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Die Apsaras

Den Büßer, den echten,
zu reißen aus rechten,
grundheiligen Gleisen, beschließet der Geist,
der alles bezwinget,
der alles durchdringet,
es weise beherrschet und Indra heißt.

Die Apsaras wallen,
die Schönsten von allen,
die Boten der Götter, zum irdischen Herd.
Weichpurpurne Binden
wollüstig sich winden
um Lilienhügel, von Rosen beschwert.

Im heiligen Haine,
im dämmernden Scheine
des Mondes ein Klingen und Tönen gar leis,
ein Huschen und Walten
von lichten Gestalten;
sie nahen, sie wandeln zu Indras Preis.

Wie zittert die Palme;
wie säuseln die Halme
des moosigen Grundes, von Sehnsucht bewegt!
Wie hätten so gerne
die blinkenden Sterne
zu Füßen der Apsaras still sich gelegt!

Sie sinken und steigen,
sie flüstern und schweigen
und winden die Glieder im lieblichen Tanz.
Um schwellende Leiber
der himmlischen Weiber
schlingt selig der Mond seinen silbernen Kranz.

O Büßer, du rauher,
du alter, du grauer,
du knochiger, finsterer, trüber Gesell!
Sie kommen, sie kommen,
von Wollust umschwommen,
und bringen der Freude heißflammenden Quell.

Da steht seine Hütte
in dämmernder Mitte
des Haines, umfächelt vom duftigen Süd.
Sie dringen ins Zimmer
mit bräutlichem Schimmer
und tränken mit Träumen sein stilles Gemüt.

Sie schmücken die Wände,
sie regen die Hände
und zünden der Fackeln stillglimmende Glut;
sie winken und schweben
und bringen die Reben
und pressen zu Bechern die schäumende Flut.

Sie tragen, die Kissen
mit wiegenden Füßen
in leisem Geplauder zum Lager heran.
Und lächeln zuzeiten,
indem sie's bereiten
dem einsamen, stillen, dem heiligen Mann.

Dann sinken die Schleier,
dann bebet die Leier
im glühenden Takte gar heimlich und leis.
Der Himmlischen Glieder
umschlingen sich wieder
zum lautlosen Tanze im zaubrischen Kreis.

In Seufzern der Lüste
aufwogen die Brüste,
lustatmende Rosen die Wangen erblühn.
Die Hüften sich biegen
weißschimmernd und wiegen;
Glutfackeln der Sehnsucht die Augen erglühn.

Wie ringeln der Locken
schwarzglänzende Flocken,
mit Lotos durchflochten, um Schultern und Brust.
»Erwache, Entsager,
erstehe vom Lager,
erstehe zum Leben, zur bräutlichen Lust!«

Da regt der Brahmane
sich, schauet im Wahne
umher und erkennet die himmlische Schar.
Er läßt sie zu Ringen
sich regen und schlingen
und hüllt sich bedacht in den weiten Talar.

Er lächelt und gehet
und suchet und stehet
und bricht eine Lilie mit sorgsamer Hand.
Er drückt an die Lende
ihr quellendes Ende,
gen Osten die betenden Lippen gewandt.

Und Glieder entquellen,
die wachsen und schwellen
zu wonnigen Formen, zur lieblichsten Maid.
Die kann wie die andern
sich wiegen und wandern,
verdunkelt sie alle an Lieblichkeit.

Und Klarheit verbreitet
sich, wo sie auch schreitet.
In strahlender Reinheit nur leuchtet ihr Blick.
Die Apsaras weichen
zu himmlischen Reichen,
zum Busen des Büßers die Schöpfung zurück.


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