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Wenn wir nicht mehr auf das Wunder hoffen,
      
 wird es hundertfältig uns beschert:
      
 plötzlich stehn die Himmelstore offen,
      
 wird uns einzutreten nicht verwehrt
      
 in den Glanz der ewig lichten Säle,
      
 daß wir überwältigt, von der Pracht
      
 und vom Klang unirdischer Choräle
      
 für Sekunden blind und taub gemacht,
      
 wie verzaubert uns nicht weiter wagen,
      
 auf die Herrlichkeit nicht mehr gefaßt.
      
 Soviel Nöte haben wir ertragen,
      
 in der Fremde soviel Glück verpaßt,
      
 daß wir uns der Wohltat nicht getrauen,
      
 wird sie doch so spät noch heilig wahr.
      
 Fast beginnt uns vor der Gunst zu grauen,
      
 wittert Argwohn heimliche Gefahr
      
 in dem allzu schönen Schein verborgen,
      
 der vielleicht uns grausam nur betört,
      
 die Vertrauensseligen schon morgen
      
 unbarmherziger als je zerstört
      
 oder sie zurück in ihr Verderben,
      
 schlimmer als es vorher war, verstößt,
      
 wo uns von dem bitterschweren Sterben
      
 keines Engels Liebesdienst erlöst.
      
 Wer soviel Enttäuschung dulden mußte
      
 und so herbe Feindlichkeit erfuhr,
      
 stets das eigene Verschulden wußte,
      
 immer wieder sich zu bessern schwur,
      
 immer wieder jämmerlich versagte,
      
 sich und andern schmerzlich eine Scham,
      
 schließlich garnicht mehr zu hoffen wagte,
      
 daß zu ihm auch Gottes Bote kam,
      
 ihn ins Wunderbare zu geleiten,
      
 wo wir nicht mehr Fremdling sind und Gast,
      
 sondern heimatlich für alle Zeiten,
      
 frei von des Vergangnen Seelenlast,
      
 unsrer Schwächen ledig, uns erneuern,
      
 seiner würdig, nicht mehr taub und blind,
      
 und bei Sphärenklang und Sternenfeuern
      
 in dem Himmlischen geborgen sind.