Ernst Kratzmann
Die neue Erde
Ernst Kratzmann

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Die Zeit war heiß und wild. Am Himmel flammte die Zuchtrute Gottes, von ihrem Schlag stürzten die Sterne herab zur Erden, sanken in tiefe Brunnen, und der Brunnen Wasser wurde zu Blut.

Und Kreuze und Blutstropfen fielen über die Menschen nieder, jagten Todesangst in ihr zitterndes Gebein. Nächtlich standen sie in den Gassen und wiesen einander mit taumelnder Hand die Zeichen der Erfüllung.

Fäuste reckten sich auf wider das Schicksal und sanken zerschmettert. Flüche schrien auf zu Gott und fanden sein Ohr nicht.

Wir mußten leben, wie uns Gott in die Zeit gestellt.

 

Wir beide, der Giers und ich, werkten hoch oben auf dem Dom, zwischen Stein und Gerüst, hell klangen die Meißel in die 93 sonnige Luft. Tief unten lag die Stadt, kroch das Menschgewimmel, die Donau trieb ihr glitzerndes Spiel uns zu Füßen, die Hügel der Alb hoben und senkten sich im fließenden Lauf des Lichts wie atmende Brüste von Frauen. Der Himmel ging über uns weg mit Wolken und Sonnglut, Sturm fachte uns an und schrie in den Wimpergen und Fialen, schrie nach ewigem Wechsel und Wandel, nach Vergehen und Werden. Wir freilich hörten nur sein Begehren nach Sturz und Fall, und wußten nicht, daß aus allem Sterben neues Leben steigt. Aber bangte uns auch davor –: wir riefen dennoch mit dem Sturm nach Untergang und Verderben dieser Welt, die auf uns lastete wie ein Berg . . .

Wir setzten uns in einen Winkel des Gerüsts, zogen Brot und Fleisch aus dem Sack und aßen.

»Ich mag nicht hinuntersteigen zu den andern«, sagte der Giers, »in ihre Enge und Niederkeit. Es weiß keiner von ihnen ums innerliche Leben des Doms, es hats keiner in sich, wie er gewachsen ist und wie er leidet, weil ihm das Letzte versagt ist, das Heiligste: der Flug in den Himmel . . .«

Er wies nach dem Westturm, der als ein riesiger, breiter Stumpf, wie abgesägt, fremd dastand, und schon seit Jahren das hölzerne Notdach trug, das Zeichen der Entsagung. »Nie wird er vollendet sein, nie aufsteigen ins Licht, ewig ein häßlicher Klotz . . . Der Dom stirbt. Immer matter rinnt das Blut durch seine Adern, wir flicken und pfuschen nur noch an ihm, erloschen ist der große Atem von ehedem, der Wille zum Aufwärts, der sich in den Turm schließt und in seiner Spitze eins wird mit dem Himmel . . . Der Dom stirbt . . . Nie wird er vollendet sein . . .«

Dawider ich:

»Die Zeit ist schwer. Immerzu Krieg, Pest, Tod, Mißwuchs, Teuerung. Wer soll da bauen, kühn, groß, ein solches Werk vollenden?«

»Glaubst, es liegt an dem? Siehst nicht, wie sie den Meißel matt führen, wie keiner mehr den großen Zug hat? Wie die Hüttenmeister armselige Hauderer und Stümper sind, die zag und 94 schal ausführen, was der Große einmal ersonnen, der Ensinger Ulrich? Und führten sie's nur aus! Aber sie schütten immer mehr Wasser in seinen Wein, immer einfacher, immer billiger und kümmerlicher wird sein Werk unter ihrer lahmen Hand!«

»Die Zeit hat sie gelähmt . . .«

»Ja – aber anders als du's meinst. Die Zeit ist vorbei für den Dom! Vorbei für die große Kunst . . . Die Kunst stirbt . . .«

Der Sturm sang im Gebälk, die Wolken flogen über uns weg. Sie wandelten ewig ihre Gestalt, vergingen in Nichts, wuchsen neu aus unergründlichem Blau. Nur Menschenwerk soll bleiben für ewig, die alte Kunst nie sterben, weil wir sie lieben?

Ich sah empor ins wogende Ziehen des Himmels, und mit einmal standen die Wolken still, und das Gerüst mit mir und dem Giers Hammer schwamm sacht und stetig davon, ins Blau hinein, schwankte leise wie ein Nachen auf tiefem, großem Strom.

In mir stieg eine Angst auf, ich wußt nicht, warum. Ich taumelte auf, griff nach ein' Balken. Giers sprang her und riß mich zurück.

»Was hast? Zieht dich der Grund –?«

Ich blickt um mich – es drehte sich alles rundum, langsam, immer langsamer, dann standen sie wieder still, Dom und Gebälk, und unten die Stadt Ulm und die Donau, auf der gelb der Abendschein lag.

»Mir war, als ob alles strömen und wandern wolle und nur der Himmel bestehen bliebe . . .«

Der Giers sah mich an, seltsam, fragend. Wir standen allein, hoch oben über der Welt und den Mauern der Bürger, aufgehoben in den Himmel. Wir waren ganz allein in der Welt und schauten mit verstörtem Blick auf die Erde nieder wie auf ein fremdes Gestirn. Durch Häuser und Gassen flossen Ströme, sie kamen von draußen weit, über Hügel und Fernen, gingen hindann in neue Fernen, fanden sich, trennten sich, ein einziges Netz geheimer Kräfte, gesponnen über die ganze Welt. Alles nur Kommen und Gehen, kein Bleiben und Rast. 95

Giers stand neben mir und sah hinunter – über sein Gesicht kams mit einmal weiß und fahl, sein Aug wurde dunkel und weit. Er faßt' mich am Arm: »Gehen wir, Urs, hinunter – jetzt packt es mich auch . . . Es ist nicht geheuer da oben . . .«

Wir stiegen hinab, die Leitern und Stufen, voll Angst, klammerten mit zitterndem Griff die Balken, wo wir sonst wie Katzen hinliefen, lachend der Tiefe. Tauchten ins Dunkel der engen Treppen im Innern des Domes, atmeten hoch, daß wir geborgen waren, die Knie zitterten uns schwank, da wir endlich unten standen im Werkhof. Wir blickten uns an. »Was war das, Giers? . . . Die alten Weiber würden sagen, der Teufel . . .«

Giers lehnt' an der Mauer, immer noch fahl im Gesicht. Der Schweiß deckt' ihm die Stirn, es schüttelte ihn wie das Fieber: »Ich glaube, Urs, wir haben . . . die Zeit gesehen . . .«

Der alte Jost Sagenhart winkt' uns zu sich, der Hüttenmeister. »Ihr sollt zum Herrn Meister Burkhart kommen, beide«, sagte er und sah uns an wie in Ehrfurcht und Neid.

Wir wuschen uns Hände und Gesicht und gingen zum Meister. Seit wir vor Jahren an die Bauhütte gekommen, hatten wir ihn nicht mehr gesehn.

Wir traten in die kleine Stube, darin er zu zeichnen pflegte. Es war um die späte Dämmerung. Aber ein rotgelber Abendschein fiel durchs Fenster an die Wand, gerade auf ein riesiges Pergament, und wir schrien beide auf: denn dort hing der Aufriß des großen Turms, über mannshoch, mit tausend feinen Spitzen und Zacken, zarter und immer zarter nach oben zu, und trug oben, statt der Kreuzblume, das Riesenbild Unserer Frau. Aus breitem Grund stieg er hoch, fuhr jäh auf aus Menschentiefen zum Himmel, riß mit sich hoch den ganzen Dom.

»Der Turm!« rief der Giers und faßt' mich am Arm, daß mir der Griff weh tat. Und nach einer Weil: »Das Blatt hat noch der Meister Ulrich gerissen, der Ensinger! . . .«

Das war der Turm, einmal die Sehnsucht einer Zeit . . .

Über das Bild glitt ein lila Schein, und auch der verging. Da 96 war neben uns ein leises Geräusch und der Meister Burkhart stand neben dem Turm und blickt' uns an. Vielleicht stand er schon lang so, aber wir hatten ihn nicht bemerkt, so waren wir verstarrt in das Bild.

Der Meister sah uns ruhig an mit großen, hellen Augen, forschend und achtsam, aber auch wieder so, als wären wir unendlich weit von ihm. So ging sein Schauen in eine große Ferne.

Aber nun war auch in unserem Aug noch der Blick von der Höhe und die Weihe des Meisters Ulrich. So daß wir das Antlitz des Meisters Burkhart anders sahen als damals, da wir als junge Gesellen demütig um Aufnahme in die Hütte baten. Wir sahen die zahllosen, tiefen Rinnen und Furchen in seinem Gesicht, wie mit dem Messer gegraben, und das Leid, das aus ihnen redete. Und auch er mochte wohl in unserm Aug noch jenen Blick von der Höhe gewahren. Denn er sah uns noch immer seltsam forschend an, sehr ernst und gelassen, lang, eh er endlich zwei Rollen vom Tisch nahm:

»Ihr sollt nun die Verkündung machen, die ihr mir damals gewiesen . . .«

Er breitete sie auf dem Tisch aus, und eine längst vergangene Zeit stieg auf – sie war uns fremd geworden, als wären wir Greise gewesen, die ihrer Knabenjahre gedenken. Und war doch erst – wie lange nur? Fünf, sechs Jahre her . . . Aber dazwischen lag viel.

Es kam über mich wie Furcht – nicht, daß wir uns nicht getrauten, die Bilder nun in Stein zu gestalten – aber ein Grauen, daß einem das eigene Werk in wenig Jahren so fremd werden kann . . . Daß alles Leben so schnell hingeht, daß man auf sein eigen Sein schon nach armer Frist zurücksieht wie auf einen Toten, den man kaum gekannt.

Ich fühlte das stille Auge des Meisters auf mir ruhen. Er sagte leise:

»In euch wohnt noch, so jung ihr seid, der Glaube an die alte Kunst. Drum sollt ihr die beiden Bilder machen, seind 'leicht auch 97 andere geschickter mit der Hand. Aber die hohen Bilder werden nit allein gemacht mit der Hand . . .«

Am Abend saßen wir in unserer Kammer bei einem Stück Brot und einem Becher Weins. Seit wir vom Meister Burkhart gegangen, war kein Wort mehr zwischen uns gewesen. Wir hockten stumm am Tisch, zwischen uns brannte das Licht. Wir sahen auf seine Flamme nieder und getrauten uns keinen Blick in des andern Gesicht.

Da stand ich auf und kramte aus der Truhe die großen Blätter des Meisters Dürer von Nüremberg, die vor wenig Jahr ausgegangen: die heimlich Offenbarung Johannis. Jetzt hob der Giers den Blick zu mir in einem stummen Dank. Wir saßen zueinander, wendeten die Bilder und lasen den heiligen Text.

Wir sahen, wie über die stille Friedsamkeit der Welt das Wort von oben gesprochen wurde: Weltwende – und die Vier Gewaltigen aus schwarzem Donnergewölk ritten über sie hinweg. Wir kannten sie: Pest, Krieg, Hunger und Tod. Wir hatten sie gesehen, hatten die Menschen unter den Hufen ihrer Rosse hinstürzen sehen wie dürres Laub im Herbst.

Sternflammen fielen vom Himmel, die Menschen schrien aus in wahnwitziger Angst und Not, wollten sich in die Erde verkriechen vor Furcht. Der Mond ward rot wie Blut und die Sonne schwarz wie ein härener Sack.

Aber die sieben Engel huben an zu posaunen, Donner, Blitz und Feuer und Blut stürzten auf die jammernde Erde herab und begruben Städte und Schiffe in Flammen. Das Wasser wurde zu Wermut, es starb, wer davon trank. Wir hatten es gesehen! Gericht! schrien die Posaunen über die Erde hin, Gerechtigkeit Gottes fuhr nieder und zerbrach alles menschliche Maß. Die Engel selber, die Übergewalten, stürmten mit Blutschwertern über die Menschen hin, schlugen und würgten, was unter sie kam, die Ungerechten fielen, König und Papst, die geharnischten Kriegsreiter, die das Gut der Armen verdarben, Bischof und Wucherer, Mann und Weib. Alle Gnade war tot und ab. 98

Und es kam das Blatt, vor dem es uns graute, seit wir es kannten, das riesigste, das je ein Mensch ersonnen: der Erzengel selbst, Michael, zog aus zum letzten Kampf wider den Höllfeind, er stieß ihm den Speer in die Brust, die Teufelsbrut stürzte zum Abgrund und ward verschlossen in die Tiefe. Der Engel aber wies Johannes die neue Stadt auf geheiligter Erde . . . Wird das je sein? Wo steht die selige Stadt? Wir waren durch Blut und Grauen gegangen und hatten die Zorngewalt Gottes gesehen, niederfahren auf ein verderbtes, elendiges Geschlecht. Die Angst um das Kommen des Letzten war über uns gewesen – und über allen! – und sie war noch über uns, schlug unsere Träume mit Qual, lag auf unserer Brust wie ein Stein, erstickte den Atem der Freude. In die Stille der Nächte hinein hörten wir das Dröhnen der vier Reiter, das Schreien der Engelsposaunen scholl aus aller Lust des Tages, der Wermut des Todes vergällte den Wein des Lebens. Und die große Angst lähmte Arm und Geist . . .

 

So werkten wir nun in der Hütte, Giers an der Madonna, am Engel ich. Die Gesellen sahen scheel auf uns, voll Neid.

Aber wir – uns war schwer und bang zumut. Wie hätten wir gejubelt vor fünf Jahr, hätten wir damals die Bilder dürfen ausführen – nun war kein Glück darüber in uns, voll Zagen schlugen wir an den Stein. Irgendwas war zerbrochen in uns und wir wußten nicht Rat, hatten nur Trauer darum.

 

Die Lampe brennt trüb auf meinem alten Tisch. Die Heide liegt weit und still. Ich weiß nicht, warum ich mit einmal an die Verse denken muß, die ich seit Jahren nimmer gehört . . .

Aus der Heimat, hinter den Blitzen rot,
Da kommen die Wolken her . . .
Aber Vater und Mutter sind lange tot,
Es kennt mich dort keiner mehr . . . 99

 

Seit wieviel Jahren war ich unterwegs durchs ganze heilige deutsche Reich, fahrender Scholar, Bildschnitzer und Steinmetz, Bettler und Vagant? Ich war ein wohlgewachsener, gerader Mensch und geschickt zu aller Hantierung, ich wäre ohne viel Müh und Beschwer zu Erde und Brot gekommen. Aber ich fand nirgends Ruh und Bescheiden. Die große Unstete war über mir – und über uns allen. Die gefestet in sattem Besitz in den Städten saßen, die Haus und Gewerbe, und draußen vor den Mauern zinsende Höfe hatten – die fühlten sie nicht, die große Unrast der Zeit, die hielten in gierigen Händen ihr Geld und schmälten über uns wanderndes, heimloses Volk voll Haß und Verachtung. Aber wir Heimlosen standen unten, wir waren den Gewalten näher, die unter der Erde wirken und bisweilen hervorbrechen, hinauf in die Welt der Satten, mit Not und Gewalt und grauenvollem Sturz aller Mißachtung und allen Unrechts. Und oft, wenn ich nachts an der Erde lag, in Scheunen, in Ställen, im Wald – war mir, als hörte ich drunten ein Flüstern und Raunen vielvieler Stimmen, das anschwellen konnte wie ferner Donner; als hörte ich drunten ein Gehen und Schlürfen, wie den Schritt vieler Menschen. Und schärfte ich allen Sinn nach dem Stimmschwall der Tiefe, so war es immer wieder das eine Wort, das tausendfalt wiederkam, gebetet, geflucht, gebettelt, geweint, geschluchzt, geschrien, gebrüllt: Herr, steh deiner göttlich Gerechtigkeit bei! Das Wort war gestanden auf den Fahnen des Bundschuhs im Elsaß, der jammervoll in Blut zertreten ward, auf den Fahnen des »armen Konrad«, der in Marter und Pein unterging. Ich hörte es von den Bauern, die in der Fron auf dem Feld gingen, wenn sie zusammenbrachen unter der Peitsche des Vogts. Ich hörte es, wenn ich nachts in den Hütten der Leibeigenen lag, das eine Wort statt allen Gebets.

Aber Gottes Gerechtigkeit war weit über uns im Himmel, in einem kommenden Sein, auf das uns die Pfaffen getrösteten, 100 wenn sie uns zusammen mit den Herren hier auf Erden den letzten Bissen vom hungernden Mund rissen. Hier in der Welt war nicht Gottes Gerechtigkeit, sondern Herrenrecht. Herren saßen zu Gericht über die Armen, und die Herren behielten recht.

 

In einem Herbst, noch eh ich den Giers Hammer gefunden, war ich unterwegs auf der Straße. Ich mochte siebzehn Jahre alt sein.

Es war ein Regentag, so trüb und grau und aller Hoffnung leer. Ich schleppte mich hin durch den zähen Lehmbrei der Straße. Mir war kalt, die dünnen Kleider durchnäßt; ich lief mit todmüden Beinen, nur daß mir wärmer würde. Die Ferne lag tot im Nebel, aus dem es regnete ohne Unterlaß. Ein eisiger Wind kam mir entgegen, trieb mir die Nässe ins Gesicht, durch den Rock, ließ mich schauern vor Frost.

Bäume standen am Straßenrand – sie kamen mir entgegen, einer um den andern, einer und immer wieder noch einer, starrten mit kahlen Ästen ins treibende Nebelgrau. Sie nahmen kein Ende.

Ich stolperte und wankte, kam nicht mehr weiter. Es dämmerte stark, die Nacht war nicht mehr fern. Ich lehnte mich keuchend an einen Baum, duckte mich an den Stamm, daß ich Schutz vor dem Regen fände. Da sah ich unweit einen Karrenweg ins Feld führen, mit frischen Furchen durchs Erdreich. Und als ich scharf ausspähte, glaubte ich, ganz fern im Nebel ein Haus zu sehen.

Ich ging den Feldweg, schleppte mich hin, an den Füßen hingen mir bleischwer Klumpen der zähen Erde. Aber das Haus kam näher, es war wirklich ein Haus, Rauch sickerte aus den Lucken des Strohdachs.

Ich schlug mit letzter Kraft an die Tür. Zweimal und dreimal. Dann ging sie auf, der Bauer stand da, eine dürre Hungergestalt. Ein paar Lumpen deckten kümmerlich seine Blöße, die Knochen stachen ihm schier durchs Fleisch. Mißtrauisch sah er mich an. Ich bat ihn um Gottes willen um Obdach für die Nacht. »Bist allein?« – »Ja.« 101

Er wies in einen Winkel der Stube. »Dort hock nieder. Zum Essen hab ich selber nichts . . .«

Ich setzte mich nieder, auf einen Holzklotz, der an der Lehmwand lag. Stickig schwere Luft lag in dem Raum, Gestank von Schweiß und Unrat und schmutzigen, nassen Kleidern, die am Herdfeuer dampften, das kümmerlich flackernd einzig die Stube erhellte. Langsam gewahrte ich jetzt die Menschen: neben dem Herd, auf einer Schütte von dürrem Laub, lag das Weib des Bauern; neben ihr hockten ein paar alte Frauen, müd und gleichgültig, die Hände um die Knie geschlungen, den Kopf tief gesenkt, als schliefen sie. Die Bäuerin war hingestreckt mit blassem Gesicht, hager die Züge, die Nase stach sonderbar spitz in die Luft. Ich musterte die Gestalt, die kaum mit ein paar Lumpen bedeckt war, und erkannte, daß sie in den Wehen lag.

Der Bauer saß stumpf und halb schlafend in einer Ecke, und mir gegenüber an der Wand, auf dürrem Laub, lagen drei Kinder, vor Kälte ineinander gedrängt, in den Blättern vergraben. Man hätte sie mögen für tot halten.

Niemand hatte auch nur den Kopf gehoben, als ich eintrat, niemand achtete mein. Alle saßen sie reglos und stumpf, wie erstorben.

Ich hatte noch ein Stück Brot in der Tasche. Das zog ich hervor, brachs und reicht ein Stück dem Bauern. Der hob schwer, mühsam begreifend, den Kopf und sah mich an. Den Blick hab ich niemals vergessen. Er griff langsam nach dem Brot, faßte nach meiner Linken, in der ich das Stück für mich selber hielt, besah es, ob ich mir nicht Abbruch getan, dann nahm er das Brot, stand auf und ging zu seinem Weib, hielt ihrs vor das weiße Gesicht: »Da!« Sie lag reglos mit starren Augen. Er wartete eine Weile, dann schlich er zurück in seinen Winkel, nickte mir ein »Gelts Gott« zu und schlang gierig die Bissen in sich hinein.

Ich war hungrig, aber nun ich das Brot in Händen hielt und rings das Grauen der Not um mich sah, stieg mir der Ekel auf. Ich gab dem Bauern auch mein Teil und deutete damit auf die 102 schlafenden Kinder. Er sah mich wieder an mit dem furchtbaren, ungläubigen Blick, schüttelte den Kopf, als sei er zu müde zum Sprechen, und nahm es endlich, als ich ihm noch immer das Brot hinhielt, mit zögernder Hand.

In der Nacht kam die Bäuerin ins Kreißen. Sie wand und warf sich auf dem elenden Lager hin und her, ihre schrillen Schreie zerrissen mir schier die Ohren. Die Frauen begannen an ihr zu hantieren. Ich stand auf und schlich aus der Stube, ich schämte mich, zu bleiben und zuzusehen, ich konnte das Schreien und Stöhnen nicht mehr hören. Ich tastete mich in den Stall und erfühlte endlich, nachdem ich an eine liegende Kuh gestoßen, einen Korb, auf den ich mich setzte.

Drin wurde es still. Ich dachte, unerfahren in solchen Dingen, wie ich war, daß nun schon alles vorüber und das Kind geboren sei. Ich ging wieder zurück. Aber als ich die Tür auftat, schlug mir gellend ein Schmerzensschrei der Frau entgegen, daß ich entsetzt zurückfuhr. Ich sah nur den Bauern in seinem Winkel sitzen, völlig gleichgültig und stumpf.

Das Schreien hielt an. Ich preßte die Hände an die Ohren. Ich hörte es dennoch.

Was ich dachte in diesen Stunden, im dunklen Stall, gemartert von den Schreien der Gebärenden, weiß ich nicht, ich habe Jammer und Leid der ganzen Welt durchlebt. Und alles, was ich in Kummer und Not, in wildem Durcheinanderwogen von tausend ratlosen Fragen fühlte, war vielleicht nur das eine: du, mein Gott – warum hast du die Welt erschaffen, hast du sie so geschaffen . . .!

Ich mochte doch ein wenig eingeschlummert sein. Als ich erwachte, dämmerte es kaum merklich. Ich sah neben mir die Kuh und ein Pferd liegen, ein paar Hühner saßen auf der Stange.

Drüben in der Stube wars still geworden. Ich schlich hinüber. Da sah ich, wie eine der Frauen ein nacktes Kind in einem Zuber warmen Wassers badete, die andere war um die Wöchnerin geschäftig. 103

Der Bauer saß noch immer wie ein Schlafender, die Arme aufgestützt und den Kopf in die Hände gelegt. Jetzt brachte ihm die eine Frau das Kind. Er sah kaum auf, blickte das häßliche Kind scheel an und sprach nur: »Dir wäre auch besser, daß man dir den Schädel einschlüg an ein' Feldstein, als daß du am Leben bliebest . . .« Stand auf und ging weg aus der Stuben. Niemand verdroß das Wort, die zwei Weiber saßen wieder müde und verdumpft. Die Mutter lag mit gelbem Gesicht wie tot.

Wie wars bei mir daheim einmal gewesen, vor vielen Jahren, im Vaterhaus, Schmaus und Trunk, da die Mutter mein jünger Geschwister geboren hatt' – wie Freunde und Gevatter Glück wünschten und Geschenke brachten! Und hier sprach der Vater dem Kind, das sich kaum dem Mutterschoß entwunden, den Todeswunsch über den ersten Lebtag . . .

Mich litts nicht länger im Haus. Ich schlich hinaus und fand den Bauern, wie er das Pferd und die Kuh zusammen vor den Holzpflug spannte. Ich wollt ihm danken, eh ich ging, aber ich brachte kein Wort hervor. Stand stumm vor ihm und sah zu, wie er seine Arbeit auf sich lud wie eine böse Last. Und ich begriff, daß für ihn das ganze Leben nur eine böse Last sei, die keiner von ihm nehmen konnte als der Tod.

Weithin das Feld lag grau und schwer in nassem Dunst. Noch immer fiel leiser Regen. Ich ging weg aus dem Haus, darin ein neuer Mensch ins Elend geboren war, ging die Straße, die endlos fort ins Graue lief und darin ertrank.

Ich ging schwer und müde, der Kopf hing mir auf die Brust. Wozu gab Gott uns das Leben, das uns allen zum Fluch ward! Seine Freuden waren Rausch und Trug, ein irres Gelächter; seine Schmerzen waren echt und hielten stand. Die Pfaffen schrien uns die Ohren voll über unsere Sünden, wie die schuld wären an allem Elend der Welt; aber mir schien in dieser Stunde viel eher, daß das Leid der Welt schuld hätte an all unsern Sünden!

Ich schlich meine Straße hin, stundenlang, sah nicht mehr links und rechts, die Beine strauchelten von selbst den Weg. Da störte 104 mich plötzlich Pferdewiehern auf. Hinter mir kam eine Reiterschar daher: ein Herr voran auf starkem, wohlgezäumtem Roß, danach ein Gefolge von etlichen sechs Knechten. Sie ritten in scharfem Trab, Wasser und Lehm spritzten nach allen Seiten. Ich sprang erschrocken an den Straßenrand, zog den Hut und hob ihn bittend empor, denn ich hatte keinen schlechten Kreuzer im Sack. Der Herr sah mich an und im nächsten Augenblick schlug er mit der langen Hetzpeitsche nach mir, daß er mir unzweifelig das Gesicht zerfetzt hätte, wär ich nicht blitzschnell mit Hand und Hut hochgezuckt. Aber er traf mich noch immer so hart, daß ich vor Schmerz aufschrie. Und schon bekam ich einen Stoß in die Seite, daß ich von der Straße weg zur Erde flog. Ein Knecht hatte mich im Vorüberreiten mit einem Fußtritt beiseitegeschleudert.

Da lag ich in Wasser und Schmutz, die Hand tat mir weh, als wären die Knochen entzwei, Blut lief in Strömen an ihr herab. Ich hörte ein lautes Lachen, die Reiter schwanden im Nebel.

Zu Mittag gab mir ein barmherziger Schenkwirt eine warme Suppe und ein Stück Brot. Die Wirtin wusch und verband mir die Wunde. Ich erzählte ihr, was mir geschehen. Der Leitgeb nickte. »Ist eben von mir weggeritten, der Bluthund! Kennst ihn nicht?«

Ich schüttelte den Kopf.

»Ist der Marquart, der von Hohenstein, der Leutschinder . . .«

Am Abend, da es schon ganz finster war, kam ich in ein Dorf. In dem großen Wirtshaus schlich ich in den Hof, mich ungesehen im Heu zu verkriechen. Da ging eine Tür auf und ein Mann torkelte heraus, völlig berauscht. Lichtschein fiel auf sein Gesicht – ich erkannte es und mir wurde rot vor den Augen und eiskalt im Herzen: es war der von Hohenstein . . .

Er taumelte ein paar Schritt weit, bis zum Dunghaufen, der mitten im Hof lag. Dort hielt er rülpsend an und beugte sich vor, seine Völlerei auszuspeien. Ich sah mich um, blitzschnell ringsum: alles war dunkel wieder, an den Fenstern kein Mensch. Mit ein 105 paar Schritten war ich hinter ihm – ein Fußtritt – und er lag mit dem Kopf voran in der flüssigen Jauche, schlug mit den Beinen um sich, gurgelnd stiegen Luftblasen auf – dann war er still, es war vorbei mit ihm . . .

Ich schlich aus dem Hof, schritt davon, die Dorfstraße entlang, hinaus in die Nacht. Der Regen hörte auf, es wurde kalt. Die Sterne begannen zu blinken.

Ich wanderte fürbaß, mit raschem, festem Tritt. Ich fühlte mich neubelebt, ich empfand keine Reue. Ich habe meine Tat keinem Pfaffen gebeichtet und nie Vergebung für sie geheischt. Aber sie hat mich nie beschwert. Der einzige, dem ich sie je erzählt, war Giers Hammer, und der hat mich darum gelobt und beneidet. Ich weiß, daß mich auch dereinst Gott nicht dafür bestrafen wird.

 

Ich habe mit Hinrichs den alten, ganz zerfallenen Schlitten wieder zurechtgezimmert, daß er sich nun wohl sehen lassen kann. Und auch sonst gibt es mancherlei Schreinerarbeit. Die Hühnerzucht hat sich im Sommer über die Maßen vergrößert, ich muß Verschläge und Brutkisten bauen. Es ist gut, daß ich nicht so viel Vieh habe, als einstmals, vor Jahren, in der Kate gestanden haben mag: der ganze Stall auf der linken Dielenseite ist nun von den Hühnern besetzt worden. Aber ich werde auch bald mit einer großen Eierladung in die Stadt fahren können.

Zum Sonnwendtag wollen wir ein Festfeuer abbrennen. Auf der Anhöhe, zwischen dem Eichhof und dem Mertensschen Haus, haben wir schon Reisig und Scheite zusammengetragen. Noch ist kein Schnee gefallen, aber es hat Frost eingesetzt. Wir bangen für die Wintersaat!

Klas ist im Bruch auf ein paar Bäume geklettert und hat Mistelbüsche heruntergeholt und grüne Kiefernzweige. Damit sind in unsern drei Höfen die Stuben und Kammern ausgeschmückt worden.

Am Weihnachtsabend löschte Hinrichs alles Feuer im Haus. 106 Wir wanderten zum Holzstoß auf der Eichenhöh. Alle fanden wir uns zusammen – fünfzehn Menschen sind es nun schon, die um den Scheiterhaufen standen, den ich entzündete. Auch Lene Wießbach war da – es kann nicht mehr lange bei ihr dauern. Friedgert muß sich schon bereithalten, auf den Eichhof zu übersiedeln, um ihr beizustehen, wenn es so weit ist.

Der Flammenstoß lohte auf, die hellen Feuerzungen schlugen prasselnd zum Nachthimmel hoch.

»Die Sonne steigt aufwärts wieder, es geht in ein neues Jahr! Es soll uns Segen bringen und Glück, Fruchtbarkeit und Gedeihen. Krankheit und Not bleib uns fern. Nun nehmen wir jeder ein brennendes Scheit vom Sonnenfeuer mit uns und entzünden mit ihm aufs neue das Feuer in jedem Haus auf dem Herd, der Sonne zu Dank, die uns ein Jahr lang Leben und Brot, Licht und Freude gegeben. Das Licht, die Sonne, ist Gottes schönstes, ja einziges Sinnbild. Durch das Licht wirkt er alles in der Welt. Und so erhoffen wir von Gott, was wir vom Licht erhoffen, und alles vom Licht, was wir von Gott erflehen. Jeder von uns hat einen Wunsch, eine Bitte im Herzen – mag die neuerwachte Sonne sie erfüllen im neuen Jahr!«

Wießbachs Gesinde sah ob meiner Rede etwas erstaunt und verlegen drein, denn in dieser Gegend ist der Brauch fremd und unbekannt. Als das Feuer fast niedergebrannt war, nahm jeder Hausvater einen harzigen Kienspan, entflammte ihn an der letzten Glut, und wir wanderten heim, jeder in sein Haus.

Ich entzündete auf dem Herd im Flett das vorgerichtete Holz, Torfziegel wurden aufgelegt, und Friedgert bereitete das Abendbrot.

Danach aber machte ich mich auf den Weg zu Mertens. Sie haben einen kleinen Tannenbaum geschmückt, und als ich kam, wurden die Kerzen angezündet und ein paar Geschenke ausgeteilt. Mir überreichte Dr. Mertens eine kleine Holzplastik, die mir immer sonderlich gut gefallen hat, und ich nahm sie mit gerührtem Dank. Sie feierten mich alle wie ihren Lebensretter; und wenn 107 das auch zuviel gesagt ist – zu einem neuen Leben haben sie doch mit meiner Hilfe gefunden und Gott gebe, daß sie sich darin bewähren.

Als ich heimging, begann es langsam zu schneien in dicken, großen Flocken. Ich empfand es in tiefer Dankbarkeit; und wieder wurde ich mir bewußt, wie sehr ich doch schon dem Leben der Erde verbunden bin, wie ich auf Regen und Schnee, Dürre und Wärme und Kälte achte, die der Städter kaum flüchtig wahrnimmt, vielleicht nur, wenn sie ihm eine Vergnügung stören.

Am andern Morgen kam ein Knecht vom Eichhof gelaufen: die Friedgert möchte kommen, es sei mit der Frau »all so weit«.

Es ist mir fast, als stünde in meinem eignen Haus die Geburt eines Kindes bevor. Der erste Mensch, der in unserer Siedlung, auf neuer Erde, geboren werden soll. Wie immer es ergehen wird, es ist wie ein Sinnbild und Zeichen für das Kommende.

So habe ich an diesem Tag nicht viel vom Fleck gebracht. Ich habe Hobel und Hammer mit unsicherer Hand geführt. Hinrichs tröstete mich: beim erstenmal dauert es immer so lang, da ist nichts Ungewöhnliches dabei. Ich fragte ihn, woher Friedgert die Kunst habe, den Frauen beizustehen?

»Je nu, det hedd se von der ollen Wiebke Steffens lernt.«

Langsam erfuhr ich dann auch, daß Friedgert der Tochter ihres Bauern, als die mit dem ersten Kind niederkam, das Leben gerettet habe durch ihre harte Entschlossenheit und aufopfernde Pflege.

Am Abend saß ich, zu keiner rechten Arbeit fähig, in meiner Stube. So wanderte ich denn nach einer Weile zu Mertens hinüber.

Herbert hat eine sonderbare Sache begonnen. Irgend etwas ist an dem jungen Menschen nicht ganz richtig. Schon daß er nach dem Krieg gar nicht mehr ins Geleise kommen konnte, nichts mehr anfing, nur lesend, Bilder betrachtend, träumend und schweigend daheimsaß, schon das war seltsam genug. Jetzt hat er zwar im Herbst Torf gestochen, Gräben angelegt, hat überraschend geschickt 108 am Hausbau bei den Zimmermanns- und Schreinerarbeiten geholfen, hat die Erde rings um das Haus umgestochen, zusammen mit dem Vater, aber seit es richtig Winter geworden, ist es mit seiner Tätigkeit vorbei. Dafür habe ich schon am Sonnwendabend auf der Diele eine kleine Schreinerwerkstatt angetroffen, und nun erfuhr ich um die Bewandtnis der Sache: er wolle eine Orgel bauen.

Ich erschrak ehrlich. Das war ja der helle Wahnsinn.

Aber es scheint doch nicht ganz so arg zu sein. Er hat sich immer viel mit Musik befaßt, auch manches komponiert. Sein Harmonium hatte er selbst geschickt umgebaut und den Klang verbessert. Der alte Kasten genügte ihm seit langem nicht mehr. Er las Bücher über den Orgelbau, und nun beginnt er allen Ernstes, Holzpfeifen zu zimmern . . .

Wer kann sagen, ob er ein Künstler oder bloß verrückt ist? Jeder echte Künstler muß irgendwie – – verrückt sein. Sonst nähme er es nicht auf sich, einer stumpfen Menschenhorde Schönheit hinzuwerfen, die keiner würdigen kann. Und sein Sinn muß sogar beträchtlich vom Alltagssinn der Massenmenschen ver – rückt, abgerückt sein; sähe und hörte er sonst, was Tausenden und Millionen ewig verborgen bleibt? Und dies Anderssein erscheint uns dann leicht als wirklicher Wahn.

Als ich mich ein wenig nach seiner Arbeit erkundigte, redete er mir viel vor von technischen Einzelheiten, die ich nicht verstand. Jedenfalls scheint er zu glauben, daß er eine viel bessere Orgel bauen werde als alle Werke, die man so landläufig in Kirchen und Musiksälen antreffe. Er blieb bei seiner Arbeit auf der Diele, Janssen und Hanne waren in ihrer Stube, und so saß ich mit den Alten allein beim Ofen. Sonderbar übrigens, daß man Menschen, die erwachsene Söhne und Töchter haben, immer »alt« zu nennen pflegt, auch wenn sie, wie Mertens, es gar nicht sind. Kommt es davon, daß wir unwillkürlich den Gegensatz zwischen den beiden Generationen fühlen?

Im Hause Mertens ist er zum Glück kaum vorhanden. Die 109 Hanne ist von jeher der Liebling des Vaters gewesen, und den Sohn beurteilt Dr. Mertens ruhig und gelassen. »Daß er nicht den gewöhnlichen Weg gehen wird, ist mir schon lange klar. Nun wird es sich ja bald zeigen, ob er ein Künstler ist oder bloß einen Span im Kopf hat . . . Auf jeden Fall wird ihm das Landleben gut tun.«

Dann vertieften wir uns in die Bildermappen des Sammlers, die mir ein ganzes, reichhaltiges Museum ersetzen, und die Mutter saß steif aufrecht daneben, mit der ewig rutschenden, altmodischen Brille auf der Nase, strickte einen Wollstrumpf und warf mit strenger Miene ab und zu einen Blick auf eine Radierung oder ein Lichtbild. Aber hinter der sehr förmlichen, immer tadellosen Haltung steckt eine grundgute Seele, die noch niemand gekränkt hat.

»Wenn ich Ihre Kunstschätze betrachte«, sagte ich, als wir die Mappen wieder geschlossen hatten, »erwacht mir immer wieder der Wunsch, im Lauf der Jahre ein kleines Museum bei uns zu gründen. Sehr eilig ist es damit ja nicht. Aber es werden Kinder bei uns geboren werden – eines ist vielleicht zur Stunde schon da – und ich möchte, daß diese Kinder einmal alle, vom ersten Schauen an, immerzu die Herrlichkeiten unserer alten Kunst vor Augen haben, daß diese Kunst unmerklich von ihnen Besitz ergreift, und ihre Seele von den ersten Regungen an gestaltet und bildet. Ich möchte Ihre Sammlung ausbauen: es sollen noch Lichtbilder und Zeichnungen, oder was immer es sei, von allen unseren großen Kunstwerken hinzukommen, von unsern Domen und Bildern, von den Holz- und Steinplastiken, von den Burgen und Tortürmen; aber auch von der Landschaft in Nord und Süd, vom Meer und der Ebene so gut wie von den Wäldern und Bergen. Das alles soll vom ersten Erwachen der Kinderseele an um die jungen, werdenden Menschen sein. Und später einmal, wenn sie in die Jahre kommen, sollen sie durch ganz Deutschland wandern und all die Herrlichkeiten mit eigenen Augen erleben, die sie so lange schon im Nachbild kennen, sollen sie als gute, alte 110 Freunde und Bekannte finden und sie in voller Tiefe und Weite erleben, weil sie eben schon um sie wissen, ganz anders als der Troß der Vergnügungsreisenden, die nach dem Baedeker mit einem »sehr hübsch« durch die Dome und Museen rennen und am Abend nicht mehr wissen, ob sie ausgestopfte Affen oder die Wundergestalten von Naumburg gesehen haben . . .«

In die Stille, die nach meiner Rede entstand, sagte die Stimme Herberts: »Dazu gehört aber auch die Musik . . .«

Er war unbemerkt eingetreten. Mit dem einen Wort aber, das er jetzt sagte, stand er als anderer, neuer Mensch vor mir. Nicht mehr der verschrobene Halbnarr, der einer verrückten Idee nachhing – vielmehr als einer, der weiter sah als wir, zumindest ebenso weit wie ich selbst, und der sich bereits rüstete, der Zukunft zu dienen. An der grünen Werkmannsschürze, die er vorgebunden, hafteten Sägemehl und Hobelspäne; ganz eigen, aber gar nicht fremd, fügte sich dazu sein kluges Grüblergesicht mit den etwas verschleierten Augen. Und mit einmal mußte ich an die Meister der großen Zeit denken, in deren Welt ich daheim war, mehr fast als in unserer: war dieser junge Mann nicht von ihrem Geschlecht? Sah nicht der junge Urs Brandt so aus? Der junge Riemenschneider, ehe namenloses Leid die messerscharfen Falten in sein Antlitz gegraben, das er so oft als Johannes, als Michael, in Holz und Stein gebildet?

Es dauerte vielleicht lange, bis ich ihm erwidern konnte: »Ja – dazu gehört auch und vor allem die Musik! Und für die werden Sie sorgen!«

Eine fast andächtige Stille folgte meinem Wort. Aber da richtete sich Hasso knurrend auf, draußen schlug jemand ans Tor. Herbert ging hinaus und kam mit einem Knecht Wießbachs zurück.

»Ja – es ist gut gegangen, und der Bas läßt sagen, daß es ein Jung' ist.«

»Das Kind ist unter einem guten Zeichen geboren worden«, sagte Dr. Mertens und schneuzte sich. 111

Hanne und Janssen waren auch hereingekommen. Die junge Frau hörte lächelnd die Botschaft, sie war leicht rot geworden. Ich glaube, Friedgert wird in einem halben Jahr ober so wieder etwas zu tun haben . . .

Ich wanderte mit Hasso heim. Neben mir zur Linken dehnte sich das weite Feld hin, das wir im Herbst umgebrochen. Aus dem Dunkel zur Rechten, wo es hinaufgeht zur Eichenhöh, kam Giers Hammer herab und gesellte sich zu mir. Ich erkannte ihn erst, als er schon dicht neben mir war. Hatte er sich dort oben über die Wiege geneigt und dem schlummernden Kind seinen wilden Sang gesungen?

»Wir haben doch nicht ganz vergebens gestritten, Urs«, sagte er. »Jetzt sieh zu, wie du das Große meisterst, um deswillen wir gefallen sind, alle!«

»Giers – wie soll ich das? Ich bin ein einzelner kleiner Mensch ohne Macht und Ansehen. Und das Reich ist tiefer gesunken als je.«

»Nicht tiefer als zu unserer Zeit! – Und denk: auch der Wittenberger war ein Einziger und hat das ganze deutsch' Land in Aufruhr bracht. Wär er nicht, kaum daß der Tanz anhub, zum Verräter an uns worden und zum evangelischen Papst, es hätt' ein ander Spiel draus werden sollen.«

»Weiß schon, Giers . . . Aber die Zeit ist anders heut als damals vor vierhundert Jahr . . . Heut gilt nicht mehr das Wort der Einzelnen, nur das Geschrei der Allzuvielen . . .«

»Das war allzeit so . . . Aber der große Haufen schreit immer nach, was der Einzelne ihm vorschreit. Du bist heute schon der Herr über drei Hufen – bald werden es fünf und mehr sein – ein kleines Dorf . . . Ihr müßt es ihnen – vorleben . . . das Neue . . . Still, ohne Wank . . .«

»Werd ichs noch erleben, Giers –? Das Neue?«

Er lachte sein hartes, klingendes Lachen, das ich so wohl kannte.

»Erleben? Hab ichs nicht erlebt, daß du bist ein 112 Bücherfuchs und Bauer worden und wirst bald ein Bürgermeister sein? . . . Erleben!« Sein Lachen scholl ins Dunkel hinaus, daß es mich kalt überlief. »Dein Blut wirds erleben, einmal . . .«

»Und ich, der jetzt neben dir geht?«

»Du wirst den Aufgang sehen und wirst hinter der Fahne gehen . . . Wenn das große Trommeln anhebt . . .«

Damit faßt' er mich am Arm und zog mich nach links, ins überschneite Feld hinaus. Er wies mit der Hand an den Himmel – und ich erschrak: ein Komet stand über uns – eine riesige Garbe – oder wars eine Rute, mit der Gott ausholt' zum Schlag über uns?

Im Morgendämmern kam ein Dorf heran. Auf den Gassen, zwischen den Häusern, standen die Bauern, wild erregt, Männer und Weiber, sie schrien durcheinander, deuteten mit zitternden Händen. Viel' lagen auf den Knien und beteten, vor dem Bildstock bei der Kirchen, vor ein' Kreuz an der Straßen. Und in allen Gesichtern stand die Angst, Todangst schrie aus den krampfgeweiteten Augen, schrie lauter als von den bebenden, stammelnden Lippen.

»Es sind Kreuz gefallen – Kreuz vom Himmel – blutige Kreuz – auf die Kleider – haften dort fest –«

»Die Botenkathrin hat eins auf dem Kopftuch, ist, wie wenns wär eingewebt –«

»Die Lies auf dem Brusttuch –«

»Die Eller Fried eins auf dem Hemd –«

»Im Rheinischen ist ein groß Getümmel und Krachen gewest, in der Luft, wie ein Gemetzel, hat niemand nichts gesehen, nur alle gehört, in der Nacht, hat gedauert über ein Stuud . . .!«

»Mirakel! Mirakel!«

Schon riß uns der Menschenschwall in sich ein, hierhin und dorthin. Um uns schrie und tobte die Angst. Leute vom nächsten Dorf liefen herzu, Fragen und Rufen war, Zetern und Weinen. Nur den Krampf und die lähmende Furcht aus sich herausschreien wollten sie alle, sich schreien hören, damit sie sich noch leben 113 fühlten, da die Hand von drüben so schauerlich in ihren Tag gegriffen. Wo die kreuzgezeichneten Tücher waren, wußten sie nicht; in der Kirche, rief einer, den ich dreimal gefragt – so lang dauert' es, bis er begriff, was ich wollte.

Aber da hub die Glocke zu läuten an, vor der Kirche wurde das Lärmen noch wilder, die Menschen warfen sich auf die Knie, aus dem Kirchtor quoll es hervor, ein Haufe von Weibern und weinenden, schreienden Kindern –

stürzt' heraus wie Wasserflut, die den Damm bricht, nach allen Seiten – sie traten die Knienden nieder, sahen und hörten nicht, was um sie war –

die Weiber und Männer heulten und schlugen sich an die Brust, beteten laut, hoben verkrampfte Fäuste zum Himmel –

und jetzt trat aus der Kirche der Pfarrer in vollem Meßgewand, rauchfaßschwingende Buben vor ihm her, und dann der Küster mit einer roten, blutroten Fahn', auf der war oben ein weißes Tuch gebunden . . .

Ein gellender Schrei brach aus, die Menschen warfen sich längshin zur Erden. Miserere, miserere domine, Kyrieleison röchelte es aus vielhundert Kehlen –

und über die Liegenden, Knienden, Betenden weg schritt der Priester, schwankte die Fahne mit dem weißen Tuch, zu dem sich Arme aufreckten in wilder Verzweiflung, dem Rufe und heiseres Brüllen entgegenschlugen wie der Lärm einer Schlacht. Die Glocke gellte dazwischen in Todesangst.

Krüppel kamen herangewankt, auf Krücken, kriechend auf allen Vieren mit Handbänken, sie taumeln daher, wie vom Sturm geweht, werfen sich vor, hergeschleudert von wilder Heilbegier, die Augen quellen schier aus den Höhlen, Schaum spritzt aus den offenen Mäulern –

sie brüllen hundert heilige Namen –

und werfen sich vor der Fahne zur Erde, recken die Arme empor, bittflehend, schreiend, Erlösung heischend mit wilden Flüchen und Gebeten . . . 114

Da heult es über die Tobenden hin – übergellt das Rasen des Menschhaufens ringsum – heult so grauenvoll auf, als wäre der Henker am Werk, mit Martern und Pein –

und Einer wächst hoch aus dem Boden, herauf aus den Liegenden, die sich an der Erde wälzen, krümmt und reckt sich in unsäglicher Müh, schreit mit aufgerissenem Maul – und wird höher und höher, steht, steht auf zwei aufrechten Beinen, wirbelt die Arme wie Windmühlflügel, und jetzt wirft er die Handkrücken hoch, der Geheilte, wirft sie von sich – Hände fliegen hoch, hundert, fünfhundert, greifen nach ihnen – und ein einziger Schrei braust auf:

»Mirakel! Ein Wunder!«

Der Geheilte tanzt wie rasend, die Menschen brüllen, die Krüppel umklammern die Fahne, reißen sie nieder, reißen das weiße Linnen herab in ihre Niederkeit, balgen sich drum, zu tausend Fetzen zerfliegt es in tausend Hände, Messer blitzen auf, die Rasenden stechen einander nieder um den heiligen Besitz, Blut fließt zur Erde –

Weiber, Kinder stürzen auseinander, davon in Häuser und Gassen, hinaus auf Felder und Straßen –

und die Glocke dröhnt über dem Menschenwirrsal, als wollte sie bersten . . .

Ich fand mich wieder, weit draußen, auf einem grünen Anger. Über mir blaute der Himmel. Fern verklang das Toben der Menschen, das Gellen der Glocke. Ich kniete im grünen Gras, sah auf zum seligen Himmel und hob die Hände in wortlosem Gebet, ich gedachte des Kometen, der nachts unter den Sternen gestanden, und mir war schwer ums Herz, steinschwer, und wußte doch nicht, warum. Wäre der blaue Himmel gewesen aus Blei, wäre die linde Luft Gallen gewesen, mir hätte nicht übler und schwerer können zu Mut sein . . . Wir waren alle, die Menschen alle im ganzen Land, wie jene Krüppel, die sich bittflehend vor dem Wunder zur Erde warfen, bittflehend Tag und Nacht die Arme zum Himmel hoben, um Erlösung baten, und doch nicht wußten, was 115 uns bedrückt'. Die Not, die Armut, die Tyrannei und Grausamkeit der Herren, Kriegsgreuel und Hunger – all das war furchtbar und kaum zu tragen; aber es war nur das Äußere, nur die Hülle unserer Beschwernis. Irgendwo drunten in der Tiefe –; irgendwo droben über dem Himmel, war das dunkel Ungreifbare, das unsere Tage mit Grauen und Bitternis, mit Todesangst unser Gebein schlug . . . Unfaßbar Entsetzliches stand vor den Toren der Zeit, und wir bebten vor der Stunde, da sie sich auftun mußten . . . War es – das Ende? Das Ende der Zeit, der Welt –?

Vor mir stieg, kaum merklich, der Boden an, auf der Höhe stand bei ein paar Eichen ein schöner Bauernhof . . . Seltsam, der saubere, stattliche Hof im Jammer dieser Zeit . . .

Aber ich ging die Anhöhe hinauf und lächelte, und es war tiefer, inbrünstiger Dank in meiner Seele, als mir Wießbach entgegentrat und mir die Hände hinstreckte. »Ja, Alter, es ist ein Junge. Und wenn du uns eine große Freude machen willst, so wollen wir ihn Diether nennen und du sollst der Taufpate sein!«

»Diether kannst du ihn gern nennen. Aber fürs Taufen mußt du dir jemand andern suchen . . .«

»Ich verstehe dich nicht! Wen soll ich zum Paten nehmen, wenn nicht dich, meinen Nachbarn und Freund?«

»Niemand.«

»Was soll das heißen? Das Kind muß doch getauft werden!«

»Muß es –?«

»Bist du denn schon ganz verrückt geworden?«

»Sag jetzt einmal ehrlich: warum soll es getauft werden?«

»Warum –? Ja . . . das – gehört sich doch . . .«

»Siehst du! ›Es gehört sich.‹ ›Es ist üblich.‹ Es ist – – eine Redensart! Wie euer ganzes Christentum! Schau doch einmal in dich hinein: bist du ein Christ? Mit allem, was dazu gehört? Glaubst du an sämtliche Sätze des Katechismus, an alle Dogmen, die du nie verstanden hast und die kein Mensch je 116 verstanden hat? Bist du dir darüber klar, daß der Sohn dem Vater wesensgleich ist und nicht etwa bloß wesensähnlich? Glaubst du . . .«

»Um das habe ich mich nie bekümmert. Ich bin doch kein Theologe!«

»Aber einen Christen nennst du dich und weißt nicht einmal, wozu du dich bekennst! Was du angeblich glaubst. Und dein Kind willst du, ohne daß du es gefragt hast, in dieselbe Kirche stecken, der du, und mit dir Millionen anderer Menschen, doch längst nur mehr zum Schein angehören!«

»Aber – wir sind doch keine Heiden . . .«

»Mensch – du hast doch auf all das immer nur Redensarten zur Antwort. Du hast über diese Dinge nie in deinem Leben nachgedacht. Ich mache dir daraus gar keinen Vorwurf. Du bist manchmal, wenn es der Anstand erforderte, in die Kirche gegangen, hast zu Gott gebetet, aber nicht zu dem von der Kirche vorgeschriebenen ›dreieinigen‹ Gott, und nie in den Formeln der Kirche; du hast bloß deine Kirchensteuer bezahlt und auf deinen Meldezettel hast du ›evangelisch‹ geschrieben. Und andere haben ›römisch-katholisch‹ geschrieben. Das ist euer Christentum: eine Redensart. Mehr nicht . . .

Unsere Zeit verlangt Ehrlichkeit; endlich einmal reinen Tisch. Weg mit der Scheinkultur der vergangenen Jahrhunderte. Die Fürsten haben wir entthront, weil wir längst keine Führer und Herren mehr in ihnen sahen und nur lachten über den verstaubten Hofspuk, wenn wir uns auch öffentlich vor ihnen verneigten. Und so auch hier. Wir sind keine Christen mehr. Also sagen wir es offen und ziehen wir die Folgerungen daraus. Die erste und notwendigste aber ist: daß man ein unmündiges Kind, einen Säugling, nicht in eine Gemeinschaft stecke, gegen die es sich, wäre es so alt wie wir, höchst wahrscheinlich heftig auflehnen würde. Der Kirchengläubige mag treu bei seiner Kirche bleiben; aber wir? – Du selbst gehst in keine Kirche, läßt den Pfarrer einen guten Mann sein – warum also das Possenspiel?« 117

Er saß nachdenklich da und hatte einen roten Kopf.

»Das ist ja alles ganz schön, du hast recht. Aber . . . wenn ich damit der Lene komme – – und meinen Schwiegereltern . . .«

»Manchmal möchte ich fast glauben, du seiest eben erst aus der Schule entlassen und nicht der alte Wießbach, der x Gräben gestürmt und ein paar hundert Gegnern das Lebenslicht ausgeblasen hat. Jetzt zitterst du vor deiner Frau, die ja doch tut, was du willst – und vor deinem Schwiegervater . . . Seinetwegen willst du lieber die ärgste Heuchelei begehen und einen Betrug in den heiligsten Dingen, die es gibt . . .«

Wir redeten noch eine Weile hin und her. Aber das Kind wurde nicht getauft und nur bei den Behörden angemeldet. Und doch gab es ein Fest im Haus meines Freundes, bei dem wir dem Kind feierlich seinen Namen beilegten und ihm Wiegengeschenke darbrachten. Und ich, als der Pate, gelobte, ihm in seinem Leben beizustehen, daß es ein aufrechter, deutscher Mann werde.

Freilich – zu Wießbachs Schwiegervater mußte ich gehen! Der alte Herr tobte nach seiner Art, nannte Hans einen Narren und Kommunisten – mich ließ er aus Höflichkeit ohne Titel – aber endlich sah er meine Einstellung doch als richtig an und fuhr samt seiner Frau mit mir hinaus in die Heide, das Enkelkind zu besehen. Im Grund, glaube ich, macht ihm unser absonderliches Treiben da draußen doch einen mächtigen Eindruck. Besonders, nachdem er das neue große Feld gesehen und den ungefähren Ertrag der nächsten Ernte berechnet hat . . . Und ich fand wieder bestätigt, daß man Leute seiner Art am besten durch die Tat überzeugt. Wäre es mit unserem Landbau schlecht gegangen, so hätte er uns allesamt als überspannte Narren verurteilt und unsern Mißerfolg vorausgesagt haben wollen. Nun sieht er, daß wir als Landwirte etwas leisten und damit ist auch unser sonstiges Treiben für ihn zu etwas sehr Achtbarem geworden und er wird seinen Bekannten und Freunden im Tone höchster Bewunderung von unseren Neuerungen erzählen. »Mein Schwiegersohn, wissen Sie, der Kolonisator – fabelhafter Kerl, sage ich Ihnen –!« 118

 


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