Eduard Graf von Keyserling
Die dritte Stiege
Eduard Graf von Keyserling

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IV.

Frau Würbl, die Hausbesitzerin, mit ihrer Stieftochter Clementine bewohnte den ersten Stock der dritten Stiege. Die Fenster der großen Stube gingen auf die Wiedner Hauptstraße hinaus und standen am Abende weit offen; denn Mutter und Tochter liebten es, um diese Tageszeit auf die Straße hinabzuschauen. Frau Würbl saß in ihrem großen Lehnstuhl, die Füße auf einer Fußbank und in eine rothe Decke gewickelt. Ihr schwerfälliger Körper war halbseitig gelähmt. Das schwammige, fahle Gesicht trug einen unzufriedenen Ausdruck; den Unterkiefer bewegte sie stets sachte, als schelte sie tonlos für sich hin; mit trüben, gelblichen Augen blickte sie starr zum Fenster hinaus. Ihr gegenüber saß Clementine, sehr schlank in ihr blau- und rothgewürfeltes Sommerkleid eingeschnürt, mit klirrenden Goldsächelchen behangen. Sie häkelte. Zuweilen ließ sie ihre Arbeit in den Schooß sinken, um auch – ernst und wie geistesabwesend – hinaus zu schauen.

Das Zimmer mochte früher recht würdig gewesen sein; einige kostbare Schränke aus dem vorigen Jahrhundert befanden sich darin; die Stühle waren mit gelber Seide überzogen, eine schöne Bronceuhr stand auf dem Spiegeltisch. Da Frau Würbl sich jedoch nur schwer bewegen konnte, liebte sie es, Alles, dessen sie bedurfte, in ihrer Nähe zu haben. So befand sich denn auch allerhand Schlafkammergeräth unter den hübschen Sachen: Bettpolster, Waschschüsseln, Wäschestücke – und beeinträchtigte den Charakter eines Salons, den das Zimmer sonst wohl gehabt haben mochte. Die Dämmerung begann schon im Gemache sich auszubreiten, während es draußen noch hell war. Der Lärm von der Straße drang durch das offene Fenster herein und erfüllte diesen Raum, in dem sich Nichts zu regen schien.

Jeden Abend um diese Zeit, wenn die Straße am lebhaftesten war, wenn die Leute eilig durcheinander rannten, die Einen von der Arbeit in der Stadt heim in die Vorstadt eilten, die Anderen aus der Vorstadt sich lustig zu den abendlichen Vergnügungen in die Stadt begaben, wenn die Wagen der Pferdebahn brechendvoll hin und her klingelten, die Fiaker wie toll dahinrasten, die Dienstmägde, ihre Glaskrüge in der Hand, an den Straßenecken mit ihren Liebhabern besprachen und selbst in den Lohndienern gegenüber die Ausgelassenheit erwachte, sodaß sie sich stießen und sich die Mützen vom Kopf rissen, und dazu noch die Glocken der Paulaner Kirche ihr Bumbum dareinbrummten, dann saßen die beiden Frauen still in dem betäubenden Lärm, sogen ihn ein, badeten sich in ihm. Dieses kräftigen Lebenshauches von der Straße bedurften sie. Die alte Frau zwar blickte böse und wie herausfordernd hinab; sie fand die Leute dort unten alle liederlich und albern; aber dieser Aerger that ihr wohl. Und Clementine – hatte zwar noch durchaus nicht aufgegeben, selbst etwas zu erleben, sie erwartete vielmehr täglich ihr großes Ereigniß, glaubte es mit jedem Schritt, der die Stiege heraufkam, bei jedem Geräusch an der Thüre noch – aber bis dahin war ihr diese Theilnahme an der lebensvollen Lust der Anderen dort unten ein wehmüthiger Trost.

Sie war nun schon siebenunddreißig Jahre alt und fühlte, daß sie immer magerer und spitzer wurde. Wie verheißungsvoll hatte nicht ihr Leben begonnen! Sie war das einzige Kind des reichen Finanzmannes und seiner schönen Frau, der berühmten Sängerin, gewesen. Sie entsann sich dieser glänzenden Zeit allerdings nur undeutlich, denn sie war noch sehr jung, als ihre Mutter starb. Sie ward in ein Pensionat gegeben und erwuchs dort. Eine Zeit, an die Clementine wie an eine Seligkeit zurückdachte. Herr Würbl, so erzählten die Leute, sollte seit dem Tod seiner Gattin geistig gelitten haben. Seinen finanziellen Beschäftigungen sei er zwar noch eifrig nachgegangen, gesellschaftlich jedoch habe er sich zurückgezogen. Im Hause führte eine böhmische Köchin das Regiment, ein strenges und lautes Regiment. Endlich, eines Tages verbreitete sich im Hause des Gerücht, Herr Würbl habe sich mit seiner Köchin trauen lassen. Die neue Frau Würbl schaffte sich seidene Kleider in sehr glänzenden Farben an und regierte das Hauswesen mit großer Entschiedenheit und außerordentlichem Hochmuth. Herr Würbl dagegen wurde neben dieser Frau immer stiller und stumpfer, bis ihn eines Tages ein Schlaganfall traf. Er ward an seinem Schreibtisch im Lehnsessel todt gefunden, den goldenen Bleistift, mit dem er wohl noch hatte rechnen wollen, so fest zwischen die Zähne geklemmt, daß er herausgebrochen werden mußte. Frau Würbl war der Fruchtgenuß des bedeutenden Vermögens testamentarisch gesichert. In diese Zeit fiel Clementinens Rückkehr in das elterliche Haus. Sie war anfangs fest entschlossen, diese Stiefmutter nicht anzuerkennen und machte einige Versuche, ihr kalt und vornehm zu begegnen; auf dieses Benehmen antwortete aber Frau Würbl in so derber und rücksichtsloser Weise, daß es zu den bittersten Auftritten kam. Eine Woche hindurch konnten die Leute unten im Hof, im ersten Stock das beständige Schelten und Keifen zweier erregter Frauenstimmen vernehmen; doch ward es allmälig stiller dort oben, denn Clementine war besiegt. Sie besaß keine anderen Mittel, als diejenigen, die ihre Stiefmutter ihr gewährte. Ergeben, aber sehr verbittert schickte sie sich darein und ordnete sich der bösen, alten Frau unter. Ihre einzige Hoffnung war, es würde endlich ein Mann kommen und sie erlösen. Nun war sie siebenunddreißig Jahre alt und er war noch nicht gekommen! Freunde, Freundinnen hatte sie nicht. Wer sollte in diesem Hause verkehren, dessen Hausfrau eine ganz gemeine Köchin war, die nicht einmal richtig deutsch sprach? Es konnte sich also nur zufällig etwas machen. Gewiß! wie häufig machten sich Heirathen durch Zufall, und Clementine war auf jeden Zufall sehr aufmerksam. Sie sah sich jeden jungen Mann, dem sie auf der Straße begegnete, genau an; interessirte sich für jeden Advokaten, den sie im Gerichtssaal, für jeden Schauspieler, den sie auf der Bühne sah! Mein Gott! es hatte doch eine jede den Ihren. Die beiden nichtsnutzigen Dienstmadel nahmen sich jede Woche einen neuen Geliebten; wie viele Paare sah sie nicht unten auf der Straße Hand in Hand vorübergehen, und erst auf der Stiege! Das war am Abend ein ab- und zurennen; all' diese Mädchen nehmen sich ja kaum die Zeit, ihre Hüte festzustecken, oder sich ein Tuch um den Kopf zu binden, so eilig hatten sie es, fort zu stürmen, auf die dämmerige Straße hinaus. Das machte Clementine das Herz schwer. Sie mochte gar nicht mehr das saure Gesicht ihrer Stiefmutter, das langweilige, von Waschschüsseln und Bettpolstern verunstaltete Zimmer ansehen, sondern versenkte sich ganz in das Wogen dort unten, ließ sich von dem Schreien, Klingeln, vom Ton der Schritte erregen; sie glaubte sich dann für einen Augenblick mitten in dem lustigen Durcheinander.

Die Nacht sank herab; die Gestalten wurden undeutlicher. Ueber den Dächern ward der Himmel bleich und gläsern. Die Lampenanstecker gingen mit ihren Leitern die Straße hinab, und überall erglommen kleine, blaßgelbe Flämmchen. Bald konnte Clementine nichts mehr unterscheiden; nur an den Laternen huschten die Menschen vorüber, einen Augenblick grell beleuchtet, um gleich wieder zu verschwinden, und aus der Dunkelheit schienen die Stimmen und Schritte lauter herauf zu tönen, ein gleichmäßiges Scharren und Klappern.

»Tini – schließ' das Fenster; es wird kühl,« erscholl plötzlich Frau Würbl's Stimme. Clementine schreckte auf, seufzte. Jeden Abend erfüllte sie dieses: »Tini, schließ das Fenster –« mit Bitterkeit. Sie schloß das Fenster, und es war ihr, als sperrte sie sich immer auf's neue wieder von der fröhlichen Welt da draußen aus.

Frau Würbl begab sich in ihr Schlafzimmer, um sich zur Ruhe zu legen. Dort wurde das Nachtmahl aufgetragen. Clementine saß an dem Bett ihrer Stiefmutter und häkelte. Das Dienstmädchen, welches das Geschirr forträumte, wurde von der Hausfrau ausgezankt; darin bestand die abendliche Unterhaltung. Das große blonde Mädchen nahm dies Keifen gleichmüthig entgegen, als höre sie es nicht; Clementine hörte es in der That nicht, so sehr war sie es gewöhnt.

An der Außenthüre wurde die Glocke gezogen. Clementine wußte, daß es der Notar Backrath sei, der um diese Stunde zu kommen pflegte, und doch erwartete sie sein Erscheinen jedes Mal mit Spannung, denn sie hoffte immer, es würde ein Anderer sein und es hätte sich etwas ereignet. Als sie jedoch hörte, wie der Doctor sich im Vorzimmer laut schnäuzte, begann sie wieder eifrig zu häkeln und sah auch nicht auf, als er mit seinem »Die Ehre – meine Damen –« in das Zimmer trat.

Der Notar war ein kleiner Mann mit einem Spitzbauch; auf der Oberlippe stand ihm ein kurzgeschnittener, grauer Schnurrbart und die braunrothe Perrücke war frisch gebrannt. Er rückte einen Stuhl an das Bett der Frau Würbl und rieb sich die Hände. »Wie ist das Befinden?« fragte er.

Frau Würbl nickte nur, um diese Huldigung zu bescheinigen.

»Unsere Geschäfte gehen gut,« fuhr der Doctor fort, »das Sümmchen welches Sie mir übergaben, hab' ich – denke ich – ganz hübsch placirt.«

Schwerfällig drehte sich die Frau in ihrem Bett um, zum Notar hin, und fragte: »Ist's auch sicher?«

Backrath kicherte. »Sie sollen sehen – meine Gnädige.« Er zog Papiere aus seiner Brusttasche hervor, versuchte seiner Clientin das Wesen einer Actie zu erklären, berechnete. Ab und zu nahm er einen Schlüssel in Empfang, den Frau Würbl unter ihrem Pfuhl hervor holte, und ging an den Geldschrank, der am Kopfende des Bettes stand, um Papiere hervor zu holen oder einzuschließen.

Clementine schenkte dem Allen keine Aufmerksamkeit. Diese Vorgänge spielten sich so regelmäßig jeden Abend vor ihr ab, – wie das Schnurren und Schlagen der Wanduhr, und sie überhörte sie wie diese. Den glattgescheitelten Kopf mit der hochgethürmten Flechte beugte sie tief auf ihre Arbeit nieder; mit der Hand stichelte und bohrte sie so geschwind, daß ihre Goldsächelchen sachte klirrten. Mit der bleichen, zu hohen Stirn, der spitzen weißen Nase, dem zusammen gekniffenen, lippenlosen Munde, unter dem gelben Lichte der Petroleumlampe sah sie trocken und tief beruhigt aus, trocken und tief beruhigt, wie das von alten Geräthen verbaute Zimmer, wie die alte Frau mit dem weißen, stumpfen Gesicht, das regungslos in den Polstern lag, wie der dicke, alte Herr, der mit leiser fetter Stimme Zahlenreihen addirte und Papiere knitterte.

Und doch zogen gerade wunderliche Bilder an Clementinens Geist vorüber. Sie dachte daran, wie es sein würde, wenn sie ihre Stiefmutter todt im Bett finden wird. Das mußte ja doch kommen. Das war ein Ereigniß, dem sie mit einiger Gewißheit entgegensehen konnte. – Sie würde daliegen, wie jetzt; das Gesicht ein wenig gelber, der Unterkiefer regungslos – – sie – Clementine – würde dann frei...

»Nun, Fräulein, wünschen Sie mir heute keine gute Nacht?« hörte sie den alten Notar sagen.

»Verzeihen Sie, Doctor, ich war in Gedanken,« erwiderte sie ruhig und erhob sich. »Ich leuchte Ihnen.« Sie ergriff eine Kerze und ging mit dem Doctor in das Vorzimmer hinaus. Dort blieb er stehen, lächelte und blinzelte mit seinen kleinen Augen. »Nun, meine Gnädige, ich wollte nur anfragen der Sache wegen, von der wir letzthin sprachen. Sie haben es sich vielleicht überlegt!«

– »Aber, Herr Doctor, – keine Idee, sprechen Sie doch nicht mehr davon.«

»Anfragen ist wohl erlaubt,« meinte er ein wenig gereizt. »Sie sollten es sich überlegen. Meine Gefühle bleiben dieselben.« Er lächelte wieder und verbeugte sich. Aber Clementine zog die Augenbrauen empor, wie Jemand, der sich langweilt und sagte nur: »Ach, gehen Sie – Doctor!« So trennten sie sich.

Der Notar hatte um Clementinens Hand angehalten und kam seit dem immer wieder darauf zurück. Das kränkte sie fast. Diesen alten Mann mit seinen ewigen Zahlen und Additionen zu heirathen, kam ihr gewiß nicht in den Sinn, ihr, der alle jungen Leute, denen sie auf der Stiege begegnete, im Kopf herumgingen. Diese Geschichte mit Backrath rechnete sie sicher nicht unter die Liebesgeschichten; kaum unter die Heirathsanträge, – und doch war es der einzige. Seufzend ging sie in ihre Schlafkammer und legte sich nieder. Der Schlaf wollte nicht kommen; die unaufgebrauchte Lebenslust ließ ihr keine Ruhe. Sie horchte auf die Schritte, die draußen auf der Straße laut wurden; auf das Rollen der Wagen; am Hausthor erscholl die Glocke; sie hörte, wie die Hausmeisterin auf ihren Pantoffeln heran schlürfte und aufsperrte. Gewiß das Mädl im dritten Stock. Für den Zimmerherrn der Pinne war es noch zu früh. – Ueber sich vernahm sie ein beständiges Scharren und Stampfen, das Schwirren von Stimmen, einen Walzer, der auf dem Clavier gespielt ward. Beim Advokaten Zweigeld war wieder Gesellschaft; die tanzten ja zwei Mal die Woche. Clementine litt die Zweigeld's nicht; die Frau war so hochmüthig, daß sie an Einem vorüberging, als sei man Luft, und dann lebten sie so geräuschvoll, daß Clementine die Nächte nicht schlafen konnte... Ach Gott – ja! Nun! einmal mußte für Clementine etwas Großes kommen; in jedem Menschenleben ereignet sich etwas Besonderes – ein Mal wenigstens;... vielleicht morgen! – –

* * *

Beim Advokaten Zweigeld war allerdings Gesellschaft. Die Zweigeld's feierten den siebzehnten Geburtstag ihres einzigen Kindes, ihrer Tochter Gisela. Man hatte getanzt, man hatte gegessen. Eine gelinde Müdigkeit bemächtigte sich schon der Gesellschaft. Im Zimmer des Doctors saßen die älteren Herren am Kartentisch, die Champagnergläser neben sich. Im Salon am runden Tisch auf dem Sopha thronte die Hausfrau mit ihren Damen; auch einige Herren, wie der Professor Lagus, der Abgeordnete Dr. Littchen hatten sich hinzugesellt, um sich an dem Gespräch mit der geistreichen Frau Zweigeld zu erfreuen. Sie sah heute besonders gut aus; das längliche Gesicht mit den strengen, regelmäßigen Zügen war leicht geröthet; in dem schwarzen blonden Haar saß eine rothe Sammetmasche und der füllige Körper war in ein rothes Atlaskleid geschnürt. Sie stickte eifrig und leitete dabei in ihrer ruhigen, überlegenen Weise die Unterhaltung. Sie als Pragerin verachtete die Art der Wiener Geselligkeit und wollte den Wienern zeigen, was ein vornehmer, geistig bedeutender Salon sei.

Weiter fort in einer Ecke hatten sich die jungen Damen auf einem langen Sopha niedergelassen und die jungen Herren umringten sie. Gisela war die Hübscheste unter ihnen. Das Gesichtchen mit den sanften Zügen, der Hals, die runden Schultern, die Arme hatten eine gleichmäßige, zarte Rosenfarbe, wie bei Kindern; die Augen waren grellblau; das Haar, welches sie nach englischer Art in langherabhängenden Locken trug – war blond – ein entschieden gelbes, sehr glänzendes Blond. Dazu trug sie heute ein rosenfarbenes Kleid und Rosen im Haar. – sie unterhielt sich mit dem jungen Strafvertheidiger Benze, der neben ihr saß. Sie sprachen halblaut miteinander, und es war nicht der stetig laufende Fluß einer höflichen Unterhaltung, sondern ein zögerndes Ab-und-Zu von Fragen, wie man es thut, wenn man gut bekannt ist und mehr in den Ton der Worte, als in die Worte selbst legen will. Dr. Benze war heute hin für Gisela's Schönheit, war gründlich in das schöne Mädchen verliebt.

»Also übermorgen werden Sie wieder öffentlich sprechen?« fragte Gisela.

»Jawohl – übermorgen.«

»Genieren Sie sich nie? Einen Augenblick wenigstens, wenn Sie zu sprechen anfangen?«

Dr. Benze lachte: »Nein, jetzt nicht mehr.«

»Ich würde Sie gern einmal dort sehen und hören.«

»Das wird Ihre Frau Mutter wohl kaum zugeben.«

»Das ist's! Mama wird's nicht erlauben. Papa schon eher. Und doch ist Emmy Lagus dort gewesen.«

»Solche Verhandlungen sind nichts für junge Damen,« bemerkte er ernst.

»Wie so? Sie sagen ja, Ihr Beruf sei so schön. Warum sollen wir nicht auch so etwas Schönes mitansehen dürfen?«

»Gewiß ist er schön. Er befaßt sich jedoch mit so rauhen und dunkeln Seiten des Lebens, daß wir unseren Frauen und Töchtern gern die Bekanntschaft mit denselben ersparen.«

»Frauen und Töchtern,« – wiederholte Gisela und lachte.

»Ja –« meinte Benze erröthend: »Frauen, Töchtern, Schwestern, überhaupt den Damen unserer Gesellschaft.«

»So werden Sie Ihrer Frau nicht gestatten, hinzugehen?«

»Nein. Ich weiß nicht;« erwiderte der junge Mann ein wenig verwirrt und sah in Gisela's klare Augen.

»Das finde ich Unrecht,« sagte Gisela. »Eine Frau will doch auch an den – den Triumphen ihres Mannes theilnehmen. Sie wird Ihnen wohl nicht danken, wenn Sie sie bitten, zu Hause zu bleiben.«


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