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XIX.

Sonne!

Überall Sonne! Rote Sonne!

Ginstermann und Bianka gingen wiederum im Englischen Gatten. Still nebeneinander, ohne zu sprechen. Selbst als sie sich da droben am Monopteros die Hand gaben, sprachen sie nichts. Nur der Druck ihrer Hände redete, und sie verstanden sich.

Es war ein heißer Tag; die Sonne in Milliarden funkelnde Körperchen aufgelöst, vibrierte in der Luft, bis hinauf zum paradiesisch blauen Himmel. Der Geruch von Heu und der Duft der Linden erfüllten den Park. Überall glitzerte und leuchtete es. Hier blitzte das metallene Halsband eines Hundes, dort blendete das Dach eines Kinderchaischens, die Speichen der Herrschaftswagen glitzerten, grellfarbene Sonnenschirme flogen hinter den in der Sonne sich ausdehnenden Büschen vorüber. Die Augen der Menschen strahlten, als brenne ein Stern in ihrer Brust, die Kleider der Mädchen leuchteten, die quer durch die Wiesen wandelten.

Es war ein Tag des Lichtes.

Im Chinesischen Turm war Konzert. Lustig und ungeniert bliesen die Blechinstrumente durch den ganzen Garten, ebenso grell wie Sonne und Farben.

Bianka trug ein duftig weißes Kleid, das sie größer, blühender machte. Einen weißen Ledergürtel, einen Sonnenschirm von derselben Farbe. Selbst ihre Schuhe waren weiß.

Sie ging in ihrer nachdenklichen, verträumten Art neben Ginstermann einher. Ihr Haar flimmerte, wo die Sonne es traf. Den Mund hatte sie geschlossen, um ihre Augen zogen Ringe. So erschien sie älter, gereifter denn sonst.

Sie schritten ihre gewohnten Wege. Am Wasserfall blieben sie stehen, die Kühle zu genießen. Das Wasser wirbelte, ein ewig bewegter Spiegel des Laubes, des Himmels, in bunten Arabesken zwischen den lechzenden, üppigen Ufern. Dazwischen sprühte feiner Wasserstaub bis zum Geländer herauf, den die Haut, die Lippen gierig einsogen. Gegen die sonnige Wiese war es hier dunkel; ein Sonnenstrahl tanzte auf dem Wasser, ein sprühendes, lustiges Feuerchen, das hartnäckig Fuß zu fassen suchte, wie durch ein Brennglas auf ein und dieselbe Stelle dirigiert.

Sie gingen durch die Hauptallee, auf deren vom Sprengen dunkelen Boden Streifen von Sonne lagen, die wie Schlangen eilig an den Kleidern der über sie Schreitenden emporkletterten. Ein schillernder Laufkäfer eilte über den Weg. Er lief, was er konnte, als sei die Angst vor dem Zertretenwerden bei seinem Geschlechte, das Jahrhunderte in einem öffentlichen Garten lebte, zum Instinkt geworden.

»Sehen Sie, wie schön!« sagte Bianka.

Das war das erste Wort heute. Sie schienen beide aufzuatmen und dem Zufall dankbar zu sein, der ihre Lippen löste.

Da kam ein Wagen und zerquetschte den Käfer. Seine schillernden Flügel standen weit auseinander.

»O«, rief Bianka aus, »sehen Sie nicht hin!«

»Das war ein Stück Schicksal«, versetzte Ginstermann, das Bild des zerquetschten Käfers vor Augen.

Wiederum schwiegen sie, an das Schicksal denkend, das über den Menschen waltet, jedes in seiner Art.

Das Schicksal hält die Menschen in einem Sieb und rüttelt. Wer über einer Masche ist, fällt durch, dachte Ginstermann.

Bianka blieb stehen und blickte ihn an.

Heute sei die Hitze unerträglich.

Das sei ein kleines Italien.

Ja.

Dieses »ja« zitterte, weil sie es lächelnd aussprach.

Wann geht nun die Reise?

Bald, bald.

Ob ihre Mama kränker geworden sei, weil man sie abermals verschob?

»Nein.« Sie lächelte mit leiser Wehmut. »Dieses Mal ist es etwas anderes gewesen«, sagte sie.

Sie wandt den Kopf und sah durch die Bäume hindurch über die Wiese, wo Männer und Frauen das Heu zusammenrafften. Eine Magd blickte direkt zu ihnen her, als ob sie sie neugierig beobachte; aber sie konnte sie natürlich gar nicht sehen. Ihr Gesicht war ein roter Klecks, sonst nichts.

Dann blickte sie ihn wieder an, und er las in ihren Augen, daß sie nun über den Brief sprechen würde. Er erschrak und suchte nervös in seiner Tasche nach irgend etwas.

Tschin–da–tschin–da–dadada – macht die Musik in der Ferne.

»Ich habe es Ihnen schon geschrieben, aber ich möchte es Ihnen wiederholen«, sagte sie, »ich finde nicht die Worte, um Ihnen für dieses Vertrauen zu danken!«

Sonst sagte sie nichts. Sie gab ihm die Hand, die er bewegt drückte.

Sie standen eine Weile beide beklommen. Bianka lächelte unmerklich, und dieses Lächeln ging auf seine Lippen über.

Tatatra–tatatra–bum – machte die Musik.

»Und nun wollen wir plaudern, mein Freund.«

Es war das erste Mal, daß sie ihn »Freund« nannte.

Sie gingen weiter und sprachen von allerlei Dingen, die die Welt eben beschäftigten oder die Welt auch nicht beschäftigten. Aus irgend einem Anlaß kam Bianka darauf, ihn zu fragen, ob er ein Bild von sich besitze.

Nein, er besitze kein Bild von sich, erwiderte er.

Sie erriet seine Gedanken und kam ihm zuvor: »Nein, nicht.« Und sie schüttelte den Kopf und wiederholte: »Nein, nicht ... Es ist ja Sitte unter Freunden – aber lieber nicht.« Das sagte sie ganz leise.

Die Schatten der Bäume streckten sich, die Wiese wurde rot.

Bianka mußte nach Hause.

Wie stets dachte er: Soll ich sie bitten, noch ein Viertelstündchen zu bleiben. Oder auch nur noch zehn Minuten? Mit Tränen in den Augen bitten?

Nie liebte er sie mehr als heute.

Sie ahnte ja nicht, wie allein er war, wenn sie gegangen. Wie einer, auf einer öden einsamen Insel, vor dessen Augen ein Segel vorüberzog. –

Wieder kam der Abschied.

Bianka sah auf ihre Hände. Der Mittelfinger ihrer Rechten trug einen weißen Däumling. Sie bewegte ihn leicht und lächelte.

»Ich habe mich geschnitten«, sagte sie. Dann riß sie mit einem Ruck den Däumling herab und bot ihm die Hand.

Ihre Augen waren groß und tief, voll von einem Ausdruck, den er sich nicht zu deuten wußte.

»Adieu!«

Er lächelte ein verzerrtes Lächeln und wiederholte mechanisch mit den Lippen: »Adieu«. –

Das war alles so schnell geschehen, daß er es nicht zu fassen vermochte.

Nun wollte er einen recht gescheiten Menschen bitten, ihm dies zu erklären!

Dann kam es wie Rausch über ihn. Er hatte ihr geschrieben, alles geschrieben und trotzdem – trotzdem –!

Heil Bianka! Heil Ginstermann!

Und: Heil Bianka! Heil Ginstermann! brauste es ringsum.

War er nicht ein Tor gewesen, seine Wünsche, seine Hoffnung so schnell in einen schwarzen Sarg zu sperren und tief in die Erde zu versenken? Ein dunkler Vorhang mit Fragen und Schlangen darauf war gestiegen, und vor ihm lag köstlicher Morgen mit klarer Frische und klingendem Äther!

Er ging in den Park zurück, er ging einsame Wege. Er ging ganz langsam.

Er legte sich unter einen Busch ins hohe Gras und breitete das Taschentuch übers Gesicht. So sah es aus, als wolle er sich vor den Mücken schützen.

Er weinte, still und leise. Das große Glück schluchzte in ihm.

Lange lag er so.

Da kamen Schritte, und eine tiefe Stimme sagte: »Das Betreten des Rasens ist verboten.«

Ein Schutzmann.

Er stand auf und lächelte ihm unter Tränen zu.

»Ich gehe schon. Ich danke Ihnen, mein Herr.« Grüßte und ging.

Die Dämmerung füllte als blauer Dunst die Straßen, über die Stadt herauf stieg jauchzend die Röte des Abends. Ein vereinzelter Stern flimmerte mitten darin, wie ein winziges Loch, das einer in den Himmel gestochen hatte, um herab auf die Erde blicken zu können.

Die Menschen fluteten, plaudernd und lachend. Jeder trug sein Glück mit sich. Der heiße Sommertag hatte sie in übermütige Stimmung versetzt. Schöne Mädchen glitten durch die Menge, von der Liebe träumend. Die Herren ließen keine Dame vorbei, ohne sich nach ihr umzublicken und Scherze über sie zu machen, etwas lose Scherze.

Ginstermann war allen gut. Er liebte sie, wie man Kinder liebt, und freute sich ihres Tuns.

Der Mensch war zur Freude auf der Welt, wenn er einen Zweck hatte.

Man mußte es ihm lehren! Man müßte ein Evangelium der Freude schreiben! Über die Freude führt der Weg zur Liebe, die Freude lacht all das Kleinliche und Mißgünstige fort aus seiner Brust.

Er schlenderte in den Straßen umher, bis es dunkel wurde.

Dann überkam ihn der Wunsch, Bianka zu sehen. Er wollte ihr einen kurzen Besuch abstatten und hierauf die Nacht im Freien zubringen, um seine Freude auszukosten. Urplötzlich war diese Sehnsucht in ihm erwacht und trieb ihn nun ungeduldig seiner Wohnung zu.

Er wollte die sehen, deren Freund er war, die für ihn das Leben bedeutete, das warme, große Leben, ohne das er tot war.

In der Nähe seines Hauses ging er an einem Mädchen vorüber, das da, ein Hündchen an der Leine, gemächlich promenierte.

Es war Fräulein Scholl. Er blieb stehen und blickte sich um.

Auch sie war stehen geblieben und wandte ihm den Blick zu.

»So etwas!« lachte sie, ihm die Hand voller Vergnügen hinstreckend. »Das sind Sie! Ich denke mir, wer sieht dich nur so an?«

»Guten Abend, Fräulein Scholl! Welches Unglück führt Sie denn durch diese Straße?«

»Ich bin auf dem Heimwege begriffen, ich habe meine Freundin besucht. Die Hanna Klett.«

Jawohl, die kenne er. Das sei die mit den vielen Sommersprossen und den unschuldigen Augen.

Fräulein Scholl blickte ihn an und lächelte verlegen.

»N–nein«, sagte sie.

»Nicht?« Er lachte. »Seien Sie nicht böse. Ich kenne das Fräulein nicht.«

Das wäre auch gar nicht möglich.

Natürlich.

Wieso natürlich?

Naja – haha – es sei natürlich ebensogut möglich.

Sie blieb stehen und wirbelte die Leine um Bijouchens Näschen. »Weshalb sind Sie mir eigentlich böse, Herr Ginstermann?« Sie sah zu Boden.

Er, ihr?

Ihre Augenlider gingen schnell auf und ab. »Ich sehe Sie gar nicht mehr, wenn ich in die Violinstunde gehe.«

Ach so. Nun, sie wisse doch, daß er krank war.

»Ja, aber –? Nun ja, Sie haben nichts gegen mich?«

»Nicht das mindeste.«

Sie lächelte: »Ich dachte, ich hätte Sie irgendwie gekränkt. – Geht es Ihnen nun wieder gut?«

Sie gingen an einem Bäckerladen vorbei, und für einen Augenblick huschte der Lichtschein über ihr Gesichtchen. Ginstermann bemerkte, daß sie an der Unterlippe nagte. Das war nicht mehr jenes naive, lustige Mädchen, mit dem man seine Scherze trieb, das war ein Weib, das empfand und litt.

»Ja, danke. Ihr Bruder hat mich schnell kuriert.«

»Er hat mir von Ihnen erzählt.« Sie blickte ihn an, und ein Lächeln schimmerte in ihren dunkelgoldnen Augen.

»Was sagte er? Hat er mich recht angeschwärzt.«

»Ach nein – er sagte – er sagte: an Ihnen sei was.«

»So, was ist denn an mir?«

»Ach Gott!« Das war Martha Scholl von neulich.

Sie waren an seiner Türe angelangt, und Ginstermann ersuchte sie, eine Sekunde zu warten, er wolle nachsehen, ob die Post nichts gebracht habe. Eilig stieg er in sein Zimmer hinauf. Er entzündete ein Streichholz und flüsterte, als das marmorweiße Antlitz aufleuchtete: Bianka. Dann sprang er wieder rasch die Treppe hinunter.

Biankas Antlitz schwebte vor ihm, während des ganzen Weges, den er mit Fräulein Scholl zurücklegte. Es war ihm unmöglich, seine Gedanken davon loszulösen, und er unterhielt seine Dame herzlich schlecht. Ein paarmal mußte er sie um Wiederholung ihrer Bemerkung ersuchen, da er nicht gehört hatte.

Ich will ja nichts als deine Freundschaft, Bianka, sie allein macht mich unsäglich glücklich, dachte er, während er Fräulein Scholl antwortete: »In Genf ist es prächtig, da haben Sie allerdings recht.«

Glaube mir, nie soll ein Gedanke über die Grenze hinausgehen, die du mir gesetzt hast, Bianka, Herrlichste – und er sagte: »In so einer Pension muß es recht lustig hergehen, stelle ich mit vor.«

Sie hatten Biankas Namen noch nicht genannt, ganz zuletzt sprach Fräulein Scholl von ihr.

»Sind Sie nicht recht glücklich, daß Fräulein Schuhmacher noch hier ist?« fragte Ginstermann.

»Ja, o freilich. Ich darf gar nicht an den Abschied denken.«

»Das begreife ich. Fräulein Schuhmacher ist ja Ihre Freundin. Ich denke, auf diese Freundschaft können Sie stolz sein. Fräulein Schuhmacher ist sehr exklusiv, wie ich weiß.«

»Ja, Bianka ist sehr wählerisch.«

»Fräulein Schuhmacher« –

Da unterbrach sie ihn. Sie müsse jetzt gehen.

Aber sie ging gar nicht, obschon sie ihm hastig die Hand hingestreckt hatte. Sie besann sich auf irgend etwas, dann rief sie mit einer ungewöhnlichen Lebhaftigkeit: »Adieu, Herr Ginstermann«, und sprang in den Hausflur hinein.

Bijou galoppierte hinter ihr her.

Ginstermann ging einigermaßen verwundert über ihr Benehmen weiter. Er wanderte langsam die Leopoldstraße hinunter, an all die Qual denkend, die er hier auf und ab geschleppt hatte.

Bianka hatte Licht. Er blieb stehen und winkte mit der Hand zu dem erleuchteten Fenster hinauf.

Vielleicht denkt sie an mich, dachte er, freudig erschreckend bei dem Gedanken.

Eine Stunde darauf befand er sich wieder im Englischen Garten.

Wie komme ich nur hierher, sagte er lächelnd zu sich.

Die Nacht war ganz weiß.

Übergossen vom Schein des Mondes, der allen Dingen das Körperhafte nahm, erfüllt vom Geruch des Heus, der Linden, zitternd im Gezirpe eines Heeres von Grillen, das die Stille zauberhaft erhöhte, lag der Garten da gleich einem Schmuckkästchen, von einem mit Tausenden von blitzenden Steinen übersäten Deckel abgeschlossen.

Ah – das war ein Hain, auf dessen Wiesenteppichen die Elfenreigen der Maler schweben, aus dessen Schatten die Poeten ihre Spuk- und Traumgeister springen lassen.

Hier stand Yester und Lis Haus!

Er nahm den Hut ab und schritt die kühlen Laubgänge entlang, die ihre Blütenzweige wie liebende Arme um ihn schlangen, ergriffen von all den Wundern der Welt um ihn her und seines Herzens. Geschichten fielen ihm ein, hundert Geschichten zugleich, die ihm all dieser Garten erzählte. Und in all diesen Geschichten, da liebte einer ein Mädchen mit einer innigen, demütigen Liebe. So umgab er Bianka mit einem Kranz von Träumen, die sie keusch kosend umhüllten, wie die weißen Rosen die Prinzessinnen im Märchen.

Auf den Bänken im Schatten, da saßen Liebesleute, sich inbrünstig umschlingend, sie flüsterten, sie stammelten, sie küßten sich, ja sie schluchzten. Vögel zwitscherten im Traum, lautlos strichen Schatten über die Wiese, dunklen Wipfeln zu. In den Bächen tanzten des Mondlichts silberne Fische.

Auch den Monopteros besuchte er, ihn mit heiliger Scheu betretend. Dieser Tempel war heilig durch die Reinheit seiner Kunst, geheimnisvoll in der weißen Pracht, dieser Tempel war geweiht durch Biankas Fuß.

Er lehnte sich gegen eine der kühlen Säulen und blickte hinunter, hinüber. Das Zirpen der Grillen, die Stille trug ihn empor, er erschien sich wie ein Wesen, aus dem Äther herniedergestiegen.

Die Wiesen schimmerten unter ihm mit dem Schatten der Heuhäuschen, die Bäume zogen wie Rauch im Silberlichte, aus der Silhouette der Stadt stieg der Lichtschein gleich weißem Opferrauche.

Ferne, seltsame Laute ertönten, als ob die Stadt in unruhigem Schlafe rede.

Er verbrachte die Nacht im Garten. Biankas Geist war ihm nahe, umgab ihn, alle Worte, die sie zusammengesprochen, alle Gefühle, die sie hier empfunden, schwebten um ihn.

Leise singend ging er seine Wege. Er saß auf einer Bank und schrieb in den Sand. Ava – ava – abala – schrieb er. Er wußte nicht, was es hieß.

Sein Wesen löste sich auf, der Zauber der Nacht war in ihm, er war ein Hauch dieser Nacht selbst.

Was ist der Mensch? Ist er eine Blume, die sich frei bewegt? Ist er ein Hauch aus fernen Gärten, der Gestalt angenommen?

Der Park erklang in silbernem Gesange. Eine Wolke trug ihn dahin, und über ihm schwebten die Sterne, den glitzernden Perlen einer ungeheuren Fontäne gleich. Im Geiste nahm er sein Herz aus der Brust und hob es hoch in den Händen den Sternen entgegen und rief: Segnet es, segnet es ...

Früh am Morgen ging er nach Hause. Es war kühl geworden, und sein Blut floß langsam durch den Körper –

Als er die Treppe hinaufstieg, knarrte oben ein Schritt. Er erschrak nicht, er lebte noch zu sehr in seinen Träumen. Ein Mann stand in der Ecke, die Hand am hinaufgeschlagenen Rockkragen, mit nassen, verquollenen Augen. Es war Ritt. Er lächelte und huschte an ihm vorüber.

Ginstermann dachte, was mag er gewollt haben, und legte sich nieder.

Der Schlaf kam, er fühlte wie er, ein Hauch, über ihn strich.

Zwischen Wachen und Schlaf vernahm er leisen Gesang und eine Sekunde lang tauchte es vor ihm auf: Sommermorgen. Frische. Ein Hain blühender Akazien, mitten drin ein weißes Haus. Vögel zwitschern, o, des Duftes! Und aus dem Hause tönt eine weiche Frauenstimme. Aus dem fernsten Zimmer kommt ihr Gesang.

O tu mio carissimo – o tu mio cuore ...

Blüten wirbeln, weiß in weiß, das Haus, der Hain verschwinden.

Ferne noch: O tu mio carissimo – o tu mio cuore ....


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