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Tönende Liebe

Es schwirren die Saiten,
sie klingen und singen
und gellen und springen.
Die Lüfte durchreiten
viel tausend Dämonen
und winken und trinken
und sprühen und blinken
und sinken ins Herz.

Zigeuner im Hause,
im prächtigen Saale;
sie spielen beim Schmause,
beim festlichen Mahle.
Es streichet ihr Meister
die jauchzende Fiedel,
und Liedel um Liedel
entsteigt ihr und lebt.

Wie klirren die Becher
und tönen und leuchten,
berieseln, befeuchten
die Kehlen der Zecher.
Mit Sinnen und Sehnen
sitzt still und in Tränen,
mit Zöpfen von Golde,
die süße, die holde,
die leuchtende Braut.

Und rauschende Freuden
entsteigen dem Feste.
Wie jauchzen die Gäste,
vergießen, vergeuden
die Schalen der Lust.
Der Bräutigam schwanket,
kann mühsam nur lallen
und drohet zu fallen.
Schon zittert und wanket
manch silbernes Becken,
das Speisen bedecken.

Es schwirren die Saiten,
sie klingen und singen
und gellen und springen.
Die Lüfte durchreiten
viel tausend Dämonen
und winken und trinken
und sprühen und blinken
und sinken ins Herz.

Zigeuner im Hause,
im prächtigen Saale;
sie spielen beim Schmause,
beim festlichen Mahle.
Es streichet ihr Meister
die jauchzende Fiedel,
und Liedel um Liedel
entsteigt ihr und lebt.

»Nun spiele von Liebe,
von Wonne und Liebe,
von Minne, von Minne!
Zigeuner, beginne!«
so tönt's durcheinander
in wüstem Geschrei.
Aufleuchtet sein Auge,
als sei es im Dunkel,
und sengt mit Gefunkel
den Busen der Braut.
Er will sie nicht lassen
und will sie erfassen,
als war' sie sein eigen,
als könnt' er entsteigen
im Liede mit ihr.

Er winkt den Gesellen;
da brechen die Töne
aus dunklen Quellen,
in feuriger Schöne.
Dann kommen die Wetter
und peitschen die Saiten
und wachsen und schreiten
wie Riesen einher.
Entlang dem Gewände
auflohen die Brände,
ein feuriges Meer.
Dämonische Reigen
beginnen die Geigen
und wollen nicht schweigen
und schweigen nicht mehr.

Ihr schwinden die Sinne;
da halten sie inne.
Bleich führt man von dannen
die liebliche Braut.
Wie ward ihr so bange,
als er sie so lange,
so feurig beschaut.

Die Lichter verglommen,
die Nacht ist gekommen,
verödet die Räume,
zerstoben die Lust.
Der Ampel Schimmer
im bräutlichen Zimmer
umleuchtet ein Weib
an des Gatten Brust.

Der Meister alleine,
beim Mondlichtscheine
im trübe durchdämmerten Hochzeitssaal.
Da packt er zusammen
verflackerte Flammen,
gestorbene Töne,
in einsamer Qual.


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