Walther Kabel
Mein Feind Cordy
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. . . Menschen kommen, verschwinden, Menschenschicksale rollen sich vor uns ab wie der endlose Streifen eines Filmbandes, – eine starke Hand wischt all das wieder aus . . . –

Ich bin soeben draußen gewesen an dem kleinen Teich unserer Oase, ich bin in den Mauerresten umhergeklettert und habe ein Schlangennest gefunden – nicht da, was ich suche – suche, so lange wir hier sind. Es waren ägyptische Brillenschlangen, häßliche Geschöpfe, giftig, dumm . . .

Unsere Oase . . .

Das Gemäuer und die Ruinen, von denen ich sprach, ziehen sich genau von Nord nach Süd am Abhang einer der Staubdünen hin und schützen das freundliche Grün vor dem flüchtigen Sande. Die Länge dieser uralten Reste von Bauten, die nur irgendwie der Goldgewinnung gedient haben können, bedecken eine Fläche von fast dreihundert Meter Länge und vierzig Meter Breite. Tübbicke nennt sie »die Klappmauer«. Tübbicke findet für alles einen Namen. Einen Igel, der bereits zu unserem Haushalt zählt, da er sehr schnell zahm geworden ist, hat er »Gussy« getauft. Mag er. So stachelig, wie Freund A. A. A. meint, war Gussy Gollan doch nicht.

Ich bin kreuz und quer unter den Palmen entlanggegangen, und die melancholischen Geier droben in den Bäumen und auf dem Gemäuer lassen dann kein Auge von mir. Zuweilen krächzen sie leise, müde, versinken dann wieder in ihre beschauliche Ruhe und warten . . .

Nun sitze ich wieder im Zelte und . . . habe so gut wie nichts an. Ein Nachthemd, möglichst ohne Ärmel, genügt hier. Aber vom Oktober bis März wehen hier nachts eisige Nordwinde. So sagt Sussik. Er ist mein Gewährsmann. Nubien kennt auch Wetterstürze. Wir haben es erlebt. Gewitterwolken ballten sich zusammen, gegen die keine Sonne aufkam. Man hoffte in tiefer Finsternis auf erquickenden Regen, Blitze fuhren herab, Donner dröhnte, die Luft kühlte sich empfindlich ab, – nach einer Stunde war alles vorüber, und wir legten schleunigst die warmen Sachen wieder ab.

»Nub« bedeutet Goldland. Daher Nubien . . .

James Cordy, der erst Wera und dann den Leitbullen der angeblichen Filmleute stahl, hatte einen Goldbarren bei sich. Lady Janes Notizbuch enthielt die Angaben über Tagesritte bis zu dieser unserer Oase, so behaupte ich. Gupa lächelt. Wenn ich in dem Gemäuer umherklettere, suche ich . . . nach Gold.

Niemand wird mir die Überzeugung nehmen, daß gerade hier Reichtümer vermutet werden und daß auch Mr. Howard Houston und die Ratte Owen Darß auf die Jagd nach diesen Schätzen sind.

Gold, Liebe – Liebe, Gold, – Habgier, Lug und Trug und Niedertracht: Das ist der gährende Teig, der üble Blasen hochwerfen wird. Er wird . . . Wir warten. Wir sind gerüstet, durch die Dünen dort ringsum, hoch wie Berge, fließend wie Mehlbrei, gelangt niemand zu uns. Es gab einen Pfad. Er ist verlegt. Diesen Pfad werden sie suchen . . .

Der größte Philosoph hier in unserer Oase ist der alte Marabu, ein sehr, sehr alter Herr, sehr kahl, wie ein dreiviertel gerupfter Storch . . . Ein Flügel fehlt ihm gänzlich. Sussik meint, der Marabu sei tausend Jahre alt. Vielleicht . . . – Er hat am Teiche seinen Stammplatz im Schatten der höchsten Oschurbüsche, die bis sechs Meter Höhe die rissigen Palmenstämme umkränzen, nie die Blätter wechseln und nachts eigentümlich duften: Nach Mottenkiste! – Aber dieser Geruch hat dem greisen Marabu wenig genützt, er ist kahl, er sieht jämmerlich aus, aber man könnte ihn getrost Adolar taufen, so jugendfrisch kann er sein, wenn ein anderer Vogel ihn stört. Dann schießt er vorwärts, teilt Schnabelhiebe aus, verjagt den Frechling, watet zu seinem Stammplatz zurück, zieht das rechte Bein an den Leib und stiert vor sich hin. Auch er wartet. Urplötzlich fährt sein Schnabel in die Tiefe, blitzschnell verschlingt er die Beute, steht wieder regungslos da und gedenkt vielleicht jener Zeiten, als hier – vielleicht – die Nubische Goldminen‑A.‑G. zwecklos Sand und Gemäuer durchwühlte. Wrangel geht dem alten Herrn vorsichtig aus dem Wege, es ist so am besten für beide Teile. –

Ich habe meine Zigarre wieder angezündet. In den Zinkkisten der verschollenen Expedition hatten sich die Zigarren gut gehalten.

Ich werde von Sussik erzählen . . .

Wir hatten damals am Nachmittag nochmals nach Gussy Gollan gesucht, selbst Gupa war nicht dagegen gewesen, denn ein so junges Weib im Wadi Kebir verdursten zu lassen, war selbst wider seine harte Natur.

Dann kamen viele endlose Tage und Nächte eines Rittes gen Süden, bei dem mir das Herz wieder froh und leicht und die Seele weit wurde, – es kamen wundervolle Stunden jener stillen Andacht, die nur die große Einsamkeit beschert. Kleine Abenteuer drängten sich uns auf, unwichtig wie Spielereien, – Begegnungen mit ziehenden braunen Nomaden, mit Zeltdörfern, die wir nur von fern beobachteten, mit festen Hütten armseliger Überbleibsel erloschener Völker, – – und eines Tages kam das große Abenteuer: Sussik!

Bir Schikr an der östlichen Karawanenstraße, den Sudan mit Oberägypten verbindend und die Nubische Wüste durchschneidend, lag bereits zwei Tagesritte hinter uns. Gupa allein war in dem langgestreckten Orte gewesen, den ich des Militärpostens wegen meiden mußte. Freund Golem hatte für Ralph Cudderson, wie versprochen, in der größten Karawanserei Nachricht zurückgelassen – einen Zettel mit ein paar Stichworten, die der Engländer schon verstehen würde. Ein Levantiner hatte Zettel und ein Stück des Goldbarrens freundlichst angenommen, – auch das war erledigt.

Es mochte um die vierte Nachmittagsstunde gewesen sein, als wir den ersten Bischarin begegneten, sie jagten Wildesel, besser verwilderte Esel, die sie dann an die Karawanen gezähmt verkauften. Es waren zehn Krieger, bewaffnet mit Lanzen, Keulen und Vorderladerflinten, eingehüllt in helle leichtwollene Decken, die sie mit einer schmaleren umgürtet hatten, echte Nachkommen der alten Hamiten, der bittersten Feinde der semitischen Völker, halb Neger, halb Nordägypter, dabei, was die Gesichtsbildung betrifft, gänzlich verschieden, nur in der Frisur sich gleichend und dem . . . Hammelgestank.

Sie entdeckten uns erst, als wir am Rande der vereinzelten Felsschlucht hielten, in der sie die gefangenen Esel zusammengetrieben hatten. Eine Verständigung mit ihnen war nicht möglich. Sie bettelten um Tabak und Pulver – durch Zeichen, beides konnten wir nicht hergeben, und der Abschied war daher wenig freundlich.

Mir war diese Begegnung sehr unangenehm. Die braunschwarzen Kerle (nicht alle braunschwarz, einige mehr kupferfarben, zweifellos infolge Blutmischung mit den Kuschiten, den Ureinwohnern des fast sagenhaften Goldlandes Kusch) würden uns sicherlich heimlich folgen, um zu sehen, was wir hier in ihren ureigensten Weidegründen vorhätten. Es trug auch nicht gerade zu meiner Beruhigung bei, daß Adolar erzählte, in Kairo hätten die Zeitungen vor der Benutzung der östlichen Karawanenstraße gewarnt, da die Bischarin wieder einmal etwas aufsässig seien.

Leider trafen wir bis zum Abend nur auf spärliche, sandverwehte Felshügel, – leider war es auch völlig windstill, und unsere Fährte mußte noch tagelang sichtbar bleiben. Hier halfen eben nur Wachsamkeit, vorsichtige Auswahl eines Lagerplatzes und . . . Wrangel. Der Hund war immer noch der beste Anmelder ungebetener zwei- und vierbeiniger Gäste. Seine Pfoten waren längst heil, seine Ballen hatten sich kräftiger, aber flacher entwickelt, wieder ein Beweis, wie schnell der Tierkörper sich einer veränderten Umgebung nicht nur hinsichtlich der Haarfarbe anpaßt. Wüstensand und Felsboden und scharfes Geröll erforderten andere »Fußschützer«, eben Ballen, als Wrangels ferne nördliche Heimat.

Unser Lagerplatz, wieder ein trockenes Flußbett mit einer schwachen Zisterne, schien mir durchaus günstig. Der Fels wölbte sich hier über eine flache terrassenartige Kuppe, – wir brauchten nur einen kleinen Halbkreis von Steinen aufzuschichten, und wir und die Tiere waren nur direkt von vorn anzugreifen. Mitten in der Nacht – Tübbicke hatte gerade Wache – schlug Wrangel wütend an. Wir entdeckten zunächst nichts Verdächtiges, der Hund beruhigte sich auch sehr schnell wieder, und wir vermuteten lediglich eine Schar von Wüstenwölfen in der Nähe. Der Füchse und Schakale wegen regte sich Wrangel längst nicht mehr auf. Aber die peinliche Überraschung zeigte sich nachher, als ich, von neuem Mißtrauen getrieben, nochmals mit dem Hunde die Schlucht absuchte und oben über unserem Steindache im Sande ganz frische Spuren entdeckte. Die Bischarin waren doch in der Nähe gewesen, und Gupas lauter Zuruf veranlaßte mich dann, schleunigst zum Lager zurückzukehren. Da sah ich die Bescherung: Unsere acht Wasserschläuche waren ausgelaufen, waren angestochen worden, und das konnte nur in der Art geschehen sein, daß einer der Bischarin an einem Strick über den Rand des überhängenden Felsens hinabgeklettert war und mit der Lanze rasch zugestoßen hatte und wieder verschwunden war.

Gewiß, das Felsloch hier hätte uns genügend Ersatz gespendet, wenn dieser Brunnen chemisch reines Wasser enthalten haben würde. Das war nicht der Fall. In einzelnen Teilen Nubiens stießen Forschungsreisende schon vor uns auf heiße Quellen, die dem höher gelagerten Schiefergestein entströmten. Diese stark alkalischen Quellen (bei Okma gibt es heute Heilbäder dieser Art, die schon im Altertum benutzt wurden) sind nur bedingt genießbar. Sie erzeugen Durchfall, die Kamele trinken dieses Wasser überhaupt nicht, das zum . . . Rasieren und Waschen angehen mag.

Freund Adolar war außer sich. Daß gerade während seiner Wache dies passiert sein mußte, ärgerte ihn wütend. Damit war nichts geholfen. Und gerade weil die Bischarin es auf unsere Trinkwasservorräte abgesehen gehabt hatten, deutete leider darauf hin, daß wir so leicht Ersatz nicht finden würden.

Ein Pech kommt selten allein. Beim Aufbruch am frühen Morgen noch vor Sonnenaufgang wurde Gupa, als er mal abseits enteilte, von einem kleinen braunen Reptil in die linke Hand gebissen. Wir hatten zwar übermangansaures Kali mit, ich schnitt die feinen Pünktchen, die die Giftzähne zurückgelassen hatten, unverzüglich durch Kreuzschnitte auf, saugte das Blut aus, band die Hand ab und streute von den tieflila Kristallen in die Wunden, aber Hand und Arm wurden sehr bald unheimliche Fleischklumpen, Gupa konnte sich kaum im Sattel halten, und im Schritt mußten wir weiter.

Mit Sonnenaufgang setzte dann der von den Bega-Völkern gefürchtete heiße Südwestwind ein. Heiß ist sehr bescheiden ausgedrückt. Es waren Glutwellen, die stoßweise daherkamen, vermischt mit feinsten Sandteilchen. Der berüchtigte »Samum« hat nichts mit diesem nubischen Fegefeuer zu tun. Der Samum verfinstert die Sonne, treibt Sandwolken hoch, begräbt Tiere und Menschen, häuft riesige Dünen auf, verändert in einer Stunde das Landschaftsbild vollkommen, verschüttet kleinere Oasen, Brunnen, Felsen, Felsenhügel. Der Nubawind naht stoßweise, gleichsam Glutwelle auf Glutwelle fegt dahin wie die Wogen des Meeres. Aber seine Gefahr liegt in der unerhörten Trockenheit dieser Backofenglut und in dem feinen Staube, gegen den nichts schützt und der, zumeist aus allerfeinsten Salzpartikelchen bestehend, Lunge, Kehle und Nase schwer gefährdet. Die Bischarin nehmen während dieser Stürme ihre wertvollsten Tiere mit in ihre Zelte hinein und wagen sich nicht ins Freie.

Der Glutstrom überfiel uns auf welligem Gelände, – nirgends war die Spur von schützenden Felsen zu entdecken, – doppelt qualvoll war es, im Schritt Gupas wegen weiterreiten zu müssen. Als wir erst das Brennen in Augen, Hals und Nase spürten, als die Tiere gewaltsam vorwärtsdrängten und sogar zu schreien begannen, ging uns die Erkenntnis auf, was der »Nuba« bedeutete!

Freund Golem, der Gebissene, hatte nicht einmal so viel Kraft, sich seine Decke überzuhängen. Schüttelfrost packte ihn, Schüttelfrost bei vielleicht achtundvierzig Grad! Seine Wangen waren eingefallen, der Blick stumpf, die Haut klebrig, – – wie bei einem Sterbenden.

Es war ein trostloser Beginn unserer Suche nach dem Platz, wo wir mit Lord James abrechnen wollten!

Die Tiere husteten, wir husteten . . .

War eine Glutwelle vorüber, glaubten wir Kellerluft zu atmen . . .

Aber der Nuba kannte kein Erbarmen, das Goldland wehrte sich gegen die frechen Eindringlinge auf seine Art, mit seinen Mitteln.

Wir schleppten uns vorwärts, – die Tiere prellten nicht mehr vor, wir hatten auch ihnen die Köpfe bedeckt. Wrangel lag vor mir im Sattel und winselte.

Dann begann hinter uns abermals das Fauchen des Sturmes, dann kam eine neue Feuerwoge, wir hielten den Atem an, so lange es irgend ging.

Plötzlich stolpert mein Tier . . .

Ich hebe die Decke . . .

Vor uns ein tiefes, endloses Tal, vereinzelte Büsche, Palmen, magere Grasflächen . . . Der Boden gelb und braun gestreift, wie mit Farbstrichen gezeichnet, – und im Talgrunde Steinhütte an Steinhütte mit flachem Spitzdach – alle kreisrund . . .

Tübbickes gedruckte Weisheit über Ägypten reichte nicht bis hierher, wir waren hier fremd, Neulinge . . .

Ein Dorf?!

Wir sahen weder Mensch noch Tier.

Aber – es waren Steinhütten, es waren saubere menschliche Bauten, die Dächer mit weißen Kieseln belegt, die Grundmauern aus Felsstücken . . . Es waren Hütten – und somit ein Unterschlupf.

Wir erreichten die erste.

Keine Tür, kein Fenster – nichts.

Was tat es! Wir rissen ein paar Steine heraus, wir schufen ein Loch, wir banden die Tiere unter Wind an, bedeckten sie, krochen in das Bauwerk hinein, zogen Gupa mit uns . . .

Dieses Steinhaus mochte einen Durchmesser von vier Meter haben, die Grundmauer war nur anderthalb Meter hoch, die größte Höhe des Dachgewölbes auch vier Meter. Durch das Loch fiel genügend Licht herein. Innen lagen nur in der Mitte fünf Felsstücke – vielleicht Sitzgelegenheiten. Als ich aber die oberste Steinplatte hob, grinsten mir ein schneeweißer Totenschädel und Teile eines Skeletts entgegen.

Tübbicke mühte sich um Gupa, ich deckte die Platte wieder auf und sagte:

»Eine Gräberstadt, Freund Adolar!«

»Wenn schon!!«

Er hatte recht. Wir konnten froh sein, diese fast kunstvollen Riesengräber gefunden zu haben.

Es war eine Gräberstadt der Bega, wie ich später in dem Spezialwerk nachlas. Die heutigen Nachkommen der Bega, also auch die Bischarin, geben sich nicht mehr die Mühe, ihre Toten so umständlich zu bestatten. Ein Steinhaufen, – das ist alles. Nur für Krieger, die im Kampf gefallen sind, errichten sie zuweilen turmartige Rundbauten, in denen der Tote aufrecht steht.

»Wenn schon!!« wiederholte Freund A. A. A. und flößte Gupa Whisky ein. »Ich finde es hier wunderschön, das Skelett stört mich nicht im geringsten.« Er lächelte sein freundliches, junges Lächeln, und Gupa, der Golem, sagte matt: »Es geht mir besser . . .«

Zwei Stunden drauf ließ der Sturm nach. Ich nahm die Büchse, bestieg mein Tier, Wrangel trabte nebenher, – wir zogen auf Wassersuche. Mein Ziel war das Nordostende des meilenlangen Tales, denn dort hinten schimmerte es grün, dort mußte eine reichlichere Vegetation vorhanden sein . . . –

Die Luft wirkte förmlich erquickend. Jetzt einen Trunk Wasser, und Mensch und Tier waren wieder auf der Höhe!

Ich gab meinem Dromedar die Zügel frei. Es würde einen Brunnen rascher finden als ich . . .

Was hatte nur Wrangel da?! – Ich blickte zurück . . . Er stand vor einem der Gräber (bisher hatte ich achtzehn gezählt) und bellte wie toll.

Ich pfiff . . .

Natürlich nur irgendein vierbeiniger Feind, den er dort verbellte.

Ich pfiff wieder . . .

Er heulte, kratzte an der Mauer des Steinbaus, heulte noch schriller.

Ich kehrte um. Wrangel ist zu klug, derartige Töne grundlos auszustoßen. Ich näherte mich vorsichtig, die Büchse schußbereit, – die zehn Eseljäger, die uns die Schläuche aufgeschnitten hatten, waren mir noch allzu frisch in Erinnerung.

Ich konnte beim besten Willen nichts Verdächtiges bemerken. Es gab da zwar im Sande halb verwehte Vertiefungen, die vielleicht Spuren von Menschen sein mochten, aber diese Spuren waren alt . . .

Dann erblickte ich zwischen den Felsstücken der Grundmauer das spitze Schnäuzchen, die schräg gestellten Augen und die riesigen Fledermausohren eines Fennek. Der Wüstenfuchs verschwand blitzschnell, Wrangel bekam einen fürchterlichen Anschnauzer, kniff den Schwanz ein und folgte mir zwar, aber sehr widerwillig.

Ich trabte an . . . Nach einer Weile blickte ich zurück, – der Hund war weg.

»Wenn schon!« dachte ich . . .

»Wenn schon!« war einer von Adolars Lieblingssprüchlein. Er verfügte über eine erlesene Kollektion solcher Redewendungen. An oberster Stelle stand sein »Denken Sie, ich . . .« – Er hätte mich niemals so eindringlich zum Beachten seiner Worte aufzufordern brauchen, denn ich hörte ihm sehr gern zu, er nahm das Leben stets von der angenehmen Seite und selbst jener Schuß im Lager der Filmleute, der einem des farbigen Trosses in die Ewigkeit verholfen, und ich mich vor einem Lanzenstich bewahrt hatte, belastete sein Gemüt nicht weiter. –

Die Oase am Talende war recht ausgedehnt, das Wasserloch tief und kühl, das Wasser ohne Beigeschmack. Nur die zahllosen Spuren störten mich: Hier hatten Bischarin gelagert, hier hatten Zelte gestanden, Feuerstellen bildeten schwarze Flecken, und Aasgeier wühlten noch jetzt in Gruben mit zweifelhaftem Inhalt. Ich fühlte mich hier unbehaglich, schleunigst schöpfte ich Wasser, füllte die geflickten Schläuche und trabte zurück, diesmal an der Nordostseite des Tales entlang, wo lange Sanddünen und einzelne Felsen, meist verwitterter Schiefer, das Gesamtbild der weiten Senkung etwas veränderten.

Mein Dromedar – mitten in einer Düne – brach mit dem rechten Vorderfuß tief ein, warf sich sofort zurück, ich flog aus dem Sattel und mein rechter Arm fuhr durch den Sand gleichfalls beim Anprall in irgendeinen Hohlraum hinein.

Ich riß den Arm sofort zurück: Schlangen vielleicht! Dann aber, als ich mit dem Fuß wiederum irgendwohin versank, wurde ich doch aufmerksam. Ich begann mit den Händen zu graben und stieß so auf . . . Holzkisten . . .

Ich stieß auf Skeletteile, Sättelreste und vieles andere.

Ich hatte das Sandgrab der verschollenen Goldexpedition gefunden.

Eilends strebte ich unserem Schlupfwinkel zu, ganz erfüllt von der Freude über diesen wichtigen Fund, dessen wahrer Wert uns erst später klar werden sollte.

Wrangel?!

Wirklich – da war er – noch immer neben dem Steingrab . . . und wühlte mit den Vorderbeinen, heulte, bellte vor Eifer, kam mir entgegengerannt, schüttelte den Sand aus seinem dichten Pelz und wedelte . . . wedelte, . . . lief wieder zurück, heulte, kratzte, scharrte . . .

Da stieg ich doch ab.

Und das rettete Sussik das Leben.

 


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