Jean Paul
Bemerkungen
Jean Paul

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Die Weiber beherrschen Männer mehr als umgekehrt, weil nur diese Gründe annehmen.

Keinem Gesichte steht ein häßliches übler als einem schönen.

Wie leichtsinnig Weiber sind, [sieht man] daraus, weil der Gedanke des Todes bei der Schwangerschaft nicht mehr Einfluß auf sie hat.

Wenn man etwas hört, das einen in Erstaunen und zugleich in Verwirrung wegen der Antwort setzt: so muß man kalt eine kurze einsilbige Frage tun, die eine lange Antwort braucht.

Wenn man bezahlt wird, denkt man, man arbeitete zu wenig – wenn man arbeitet, man bekomme zu wenig.

Ich begreife nicht, wie ein Mann sagen oder glauben kann, er sei schön, ohne rot zu werden.

Wenn sich einer nur einmal zwingt nachzugeben: so sieht er, daß er nicht viel nachzugeben braucht und daß der andere auch nachgibt.

Es ist unbegreiflich, wenn man in den höhern Ständen sieht, wie viel eine Frau braucht, um keine Langweile zu haben – in unsern, wie wenig.

Man unterlässet zu viel Gutes, weil der Nutzen, und begeht so viel Böses, weil der Schaden zweifelhaft ist.

Man verbindet sich oft einen Menschen, wenn man nach dem Namen seines Hundes fragt.

Nur ein Mann, keine Frau, kann eine Stunde vor einem Ball in einem philosophischen Buche lesen, oder darin gar daran denken.

Voltaire widerlegt den Pascal und hat überall recht – nur darin nicht, daß er ihn nicht verstand.

Derselbe Scharfsinn findet an allen Behauptungen das Wahre, der an allen das Falsche entdeckt – er weiß kaum, wo er anfangen soll, zu widerlegen oder beizutreten.

Im Sommer ist man menschlicher, im Winter bürgerlicher.

Bei Mangel an Talent ist's besser zu sprechen als zu schreiben.

Nur in 1 Fall sind Weiber Weibern lieber als Männer – wenn sie nämlich als Gäste kommen: mit Männern können sie nichts reden. –

Sogar in unserer Erinnerung ist uns die Vergangenheit als Fülle früherer Erinnerung schön.

Manche können leichter die Lehrer der besten als der guten Menschen sein.

Leidenschaft macht, daß man besser und schlechter handelt als die Vernunft täte.

Man entschuldigt seinen Fehler bei sich dadurch, daß man ihn sogleich bereuet, und setzt doch bei [einem] andern nicht voraus, daß er den kleinen sogleich nach dem Begehen bereue.

Der Stand erhebt die Großen über die Urteile, die die Kleinen über ihre Tugenden fällen – aber nicht über ihre Vorzüge. Sie rächen nicht die beleidigte Achtung, sondern die beleidigte Eitelkeit.

Kluge halten das Gewöhnliche, Dumme das Ungewöhnliche für toll.

Wir täuschen uns über den Wert eines Autors, da wir nicht an die vielen Minuten denken, wie er das Werk Glied vor Glied zusammengeschoben.

In einem Vormittage, wo man reiset, ein ungewöhnliches Geschäft hat – kurz in jeder neuen Lage – lebt man mehr, sieht das Leben anders, fühlt sich mehr als in 4 gewöhnlichen Wochen.

Es ist ebenso fehlerhaft, nicht überall die Sinnlichkeit, als überall ihren Sieg voranzusetzen.

Feinheit überall wirkender als Kraft.

Ich ärgerte mich über den Menschenlärm unter mir und konnte nicht eher schlafen, als bis ich wußte, es seien Pferde.

Jede Arbeit, auch philosophische, poetische, lenkt den Menschen vom Ich und oft vom Bessern ab.

Fehler, daß man den andern nur widerlegen, nicht überreden will.

Gegen Liebe ist man nie undankbar, nur gegen Wohltaten.

Eigentlich müßte man für jedes Individuum ein besonderes Buch schreiben.

Menschen beweisen sich in Gesellschaft Sachen, die jeder glaubt.

Eine nie auf die Probe gesetzte Frau denkt stets von sich zu gut und von dem Sieg zu leicht.

Es verlohnt sich nicht, daß man alle Bücher widerlegt. Exzerpieren isoliert und hebt eine Sache heraus.

Der Gelehrte erwirbt sich mehr blindes Zutrauen als der Scharfsinnige, weil jenem nur der Gelehrtere, diesem jeder widersprechen kann.

Es ist leichter, die Menschen zu lieben, als zu ertragen – viele heftig zu lieben, als keinen zu hassen.

In den Weibern ist der höchste Kontrast der Aufopferung und der Schwäche – der Tugend und der Kleinlichkeit.

Die Schwätzer von lohnendem Bewußtsein guter Taten haben wenig getan – sie hätten sie sonst vergessen –, sie hätten sich sonst erinnert, daß die Gewissensbisse mit der Stärke des Gewissens steigen und daß die besten Menschen sich mehr vorwerfen als die schlimmsten.

Ein ganz Tugendhafter muß viel Geist oder Feuer haben, um nicht langweilig zu sein.

Man legt leicht die großen Unarten ab und hat noch immer die kleinen der Gewohnheit und Erziehung.

Uns greift ein auf der Straße verwesetes Vogelgerippe an, aber keines, das auf unserm Teller liegt.

Man liebt die Menschen mehr, wenn man den Entschluß, ihnen eine Wohltat zu erweisen, fässet, als nachdem er ausgeführt ist.

Ein Volk kann nicht auf seine Genies, sondern auf das Volk, auf die Menge stolz sein – die Genies können auf die Genies es sein.

Bei der Besserung sieht man, daß man eine Menge Dinge im Umgang, die man aus Höflichkeit und Mode tat, aus Tugend nun tut und leichter.

Ein Mann von Verstand gibt Leuten von Verstand zu leicht sein Herz.

An Weibern ist alles Herz, sogar der Kopf.

Man sagt zu Ochsen ›dummer Esel‹ und umgekehrt.

Man liebt noch den Ort der Liebe, wenn man gegen die Person keine mehr hat.

Man sollte nie mit dem Edeln zugleich einen unschuldigen, aber nied(rigen) Zweck erreichen – es ist nichts gefährlicher für die Moral (Tugend), als von ihr zu leben.

Menschen erraten heißet nichts als sich ähnl(icher) Erfahrungen besinnen. Mit einem ganz neuen Charakter kömmt der größte Menschenkenner nicht aus.

Es ist leichter zu schmeicheln, als zu loben.

Die Menschen, besonders die Weiber, wollen lieber gelobt als geliebt sein.

Ein anderes ist der Mut, d(er) Gefahr nicht zu achten, ein anderes, sie nicht zu sehen, zu verachten, ihr zu trotzen.

Zwischen 4 Wänden sind alle Menschen Sonderlinge, nur nicht offen.

Man sagt leise: »ich empfehle mich Ihnen«, wenn man den Hut von weitem zieht.

Keine Fehler sind von den Besten schwerer zu verzeihen als die der besten Menschen.

Es ist ein geringer Unterschied zwischen dem Stolz auf wahre Vorzüge und dem auf keine.

Man glaubt oft, man könne nicht gut sprechen, da einem doch nichts fehlt als der Stoff zu sprechen.

Genuß der Ehre hindert den der Natur.

Goethe, so dramatisch und in fremdem Namen redend, daß er sich nicht finden kann, wenn er etwas im eignen sagen soll.

Wenn zwei körp(erlich) zusammenstoßen, denkt jeder, nur der andere habe Schmerz und Recht – bei moralischem Zusammenstoßen das Gegenteil.

Die Menschen wären alle bescheidener und demütiger, trieben sie alle nur eine Kunst.

Jeder kömmt sich selber leer und mager vor (ausgenommen wenn er sich vergleicht), weil er sich ganz auskernt und erschöpft mit der Idee. Keiner kann seine eigne Gelehrsamkeit bewundern, weil er sie ganz kennt.

Die höchste Liebe glaubt und fodert höchste Vollkommenheit, daher ist sie ihrem Ende am nächsten.

Ehrgeiz ist verschieden von Ehrliebe – diese sündigt nie gegen die Ehre, aber jener, der nach Schande nichts fragt, um berühmt zu sein – diese will eigne Achtung, jener fremde, diese ist bei Weibern, jener [bei] Männern.

Nichts ist an Rousseau so groß – der sich selber kleiner darstellet, als er war, wie bei jedem großen Mann der Fall sein müßte, wenn er uns in alle Ecken seiner Seele blicken ließe – als dieses, daß er mitten im Leben der großen Welt und in Paris seine hohen Grundsätze entwickelte und behielt. Diese Festigkeit gegen die untergrabende Zerstörung der äußern Welt ist die höchste Stärke der Seele.

Die Keuschheit wohnt weder in den obern noch untern Ständen – sondern in den mittlern.

Das Einfältigste sagt man im Anfang in einer Gesellschaft, das Beste zuletzt.

Ein rechtschaffener Menschenf(ein)d sagt im Zorn mehrere und nützlichere Wahrheiten als in der Liebe.

Man glaubt einem Mann von Talent mehr, was er versichert, als was er beweiset – Hier untersucht man erst seine Beweise, dort ist er einer.

Wir sind begieriger, fremde Menschen zu observieren und auszuspähen als tägliche und nahe.

Man kann gewiß sein, dem andern nicht viel Vergnügen gemacht zu haben, wenn man lauter Sachen sagte, die uns eines machten und so umgekehrt.

Nonnen mager, Mönche fett, Beweis der weiblichen Mäßigkeit.


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