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37.

New York, Mai 1900.

Wir sind aus Tuxedo hierher zurückgekehrt; und in unseren New Yorker Zimmern, in denen ich alles ganz unverändert vorgefunden, inmitten all der altvertrauten Dinge, die mich nun schon so lang begleiten, habe ich mich gleich wieder völlig eingelebt, als sei ich gar nicht fort gewesen, als hätte ich den letzten Monat nicht erlebt. Wenn ich morgens aufwache, muß ich mich erst besinnen, ob es alles wahr ist: die plötzliche Reise nach Europa mit allem was ich dort durchgemacht, und dann die eilige Rückkehr hierher. Manchmal scheint es mir wie ein Traum, als wär' ich hier tief eingeschlafen und eben wieder aufgewacht, und als sei alles unverändert, wie es nun schon so manches Jahr gewesen. Aber dann fühl' ich mit einem Mal, daß doch alles anders geworden; ich schaue mich nach der altgewohnten Hoffnungslosigkeit um und sie ist verschwunden. Ich sehe in all dem nicht recht klar, versuche es auch nicht einmal, sondern lasse mich treiben, gedanken- und willenlos. Aber mir will es scheinen, als atme ich freier, als sähe ich in der Ferne ein Lichtchen schimmern. Seit ganz frühen Jugendtagen ist mir keine so still zufriedene Zeit mehr geworden. Mich dünkt, es liegt ein Zauber auf der Welt, als tönten aus der Ferne tausend silberne Glöckchen. Ach, daß doch nichts diese einzige Wunderstunde trüben möchte! Darum fleh ich immer wieder und lausche andächtig auf das leise Glockenläuten, das aus des eigenen Herzens Tiefe schüchtern und hoffend emporklingt.

Lieber Freund, ich glaub', ich erlebe ein Märchen!


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