mann muß sich sagen, daß es sehr unklug sei, sich so häufig der Gefahr auszusetzen, von ihm überrascht zu werden. Daher beschließt er bei sich, nicht mehr zu ihr zurückzukehren, denn wenn er entdeckt würde und dem Ehemann in die Hände fiele, dürfte er kaum mit heiler Haut entschlüpfen.

Der Jüngling nimmt sich also vor, der Sache ein Ende zu machen, und er denkt lange darüber nach, auf welche Art er es der Dame zu verstehen geben kann. Das ist nicht leicht getan. Denn die Mühe und Sorge, die ein Liebhaber erträgt, um die Dame seines Herzens zu gewinnen, sind gering im Vergleich zu den Nöten und Qualen, die er erdulden muß, wenn er von ihr loskommen will. Endlich gelingt es ihm, sich zu befreien, jedoch mit so großer Anstrengung, daß er schwört, nie mehr sich in einen solchen Handel einzulassen.

Er freut sich der wiedergewonnenen Freiheit, genießt sie recht und sagt sich immer wieder von neuem, daß er sie nie wieder aufs Spiel setzen wird. Es ist eine besondere Sache um die guten Vorsätze; wenn man sie nur stets auch auszuführen vermöchte! Der Jüngling, der hundertmal gelobt hat, den Verkehr mit Frauen zu meiden, macht wohl den Versuch; und er würde ihm auch gelingen, wenn nicht die ersten Tage wären; denn wer einen oder zwei oder drei Monate der Gesellschaft von Frauen ferngeblieben ist, wird sie auch weiterhin solange entbehren können, bis er aus freiem Entschluß oder anderen Beweggründen dahin zurückkehrt. Aber der junge Mann, dem eben noch eine Freundin und alle Vergnügungen der Liebe ständig zu Gebote standen, empfindet eine große Leere in seinem Innern; er fühlt sich recht verlassen und kann sich nicht an seine Einsamkeit gewöhnen. Und so lebendig und toll ist sein Jugendfeuer, daß er in kürzester Zeit alle seine Schwüre vergessen hat.

Bis dahin hat der junge Mann sich sehr klug verhalten und ist, so scheint es ihm, dem Ehenetz nicht zu nahe gekommen; denn er hat sich von den schönen und vernünftigen Damen, die den Fisch schon im Garn halten und über einen Gatten herrschen, ebenso fern gehalten, wie von den ehrbaren heiratsfähigen jungen Mädchen, die mit großer Sorgfalt ihre Fallen stellen, sie mit süßer Täuschung und holdem Lächeln oder anderen tugendsamen Verkleidungen umhüllen. Aber – gelobt sei der Gott der Liebe! – die Welt besteht nicht nur aus vernünftigen Ehefrauen und ehrsamen jungen Mädchen und Witwen, die man heiraten kann, sondern sie ist reich an freimütigen, sanften und liebenswürdigen Geschöpfen, die keiner dieser drei Klassen angehören, dabei aber doch stets mehr oder weniger mit einer davon Fühlung haben und die ihre ganze Aufmerksamkeit und Klugheit daraufrichten, die armen Männer, die jungen, alten und mittleren, die vom Übel der Liebe gequält werden, zu erfreuen. Einer solchen guten Dame hat nun unser Galan sich in aller Eile anvertraut, und er tat gut daran, denn er war eben in großer Gefahr, sich in ein ehrsames Mädchen zu verlieben. Es läßt sich wohl denken, daß er nicht lange hin und her gewählt, sondern sich für die erste Beste entschieden hat, die dann natürlich weder schön, noch jung, noch klug oder gut war. Doch das verschlägt ihm nichts; er kann sie ja wieder verlassen, wann es ihm gefällt, denkt er bei sich; er heiratet sie ja nicht. Nun ist es aber eine Eigentümlichkeit der meisten für vorübergehend angesehenen Dinge, um so länger zu dauern, je weniger Sinn sie haben: deshalb wird der Jüngling sich seiner sicheren Lage solange freuen, bis die Schlingen der Dame ihn viel enger umwunden halten, als es das Netz der Ehe vermag, und er zu spät merkt, daß er nicht mehr entrinnen kann, wie immer er es anfängt.

Wohl kann der junge Mann auch klüger sein und sich nicht an einen bestimmten Ort gewöhnen, aus welchem Grunde seine Neigungen dann vorübergehend und von kurzer Dauer sein werden, und ihr Gegenstand häufig wechselnd. Eines Tages jedoch empfindet er mit viel Schrecken und Unruhe die ersten Anzeichen des Übels, das die armen von Venus bezwungenen Unglücklichen so leicht befällt. In welcher Stimmung ist nun der Galan, der Furcht vor dem Übel hat und mehr noch vor dessen Heilmitteln! Er erinnert sich mancher seiner Freunde, die infolge ähnlicher Ursachen sich lange Zeit gequält haben, sogar weite Reisen machen mußten nach Schweißreich, Schleimstadt und Klapperzahn, mit Gefahr des Todes oder Verlustes ihrer Glieder. Der Jüngling sucht sein Gedächtnis ab, um den Ursprung der Krankheit zu erforschen und glaubt schließlich, ihn gefunden zu haben. Er begibt sich zu der armen Kleinen, die er dafür verantwortlich macht, doch – weiß Gott! – sehr mit Unrecht, und ist sehr unliebenswürdig. Das gute Mädchen ist recht bestürzt, schmeichelt ihm sanft und fragt, was er habe. Er aber gibt ihr harte Worte und macht ihr bittere Vorwürfe, indem er sagt: »Es ist klar, daß Du leichtsinnig gewesen bist; nun bin ich krank durch Deine Schuld.« Die arme Unschuld ist sehr erstaunt und beginnt laut zu jammern: »Weh, ich Arme! Wollte Gott, Du hättest Dich ebenso brav gehalten wie ich; dann wärest Du noch gesund und würdest mich nicht verdorben haben!« Sie ist außer sich und weint und klagt, schwört die furchtbarsten Eide und verlangt, daß man der Sache auf den Grund gehe. Das macht den Galan nur noch verwirrter, und es fehlt nicht viel, daß er sie auf den Knieen um Verzeihung bittet. Nichtsdestoweniger geht er mit ihr zu einem alten Doktor, der ganz zufälligerweise die Dame gut kennt, und erzählt ihm die Geschichte. Der Arzt fragt, untersucht, prüft den Fall, und nach langem gründlichen Nachdenken entscheidet er, daß die Krankheit zweifellos bei ihm ihren Anfang genommen habe und daß sie ohne jede Schuld sei; das wichtigste sei nun, unverzüglich zu den nötigen Heilmitteln zu greifen. Man nimmt Abschied, der Galan entfernt sich mit der armen Kleinen, die nichts anderes zu tun weiß als zu seufzen und zu stöhnen. Er ist so betrübt im Gedanken an die Krankheit seiner armen unschuldigen Begleiterin, daß er dabei das eigene Übel vergißt. Sie jammert ihn und er tröstet sie mit großen Versprechungen. Er glaubt, sehr haushälterisch und sparsam zu handeln, wenn er nun nicht mehr von ihrer Seite weicht, denn es erscheint ihm billiger, zwei Kranke gemeinsam zu versorgen als jeden einzeln, und die Heilmittel sind wahrscheinlich auch nicht so teuer, wenn man sie im großen einkauft. Er will also solange bei ihr bleiben, bis sie beide von ihrer Krankheit geheilt sind. Im Laufe der Zeit gewöhnt er sich so sehr an seinen neuen Aufenthaltsort, daß er nicht mehr ans Fortgehen denkt. Auch wäre es sehr grausam und undankbar, das arme Ding, das seinetwegen leiden mußte und ihn während seiner Krankheit so brav gepflegt hat, zu verlassen.

Und wie es nun so kommt, findet sich der junge Mann eines Tages als Gefangener in einem Netz, wo er alle Kümmernisse und Unbequemlichkeiten des Ehestandes erdulden muß, auch unzählige andere und größere, ohne irgendeinen Trost oder eine Entschädigung dafür zu empfangen.

Er wird vielleicht ein Jahr oder mehr in Freude und Wonne genießen. Er denkt nur an sein Ergötzen und Vergnügen und gibt sich die größte Mühe, seiner schönen Freundin angenehm zu sein, verschwendet hohe Summen für Feste und Gastmähler, für Möbel, Kleider und Schmuck. Er wünscht sie besser gekleidet zu sehen als alle ihre Freundinnen. Bis jetzt war sie zu arm gewesen, sich Möbel zu kaufen, denn was kann ein Mädchen, das mit seinem Körper vorsichtig umgeht, schließlich verdienen? Sie hat sogar Schulden, die sie nur ungern beichtet und tut es auch jetzt nur, weil sie endlich bezahlt werden müssen und nicht mehr länger verhehlt werden können. Der Gläubiger steht zwar zufällig in Diensten der Dame oder er ist ein Zuhälter, den sie unterstützt; der Liebhaber ahnt das nicht und gibt immer weiter Geld her. So trachtet die gute Dame die Herrschaft über sein Vermögen und seine Person an sich zu reißen, und mit der Zeit gelingt es ihr. Sie sucht immer neue Gelegenheiten, ihn zu Geldausgaben zu verleiten, da sie ja den Vorteil davon genießt und sehr gut weiß, daß er sie um so zärtlicher behandelt, je mehr sie ihn kostet.

Der junge Mann, obwohl aus guter Familie stammend und vornehmer Gesinnung, verfällt in Nachlässigkeit und läßt seine Geschäfte laufen, ohne sich darum zu bekümmern. Er verkehrt nicht mehr mit seinen reichen und einflußreichen Freunden, auch nicht mit ihren Frauen, den natürlichen und allmächtigen Beschützerinnen der jungen Leute; von den ersten wird er vergessen, von den letzteren verachtet, denn sie kennen seine Geschichte. Seine Kameraden fallen einer nach dem andern von ihm ab, denn sie sehen ihn unrettbar umgarnt von dem verhängnisvollen Netz und ohne Nutzen für sich oder andere, was doch für jeden verständigen und klugen jungen Menschen sehr wesentlich sein sollte. Und würde einer von ihnen eine ehrenhafte Frau heiraten, so dürfte er sie um keinen Preis der Welt in das Haus führen, wo seine Geliebte lebt. Diese Damen würden ihn gewiß gern bei sich sehen; doch das erführe seine schöne Freundin, die gewiß nicht dulden würde, daß er ein Haus besuche, wo sie keinen Zutritt hat.

Und wenn manche aus alter Anhänglichkeit und treuer Freundschaft den langgewohnten Verkehr mit ihm aufrecht erhalten wollen, so werden sie von seiner Dame verscheucht; sie zeigt ihnen ihre verdrießlichste Miene und verklagt sie bei ihrem Galan. Und wenn zufällig einer der Freunde, etwa in fröhlichem Gespräch bei Tische, ein paar gutgemeinte, wenn auch ausgelassene Scherzworte fallen läßt, ist die schöne Dame höchlich aufgebracht, oder gibt es mindestens vor, und verläßt das Zimmer.

Der junge Mann folgt ihr, um sie zu beschwichtigen; sie fängt an zu weinen und weigert sich, wieder mit hineinzukommen. »Ich weiß genau,« sagt sie, »daß ihr auf mich gar keine Rücksicht nehmt. Sieh doch nur Deine Freunde, sie sagen die ehrlosesten Dinge, wenn ich dabei bin. Sie würden sich in meiner Gegenwart wohl in acht nehmen, wenn ich Deine Gattin wäre. Ich sehe, daß ich Dir lästig bin, darum gehe ich und befreie Dich von mir. Sicherlich werde ich irgendeine ehrsame Dame finden, die mich als Zofe annimmt; von Dir will ich nichts mehr haben!« Schließlich gelingt es dem Galan, sie zu beruhigen; aber sein Freund, der diese Szene verursacht hat, merkt es wohl und meidet fernerhin sein Haus. Ein nächstes Mal wird es sich um einen andern handeln, der in Kenntnis der Umstände sich klug zurückhaltend benimmt. Dann sagt wohl die Schöne zu ihrem Freunde: »Wahrlich, ich wundere mich über ihn und möchte wissen, Lieber, weshalb er mich so verächtlich behandelt. Er zeigt es doch deutlich und geruht kaum zu antworten, wenn ich etwas sage. Das ist doch der beste Beweis, daß ihm auch an Dir nicht viel liegt. Ich weiß nicht, ob er nicht nur deshalb zu Dir kommt, um Dich auszunutzen.« Bei einem Dritten wird sie wieder etwas anderes finden, worüber sie sich beschweren kann, vielleicht, daß er sie mit Liebesanträgen verfolge, obwohl kein Wort davon wahr ist und er nicht einmal daran denkt. So wird sie es weitertreiben, bis der gute Mann endlich von allen verlassen wird. Sie glaubt ihn erst dann ganz in der Hand zu haben, wenn sie ihn sämtlichen alten Freunden entfremdet hat.

Nun ist er gut umstrickt von dem fatalen Gewebe: alle seine Freunde und Genossen haben ihn verlassen, seine Angehörigen wenden sich von ihm ab und leicht kann es sein, daß er auf Ehrentitel und Vermögensanspruche verzichten muß. Er lebt nun recht beschränkt von einer kleinen Summe Geldes, die er von Vater oder Mutter erhalten hat. Gehört er dem Kaufmannsstande oder einem andern Gewerbe an, so wird sein Geschäft ihm keinen oder nur geringen Nutzen bringen, denn alle, mit denen er zu tun hat, gehören der großen Gemeinde der Verheirateten an, die einander gegenseitig unterstützen und helfen, so gut sie können (und sie tun wohl daran, denn das ist notwendig) und nichts von den Unverheirateten oder solchen, die nur zum Schein verheiratet sind, annehmen. Der arme Mann muß nun in bescheidensten Verhältnissen weiterleben und wird sich oft nach großen Gütern und Ehren sehnen, die er hätte haben können, nun aber nie mehr haben wird. Der Dame verursacht das wenig Kummer; sie weiß sich in die kleinsten Verhältnisse zu fügen.

Mit seinem geringen Vermögen muß der arme Mann nun ganz gegen seine Gewohnheit einen bescheidenen Haushalt führen. Seine Verwandten und Freunde haben ihn verstoßen, er hat keine andere Gesellschaft als seine Geliebte, die reizbar, mürrisch und unverständig ist, ein paar ihrer Freundinnen, eine älter, häßlicher und dümmer als die andere (denn nur so will sie sie haben) und die Männer, – wahrscheinlich niederer Abkunft und ohne Bildung, wenn nicht noch schlimmer, wovon ich lieber schweigen will – die sie in ihren Netzen gefangen halten. Man kann sich nun denken, welche Freude einem edlen, klugen, wohlerzogenen und reich begabten Menschen der Verkehr mit solchen Geschöpfen bringen wird. Bald kann er Gott loben, der in seiner großen Barmherzigkeit die Leidenden nicht verläßt: mangels entsprechender Übung werden die Fähigkeiten des jungen Mannes schon nach kurzer Zeit zu verlöschen beginnen und bald ist er ganz verdummt und seinen neuen Genossen in allen Punkten gleich, wenn nicht Zorn, Neid und schlechter Lebenswandel, in dem er sein Unglück zu ertränken sucht, ihn noch verächtlicher machen.

So weit ist er nun. Die Frau hat vielleicht eines oder mehrere Kinder bekommen, die sie mit Recht oder Unrecht ihm zur Last legt. Es kommt häufig vor, daß Frauen, die mit ihrem Körper Verschwendung treiben, lange unfruchtbar bleiben, weil die vielen und verschiedenartigen Bearbeiter dem Boden keine Muße gönnen, Früchte zu tragen; daß aber dann, wenn sie ihre Lebensweise ändern, eine Wandlung eintritt. Der gute Mann quält sich sehr, denn er kann niemals wissen, ob die Kinder wirklich ihm zugehören. Jedenfalls muß er sich stellen, als ob er davon überzeugt wäre, und ist nun sehr betrübt, wenn er daran denkt, was sie werden erdulden müssen, denn man wird ihnen stets ihre Geburt vorwerfen und sie deshalb gering achten; das schlimmste ist, daß sie wenig Geld haben werden, denn das Geld deckt alles zu. Sie aber ist voll Freude darüber; sind doch die Kinder ein starkes Band, an dem sie den guten Mann nur noch fester halten kann. Auch glaubt sie, daß Kinder zu haben auf jeden Fall sie dem Stande einer ehrbaren Frau um einen großen Schritt näher bringen müsse. Über ihre Zukunft macht sie sich keine Sorgen; sie werden mindestens ebenso ehrenhaft durchs Leben kommen wie sie selbst.

Diese Art von Frauen schätzen den Besitz von Kindern so hoch, daß sie alles daran setzen, um eines oder mehrere zu bekommen. Und wenn es ihnen nicht gelingt, was oft vorkommt, weil die häufige Benutzung verschiedener Mittel und Instrumente sie der Empfängnis verschlossen haben, machen sie den Galan dafür verantwortlich, behaupten, daß er unfähig sei und sehen sich nach einem Ersatz um. Sie werden bald einen oder mehrere Freunde finden, mit denen sie sich dem bewußten Zeitvertreib leidenschaftlich hingeben können. Es kommt auch vor, daß eine solche Dame seltsame und unerlaubte Auswege ersinnt; etwa ein Kind kauft, um es dem Manne gegenüber für ihr eigenes auszugeben, oder eines stiehlt, dafür vors Gericht kommt und der arme Kerl mit ihr, was ihm jedenfalls nicht viel Ehre einbringt. So verbringt der gute Mann seine schönsten Jahre, wird vor der Zeit alt infolge der Kümmernisse und Sorgen, die er ertragen muß und die weder durch eigene noch durch fremde Freuden erleichtert werden. Er ist krank und elend und dabei schwachsinnig. Doch hat er immer noch Verstand genug, um zu sehen, daß seine Geliebte längst Trost gefunden hat und er ihrer Meinung nach schon zu lange lebt. Er betrachtet seine Lage und erkennt wohl, daß die Schöne nach und nach sich seinen ganzen Besitz angeeignet hat, indem sie alles oder doch den größten Teil davon von ihm zum Geschenk oder Verkauf herauszulocken verstand. Der Arme ist sehr verzweifelt, wagt jedoch nicht, der Dame Vorwürfe zu machen, was immer sie zu tun für richtig befinde, weil sie ihm vielleicht schon einmal gedroht hat, ihn aus dem Hause zu jagen. Seine Eltern darf er nicht um Hilfe angehen, denn er hat sich seit langem nicht mehr um sie gekümmert, und sie wissen wohl, wie es mit ihm steht, haben sie ihn ja deswegen enterbt. Auch würde er es nicht wagen, aus Furcht vor seiner Geliebten.

Er wird immer kränker, sie aber und ihre Untergebenen sorgen nicht mehr für ihn, kaum, daß sie ihm das Nötigste zur Fristung seines armseligen Lebens zukommen lassen. Aus den genannten Gründen wagt er auch nicht, sich darüber zu beklagen.

So ergeht es dem armen Manne in dem verhängnisvollen Netz, das hundertmal schlimmer ist als das Netz des Ehestandes; er kann sich nicht losmachen, muß darin hängen bleiben und sein Leben elend beschließen.


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