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Bernstein und Koralle

Ich stand im fernen Süden,
im heißen Wunderland,
ich suchte meinen Frieden,
ich übte meine Hand.

Statt milder Stimmen Schallen,
statt der ersehnten Ruh',
da glühten mir Korallen
aus dunklen Locken zu.

Sie glühten mir von weißer,
wollustgeschwellter Brust,
sie sprachen mir von heißer,
unbänd'ger Sinnenlust.

Ich fand in Südens Gluten
den süßen Frieden nicht;
mein Herz fing an zu bluten,
fahl ward mein Angesicht.

So kam es, daß gen Norden
ich an zu wandern fing;
hört, wie mir dort geworden,
was ich zu suchen ging.

In kühler Wogen Betten
hab' ich mich eingewühlt
und die Korallenketten
vom Nacken mir gespült.

Und wie sie rings zergingen
in Nordens Wogen lind,
da hört' ich leise singen
am Strand ein Fischerkind.

Es ging mit stillen Schritten,
es spann mit weicher Hand,
und seine Blicke glitten
blauschimmernd übers Land.

Von seinem Halse blinkte
ein Kettlein blaß und rein,
aus blonden Locken winkte
ein kühler, bleicher Stein.

Und daß ich noch erwähne
das holde Wunderding:
eine klare Bernsteinträne
von jedem Ohre hing. –

Da bin ich hingesunken,
vom Friedenskuß geweiht;
da hab' ich ihn getrunken
für Zeit und Ewigkeit.


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