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Vernichtung ließ und Weltenbrand
      
 den Spiegel an der Trümmerwand,
      
 die der Zerstörung widerstand,
      
 in dem sich nun der Mond besieht,
      
 eh ihn die Wolke zu sich zieht
      
 und mit ihm in das Dunkel flieht.
Fremd hängt der Spiegel, ganz allein,
      
 nichts Eitles blickt in ihn hinein,
      
 bis jäh darin der Widerschein
      
 der frevelhaften Flammenschrift,
      
 wenn wieder Mord die Nacht durchschifft,
      
 mit Gottes Glanz zusammentrifft.
Denn, ist verwüstet auch sein Haus
      
 und gingen alle Lichter aus,
      
 verkroch im Dunst sich Mensch und Maus:
      
 ein Stern tritt aus dem Nebelflor
      
 doch immer wieder hell hervor,
      
 wenn schon das Herz den Mut verlor.
Und schützt uns, bis der Morgen glüht
      
 und sich der Tag von neuem müht
      
 und aus Ruinen Frühling blüht
      
 und, wer den Schrecken überstand,
      
 die Zauberkräfte wiederfand
      
 des Spiegels an der Trümmerwand.
«Spieglein, Spieglein, an der Wand,
      
 wann kommt der Friede diesem Land?»
Dieses ist Max Herrmanns letztes Gedicht.
      
 Er schrieb es nieder am 18. März 1941.