Jean Paul
Selina oder über die Unsterblichkeit der Seele
Jean Paul

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Zweite Unterabteilung

Der Glanz des All – Loyds Kaffeehäuschen

Hier ist der Brief unverändert.

»Nächstens, meine Selina, haben wir die Festung und ich habe euch und ihr mich; denn mein Wort ist gegeben. Freuden und Taten verlass' ich hier; aber ich finde neue bei dir wieder, Geliebte. Du gutes Herz, meinetwegen denkst du zu oft an Sterben und Unsterblichkeit. Aber glaube mir, nirgend denkt man seltener an das Sterben als im Lager unter Sterbenden. Der Mensch ist hier Flamme, nicht Asche; man sieht die wehende Fahne der Laufbahn, nicht die Gräben und Gräber, die sie durchschneiden; und das zuckende Sterben, sogar das eigne, erscheint nur als die letzte Bewegung gegen den Feind. Bloß Recht und Stärke schwellen die Gefühle, keine Stubenangst drückt sie zusammen. Mitten im Reiche der Ideen und der Taten, die beide nirgend als im Kriege so nahe aneinander stehen, ist das äußere Dasein so leicht hinzugeben; und wenn ein einziges Griechenkind, oder ein zitternder Greis bloß in deinen Retterhänden steht, so fährst du als ein Löwe gegen die Barbarenhorde daher, und der Pulverblick sieht wie ein Silberblick des Lebens aus. Wahrlich die augenblickliche und entscheidende Verteidigung der Unschuldigen ist der Vorschmack eines göttlichen Reichs, wo die Unschuld ihren Rächer neben sich hat und jede Gewalt eine zweite.

Fürchte aber nicht, Selina, daß der dicke Nebel der Schlachtfelder und Schlachttäler mir das reine Licht der Philosophie verfinstere, das still und gerade in meinem Busen brennt und das alles daraufstürzende Nachtgevögel des Kriegs nicht erstickt, nur anfacht. Ich höre durch den Donner des Mords doch – wie der taube Tonkünstler die Musik – dich und meinen Vater über das Leben reden und darüber die Dichter auf den Musenbergen der Griechen singen. Für mich ist eigentlich alles im Leben 1139 erhaben, vom Sternenhimmel an bis zum Weltmeer nieder, und was klein erscheint, wie das Wölkchen droben und die Welle unten, wird vom Großen umgeben oder ist bloß das herausgebrochene Teilchen eines Großen; das Sandkorn baut die Wüste und der Korallenwurm den Scheiterhaufen der Schiffe und hebt Inseln in die Luft. Die Schneeflocke auf der Alpe wird zum Donner im Tale, und ihr weißes Gewitter zerbricht Wälder und Dörfer. Mir ist jede Jahrzeit erhaben, sogar der Winter mit seinem schmucklosen Blau und Weiß und mit seiner weiten zugedeckten Welt im Schlafe, die sich vor der Maisonne blühend und fliegend aufrichtet. – Und so zieht die Geschichte, sogar die sündige, in den Säulengängen ihrer Zeiten hin, und die Kolossen der alten Reiche stehen wie halb untergegangne Sternbilder am Horizont, und die großen Gesetzgeber, die Völkerheerführer und Zeitenfürsten, ein Moses, ein ungenannter Hoher, ein Lykurg, ein Solon bewegen mit der Magnetnadel ihrer Gesetze die schweren Staatschiffe allmächtig den Strom der Zeit hinauf. Das Große jedoch schau' ich hier nicht in der Menge der verbundnen, aber doch kleinen Einzelwesen, noch in der geistigen Kraft des Gesetzgebers, der freilich mit dem langen Hebelarme seine Welt leichter bewegt, aber ich schaue das Große in der Macht, die Millionen Geister zu einem Bunde berechnete und aneinanderschloß.

Und dieses prangende All ist in jedem Geiste, der es denkt, zum zweiten Male geschaffen, und im Spiegelzimmer der Geisterwelt werden die Himmel und die Welten zahllos wiederholt. – Dennoch konnte ein d'Alembert das undankbare Wort ausrufen: le malheur d'être!

Aber ich segne das Glück, zu sein, und noch mehr das, fortzusein. O meine Selina, wie wird mir täglich das Leben gleichsam lebendiger, und der Glaube an Fortleben wurzelt weit unter die Schlachtfelder hinunter! – Zeigt mir irgendwo das Vergehen! Leben und Entstehen zeigt euch jeder Schritt und jeder Blick. Keine Kraft stirbt unterwegs, sondern ihr Stillstand ist nur Fortdauer ihres Widerstands; und selber das Leblose ist nicht zu töten, sondern verdoppelt sich bloß wie ein Polype, durch 1140 Zertrennen, und der Diamant fliegt unter dem Brennspiegel in tausend kleinere verwandelt davon.

O wie bleibt die Erde doch mit allen ihren Vergänglichkeiten und Gräbern so lebendig! Klage mir keiner, das Leben mit seiner Freude sei nur ein schnell aufbrennendes Feuerwerk nah am Wasser mit einem ebenso flüchtigen Widerschein der Erinnerung, und wie viele Anstalten zum kurzen Glanze gemacht werden, wie viel Säulen und Bildsäulen und Gebäude zum Verkleiden des Gerüstes gemacht werden. Es ist ja aber Pulver genug dazu da, und ein einziger lebendiger Funke entwickelt eine Feuerwelt. Warum soll die Natur mit Untergängen geizen, da sie mit Aufgängen und Schöpfungen wuchert? Nur in den Händen des Menschen zerspringt die Leuchtkugel in Leuchtkügelchen, aber in der Natur umgekehrt das Weltchen in Welten, das Kleine ins Große, und der Ätna hebt sich höher, indem er Berge auswirft.

Der Sternhimmel hebt, allmächtig erfassend, mein Herz am meisten empor, so ernst und ungeheuer schaut er herunter. Rücke nur so viele Tausende der Millionen Sonnen über uns dem Erdballe herein, als nötig sind, um mit ihren Glanzscheiben unser ganzes Himmelblau zu überdecken; und schaue dann hinauf und dann in dich, in dein betendes Herz. Aber was ist diese Zahl gegen jene, wo ein Herschel ein halbes Jahrtausend braucht, um die Sterne bloß unsers Himmels, also bloß des halben zu zählen; – und hier wird er ja nur durch das größte Verkleinerglas, durch die Ferne gesehen mit seinen Sternen der tausenddreihundertundzweiundvierzigsten Größe, oder Kleinheit eigentlich, und die Ameise eines Weltkügelchens, der Mensch, weiß Sonnen keinen Namen mehr zu geben, sondern nur Ameisenbuchstaben; – und nur die kurzen Demarkationlinien aus Spinnenfäden zieht er zwischen ungeheuern blauen Ländern und Reichen der Sonnen.[[Fontana spannt im Sehrohr Spinnfäden statt Silberfäden auf.]] So viel ist des Unermeßlichen, und doch nicht zu viel für den darüber hinaus und alles in sich hinein messenden Menschengeist.

Aber der Himmel deckt bloß die Unermeßlichkeit des All, die Erde hingegen die Unerschöpflichkeit seines Lebens auf. Unter 1141 dem Kugelregen von Weltkugeln stehen die Wasserkügelchen und Tröpfchen und wimmeln lebendig, und das mikroskopische Meer ist Lebens-Wasser, aber kein totes Meer. Wenn ich so sehe, daß eine tote Tierfaser nur ein paar Tropfen Wasser verlangt, damit darin eine kriegende Völkerschaft größerer und kleinerer Tierchen auferstehe – ja wenn ich dürre Heustengelchen, eine bloße Rinde, bloße Holzkohle sich im Wasser zu jagenden, ja zu gebärenden Tieren auflösen sehe und zuletzt, wenn sich im bloßen Regentropfen allein eine Welt von fünf verschiedenen Tierarten gebiertJoblot fand (S. Zimmermanns geographische Geschichte der Menschheit B. 3) 6 Arten Aufguß (Infusion)-Tiere im Heuaufguß, und in frischem Heu andere als in altem, ebenso viele in Austerwasser; zwanzig Arten im Aufgusse der Eichenrinde. (Auch die lebendige Eiche hegt unter allen Bäumen die meisten Insektenarten) – Ja nach Dr. Gruithuisen (Oberdeutsche Lit. Zeitung 1808 Okt.) entstehen in destilliertem kalten Wasser ohne Fäulnis Aufgußtiere in einem Tage; aber (gegen Oken) nicht der ganze Fleisch- und Pflanzenstoff zerteilt sich in neue Lebendige, sondern der größere Teil bleibt als Schleim für die Nahrung derselben zurück. – Schon Müller und Fabritius beschrieben 390 Gattungen Aufgußtiere; gleichsam ebenso viele lebenvolle Nebelflecke auf der Erde.: so frag' ich, wo ist denn Versiegen des Lebens denkbar mitten in der Überschwemmung von zahllosen Springquellen desselben, die rings um uns die Erde bedecken; und wenn ich diesen Vordrang des Lebens überall arbeiten sehe, daß jedes Blatt nach Goethe sich zum Baume ausstrecken würde, hielten nicht die Mitglieder desselben es niederGoethes Bemerkung erweitert sich noch durch die von Darwin (S. dessen Zoonomie B. 2. S. 440), daß alle tierischen Glieder einem ungemeßnen Fortwuchse zustreben, aber sich dem einfassenden fügen müssen. Z. B. nach Wegnahme der Haut treibt das Fleisch neues oder wildes fort; nach Wegnahme des Beinhäutchen verdicken sich die Knochen. – Swammerdam sagt in seiner Bibel der Natur, der Anfang der Ameise sei ganz so wie der zum Elefanten angelegt; nur die schwächere Kraft des Herzens lasse sie nicht zur ähnlichen Größe gelangen. – So wachsen, setz' ich dazu, die Meertiere – vielleicht durch Ebenmäßigkeit der Temperatur und der Nahrung und des nachgiebigen Elements begünstigt – ins Ungeheuere, so wie eben darum Tiere in der Erde zu Zwergen einrunzeln. – und wenn alles sich bewegt, von den Flammen an bis zu den Welten, was kein Totes vermöchte: so freu' ich mich des Lebens, des weiten breiten unaufhörlichen, und dadurch des meinigen auch und ich frage, wenn alle die kleinen Aufgußtiergeisterchen sich im kalten magern dünnen 1142 Wassertropfen ihr Leibchen und Leben erbauen und gewinnen können, wie sollt' es nicht künftig tausendmal leichter dem starken gereiften Geiste [sein], mitten unter dem Reichtum der Kräfte umher sich neue Schwingen an[zu]setzen zum Flugkörper nach jenseits?

Wahrlich, die Natur überbaut ganz anders und fruchtbringender als der Mensch, die Gräber mit Taufgebäuden NeugebornerDie ersten Christen bauten ihre Baptisterien oder Taufgebäude über Gräbern. und die Toten mit Tempeln der Lebens-Menge. Und wie kann alsdann ein lebendiger Menschengeist zu erkalten und zu erlöschen fürchten, mitten im warmen leuchtenden Meere schwimmend, und um ihn sonnet sich daseinsfroh die Mückenwelt? Wohnt nicht die Unsterblichkeit schon vor dem Sterben unten bei uns? – Erst durch das zahllose Leben um uns her werden mir die Sternen zu etwas, und die ungeheuren Bergketten von Sonnen über uns fangen an zu grünen, und in die unübersehliche in unendliche Fernen hineingebaute Stadt des Himmels ziehen Bewohner.

O meine teure Selina! In solchen Geisterminuten der Weltbetrachtung wünsch' ich am wärmsten bei dir zu sein, weil dein Verstehen mich begeistert und mich bestätigt. Sieh, darum schick' ich dir anstatt der Nachrichten um mich her lieber die friedlichen aus meinem Innern; und in deine Seele soll nur wieder eine Seele ziehen, nicht der Körpertroß. Aber jetzo schlägt ohnehin die große Stunde bald aus, wo die höchste Festung[Napoli di Romania.] als der Wetterableiter der feindlichen Blitze in unsere Hände übergeht und nach welcher ich in Deutschland mich des geliebten Griechenlands erfreuen darf. Dann halt' ich leichter den vaterländischen Frieden aus, weil zu mir die Wetterstangen mit ihren Spitzen und Kugeln herüberleuchten, an welchen sich die rohen Hagelwolken brechen müssen, die ich über die alten fruchtreichen Paradiese des menschlichen Geistes ziehen sehe. Mein lieber Vater soll wahrlich einige hohe Stunden von der großen Vergangenheit der griechischen Kämpfe durch mich bei meiner Rückkehr ernten, und ihm soll unter meinem Erzählen zuweilen so werden, als steh' er selber 1143 wieder wie vor Jahren mit seinen Waffen auf einem Feindes-Boden neben der Göttin Freiheit, um ihr zu opfern, die Feinde oder sich. Wie viel ruhiger werd' ich von nun an die alten Griechen in ihren Werken lehren und singen hören, da doch nicht mehr der heiße Schmerz über das faule Zusehen bei dem Foltern ihrer Enkel in mir stechen und klopfen wird. O es brennt überhaupt ein verzehrender Krieg im Herzen eines Jünglings zwischen seinen zweifachen Wünschen und Kräften, zu lernen und zu handeln, sich in die Wissenschaft einzugraben und sich ins helle Leben zu stürzen! – Freilich sagt mein Bruder, lernen ist auch handeln; aber handeln ist doch auch lernen. Und jedes von beiden muß ganz und glutvoll und mit allen feurigen Opfern geschehen. Wie dank' ich meinem Vater, daß er mich zu seinem Ebenbilde erziehen will und ganz den Wissenschaften, und besonders der Dichtkunst leben läßt, ohne Rücksichtnahme auf die engbrüstigen und hungrigen Gebote des adeligen und kriegerischen Fortkommens! – Aber, meine Selina, ich will mich auch tapfer anstrengen und den Parnaß wie eine Festung sogar an den steilsten Wänden zu ersteigen suchen; denn ich habe zumal für dich, zarte Luna gar zu viel Wangenrot noch vom Feldzug her und ich muß etwas bleicher werden durch Studieren. Und was werd' ich noch für dich, du Muse meiner Musen? Sag es mir. O Selina, wenn wir in die Feste werden gezogen sein und meine teuern Waffenbrüder um mich her im herrlichen Jubeltoben ihre Herzen lüften werden: mit welcher Überfülle werd' ich auf die Zinnen der griechischen Schirmstadt treten und über den weiten Hafen hinüberschauen ins unermeßliche Meer, das sich doch an deinen Ufern abbricht, und zu mir sagen: ja, drüben, da wohnt dein Himmel, dein künftiges Leben, der Geist, vor welchem deiner immer höher streben und wachsen wird und der dir größere Wunden belohnen würde als du empfangen, welchen kein platter Charons-Nachen führt aus dem stolzen Hafen, sondern ein hohes siegendes Kriegschiff! Und dies alles gebe Gott, meine Geliebte!

Henrion.«    

 

So sprach der Sohn meines Freundes und der Geliebte meiner Freundin, wenn ich Selina schon so nennen darf. Wenn eine Seele 1144 wie Selina so voll Opfer, so voll Liebe gegen alle Guten und alles Gute ist und sich nun ganz aufgetan hat einer andern Seele, um von ihr geliebt und beglückt zu werden auf immer: wie mußte mich die innere Schönheit des Jünglings erfreuen, dem sich die Stille wie einem Gott geweiht und hingegeben hatte, und der allein den Lohn und Kranz einer solchen Jungfrau in seinen Händen hielt. – Ich sagte weiter nichts zu ihr als: »Er ist Ihrer würdig.«.

Unter dem Mittagmahle zeigten Wilhelmis Mienen eine Freudigkeit, die nicht von etwas Vergangnen, sondern von etwas Zukünftigen zu entspringen schien. Der Rittmeister aber erfreute sich gegen mich vorzüglich Henrions Glauben an die Unsterblichkeit und besonders seiner Verwendung der Aufgußtiere – für den Materialisten sonst Sarg- und Bohrwürmer unserer Hoffnungen – zu Mitträgern des Lebens und emporbauenden Koralleninwohnern der glückseligen Inseln. Nur der Gesandtschaftrat Alexander sagte, er hebe einige Bemerkungen über manche Schlüsse aus dem allgemeinen Leben für eine längere Stunde auf. Er wollte eigentlich in der Gegenwart Selinas, die er überall zärter als jeden andern zu behandeln schien, nicht scharf an dem Geliebten widerlegen.

Endlich erklärte sich Wilhelmis prophetische Heiterkeit, als er sagte: »Wir wollen den Abend in Loyds Kaffeehäuschen zubringen.« Dieses Wort verklärte alle Augen und Nantilde erzählte mir mit blitzenden, daß der Baron ein allerliebstes Gartenhaus auf einer nahen Anhöhe so nenne, in welchem er allzeit seine frohen Postberichte oder Briefe austeile und zu welchem man leider nur gar zu viele Meilen den heißen Briefhunger zu tragen habe. – Im Kaffeehäuschen endlich – Nantilde kam aus Neckerei am letzten nach – teilte uns der Baron aus den Briefen seines alten Korrespondenten und Schnellschreibers der griechischen Geschichte den er sich in Marseille hielt, die Nachricht mit, daß die Festung Napoli di Romania sich den 30ten Mai durch Kapitulation an die Griechen ergeben habe, und daß sich ihr gemeinschaftlicher Freund Henrion schon für seine Rückkehr ein kurzes Absteigequartier bei dem Korrespondenten bestellen lassen. »Er kommt, er kommt«, rief seine Schwester; und Selina faltete langsam die 1145 Hände und in den ruhigen Augen hing ein nasser Schimmer, der zu keiner Träne wurde.

Zu den frohen Aussichten lag das Gartenhaus so schön, aus dessen vielen Fenstern man überall auf Pfade und Landstraßen sah, gleichsam auf die Gassen der Welt. Besonders der Rittmeister liebte einen solchen Mittelpunkt von zusammenlaufenden Kanälen und Brücken des Menschentreibens, auf denen jedes Auge auf einer andern seine Hoffnungen und Erwartungen ausschickt ins Weltmeer. Hinter den fernen Baumgipfeln flatterten an diesem Abende einige Segel hin, und es war mehr als einem Herzen als führen [sie] aus den Strömen ins Meer, um den geliebten Kämpfer abzuholen in Loyds Kaffeehäuschen hinein. – Der Baron war geflügelte Freude. Sogar ich Fremder vermehrte die allgemeine Lust. Und zuletzt trat noch gar der blaue Himmel mit allen seinen Sternen, von denen er auch nicht den kleinsten verbarg, herunter ans Herz. –

Als wir alle schieden, um von den höhern offnen Träumen in den bedeckten Träumen des Nachtreichs auszuruhen, blieb nur Nantilde in Wiana bei ihrer Selina zurück, um in der Nacht ihr alles zu wiederholen vom Tage und darin diesen wie ein bononischer Stein ab- und nachzuglänzen. Beide versprachen mir, am Morgen recht zeitig in Falkenburg einzutreffen.

 

Streckvers auf den Kapitelplaneten Venus

Lasset gern das Kapitel mit dem prangenden Venussterne sich brüsten! Tritt nicht darin Selina auf und ihre erste Liebe? – Und ist nicht ihr Leben, gleich jenem Sterne der Liebe, mit manchen spitzen Riesenbergen bedeckt, die nicht zu übersteigen sind, nur zu überfliegen in der letzten Minute? – Aber noch schimmerst du uns, milde Selina, am Abendhimmel des Lebens als Hesperus und wirfst uns den stillen Glanz deiner Mutter zu, wie der Abendstern den der untergegangnen Sonne, der er nachzieht. Gehe nur nicht zu bald unter hinter ihr! 1146

 


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