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XVIII.

Wallenstein trat ein bei der Gräfin van Meer. Laut jubelnd und weinend stürzte ihm das leidenschaftliche Weib in die Arme; er mußte die Ohnmächtige auf ein Ruhebett tragen. Sie hatte sich zu seinem Empfange in der That festlich und reizend geschmückt, und schön war die Frau von etwa fünfundzwanzig Jahren in jeder Bedeutung des Wortes. Marga hatte nicht gelogen! Zu Liebe und Bewunderung luden die üppigen, schwellenden Formen ein, das flammende Auge mit seinem bestrickenden Blick, die kussigen Lippen aufschwellend von Feuer und Lust, als wollten sie den purpurnen Bast, der sie einschloß, sprengen, das schwarze, reich fallende Haar, wenn es gelöst, ein weiter, seidener faltiger Mantel für die ganze Gestalt, die dunkle, aber von Glut und Blut durchhauchte Farbe der Haut im Antlitz, auf Schultern und Brust; ja sie war eine Zaubererscheinung, ein mächtig verlockendes Wesen für jeden Mann von sinnlicher Reizbarkeit, und davon hatte Albrecht ein gutes Theil von der Mutter Natur empfangen.

Als er jetzt die vor sich Hingesunkene, die vor Lust und Weh ausathmete und nach Worten rang, betrachtete und all die seligen Reize, die er einst sein genannt, und die ihm nun doppelt schön erschienen nach langer Entbehrung, sah und mit trunkenen Blicken in sich sog, da beschlich ihn fast Wehmuth und Mitleid bei dem Gedanken, er wolle, er müsse sie verstoßen, müsse dem allen entsagen. Aber männlich kämpfte er diese Regung – wie er es nannte, nieder. Die Gräfin konnte nie die Seinige werden, weder die Verhältnisse gestatteten es, noch machte es ihre unzähmbare Leidenschaftlichkeit wünschenswerth; denn beseligen, entzücken konnte sie als Geliebte wohl kurze Zeit, beglücken als Gattin auf die Dauer nie; und behielt oder duldete er sie auch in seiner Nähe lediglich als Dame seines Herzens, als Spielzeug der Galanterie und Leidenschaft, so trat sie ihm, von Eifersucht leicht gereizt, zu raschem Haß und glühender Rache geneigt, überall hindernd, störend, seine Pläne durchkreuzend in den Weg.

»Endlich, endlich!« sagte sie, und schlang den Arm um seinen Hals und zog ihn nieder an ihre Brust und preßte Lippe an Lippe.

Er erwiderte ihre Zärtlichkeit, doch hob er sie sachte empor und setzte sich an ihre Seite und ließ traulich seine Hand in der ihrigen ruhen.

»Camilla,« sprach er mit weicher Stimme, »Ihr habt mich freudig überrascht durch Euer Kommen, und doch faßt mich eine unerklärbare Wehmuth, wenn ich Euch sehe in der Fülle all Eurer unwandelbaren Reize und bedenke, ob auch unsere Herzen dieselben bleiben können, ob das Geschick vielleicht doch anders unsere Lebensbahnen gezeichnet und andere Bedingungen gestellt.«

»Du böser Mann,« flüsterte sie noch immer, nachzitternd in der Freude, »mich so ohne Abschied zu verlassen in Brüssel! – O! ist ein Abschied auch noch so schmerzhaft, es liegt doch ein wundersamer, ein stärkender Trost darin. Wer sich dem Abschied entzieht, will wohl für sich das Weh ersparen, doch weiß er nicht, ob er dem Anderen zehnfaches bereitet. – Und nicht zu schreiben – die lange, lange Zeit! – Ich glaube, Du wolltest schon damals das Band zerreißen, das uns geheim, doch so selig umschlossen! Ja, Du bist falsch, Albrecht!« Sie brach in Thränen aus.

»Camilla,« versetzte er beschwichtigend, »Ihr müßt mich ruhig hören, damit Ihr später mich nicht der Herzlosigkeit zu zeihen und für Euch selbst etwas zu bereuen habt. Ich kenne Eure Liebe und Eure Leidenschaftlichkeit. – Glaubt Ihr, ein Männerherz leide weniger im Entsagen, wenn das starre Schicksal gebietet, weil es ein Männerherz? O, Camilla – geliebte Camilla! Es war vielleicht nicht gut, daß Ihr gekommen! Wir werden vielleicht ein paar Momente voll Seligkeit durchschwelgen und zwei Wunden aufreißen, die lange, lange nachbluten können. Als wir schieden, als eine höhere Macht uns trennte, die Sterne Euch dort, mich hierhin trieben, da lag eine Vergangenheit voll seliger Erinnerungen, voll Genuß und heißer Schwärmerei hinter uns. Mit Wonneblicken, mit einem wohlthuenden Gefühl konnten wir auf das Verschwundene zurückschauen – wenn auch unsere damalige Liebe eine unerlaubte war, und wenn auf Trug wir bauten, was uns beglückte. – Jetzt aber wollen wir, unzufrieden, unersättlich eine Zukunft heraufbeschwören, eine dunkle, verhängnißvolle Zukunft, unbedacht, ob sie uns Heil, ob Wehe bringen wird! Wir waren glücklich – warum das Glück zwingen, der launenhaften Göttin Gewalt anthun wollen? Schon in der Hand hat sie oft, zorngereizt, den Rosenbusch in ein Schlangennest verwandelt und den Nektar in Gift. Lassen wir das, Camilla! Ich blicke anders, heller in die Zukunft. Für mich giebt's oben eine Flammenschrift, die mich warnte, und mein sicheres Verderben kündet, wenn ich ihrer Mahnung spotte.«

»Was sprichst Du?« rief die Gräfin und sprang auf und ihre Augen glühten, der Busen hob sich in gewaltigen Schlägen unter dem Ausbruch ihres Zornes, »von Scheiden und Entsagen! Jetzt, wo mich der Tod aus lästigen Banden befreit, soll ich entsagen!? Mensch, hast Du mich je geliebt, oder warst Du nur eine große gleißnerische Lüge? War ich Dir nur das schöne Weib, gut genug für Dein kurzes, launenhaftes Spiel, Deine Liebeständelei, Deine Eitelkeit; und Deine Seele, Dein Herz dachte und empfand nichts bei meiner aufopfernden, alle Schranken zerbrechenden Leidenschaft? – Nein, Albrecht, ich lasse Dich nicht – und willst Du nicht in Liebe, so klammere ich mich in Haß an Dich! Du sollst sterben und ich mit Dir!«

Sie ging mit raschen Schritten im Gemache auf und ab. Waldstein stimmte seinen Ton zu immer größerer Milde herab; er wußte, man mußte sie ermüden, wollte man sie besänftigen; setzte man ihrer Heftigkeit gleichen Trotz entgegen, war sie unüberwindlich, sie glich dann einer Sinnlosen, bis sich krampfhafte Zuckungen ihrer bemächtigten und sie todtengleich niederstreckten.

»Camilla,« sagte er, und faßte ihre Hand und zog die Widerstrebende gewaltsam auf seinen Schoß, »Ihr wolltet mich ruhig hören. – Das Schöne bleibt nur schön und dauernd in der Erinnerung. – Ignez de Castro war noch schön als Leiche, als aber Pedro's wahnwitzige Liebe sie nach Monden aus dem Sarge hob und in Prachtgewändern auf den Thron setzte, war sie ein gräßlich Bild der Verwesung, des Todesgrauens und Entsetzens! – Ein Band, welches die Götterhand des Schicksals zerschnitten, knüpft keine Menschenhand haltbar wieder zusammen; es bleibt ein Riß darin und der stört stets die Harmonie. – Wenn der Sturm die Rose entblättert hat und entfärbt und Du sammelst alle Blätter wieder und reihst sie an den Stengel: es ist die junge Rose nicht mehr, die hat nur einmal geblüht! – Da ich ein Knabe war, schien mir das väterliche Schloß eine Welt, ein Feenpalast, eine Riesenstadt, nichts Höheres gab es für mich, als die Berge ringsum, und keine undurchdringlichere Nacht, als die der nahen Wälder; der Bach war mir ein Strom, wo meine Phantasie Schiffe ausrüstete und auf ihnen in den Ocean steuerte. – Da ich als Jüngling heimkehrte, wie war das alles plötzlich so klein, so verändert, und dasselbe doch geblieben. Allein der Maßstab war ein anderer!«

»Denkst Du so gering von Deiner Liebe?« entgegnete sie, und die Röthe des Zornes färbte ihr Antlitz höher; »ich nicht so von der meinigen. Soll sich zum Zorne noch die Scham gesellen, die höchsten Güter meiner Seele an einen Unwürdigen verschwendet zu haben!«

»Nicht so, Camilla! Ist denn unser Herz unsterblich? Wer bürgt dafür – wenn das allmächtige Geschick es so verlangt – daß Ihr in wenig Monden schon das als wahr empfindet, was ich in Worten hier nur anzudeuten wage. Nicht als ob ich glaubte, der Ueberdruß könne so schnell an die Stelle der Leidenschaft treten, aber wenn sie selbst keine Steigerung findet, die sie verlangt, hat sie dann ihren Himmel nicht eingebüßt und glaubt sie sich nicht hundertfach enttäuscht, während sie doch allein sich getäuscht? – So aber, wenn wir nichts Gewaltsames verlangen, bleibst Du, Camilla, wie immer ein schönes, wonneseliges Bild, auf dem die Erinnerung mit süßer Andacht verweilt.«

»Du liebst eine Andere!« rief sie, und entriß sich gewaltsam seiner Umarmung und stand drohend vor ihm.

»Und wenn es wäre?« versetzte er ruhig.

»Dann tödte ich sie und Dich und mich!«

»Nein – noch lieb' ich keine Andere. Camilla weiß – ich bin zu stolz zur Lüge.«

»So war Deine ganze Liebe eine Lüge?«

»Camilla glaubt das selbst im Zorne nicht. Um einen Kuß, um eine Umarmung von ihr hab' ich doch oft das Leben d'ran gesetzt!«

»Und jetzt – jetzt,« weinte sie – »Du willst mich elend machen, falscher, treuloser Mann! Verstoßen willst Du mich, um einer Anderen anzugehören. Ich war Dir ein schönes Spielzeug, weiter nichts!«

»Ob ich mich je vermählen werde – ich kann es nicht bestimmen. Weißt Du, ob ich so frei und mächtig bin, daß kein Lebensverhältniß mich bindet, von mir Opfer heischt? Steh' ich allein denn da? Hat meines Hauses Macht, Glanz und Verwandtschaft keine Rechte auf mich?«

»So wär' die Gräfin van Meer und Nienweport wohl zu niedrig für den böhmischen Baron und Herrn?«

»Auch das ist's nicht, Camilla, und nur der Unmuth giebt Dir solche Fragen ein. Nein – um uns zu lieben, mild und treu, minder leidenschaftlich, aber schöner, wollen wir uns trennen, auf kurze Zeit vielleicht, nur um uns beglückter wieder zu vereinigen. – Wer bin ich denn? Wohlgesprochen: ein böhmischer Baron, ein Feldhauptmann, jetzt ohne Dienst und Commando. – Mein Arm gehört dem Vaterlande; einen Standpunkt muß ich mir erst erkämpfen, um nicht wie das Gemeine spurlos vorüberzugehen, unwürdig dann Eurer Erinnerung. – Vergessen wir jetzt das Unabänderliche; der Moment ist noch unser und friedlich können wir die Herzen aneinander legen. – Wie thöricht jetzt, für eine Zukunft uns zu binden, die uns noch dunkel und wechselvoll. Ich gehöre den Ereignissen meines Vaterlandes, die mächtig und feindselig emportauchen und mich in ihren Kampf reißen.«

»Du spiegelst mir Hoffnungen vor, weil Du an ihre Verwirklichung nicht glaubst, o, das ist leicht! Der Zukunft bürdest Du Deine Lüge auf. Albrecht – bin ich Dir denn verhaßt, bin ich so reizlos geworden, daß dieser Mund, diese Augen keine Gewalt mehr haben über Dich, und dieses Herz, in welchem noch jetzt jede Blutwelle für den Verräther schlägt? Ach!«

Sie schluchzte laut, er breitete seine Arme aus und rief: »Noch bist Du überirdisch schön – noch bin ich kein Verräther, kein Undankbarer!«

Sie fiel in seine Umarmung und preßte ihre glühenden Lippen an seinen Mund und haftete daran, als wollte sie einen Theil seiner Seele in sich saugen. Dann aber entwand sie sich rasch seinen Armen, faßte krampfhaft nach der Brust und stöhnte: »Wie wird mir – o, meine Sinne schwinden! Luft – Luft! Ich bin krank!« Sie taumelte nach dem Nebenzimmer und sagte: »Folgt mir nicht – jetzt nicht!« und warf die Thür hinter sich zu.

Waldstein blieb allein; er wußte, daß bei ihr auf jede gewaltsame Aufregung eine Erschöpfung folge, die der Ruhe bedurfte.

Es zogen seltsame Gefühle durch seine Brust; Wehmuth beschlich ihn – fast dauerte ihn das Weib – und doch mußte er entsagen, wollte er seine Selbstständigkeit selbst bewahren, seine Würde retten. Die Umarmungen dieser glänzenden Schlange mußten ihn früher oder später erdrücken, diese Sirene ihn in einen Abgrund locken. Albrecht war, wie wir wissen, nicht reich, auch Camilla nicht; doch dies bedachte er jetzt weniger, denn er baute auf sein gutes Glück, auf seinen Arm, seinen strebsamen Geist. Aber die dämonische Liebe dieses Weibes mußte ihn entnerven, sein geistiges Feuer verzehren, seine Thatkraft lähmen, wohl gar vernichten. Das fühlte, das befürchtete er. Und die Aufgabe seines Lebens sollte nicht in der wollüstigen Umarmung eines Weibes gelöst werden, sein Beruf nicht in der Glut ihres Wesens verbrennen! – –

Der Auftritt war ihm peinlich; er wünschte ihn beendigt. Sie weilte lange – Besorgniß bemächtigte sich seiner; zwar hörte er Geräusch in dem Nebenzimmer, sie war nicht ohnmächtig. Ungeduld und Neugier hießen ihn ihr folgen. Die Thür war nicht verschlossen – er öffnete und trat ein.

Camilla hatte sich entkleidet; nur ein dünnes schneeweißes Gewand deckte verrätherisch, wie ein Netz aneinander gereihter Lilienblätter, ihren Leib – sie war auf das Lager gesunken; wie ein schwarzer Mantel breitete sich das Rabenhaar über die Schultern und den entfesselten Busen und ließ hier und dort einen Theil seiner schwellenden Fülle blendend aus der Nacht emportauchen; sie weinte leise.

Er trat sachte an das Lager und kniete zu ihren Häupten nieder und faßte die schöne Hand, die herabgeglitten war, und drückte sie an seine Lippen.

»Camilla,« sagte er, »meine Camilla!« und sein Auge füllte sich mit Glut beim Anblick der verführerischen Reize, die jeden Moment drohten, ihre schwache Hülle zu sprengen.

»Also entsagen soll ich?« wehklagte sie leise unter Thränen und mit süßer Stimme, die gleichmäßig allen Wohllaut der Liebe und Wehmuth besaß, wie alle Töne des Zornes und der Rache. »Entsagen, das ist so leicht gesagt – so schwer gethan. Ein Mann kann es freilich! Ihm blutet kein Herz; er hat nur Blut für Schlachten, für den Haß, für die Feinde, keines für die Liebe!«

Er küßte beruhigend lange, lange ihren Mund, dann drückte er seine Stirn auf den vollen entblößten Arm, in dem das wärmste Leben pulsirte, und verharrte schweigend. Sie war mild, schwach und schmiegsam geworden; er durfte sie durch keinen Widerspruch reizen. Die Leidenschaft verhallte sanft in ihr; dann war sie ganz Liebe.

»Also nur der Augenblick, sagst Du Falscher,« fuhr sie fort, und ihre Hand spielte in seinen Locken, »sei unser? Ein Augenblick, wie kurz – und Augenblicke aneinander gereiht sind doch wieder die Ewigkeit. Ja – wenn man es wüßte, daß das Glück nur einen Augenblick währen soll. In diesem Bewußtsein liegt schon sein Tod. Wir sollen entsagen? Ach! – Aber was hindert uns, auch dann, wenn wir anderweit gebunden sind – doch in Stunden uns voll Liebe anzugehören? Das Geheimniß ist so süß! Wir wissen das. Darum liebtest Du auch damals heißer, als meine Hingebung Verbrechen hieß. Mit dem Widerstande schwindet der Reiz – so ist es! Das Weib, das einmal gewährt hat, ist Eure Sklavin. Wo Ihr sonst gebettelt habt, versagt Ihr! Erst Sklaven, dann Tyrannen! Und vom Anbeginn der Welt schon ward das Weib betrogen, und ewig wie die Erde ist diese Lehre, und doch glaubt und hofft es immer wieder. Wie unendlich reich muß seine Brust an Liebe sein! Freilich – wir sollen nichts haben als die arme Liebe, die ewig sich anschmiegt, die ewig dient und schenkt. Ihr habt die Ehre, den Ruhm, den Besitz, den glänzenden Namen, die Herrschaft und den Preis der Zeit, und daneben noch die Liebe! Dann kann sie, ach, nur auch einen kleinen Theil des Herzens füllen.«

»Wie bist Du wunderhold,« sagte Waldstein, »wenn Du so sanft schwärmst, wenn die milde Weiblichkeit auftaucht in Deiner Seele.«

»Sei es, weil es muß!« fuhr sie träumerisch fort und schloß zur Hälfte die Wunderaugen, die in feuchter Glut verschwammen – »wir können selig sein, sagst Du, wenn auch nicht auf immer, nicht auf ewig! Ein armseliger Trost und doch ein Trost. Ach, Albrecht!«

Sie breitete die Arme aus – sein Antlitz sank auf die Locken, welche verrätherisch ihren Busen deckten, unter ihnen wogte und glühte ein beseligendes Leben, ihr Herzschlag zuckte unter seinen Lippen und jagte fieberische Glut durch seine Adern, ihre Arme umschlossen ihn, als wollten sie ihn ewig halten.

Er aber entriß sich bald ihrer Umarmung und sagte: »Lebt wohl indes, Camilla – ich gehe, da ich Euch wieder mild und ruhig weiß.«

Sie drückte den Arm vor die Augen und weinte leise und schwieg.

»Lebt wohl, Camilla!« wiederholte er.

»Wann sehen wir uns wieder?« flötete sie sanft und legte matt das Haupt auf den entblößten Arm und schloß die Augen.

»Bald, bald,« versetzte er rasch, »und oft! Leb' wohl, Camilla!« Er eilte hinaus in die Dämmerung der Straße.

Da trat ungerufen, plötzlich Walperga's holdes unschuldvolles Bild vor seine Seele. Es durchbebte ihn wie Scham und Reue.

»Wenn auf dem blutrothen Saturn,« sagte er für sich, »Wesen unserer Gattung wohnen, dann entstammt ihnen diese Camilla und ihre Liebe. Doch Walperga muß ihre Heimat haben auf dem Hesper, der milden Venus, deren sanftes Licht so friedlich, so versöhnend und labend in Aug' und Herzen dringt! Zwei Wesen einer Gattung und – wie ungleichartig!«

»Fort zu Keppler,« setzte er nach einem raschen Entschlusse hinzu; »er muß mir Gewißheit geben, sonst stürze ich dämonisch fortgezogen, dennoch in einen Abgrund. Das Weib ist unter meinem feindseligen Stern geboren und übt doch eine Gewalt aus über mich, die mich aus meiner Bahn zu reißen vermöchte. Keppler kann mir sagen, welch ein Unheil mir droht, und dann – dann bann' ich sie mit aller Macht fern von mir – wo sie mich nicht erreichen kann!« Er verfolgte schweigend, doch mächtig aufgeregt, seinen Weg.

Aber Camilla hatte ihm nicht entsagt. Sanft ward sie und das hingebende Weib, um ihn nur neuerdings mit Fesseln zu umschlingen. Sie wollte ermessen, welche Gewalt noch jetzt ihre Reize über ihn auszuüben vermöchten. Marga's Geständnisse, seine eigenen Worte bestätigten zu sehr den Verdacht in ihr, daß er eine Andere liebe, daß er ihr bereits jetzt treulos sei. Diese Nebenbuhlerin mußte sie entdecken, die sich zwischen sie und seinen Besitz gestellt und wenn es galt, verderben! Dann war er ihrer wieder ganz zu eigen. Ihre Eifersucht ließ keinem zweiten Wesen Raum neben sich. Wenngleich von tobender Leidenschaft, war sie doch schlau in Momenten der Ruhe, wie ein – Weib, das liebt und fürchtet.


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