Anthoine de La Sale
Die fünfzehn Freuden der Ehe
Anthoine de La Sale

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Die zwölfte Freude der Ehe ist diese:

Ein junger Mann hat ein Weib gefunden, wie er es sich immer wünschte. Möglich, er hätte eine bessere finden können; aber daran dachte er nicht, denn er hält sein Weib für besser als alle andern und ist glücklich, daß Gott ihn gerade diese finden ließ, die er ohne Fehl achtet. Geht herum, prahlt und rühmt sich seiner klugen Wahl, was alles die Frau wohl merkt. Der Mann richtet alles so ein, wie es seine Frau haben will. Hat jemand ein Geschäft mit ihm, sagt er: ich will mit meiner Frau darüber reden, oder: mit der Frau des Hauses; ist sie damit zufrieden, so ist er's auch; will sie nicht, dann will er auch nicht. Denn der Mann ist so gut abgerichtet, daß er blöd ist wie der Ochse vor dem Pflug. Ist er edlen Blutes und beruft ihn der König zum Heere, so wird er gehen, wenn seine Frau will. »Liebste, ich muß zum Heere,« sagt er. – »Du willst?« sagt die Frau, »willst Dich töten lassen? Und ich, und die Kinder?« Kurz: wenn sie es nicht will, so geht er nicht; er wird sein Fernbleiben so gut es geht entschuldigen, bewahre seine Ehre wer mag. Er geht nun dorthin, wohin ihn seine Frau schickt. Zankt sie, spricht er kein Wort, wenn sie auch noch so unrecht hat; denn ihm kommt es immer vor, sein Weib hat recht und ist klug. Er würde auch alles mögliche Große und Gute tun, wenn es ihm seine Frau befiehlt, aber es hat auch die klügste Frau nicht so viel Verstand dafür, als ich Gold im Auge habe oder ein Pferd Hörner hat. Und der besten geht der Verstand schon in der Hälfte von dem aus, was sie sagen oder tun will; und ist sie nicht einmal so klug, dann denket, was der Mann zu erleiden hat, wie sie um jeder Kleinigkeit willen mit ihm Zank anhebt, wegen anderen Frauen, wegen seiner Gewohnheiten! Jetzt schickt sie ihn schlafen, wenn er noch aufbleiben möchte. Weckt ihn um Mitternacht und erinnert ihn an was, das er zu besorgen hat. Schickt ihn bei Hagel und Sturm über Land, wenn ihr gar nichts einfällt, nach dem Arzt, weil sie todkrank sei. Es kommt vor, daß ihr Liebhaber – des Mannes Freund – mit ihr sprechen und nicht warten will, also heimlich mitten in der Nacht kommt und sich irgendwo im Keller oder im Stall versteckt oder ganz hitzig ins Schlafzimmer eindringt, in dem der Mann schläft. Es gibt Frauen, die solcher Kühnheit ihrer Liebhaber nichts verweigern können und darob nur noch hitziger in Liebe zu ihnen entbrennen, und sollten sie auch daran zugrunde gehen. Kommt also so ein verliebter Kerl, wie ich sagte, des Nachts, so schlägt wohl der Hund an; aber die Frau sagt ihrem Mann, das seien die Ratten schuld, wie sie schon öfter gesehen habe. Und wenn der Mann das auch nicht glaubt, so denkt er doch, daß es seine Frau mit dem, was sie sage, nur gut für ihn meine. Was ist da noch zu sagen? Er darf die Kinder tragen, darf sie wiegen, und darf ihr am Sonntag beim Spinnen die Spindel halten.

Bricht Krieg aus, so zieht jeder Mann vom Lande nach den Städten und großen Plätzen. Aber er will seine Frau nicht allein lassen und kommt so in Gefangenschaft, ehe er sich's versieht, und muß ein großes Lösegeld zahlen. Oder er bringt sein Teil in Sicherheit und flüchtet, um der Gefangennahme zu entgehen, in ein festes Schloß; des Nachts macht er sich dann wohl einmal auf den Weg, stapft und stolpert durch Wälder und Sümpfe und öde Heide, um nach den Seinen zu sehen; empfängt ihn gleich sein Weib mit Zank und Geschrei und wirft ihm alles Übel und Ungemach vor, gerade so, als ob er nicht Frieden machen wolle zwischen dem König von Frankreich und dem von England, und erklärt: da bleibe sie nicht mehr länger. So muß er Weib und Kind und Habe in Eile nach der Burg oder der Stadt befördern; was er dabei Mühe und Ärger hat, das weiß Gott. Ganz mager und krank wird er von allem Lärmen und Schimpfen: denn die Frau weiß nichts anderes, als an ihm ihre Wut auszulassen, die ihr die Zeitläufte bereiten, und er weiß nichts anderes, als es ertragen. Und wagt er einmal Widerstand und gibt eine zornige Antwort, so gehen seine Leiden erst recht an und er ist nun erst recht der am End Besiegte und ärger noch Sklave denn zuvor. Ihr könnt euch denken, wie die Kinder aufwachsen, ohne Zucht und Sitte, denn der Vater darf ihnen nichts sagen und sie durften tun, was sie wollten; und alles, was sie taten, war immer gut, auch wenn sie im Spiel so aus Versehen ihm einen Stein an den Kopf warfen. Erst wenn er alt wird, läßt man ihn etwas in Ruhe, behandelt ihn etwa wie einen Knecht, der hinfällig und zu nichts mehr zu gebrauchen ist. Die Frau verheiratet die Töchter an Männer, die für die Untauglichkeit ihrer Frauen den Vater verantwortlich machen, den alten gichtbrüchigen Mann, der nun wohl weinen mag und doch ein Testament für seine Frau macht. So läuft sein Leben ab in Traurigkeit und endet seine Tage im Elend.


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