Anthoine de La Sale
Die fünfzehn Freuden der Ehe
Anthoine de La Sale

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Die vierzehnte Freude der Ehe ist diese:

Ein junger Mensch hat sich alle Mühe gegeben, ins Netz zu kommen und hat darin eine schöne junge Frau gefunden, süß und lieblich; und lebten in großen Freuden und Lüsten zwei, drei Jahre und taten nichts, was einander nicht gefallen hatte, taten einander alles Vergnügen und küßten sich wie zwei Täubchen. Denn sie sind beide wie Eines, und hat die Natur sie durch die Sinnigkeit ihrer Kraft so für einander gemacht, daß, wenn einer was Unangenehmes empfindet, auch der andere es spürt. Beide sind sie in ihrer schönsten Jugend. Und da stirbt das Weib, und der Mann ist in solchem Schmerze wie keiner denken kann. So veränderlich ist das Glück; denn es ist auch gegen alle Vernunft, daß Leute, die im Gefängnis sind, nach ihrem Vergnügen leben; wäre es so, so wär es kein Gefängnis. Der junge Mann fällt in Verzweiflung; jetzt klagt er Gott und den Tod an, jetzt das Schicksal, das ungerecht gegen ihn gewesen sei, da es ihm alle Freude geraubt habe, und ich denke, dies ist der größte Schmerz auf der Welt: der um das Schicksal.

So lebt er eine Zeit in Kummer und Schwermut, sucht die Einsamkeit und meidet alle Gesellschaft, denkt an nichts sonst als an das, was er verloren und immer schwebt vor ihm das Bild der Frau, die er so sehr geliebt hat. Aber es ist nichts, was nicht vorüberginge. Hat er als guter Mann Freunde in der Stadt oder auf dem Lande, so werden sie versuchen, ihn zu einer neuen Heirat zu bewegen, und so heiratet er ein Weib, das in allem das Gegenteil seiner ersten Frau ist. Sie ist eine Witwe, nicht mehr ganz jung, so zwischen zwei Altern. Sie versteht viele Dinge, und hat von ihrem ersten Manne vornehmlich dieses gelernt, wie den zweiten regieren. Sie geht dabei ganz klug und vorsichtig zu Werk, daß man erst ihre Bosheit gar nicht merkt. Aber so wie sie sieht, welch einfacher Art ihr Mann ist, so weiß sie, was sie zu tun hat und fängt an, ihr Gift zu spritzen. Nun gibt sie sich alles Recht und Ansehen der häuslichen Herrschaft, und der Mann erfährt alle Leiden und Martern. Denn es ist wohl keine Knechtschaft so groß, wie die eines jungen, einfachen und freimütigen Mannes unter einer Witwe, und wie groß erst, wenn diese Witwe ein schlechtes, abgefeimtes Weib ist. Wer mit einem solchen bösen Laster geschlagen ist, dem bleibt nichts sonst als Gott zu bitten, daß er ihm Geduld gebe, es zu ertragen und auszuhalten, und ist einem zahnlosen alten Ochsen gleich, der in einem Kappzaum liegt und an einer dicken Eisenkette mit einem schweren Balken daran: er kann nichts sonst als brüllen, und so oft er brüllt, bekommt er eins übergezogen.

Ist dieser Mann noch sehr jung, so wird sein Weib sicher eifersüchtig sein, denn dies zarte und junge Fleisch des Mannes macht sie beständig geil und neidisch darauf, und möchte sie es so immer in den Armen haben und die Lust spüren. Sie gleicht einem Fisch in einem stehenden, von der Hitze faul gewordenen Wasser: er schaut in ein andres zu kommen, das frisch ist. Also macht es die Frau in einem gewissen Alter: schaut aus nach einem jungen Menschen und jungem Fleisch, daß sie sich darin auffrische. Und Ihr wißt doch, daß einem jungen Manne nichts so sehr mißfällt wie ein altes Weib, und wißt, wie seiner Gesundheit nichts mehr schadet. Wie einer, der einen nach dem Faß schmeckenden Wein trinkt, dies nur tut aus großem Durst, und wenn er getrunken hat, einen gar üblen Geschmack davon behält und nie mehr von solchem Wein trinken wird, also ist es mit einem jungen Mann, der ein altes Weib geheuert hat: er mag sie und kann sie nicht lieben, so wenig wie ein junges Weib einen alten Mann.

Es gibt da auch welche Junge, die aus Geiz ein altes Weib heiraten und sind die nicht klug, die solches tun. Aber noch viel dümmer ist der alte Kerl, der sich wie ein Junge stellt und ein junges Weib zur Ehe nimmt. Seh ich so was, so lach ich darüber, indem ich das Ende solchen Hausens bedenke. Das muß schon ein großer Zufall sein, daß ein junges Weib mit dem zufrieden ist, was ein alter Mann ihr tut. Wie soll die junge, zärtliche, süßatmende Frau einen alten Mann ertragen, der die ganze Nacht durch hustet und jammert und keucht und spuckt und aus dem Munde stinkt – ein Wunder, wenn sie sich darüber nicht umbringt. Und solche zwei kommen nie mit ihrer Lust zusammen, denn sie sind immer einander entgegen. Was der eine will, das ist dem andern nicht angenehm, und ist es, als ob man eine Katze und einen Hund in einen Sack steckt: da wird ein beständiges Raufen sein. Und da so keine Eintracht ist zwischen solchen Eheleuten, sucht jedes das Vergnügen auf seinem Weg und verschwendet Hab und Gut und gerät in Armut.

Oft hat man es gesehen, wie solche alte Leute eifersüchtiger sind als irgend andere, eifersüchtiger und geiler: denn das Bedürfnis spüren sie immer noch und sind so mehr besessen davon, je unvermögender und älter sie werden. Wenn die jungen Herren so ein junges hübsches Weib sehen, das an einen alten Mann oder an einen Narren verheiratet ist, so werfen sie gleich ihren Angel aus, um es zu fangen und haben sich da nur selten betrogen: denn sie wissen ganz gut, daß das junge Weib leichter zu fangen ist als ein anderes, das einen jungen, kräftigen Mann hat.

Nimmt aber ein altes Weib einen jungen Mann, so tut es der nur aus Geiz und Habsucht um des Geldes willen und wird sie nie lieben. Schläge wird sie von ihm bekommen und das Geld wird er mit andern Weibern vertun, und Armut wird das Ende sein. Und müßt noch wissen, daß das Schlafen mit einem alten Weibe dem jungen Mann das Leben kürzet, wie Hypokrates sagt: Non vetulum novi, cur moriar? Und eifersüchtig und liebestoll sind diese alten Vetteln, daß sie darüber oft ganz närrisch werden. Der Mann mag hingehen wo er will, sei es auch nur in die Kirche, die Alte wird ihn immer in Verdacht haben, er gehe auf unrechten Wegen. Gott weiß, was er Leiden und Martern von ihr ertragen muß! Nie wird ein junges Weib ob so törichter Dinge eifersüchtig sein und kann, wenn sie mag, leicht gleiches mit gleichem vergelten. Aber einer, der mit einer Alten verheiratet ist, darf es nicht wagen, mit einer andern Frau zu sprechen, muß immer um seine Alte herum sein, und wird mit ihr in einem Jahr älter werden als mit einem jungen Weibe in zehn. Ausdörren tut ihn die Alte bis aufs Mark und aussaugen alle seine Säfte, und er hat ein Leben voll Ärger und Leid und endet es im Elend.


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