Anzeige. Gutenberg Edition 16. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++
Ferner erzählt man, daß in alter Zeit und in längst entschwundenen Tagen ein stolzer König von hohem Ruhm und großer Macht lebte, welcher einen Wesir, Namens Ibrāhîm, hatte; und dieser Wesir hatte eine Tochter von wunderbarer Schönheit und Anmut und ausnehmender Eleganz und Vollkommenheit, begabt mit überreichem Verstand und ausgezeichnet durch feine Bildung, nur daß sie Wein und Gelage liebte, die Gesichter der Schönen, hübsche Verse und merkwürdige Geschichten; und ihr zartes Wesen lud alle Seelen zur Liebe ein. Ihr Name lautete Ward fil-AkmâmDie Rose in den Kelchen., und sie war wegen des Übermaßes ihrer Zartheit, Vollkommenheit und Eleganz also genannt worden; und der König liebte es wegen ihrer ausgezeichneten Bildung in ihrer Gesellschaft zu bechern. Nun aber war es des Königs Brauch alljährlich die Angesehensten seines Reiches zu versammeln und mit ihnen Ball zu spielen; und als der Tag, an welchem sich das Volk zum Ballspiel versammelte, wieder gekommen war, setzte sich die Tochter des Wesirs in das Gitterfenster, um dem Spiele zuzuschauen. Da fiel ihr Blick mit einem Male auf einen Jüngling unter den Kriegern, wie es keinen mit hübscherem Gesicht und von eleganterer Erscheinung gab; sein Antlitz leuchtete, seine Zähne lachten, seine Schritte waren weit und seine Schultern breit. Wieder und wieder mußte sie ihn anblicken, ohne sich an ihm satt schauen zu können, so daß sie schließlich ihre Amme fragte: »Wie heißt jener hübsche junge Mann?« Die Amme entgegnete: »O meine Tochter, alle sind hübsch; wen unter ihnen meinst du?« Da sagte sie: »Warte, ich will ihn dir zeigen.« Dann nahm 6 sie einen Apfel und ließ ihn auf ihn fallen, so daß er seinen Kopf hob und nun die Tochter des Wesirs im Fenster gleich dem Vollmond in rabenschwarzer Nacht erblickte; und wie er seinen Blick von ihr wieder abwendete, hatte er sein Herz an sie verloren und sprach das Dichterwort:
Hat mich ein Schütz' getroffen oder waren's deine Lider,
Die des Liebenden Herz verwundeten, als er dich sah?
Hat der gekerbte Pfeil mich plötzlich getroffen
Aus eines Heeres Mitte oder kam er von deinem Fenster?«
Als nun das Spiel beendet war, fragte sie ihre Amme: »Wie heißt der Jüngling, den ich dir zeigte?« Und die Amme erwiderte: »Er heißt Uns el-WudschûdDie Wonne der Welt. Im folgenden ist ein Wortspiel zwischen Uns el-Wudschûd und Uns wa Dschûd, Wonne und Freigebigkeit (Huld).. Da schüttelte sie ihr Haupt und legte sich auf ihre Matratze zur Ruhe; doch loderten ihre Gedanken, und sie sprach die Verse:
Wer Uns el-Wudschûd dich genannt, der irrte nicht,
O du, der Wonne und Huld in sich beschließt;
O Vollmondsantlitz, des Angesicht
Die Welt erleuchtet und alle Dinge umfaßt!
Einzig bist du unter den Sterblichen all,
Der Schönen Sultan, wofür ich die Zeugen weiß.
Deine Brauen gleichen dem schön geschweiften Nûn,
Deine Augensterne dem SâdNûn und Sâd sind Buchstaben., des Allliebenden Werk.
Und schlank ist dein Wuchs wie das frische Reis,
Das huldreich spendet, was immer ein Wunsch nur begehrt.
Der Ritter erster bist du an Ungestüm
Und in immerwährender Schönheit ihr Fürst.«
Als sie ihre Verse gesprochen hatte, schrieb sie dieselben auf ein Blatt Papier, wickelte dieses in ein Stück goldgestickte Seide und legte es unter ihr Kissen. Eine ihrer Ammen hatte sie jedoch beobachtet und ging deshalb zu ihr und plauderte so lange mit ihr, bis sie eingeschlafen war. Dann zog sie ihr heimlich das Blatt unter dem Kopfkissen hervor und las es und erkannte so, daß sie sich in Uns el-Wudschûd 7 verliebt hatte. Alsdann legte sie das Blatt wieder an seinen Platz und nachdem ihre Herrin Ward fil-Akmâm aus ihrem Schlaf wieder erwacht war, sagte sie zu ihr: »Meine Herrin, ich bin dir eine treue Beraterin und bin in großer Sorge um dich. Wisse, die Liebe ist gestrenge, und ihre Verheimlichung schmelzt Eisen und verursacht Siechtum und Krankheit; wer daher seine Liebe offenbart, ist nicht tadelnswert.« Ward fil-Akmâm erwiderte ihr: »Meine Amme, und was ist der Sehnsucht Arznei?« Sie entgegnete: »Ihre Arznei ist der Liebenden Vereinigung.« Da fragte sie: »Und wie kommt sie zustande?« Und die Amme versetzte: »Meine Herrin, durch Briefe, durch süße Worte, durch manchen Willkommgruß und Salâm. Das bringt Liebende zusammen, und dadurch werden die schwierigsten Dinge leicht. Liegt dir, meine Herrin, irgend etwas auf dem Herzen, so eigne ich mich am besten zur Bewahrung deines Geheimnisses, zur Ausrichtung deiner Wünsche und zur Übermittlerin deiner Briefe.« Als Ward fil-Akmâm diese Worte von ihr vernahm, flog ihr Verstand vor Freude, doch hielt sie an sich und schwieg, um den Ausgang der Sache zu sehen, indem sie bei sich sprach: »Niemand weiß von dieser Sache als ich allein, und nicht eher will ich ihr mein Geheimnis anvertrauen, als bis ich sie auf die Probe gestellt habe.« Nun aber sagte die Amme: »Meine Herrin, mir war es im Traume, als wäre ein Mann zu mir gekommen und hätte zu mir gesprochen: »Deine Herrin und Uns el-Wudschûd lieben einander; hilfst du ihnen, bestellst du ihre Briefe, besorgst du ihre Anliegen und verbirgst du ihre Geheimnisse, so soll es dir sehr gut ergehen.« So hab' ich dir meinen Traum erzählt, und der Befehl ist der deine.« Als Ward fil-Akmâm diesen Traum von der Amme vernommen hatte, sagte sie zu ihr:
Dreihundertundzweiundsiebzigste Nacht.
»Kannst du Geheimnisse bei dir bewahren, meine Amme?« Sie antwortete: »Wie sollte ich nicht Geheimnisse bewahren 8 können, wo ich zu den Edelsten der Edeln gehöre?« Da zog Ward fil-Akmâm das Blatt, auf welches sie die Verse geschrieben hatte, hervor und sagte zu ihr: »Geh' mit diesem Brief zu Uns el-Wudschûd und bring' mir Antwort.« Und die Amme nahm das Blatt und machte sich damit zu Uns el-Wudschûd auf. Als sie bei ihm eintrat, küßte sie ihm die Hände, wünschte ihm in den höflichsten Worten langes Leben und gab ihm das Papier. Nachdem er dasselbe gelesen und seinen Inhalt begriffen hatte, schrieb er auf die Rückseite folgende Verse:
Ich stille die Sehnsucht im Herzen und verberge sie,
Doch verkündet mein Zustand dir meine Liebe.
Wenn meine Thränen fließen, so sag' ich: Mein Auge ist wund,
Daß der Tadler meinen Zustand nicht schaut und begreift.
Frei war ich früher und kannte die Liebe nicht,
Da erwacht' ich verliebt und gefesselten Herzens.
An euch appellier' ich und klag' euch meine Sehnsucht und mein Leid,
Auf daß ihr Mitleid verspürt und euch meiner erbarmt.
Mit den Thränen meiner Augen schreib' ich den Brief,
Vielleicht verdolmetschen sie euch, was Leides von euch mich traf.
Gott hüte ein Antlitz, das mit dem Schleier der Anmut verhüllt ist,
Des Sklave der Vollmond ist und dessen Diener die Sterne.
Mein Leben schenke ich euch, – vielleicht nehmt ihr es an, –
Und ein Stelldichein wär mir das Paradies, Abweisung die Hölle.
Hierauf faltete und küßte er den Brief und gab ihn ihr mit den Worten: »Amme, mache mir das Herz deiner Herrin geneigt.« Sie erwiderte: »Ich höre und gehorche,« und nahm den Brief, worauf sie wieder zu ihrer Herrin zurückkehrte. Als sie Ward fil-Akmâm den Brief überreichte, küßte diese ihn und führte ihn an ihr Haupt. Dann öffnete sie ihn und las ihn, und als sie seinen Sinn begriffen hatte, schrieb sie unten an den Fuß desselben die Verse:
O du, des Herz von unserer Anmut entflammt ist,
Lieb' mit Geduld, vielleicht gewinnst du mich.
Als wir erkannten, daß deine Liebe lauter ist,
Und daß dein Herz von gleichem Lose betroffen ward,
Da hätten wir gern dich besucht und dir mehr noch gewährt,
Doch standen im Weg uns die Kämmerlinge. 9
Wenn die Nacht dunkelt, entfacht die Liebe in unserm Innern ein Feuer,
Schlaflos wälzen wir uns auf dem Lager, und Qualen foltern den Leib.
Das strengste Gebot im Gesetz der Liebe lautet: Verbirg die Liebe,
Und lüft' nicht die Schleier, die vor uns niederwallen.
Mein Herz ist erfüllt von der Liebe zu jener Gazelle,
Ach, daß sie doch nimmer von unserm Heim sich entfernte!
Als sie die Verse niedergeschrieben hatte, faltete sie das Papier und gab es der Amme; und die Amme nahm es und ging hinaus von Ward fil-Akmâm, der Tochter des Wesirs. Da aber begegnete ihr der Kämmerling und fragte sie: »Wohin willst du gehen?« Sie antwortete: »Ins Bad,« doch war sie so heftig vor ihm erschrocken, daß ihr das Blatt beim Heraustreten aus der Thür entfiel. Nicht lange hernach sah ein Eunuch das Blatt auf dem Boden liegen und hob es auf; und als der Wesir aus dem Bade gekommen war und sich auf sein Polster gesetzt hatte, trat der Eunuch mit dem Blatt in der Hand an ihn heran und sagte: »Mein Herr, ich habe dieses Blatt im Hause auf dem Boden gefunden.« Da nahm es der Wesir aus seiner Hand und, da es gefaltet war, öffnete er es und sah die oben erwähnten Verse darauf geschrieben. Da las er sie, und, als er ihren Sinn begriffen hatte, betrachtete er die Schrift und fand, daß es seiner Tochter Handschrift war. Als er dies gewahrte, weinte er bitterlich, daß die Thränen seinen Bart näßten, und suchte ihre Mutter auf, welche ihn fragte: »Was macht dich weinen, mein Herr?« Er erwiderte ihr: »Nimm dieses Blatt und schau, was darauf geschrieben steht.« Und so nahm sie das Blatt und las es und fand, daß es ein Liebesbrief ihrer Tochter Ward fil-Akmâm an Uns el-Wudschûd war. Da kam sie das Weinen ebenfalls an, doch zwang sie sich und sagte zum Wesir, die Thränen erstickend: »Mein Herr, das Weinen hat keinen Nutzen; das Richtige ist allein, daß wir ein Mittel ausfindig machen deine Ehre zu wahren und die Sache deiner Tochter zu verbergen.« Darauf sprach sie ihm Trost zu und suchte seinen Kummer zu heben, doch sagte er zu ihr: »Ich bin für meine Tochter in Furcht um 10 dieser Liebe willen; weißt du nicht, daß der Sultan Uns el-Wudschûd in großer Liebe zugethan ist? Zwei Gründe bestimmen mich zu meiner Furcht; der erste Grund betrifft mich, insofern sie meine Tochter ist, und der andere den Sultan, da er Uns el-Wudschûd sehr hoch hält, so daß hieraus eine böse Geschichte entstehen kann. Wie denkst du nun hierüber?«
Dreihundertunddreiundsiebzigste Nacht.
Sie antwortete ihm: »Warte nur so lange, bis ich das Gebet für die rechte Leitung verrichtet habe.« Hierauf verrichtete sie das vorschriftsmäßige Gebet der rechten Leitung, bestehend in zweimaliger Verbeugung, und sagte nach Beendigung desselben zu ihrem Gatten: »Mitten im Meere El-Kunûs liegt ein Berg, der Berg Eth-Theklā geheißenEth-Theklā, die ihrer Kinder Beraubte. (weshalb er so genannt wurde, folgt später), zu welchem niemand, es sei denn unter großer Mühsal, gelangen kann; mach' dort einen Wohnort für sie.« Und so kam der Wesir mit seiner Gattin überein, daselbst ein unzugängliches Schloß zu bauen, seine Tochter in demselben unterzubringen und sie mit alljährlich zu erneuerndem Mundvorrat zu versehen und ihr außerdem Leute zur Bedienung und Gesellschaft beizugeben. Alsdann ließ er die Zimmerleute, Maurer und Architekten zusammenkommen und schickte sie nach jenem Berge, wo sie für Ward fil-Akmâm ein unzugängliches Schloß, wie man seinesgleichen nicht erschaut hatte, erbauten. Hierauf beschaffte er den Proviant, rüstete die Karawane her und suchte seine Tochter zur Nacht auf und befahl ihr sich auf den Weg zu machen. Ihr Herz ahnte die Trennung und als sie draußen die Reisevorkehrungen sah, weinte sie bitterlich und schrieb, um Uns el-Wudschûd von dem Liebesleid, das sie betroffen hatte, zu benachrichtigen, einem Leid, das die Haut erschaudern machte, Felsen zerschmolz und Thränen in Strömen laufen ließ, folgende Verse auf die Thür: 11
Um Gott, o Haus, wenn am Morgen der Geliebte vorüberkommt,
Und grüßt und uns mit Zeichen den Willkomm bietet,
So grüß' ihn von uns mit reinem, süßduftendem Salâm,
Dieweil er nicht weiß, wo wir den Abend verbringen werden.
Als ich sah, daß die Becher der Trennung gefüllt waren,
Und daß das Schicksal uns zwang den herben Trank zu trinken,
Da vermischte ich ihn mit geziemender Geduld zu meiner Entschuldigung,
Doch nun ich fern von euch weile, tröstet mich keine Geduld.
Als sie ihre Verse geschrieben hatte, setzte sie sich auf, und nun reisten sie mit ihr durch die Steppen und Wüsten und über Ebenen und steiniges Hügelgelände, bis sie zum Meer El-Kunûs gelangten, wo sie die Zelte am Gestade aufschlugen und ein großes Schiff für sie bauten. Alsdann brachten sie Ward fil-Akmâm mit ihrer Umgebung auf dasselbe und segelten zur Insel hinüber. Der Wesir hatte ihnen aber befohlen, sobald sie seine Tochter in das Schloß gebracht hätten, wieder zu Schiff zurückzukehren und das Schiff zu zerbrechen; und sie thaten alles, wie es ihnen geheißen war, und kehrten dann weinend über das Geschehene heim.
Was nun Uns el-Wudschûd anlangt, so war derselbe am Morgen aufgestanden, hatte das Frühgebet verrichtet und war dann zu seinem Dienst beim Sultan fortgeritten, wobei er wie gewöhnlich seinen Weg an der Thür des Wesirs vorübernahm, um dort den einen oder andern vom Gefolge des Wesirs wie sonst zu sehen. Da gewahrte er, als er nach der Thür hinschaute, die oben erwähnten Verse; und sobald er sie erblickte, verlor er die Besinnung und kehrte mit hell loderndem Feuer im Herzen nach seiner Wohnung zurück, wo er rastlos und ungeduldig, und von Aufregung und Liebesweh gequält, den Tag über zubrachte, bis die Nacht hereinbrach. Alsdann verkleidete er sich und wanderte von Liebe verstört aufs Geratewohl ins Dunkel der Nacht, ohne zu wissen, wohin er zog. Die ganze Nacht über wanderte er und den folgenden Tag, bis ihm die Sonnenglut zu drückend wurde und die Berge in Flammen zu stehen schienen; da gewahrte er einen Baum, neben welchem ein Bächlein floß, 12 und ging auf den Baum los, in dessen Schatten er sich am Bachesufer niederließ. Wie er nun aber trinken wollte, fand er, daß das Wasser keinen Geschmack in seinem Munde hatte; auch hatte sich sein Aussehen verändert, sein Antlitz war gelb geworden, und seine Füße waren von dem langen und mühseligen Marsch angeschwollen. Und so sprach er laut weinend und Thränen vergießend die Verse:
»Trunken ist der Liebende von der Liebe zur Geliebten,
So oft seine Sehnsucht wächst und seine Glut.
Von Liebe verstört, von Sehnsucht erfüllt und verirrt
Giebt es kein Obdach für ihn und keinen erquickenden Trank.
Wie wäre das Leben wohl süß für einen Liebenden,
Der fern von der Trauten weilt? Das wäre wohl wunderbar!
Ob ich je sie noch schau' oder einen aus ihrem Lager,
Daß mein bekümmertes Herz durch solchen Anblick geheilt wird?«
Als er seine Verse beendet hatte, weinte er, bis der Boden naß geworden war. Alsdann erhob er sich und verließ jenen Ort. Während er aber die Steppen und Wüsten nun wieder durchwanderte, kam mit einem Male ein Löwe auf ihn zu, dessen Hals in seiner Mähne erstickte, und der ein Haupt wie eine Kuppel, einen Rachen größer als ein Thor und Zähne wie Elefantenstößer hatte. Als Uns el-Wudschûd den Löwen erblickte, kehrte er sich, seines Todes gewiß, gen Mekka und sprach, sich zum Sterben vorbereitend, die beiden Glaubenssätze; da er jedoch in den Büchern gelesen hatte, daß sich der Löwe leicht durch freundliche Worte betrügen und durch Lobsprüche besänftigen läßt, hob er an und rief: »O Löwe des Dickichts! O Leu der Flur! O stolzer Nobel! O Vater der Ritter!D. h. O Großmütiger! O Sultan der Tiere! Siehe, ich bin ein Liebender, von Sehnsucht verzehrt, und von Liebe und Trennung dem Tode nahe gebracht. Seitdem ich von der Herzliebsten getrennt ward, verlor ich den Verstand, drum hör' auf mein Wort und hab' Erbarmen mit meinem Herzleid und heißem Verlangen.« Als der Löwe seine Worte 13 vernahm, wich er vor ihm zurück; dann setzte er sich auf sein Hinterteil, hob sein Haupt zu ihm und wedelte mit dem Schweif und bettelte mit den Pfoten. Uns el-Wudschûd aber sprach, als er diese Bewegungen sah, die Verse:
»Wüstenlöwe, willst du mich töten,
Bevor ich die Traute fand, die mich zum Sklaven gemacht?
Ich bin kein Wild und bin auch nicht fett;
Der Verlust der Geliebten hat mich elend gemacht,
Und die Trennung von ihr hat mich so verzehrt,
Daß ich einer Gestalt im Leichentuch gleiche.
O Abul-HârithVater des Einsammlers, d. h. Beutemacher., o Leu des Gefechts,
Laß nicht den Tadler sich an meinen Ängsten weiden!«
Als er seine Verse beendet hatte, erhob sich der Löwe und schritt –
Dreihundertundvierundsiebzigste Nacht.
langsam mit in Thränen schwimmenden Augen auf ihn zu; und als er bei ihm angelangt war, leckte er ihn mit der Zunge und schritt dann vor ihm her, ihn dabei durch Zeichen auffordernd ihm nachzufolgen. Da folgte er ihm geraume Zeit, bis der Löwe ihn über einen Berg geführt hatte, und er nun Fußspuren in der Wüste sah, woraus er schloß, daß es die Spur der Leute war, die Ward fil-Akmâm fortgeführt hatten. Er folgte der Spur, während der Löwe, als er dies bemerkte, seines Weges ging. Uns el-Wudschûd aber ging den Spuren Tage und Nächte lang nach, bis er an ein wogendes, wellenbrandendes Meer kam, an dessen Gestade die Spur plötzlich abbrach, woraus er ersah, daß sie zu Schiff ihre Reise übers Meer weiter fortgesetzt hatten. Da verlor er alle Hoffnung und weinte bitterlich, bis er in eine tiefe Ohnmacht sank, aus welcher er nach langer Zeit erst wieder zu sich kam. Hierauf schaute er sich nach rechts und links um; da er aber keine menschliche Seele in der Wüste gewahrte, stieg er, vor den wilden Tieren um sein Leben 14 besorgt, auf einen hohen Berg, wo er mit einem Male eine menschliche Stimme aus einer Höhle vernahm. Da lauschte er und siehe, da war es ein frommer Einsiedler, welcher die Welt verlassen und sich der Anbetung Gottes geweiht hatte. Er klopfte nun dreimal an die Thür der Höhle, doch, da ihm weder der Einsiedler Antwort gab noch auch zu ihm herauskam, seufzte er und sprach die Verse:
»Wie find' ich den Weg, meinen Wunsch zu erreichen,
Und der Sorge, dem Kummer und der Mühsal zu entrinnen?
Alle Schrecken der Schrecken haben mich alt gemacht,
Grau an Herz und Haupt, noch in der Blüte der Jugend!
Ach, keinen Helfer find ich in meiner Sehnsucht Qual,
Und keinen Freund, der mein Weh und Leid mir lindert!«
Als er seine Verse gesprochen hatte, öffnete sich mit einem Male die Thür der Höhle, und eine Stimme rief: »Ach, welch' ein Jammer!« Da trat er durch die Thür ein und begrüßte den Einsiedler, welcher ihm den Salâm erwiderte und ihn fragte: »Wie heißest du?« Er erwiderte: »Uns el-Wudschûd.« Da fragte er ihn: »Weshalb bist du hierher gekommen?« Und nun erzählte er ihm seine Geschichte von Anfang bis zu Ende und teilte ihm alle seine Erlebnisse mit, worauf der Einsiedler weinte und zu ihm sagte: »O Uns el-Wudschûd, siehe, zwanzig Jahre lang verweilte ich an diesem Ort und sah gestern zum erstenmal wieder menschliche Wesen, als ich ein Weinen und Lärmen vernahm und, nach der Richtung der Stimmen ausschauend, viele Leute und am Meeresgestade aufgeschlagene Zelte erblickte. Nachdem sie dort ein Schiff gezimmert hatten, fuhr ein Teil von ihnen ins Meer, von denen dann einige wieder zurückkehrten, worauf sie das Schiff zerschlugen und ihres Weges zogen. Ich glaube, daß die, welche aufs Meer hinauszogen und nicht wieder zurückkehrten, die von dir gesuchten sind. In diesem Falle, o Uns el-Wudschûd, muß dein Kummer groß sein, und bist du zu entschuldigen, wiewohl es keinen Liebenden giebt, der nicht geseufzt und geklagt hätte.« Alsdann sprach er die Verse: 15
»Uns el-Wudschûd, wähnst du, ich sei frei von Sorgen,
Wo Sehnsucht und Leid mich tötet und wieder lebendig macht?
Siehe, die Liebe kannte auch ich seit meiner Kindheit an,
Als ich ein Knäblein noch war und Muttermilch sog.
Die Becher der Liebesglut trank ich in Schmerzen und Siechtum,
Und mein Leib verzehrte sich bis zur Vernichtung.
Einst strotzt' ich von Kraft, doch ward meine Stärke gebrochen,
Und das Heer meiner Geduld sank unter den Streichen der Blicke.
Hoff' nimmer der Liebe Glück ohne Folterqualen zu finden,
Denn Gegensätze sind ewig mit Gegensätzen vereint.«
Als der Einsiedler seine Verse beendet hatte, erhob er sich, trat an Uns el-Wudschûd heran und umarmte ihn, –
Dreihundertundfünfundsiebzigste Nacht.
worauf beide weinten, bis die Berge widerhallten, und in Ohnmacht sanken. Als sie sich dann wieder erholten, gelobten sie einander Brüderschaft in Gott, dem Erhabenen, und der Einsiedler sagte zu Uns el-Wudschûd: »Ich will heute Nacht zu Gott, dem Erhabenen, beten und ihn um Unterweisung bitten in betreff dessen, was du zu thun hast.« Und Uns el-Wudschûd antwortete: »Ich höre und gehorche.«
Soviel von Uns el-Wudschûd; um nun aber wieder auf Ward fil-Akmâm zurückzukommen, so weinte sie, als sie zum Berg gelangt waren, und man sie in das Schloß geführt hatte, und sprach beim Anblick desselben und seiner schönen Anlage: »Bei Gott, du bist ein schöner Ort, doch fehlt mein Geliebter in dir.« Als sie dann Vögel auf der Insel erblickte, befahl sie einem ihrer Diener ein Netz aufzustellen und alle Vögel, die er finge, in Käfigen im Schloß aufzuhängen. Während nun der Diener ihren Befehl ausführte, saß sie im Gitterfenster des Schlosses und gedachte all ihrer Erlebnisse; und ihre Sehnsucht, ihr Leid und ihre Leidenschaft wuchs, und weinend sprach sie die Verse:
»Zu wem soll ich nun meines Herzens Sehnen klagen,
All meinen Kummer, die Trennung von meinem Geliebten
Und die Flammen, die heiß mir zwischen den Rippen toben,
Doch die ich verberge, daß sie kein Späher gewahrt? 16
So dünn wie ein Zahnstocher bin ich nun worden
Durch die Trennung, die Glut und die Klage.
Wo ist des Geliebten Auge, daß es mich schaut
Und erkennt, wie ich dem entlaubten Baume nun gleiche?
Sie haben mich grausam behandelt, daß sie mich hier verschlossen,
Wohin der Geliebte den Weg nicht zu finden vermag.
Tausend Grüße bestell' ich der Sonne beim Aufgang,
Tausend Grüße beim Untergang für den Geliebten,
Der des Vollmonds Schönheit beschämt, sobald er sich zeigt,
Und den Wuchs des schlanken Reises zu Schanden macht.
Wie könnt' ich wohl sein vergessen, der mein Herz und meine Seele ist,
Der mich siech macht und krank und doch mein Geliebter und mein Arzt ist?«
Als dann das Dunkel der Nacht über sie hereinbrach, wuchs ihr Sehnen in der Erinnerung an das Vergangene, und sie sprach die Verse:
»Die Nacht bricht herein, und es erwacht meiner Liebe Qual,
Und die Sehnsucht rüttelt in meiner Brust alle Schmerzen auf.
In meiner Seele hat das Leid der Trennung seine Wohnung aufgeschlagen,
Und die Qualen verzehren mich, daß ich mehr und mehr hinschwinde.
Kummer raubt mir die Ruhe, und das Feuer der Sehnsucht glutet in mir,
Und meine Thränen verkünden die Liebe, die ich so tief verbarg.
O Nacht, meinen Salâm dem Geliebten, und bezeug' ihm
Nach bestem Wissen, daß ich in dir keinen Schlummer fand.«
Soviel was Ward fil-Akmâm anlangt; was aber Uns el-Wudschûd betrifft, so sagte der Einsiedler zu ihm: »Geh' hinab ins Wadi und bring' mir Palmenfibern.« Da ging er hinab und brachte ihm das Verlangte, und der Einsiedler nahm sie, drehte sie zu Stricken und machte ein Netz daraus, ähnlich wie man es zum Stroh braucht. Dann sagte er zu ihm: »O Uns el-Wudschûd, mitten im Wadi giebt es eine Art Kürbis, welcher über den Wurzeln abstirbt. Steig' hinunter und fülle dieses Netz damit an, bind' es dann zu, wirf' es ins Meer, setz' dich darauf und zieh' auf ihm mitten hinaus ins Meer; vielleicht erreichst du so dein Vorhaben, denn wer nicht wagt, gewinnt nicht.« Uns el-Wudschûd 17 antwortete: »Ich höre und gehorche;« alsdann nahm er von ihm Abschied und verließ ihn, um seinen Befehl auszuführen, während der Einsiedler für ihn betete. Als er alles ausgerichtet hatte und mitten im Meere schwamm, erhob sich ein Wind, der ihn mit dem Netz davontrug, bis er den Augen des Einsiedlers entschwand; und nun schwamm er in der tobenden Flut, von der einen Woge gehoben und von der andern hinabgetragen, und die Wunder und Schrecknisse der Tiefe schauend, bis ihn das Schicksal nach drei Tagen an den Berg Eth-Theklā warf, wo er, von Hunger und Durst erschöpft, wie ein schwindeliges Küken an den Strand stieg. Doch fand er hier strömende Bäche, zwitschernde Vögel im Gezweig und Bäume mit Früchten beladen, die bald in Trauben, bald einzeln hingen, so daß er von den Früchten aß und aus den Bächen trank. Alsdann erhob er sich wieder und wanderte drauf los, bis er etwas weißes von ferne schimmern sah. Da ging er darauf zu und fand, als er sich ihm genähert hatte, daß es ein festes uneinnehmbares Schloß war. Er schritt nun an sein Thor, doch, da er es verschlossen fand, setzte er sich neben dasselbe und wartete, bis das Thor nach drei Tagen geöffnet wurde und einer der Eunuchen herauskam. Als derselbe Uns el-Wudschûd hier sitzen sah, fragte er ihn: »Woher kommst du, und wer hat dich hierher gebracht?« Er antwortete: »Ich komme aus Isfahân; ich reiste mit Waren übers Meer, doch zerbrach das Schiff, und die Wellen warfen mich an den Strand dieser Insel.« Da weinte der Eunuch und, ihn umarmend, sagte er: »Gott erhalte dich, du liebes Gesicht, siehe, Isfahân ist meine Heimat, und dort hab' ich eine Base, die Tochter meines Vaterbruders, die ich in meiner Jugend liebte, und an der ich leidenschaftlich hing. Da aber bekriegte uns ein stärkeres Volk und führte mich unter der Beute fort; hernach machten sie mich zum Eunuchen und verkauften mich, so daß ich nun hier als solcher weile.« 18
Dreihundertundsechsundsiebzigste Nacht.
Nachdem der Eunuch ihm den Salâm geboten und ihn bewillkommnet hatte, führte er ihn in den Schloßhof, wo Uns el-Wudschûd einen großen, von Bäumen überschatteten Teich erblickte, an deren Zweigen er Vögel in silbernen Käfigen mit goldenen Thüren hängen sah; und die Vögel in den Käfigen zwitscherten ihre Weisen und lobpreisten den vergeltenden König. Da trat er an den ersten heran und, siehe, da war es eine Turteltaube, welche bei seinem Anblick ihre Stimme erhob und »o Allgütiger!«So nämlich wird ihr Gegirr gedeutet. rief. Da sank Uns el-Wudschûd in Ohnmacht; als er aber wieder zu sich gekommen war, seufzte er und sprach die Verse:
»O Turteltaube, bist du wie ich von Liebe verstört,
So bete zum Herrn und ruf': O Allgütiger!
Sag', ist dein Girren ein Freudegegirr
Oder seufzende Sehnsucht tief in der Brust?
Gott schütz' einen treuen Liebenden!
Nimmer vergess' ich sie, ob auch mein Gebein zerfällt.«
Als er seine Verse gesprochen hatte, weinte er, bis er von neuem in Ohnmacht fiel; alsdann trat er an den zweiten Käfig, in welchem er eine Ringeltaube fand, die bei seinem Anblick ihre Stimme erhob und »O Ewiger, ich danke dir!« rief. Da seufzte Uns el-Wudschûd und sprach die Verse:
»Eine Ringeltaube girrte klagend und rief:
O Ewiger, ich dank' dir für mein Leid.
Vielleicht ach! gewährt mir Gott in seiner Güte
Die Vereinigung mit der Geliebten auf dieser Fahrt.«
Alsdann schritt er zum dritten und vierten Käfig, in welchem er einen SprosserDer Hasâr, der Vogel der tausend Lieder. und eine Nachtigall fand, bei denen er ebenfalls stehen blieb und klagte, worauf er einige Schritte weiter ging und zum fünften Käfig gelangte, welcher der schönste von allen Käfigen war. Als er an ihn 19 herantrat, sah er in demselben einen Holztauber, berühmt unter den Vögeln als der Sänger der Sehnsucht, mit einem wunderbar schönen Juwelenband um den Hals. Er betrachtete ihn aufmerksam, und als er sah, daß er in sich versunken im Käfig brütete, sprach er unter Thränen die Verse:
»O Taube des Dickichts, nimm an den Salâm,
Du, der Liebenden Bruder vom Sehnsuchtsvolk!
Einer schlanken Gazelle gehört mein Herz,
Deren Blick des Schwertes Schneide zerhaut.
Sie hat mir das Herz tiefinnen verbrannt,
Und in Siechtum verzehrt sich zum Schatten mein Leib.
Der Speisen Süße ward lang mir verwehrt,
Und verwehrt auch der Schlummer, der sonst mich erquickt.
Wie wär' mir das Leben wohl süß ohne sie,
Die mein Leben hier ist, mein Wunsch und Begehr!
Als Uns el-Wudschûd seine Verse beendet hatte, –
Dreihundertundsiebenundsiebzigste Nacht.
erwachte der Holztauber aus seinem Brüten und girrte und klagte so süß, daß es fast wie eine menschliche Stimme klang; und als er verstummte, wendete sich Uns el-Wudschûd zu seinem Freunde aus Isfahân und fragte ihn: »Was ist das für ein Schloß? Wer wohnt darin, und wer erbaute es?« Da antwortete der Isfahâner: »Der Wesir des und des Königs erbaute es für seine Tochter, da er um ihretwillen vor den Unfällen der Zeit und den Schlägen des Schicksals besorgt war, und brachte sie hier mit ihrer Umgebung unter; nur einmal im Jahre öffnen wir das Schloß, wenn die Lebensmittel für sie ankommen.« Als Uns el-Wudschûd dies vernahm, sprach er bei sich: »Ich bin am Ziel, doch dauert's noch eine lange Zeit.«
Soviel was Uns el-Wudschûd anlangt; Ward fil-Akmâm aber hatte inzwischen weder an Essen und Trinken noch an Sitzen und Schlafen Gefallen gefunden. Von Sehnsucht, Liebesweh und wilder Leidenschaft überwältigt, erhob sie sich und streifte durch alle Winkel im Schloß; da sie jedoch keinen 20 Ausgang fand, stieg sie, nachdem sie ihre besten Kleider angezogen und um ihren Hals eine Juwelenschnur gelegt hatte, auf die Dachterrasse des Schlosses, wo sie einige baalbeker Stücke Zeug zusammenband und sich an ihnen auf den Boden niederließ. Alsdann durchwanderte sie die Steppen und Wüsten, bis sie zum Meeresufer gelangte, wo sie einen Fischer gewahrte, den der Wind an die Insel verschlagen hatte, und der hier nun in seinem Fahrzeug fischend hin und her fuhr. Als derselbe Ward fil-Akmâm auf der Insel erblickte, erschrak er vor ihr und flüchtete vor ihr auf das offene Meer; da aber rief sie laut und winkte ihm heftig zu und klagte ihm ihr Leid, worauf der Fischer, in Erinnerung an die vergangenen Tage seiner Jugend, in denen er ebenfalls von Liebe und Sehnsucht zu leiden gehabt hatte, weinte und klagte und zu ihr ans Land gerudert kam, wo er das Fahrzeug beilegte. Dann sagte er zu ihr: »Steig' ein, daß ich mit dir fahre, wohin du willst.« Da stieg sie ein und er zog mit ihr ab; und als er eine kurze Strecke aufs Meer hinaus gekommen war, blies ein guter Wind hinters Schiff, so daß dasselbe schnell dahinschoß, und das Land ihren Augen entschwand, ohne daß der Fischer wußte, wohin die Fahrt ging. Drei Tage lang hielt die Stärke des Windes an, dann aber legte er sich mit der Erlaubnis Gottes, des Erhabenen; doch hielten sie nicht eher an, als bis sie zu einer Stadt am Meeresufer gelangten.
Dreihundertundachtundsiebzigste Nacht.
In jener Stadt regierte ein mächtiger König, Namens Dirbâs, der gerade mit seinem Sohn am Fenster im königlichen Schloß saß und hinausblickte, als beide plötzlich, wie sie aufs Meer schauten, jenes Fahrzeug ankommen sahen. Bei näheren Zusehen gewahrten sie ein Mädchen in demselben als wäre es der Vollmond am Horizont, welches in seinen Ohren Ringe von kostbaren Ballasrubinen und um den Hals eine wertvolle Juwelenschnur trug; der König schloß 21 hieraus, daß es die Tochter eines Großen oder gar eines Königs wäre, und stieg deshalb aus dem Schloß durchs Seethor zum Boot hinab. Als er bei ihm anlangte, fand er das Mädchen schlafend, während der Fischer beschäftigt war, das Fahrzeug festzubinden. Da weckte der König das Mädchen aus seinem Schlaf und fragte es, als es beim Erwachen zu weinen anhob: »Woher kommst du, meine Tochter, wer bist du, und weshalb kommst du hierher?« Ward fil-Akmâm antwortete ihm: »Ich bin die Tochter Ibrāhîms, des Wesirs des Königs Schâmich, und die Ursache meines Kommens hierher ist wunderbar und seltsam.« Alsdann erzählte sie ihm ihre ganze Geschichte von Anfang bis zu Ende und verbarg ihm nichts; und der König sagte zu ihr, als er ihre Erzählung vernommen und sich von ihrem Leid und ihrer Sehnsucht überzeugt hatte, von Mitleid erfaßt: »Fürchte dich nicht und sei unverzagt, ich will dir ganz bestimmt zu deinem Wunsche verhelfen und dein Begehren erfüllen.« Nach diesen Worten begab er sich zu seinen Truppen, wo er seinen Wesir rufen ließ und ihm befahl mit zahllosem Gut, das er ihn verpacken ließ, zum König Schâmich zu ziehen. »Unbedingt mußt du mir,« so sagte er zu ihm, »von dort einen jungen Mann, Namens Uns el-Wudschûd, bringen; und sprich zu dem König: Er will sich mit dir verschwägern, indem er seine Tochter mit deinem Gefolgsmann Uns el-Wudschûd vermählt. Du mußt ihn deshalb mit mir senden, damit wir die Ehe in dem Königreich ihres Vaters vollziehen.« Hierauf schrieb der König Dirbâs einen Brief an den König Schâmich desselben Inhalts und gab ihn dem Wesir, wobei er ihm noch einmal einschärfte Uns el-Wudschûd zu bringen und hinzusetzte: »Bringst du ihn nicht mit, so wirst du deines Amtes entsetzt.« Der Wesir antwortete: »Ich höre und gehorche,« und machte sich mit dem Geschenk zum König Schâmich auf. Als er bei ihm angelangt war, bestellte er ihm den Salâm vom König Dirbâs und überreichte ihm den Brief und das Geschenk. Wie nun der König Schâmich ihn sah 22 und den Brief las und auf den Namen Uns el-Wudschûd stieß, da weinte er laut und sagte zum Wesir: »Und wo ist Uns el-Wudschûd? Er ist verschwunden, und wir wissen nicht, wo er weilt. Bringst du ihn mir, so sollst du doppelt so viel Geschenke erhalten, als du mir brachtest.« Darauf weinte, seufzte und klagte er und sagte zu dem Wesir, der ihm den Brief und die Geschenke gebracht hatte: »Kehr' zu deinem Herrn zurück und melde ihm, daß Uns el-Wudschûd seit einem Jahre verschwunden ist, ohne daß sein Herr weiß, wohin er gegangen ist, und irgend eine Nachricht von ihm gehört hat.« Der Wesir antwortete ihm hierauf: »O mein Gebieter, siehe, mein Herr sprach zu mir: Wenn du ihn mir nicht herbringst, so wirst du vom Wesirat abgesetzt und darfst meine Stadt nicht betreten. Wie könnte ich also ohne ihn heimkehren?« Da sagte der König Schâmich zum Wesir Ibrāhîm: »Begleite ihn mit einer Truppenabteilung und suchet allerorten nach Uns el-Wudschûd.« Und der Wesir Ibrāhîm antwortete: »Ich höre und gehorche.« Alsdann nahm er eine Anzahl aus seinem eigenen Gefolge mit sich und zog mit dem Wesir des Königs Dirbâs aus, um Uns el-Wudschûd aufzusuchen.
Dreihundertundneunundsiebzigste Nacht.
So oft sie jedoch auf Beduinen oder anderes Volk stießen und nach Uns el-Wudschûd fragten, ob einer des Namens bei ihnen vorübergekommen wäre, der so und so ausgesehen hätte, antworteten dieselben: »Wir kennen ihn nicht.« Und so zogen sie durch die Städte und Weiler und suchten in den Ebenen und steinigen Hügelgeländen, in den Steppen und Wüsten, bis sie zum Meeresgestade gelangten, wo sie ein Fahrzeug bestiegen und zum Berge Eth-Theklā hinüberfuhren. Hier fragte der Wesir des Königs Dirbâs den Wesir des Königs Schâmich: »Weshalb wird der Berg mit diesem Namen genannt?« Und der Wesir Ibrāhîm antwortete ihm: »Weil sich in alter Zeit hier einmal eine Dschinnîje 23 niedergelassen hatte. Dieselbe gehörte zu den Dschinn, die in China leben, und hatte sich leidenschaftlich in einen Menschen verliebt. Da sie deshalb um ihr Leben vor ihrem Volke besorgt war, suchte sie sich, als sie es in ihrer Sehnsucht nicht mehr aushalten konnte, auf der Erde einen Ort, wo sie ihren Geliebten vor den Ihrigen verbergen könnte; und als sie diesen einsamen Berg fand, zu welchem es weder für Menschen noch Dschinn einen Weg gab, entführte sie ihn hierher und besuchte ihn geraume Zeitlang in Zwischenräumen, bis sie ihm eine Anzahl Kinder auf dem Berge geboren hatte. Wenn nun die Kaufleute auf dem Meere hier vorüberzogen und die Kinder weinen hörten, kam es ihnen vor, als beweinte ein Weib den Verlust ihrer Kinder, so daß sie deshalb sprachen: »Ist hier eine Frau, die ihrer Kinder beraubt ist?« Und der Wesir des Königs Dirbâs verwunderte sich über seine Erzählung. Hierauf zogen sie weiter, bis sie zum Schloß gelangt waren, wo auf ihr Pochen das Thor geöffnet wurde, und ein Eunuch zu ihnen heraustrat. Als derselbe Ibrāhîm, den Wesir des Königs Schâmich, erkannte, küßte er ihm die Hände; der Wesir aber trat in das Schloß, wo er im Hof unter den Dienern einen Fakîr fand, welcher Uns el-Wudschûd war. Da fragte er sie: »Woher ist der da?« Und sie antworteten ihm: »Es ist ein Kaufmann, dessen Gut unterging, während er sich selber rettete; er ist nun zu Gott entrückt.« Da verließ er ihn und begab sich ins Schloß; als er jedoch von seiner Tochter keine Spur fand, fragte er die dort befindlichen Sklavinnen nach ihr, die ihm zur Antwort gaben: »Wir wissen nicht, wie sie fortgekommen ist, doch blieb sie nur kurze Zeit bei uns.« Da weinte der Wesir und stöhnte und klagte und sprach: »Von Gottes Beschluß giebt's keine Befreiung und kein Entrinnen vor dem, was er bestimmt und verhängt hat.« Alsdann stieg er auf die Dachterrasse des Schlosses, wo er nun die Baalbeker Zeugstreifen an die Zinnen gebunden und zur Erde niederhängen sah, so daß er erkannte, daß sie von hier aus 24 sich hinabgelassen hatte und wie eine Liebestolle und Verstörte fortgelaufen war. Mit einem Male fiel sein Blick auf zwei Vögel, einen Raben und eine Eule; und, ein übles Vorzeichen hierin erblickend, seufzte er und sprach die Verse:
Ich kam zum Haus der Freunde und hoffte
Meine Sehnsucht und meine Schmerzen durch ihren Anblick zu stillen.
Doch fand ich die Freunde nicht dorten und sah nichts weiter
Als zwei Unheilsvögel, einen Raben und eine Eule.
Und es sprach das einsame Haus in stummer Sprache zu mir:
Du hast gefrevelt, da du zwei Herzen voll Liebesverlangen trenntest;
So koste denn die Schmerzen, die du ihnen zu kosten gabst,
Und leb' in Gram, bald weinend bald glutverzehrt.«
Alsdann stieg er weinend vom Schloßdach hinunter und befahl den Eunuchen auf den Berg hinauszugehen, und nach ihrer Herrin zu suchen; und sie thaten es, doch fanden sie nicht Ward fil-Akmâm.
Soviel was Ward fil-Akmâm anlangt; als nun Uns el-Wudschûd sah, daß sie verschwunden war, stieß er einen lauten Schrei aus und sank in eine lange Ohnmacht, so daß sie glaubten, daß er durch den Barmherzigen entrückt wäre und in die Betrachtung der Schönheit und Majestät des Vergelters versunken sei. Da sie aber die Hoffnung aufgaben Uns el-Wudschûd zu finden, und da auch das Herz des Wesirs Ibrāhîm über den Verlust seiner Tochter Ward fil-Akmâm bekümmert war, beschloß der Wesir des Königs Dirbâs, auch ohne auf der Reise seine Absicht erreicht zu haben, in sein Land heimzukehren, und sagte beim Abschied zum Wesir Ibrāhîm, dem Vater Ward fil-Akmâms: »Ich möchte diesen Fakîr mit mir nehmen, vielleicht wird Gott, der Erhabene, mir durch seinen Segen das Herz des Königs geneigt machen, da er zu Gott entrückt ist, und will ich ihn dann nach Isfahân heimsenden, da die Stadt nahe bei unserm Lande liegt.« Und der Wesir Ibrāhîm antwortete ihm: »Thue nach deinem Belieben.« Hierauf zog jeder von ihnen nach seiner Heimat, während Uns el-Wudschûd von dem Wesir des Königs Dirbâs mitgenommen wurde. 25
Dreihundertundachtzigste Nacht.
Da aber Uns el-Wudschûd noch in seiner Ohnmacht lag, luden sie ihn auf ein Maultier, ohne daß er etwas davon wußte, und zogen drei Tage lang, bis er wieder zu sich kam und fragte: »Wo bin ich?« Da sagten sie: »Du bist bei dem Wesir des Königs Dirbâs.« Alsdann gingen sie zum Wesir und teilten ihm mit, daß er wieder zu sich gekommen sei, und nun schickte ihm der Wesir Rosenwasser und Zuckerscherbett, womit sie ihn tränkten und wieder aufrichteten. Hierauf zogen sie ohne Unterlaß weiter, bis sie sich der Stadt des Königs Dirbâs näherten, welcher bei der Nachricht von der Ankunft seines Wesirs ihm sagen ließ: »Wenn du nicht Uns el-Wudschûd mitbringst, so komm' nimmermehr zu mir.« Als der Wesir des Königs Befehl las, ward er hierdurch niedergedrückt, da er weder wußte, daß Ward fil-Akmâm beim König war, noch weshalb der König ihn zu Uns el-Wudschûd geschickt hatte, und weshalb sich der König mit ihm verschwägern wollte, während Uns el-Wudschûd nicht wußte, wohin er von ihnen gebracht wurde, und daß der Wesir ausgeschickt war ihn zu suchen, und der Wesir wiederum nicht wußte, daß er selber Uns el-Wudschûd war.
Als nun der Wesir sah, daß Uns el-Wudschûd sich wieder erholt hatte, sagte er zu ihm: »Der König hatte mich in einer Angelegenheit ausgeschickt, die jedoch nicht erledigt werden konnte; wie er nun von meinem Kommen hörte, schickte er einen Brief an mich, in welchem er mir befiehlt nicht seine Stadt zu betreten, falls ich seinen Auftrag nicht ausgeführt hätte.« Da fragte Uns el-Wudschûd den Wesir: »Was ist des Königs Anliegen?« worauf ihm der Wesir die ganze Geschichte erzählte. Da aber versetzte Uns el-Wudschûd: »Geh' unverzagt zum König und nimm mich mit; ich will dir für Uns el-Wudschûds Kommen Bürgschaft leisten.« Erfreut hierüber fragte der Wesir: »Ist es wirklich wahr, was du da sagst?« Und er versetzte: »Gewiß.« Hierauf setzte sich 26 der Wesir auf und ritt mit Uns el-Wudschûd zum König, welcher ihn bei seiner Ankunft fragte: »Wo ist Uns el-Wudschûd?« Und Uns el-Wudschûd antwortete nun: »O König, ich weiß, wo Uns el-Wudschûd weilt.« Da rief ihn der König zu sich und fragte ihn: »Wo ist er?« Und er erwiderte: »Er ist sehr nahe von hier; doch sag' mir, was du mit ihm thun willst; ich will ihn dann vor dich führen.« Der König versetzte: »Recht gern, doch erfordert die Sache Vertraulichkeit.« Hierauf ließ er die Leute fortgehen und begab sich mit ihm in ein Privatkabinett, wo er ihm die ganze Geschichte von Anfang bis Ende erzählte. Uns el-Wudschûd versetzte darauf: »Bring' mir einen feinen Anzug und leg' ihn mir an; ich will dir dann Uns el-Wudschûd schnell bringen.« Da brachte er ihm den Anzug, worauf Uns el-Wudschûd ihn anlegte und sagte: »Ich bin Uns el-Wudschûd, die Wonne der Welt, die den Neidern die Freude vergällt.« Darauf schoß er seine Blicke in die Herzen und sprach die Verse:
»Der Geliebten Name ist meiner Einsamkeit Gefährte,
Der in der Trennung mir das Gefühl des Verlassenseins verscheucht.
Außer meinen Thränen steht mir kein Helfer zur Seite;
Während sie dem Aug' entströmen, lindern sie mein Seufzen.
Meine Sehnsucht ist heiß, wie keine ihr gleich gefunden wird,
Und meiner Liebe Geschichte ist wunderbar.
Wachen Lides verbring' ich die Nächte,
Und zwischen Hölle und Eden schweb' ich in meinen Qualen.
Einst hatt' ich »schöne Geduld,« doch verlor ich sie,
Und was die Liebe mir beut, ist nichts als Plage.
Mein Leib ist von den Schmerzen der Trennung verzehrt,
Und die Sehnsucht hat mein Aussehn und meine Gestalt verändert.
Meiner Augen Lider sind wund von den Thränen,
Deren Strom meine Kraft nicht zu hindern vermag.
Meine Kraft ist erlahmt und mein Herz ist dahin,
Denn ach! wie viel Kummer auf Kummer hab' ich erduldet.
Grau ward mein Haupt und grau mein Herz vor Trauer
Um eine Herrin, an Schönheit der Herrinnen schönste.
Zum Trotz ihr rissen sie uns voneinander,
Doch ihr einziger Wunsch ist mich zu finden und vereint mit mir zu sein.
Ob wohl mein Schicksal nach der Trennung und weiten Entfernung
Die Vereinigung mit meiner Geliebten mir wieder gewährt? 27
Ob es das Buch der Trennung nach dem Öffnen wieder schließen wird
Und mein Elend austilgen wird mit süßen Genusses Trost?
Und wird meine Geliebte daheim mein Zechgenoß sein
Und meinen Kummer verwandeln in lautersten Freudenjubel?«
Als er seine Verse gesprochen hatte, sagte der König zu ihm: »Bei Gott, ihr seid ein treues Paar und am Himmel der Schönheit zwei leuchtende Sterne, eure Geschichte ist wunderbar und euer Fall seltsam.« Alsdann erzählte ihm der König die Geschichte Ward fil-Akmâms bis zu Ende, worauf Uns el-Wudschûd ihn fragte: »Und wo ist sie, o König der Zeit?« Der König erwiderte: »Sie ist jetzt bei mir.« Alsdann ließ der König den Richter und die Zeugen kommen und die Ehe zwischen beiden kontraktlich vollziehen, und zeichnete Uns el-Wudschûd mit Gunst und Ehren aus. Zugleich aber schickte er an den König Schâmich eine Gesandtschaft und teilte ihm alles Vorgefallene mit, worauf der König Schâmich, aufs äußerste erfreut, an den König Dirbâs einen Brief folgenden Inhalts schickte: »Dieweil der Ehekontrakt bei dir geschrieben ist, so geziemt es sich, daß das Fest und das Beilager bei mir stattfindet.« Hierauf rüstete er Kamele, Pferde und Leute aus und schickte sie fort das junge Paar heimzuholen; und als die Gesandtschaft zum König Dirbâs kam, versah er sie mit einem Haufen Geld und schickte sie unter dem Geleit einer Truppenabteilung fort, welche sie bis zu ihrer Stadt begleitete. Der Tag ihres Einzugs war berühmt, desgleichen man keinen prächtigern gesehen hatte; denn der König Schâmich versammelte alle Sängerinnen und Musikantinnen und richtete große Bankette an, welche sieben Tage lang dauerten, wobei der König Schâmich Tag für Tag den Leuten kostbare Ehrenkleider und andere Geschenke spendete. Alsdann suchte Uns el-Wudschûd Ward fil-Akmâm heim und umarmte sie; und sie saßen weinend im Übermaß ihrer Freude und Fröhlichkeit da, und Ward fil-Akmâm sprach die Verse:
Genaht ist die Freude und gewichen Sorge und Kummer,
Wir sind vereint und haben die Neider gekränkt. 28
Der würzige Hauch der Vereinigung hat geweht
Und Herz und Eingeweide und Leib lebendig gemacht.
Der Schimmer der Wonnen ist hell erglommen mit süßem Duft,
Und von allen Seiten haben die Freudenwirbel getrommelt.
Wähnt nicht, daß wir aus Kummer noch weinen,
Freudenthränen sind es, die unsern Augen entströmen.
Wie viele Schrecknisse schauten wir, die nun hinter uns liegen
Und wie geduldig ertrugen wir, was so bang uns erregt.
Eine Stunde des Glücks ließ mich alles vergessen,
Was mit seinen Schrecken das Haupt uns grau gemacht.«
Als sie ihr Lied beendet hatte, umarmten sie einander und verharrten in ihrer Umarmung, bis sie aus Freude über ihre Vereinigung in Ohnmacht sanken.
Dreihundertundeinundachtzigste Nacht.
Als sie wieder zu sich gekommen waren, sprach Uns el-Wudschûd die Verse:
»Wie süß sind die Nächte der Gewährung,
Wo mein Liebling in Treuen sein Wort hielt,
Wo wir für immer in allem vereint sind,
Und hinfort uns nichts mehr trennt!
Das Glück hat für uns seine Fahnen aufgepflanzt
Und reichte uns einen Becher lauterster Wonne zu trinken;
Wir sind vereint und wir klagten einander, was wir erlitten,
Und wie die Nächte so hart uns getrennt.
Doch vergessen ist nun das Vergangene, meine Herrin,
Und der Barmherzige vergebe ihm all sein Unrecht!
Wie wonnig ist das Leben und ach, wie süß!
Unsere Vereinigung vermehrt nur meine Leidenschaft.«
Als er seine Verse beendet hatte, umarmten sie sich von neuem und lagen in ihrer Hochzeitskammer; und sie hörten nicht eher auf zu zechen und Verse zu sprechen und einander hübsche Geschichten und Anekdoten zu erzählen, bis sie im Meer der Sehnsucht versunken waren, und sieben Tage über sie hinstrichen, während sie in dem Übermaß ihrer Wonnen, ihrer Freude und lautersten Fröhlichkeit die Nacht nicht vom Tage unterschieden, und es ihnen vorkam, als wären die sieben Tage nur ein einziger Tag gewesen. Auch erkannten 29 sie den siebenten Tag nur daran, daß die Sängerinnen mit Musikinstrumenten erschienen. So verließen sie denn die Hochzeitskammer, verteilten unter das Volk Geschenke an Geld und Ehrenkleidern und spendeten mit offenen Händen. Alsdann befahl Ward fil-Akmâm das Bad für sie zu räumen und sagte zu Uns el-Wudschûd: »O mein Augentrost, ich möchte dich im Bade sehen und ohne Augenzeugen dort mit dir allein sein.« Uns el-Wudschûd erwiderte erfreut: »Ich höre und gehorche,« worauf sie sich beide erhoben und sich im Bade vergnügten. Hierauf kehrten sie wieder in ihr Schloß zurück und lebten in Herrlichkeit und Freuden, bis der Zerstörer aller Freuden und der Trenner aller Vereinigungen sie heimsuchte. Preis Ihm, der unveränderlich ist, der nicht aufhört, und zu dem alle Dinge zurückkehren!