Heinrich Hansjakob
Erzbauern
Heinrich Hansjakob

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5.

Man sagt mir im Kinzigtal nach, daß ich die Helden meiner Erzählungen bisweilen zu gut gemacht und einzelne ihrer Fehler und Mängel beschönigt oder verschwiegen hätte.

Ich gebe das zu. Es geht eben einem Schriftsteller meiner Art, wie dem Maler und dem Photographen, die ihre Bilder auch nach dem Leben aufnehmen. Sie machen ihre Porträts möglichst genau, glätten und retouchieren jedoch Falten und Warzen aus dem Gesicht des Originals, damit dieses nicht beleidigt und unzufrieden ist. Jedermann aber, der das Original kennt, wird das Bild getroffen finden, auch wenn die Verunstaltungen fehlen.

So muß auch ich es manchmal machen; aber mein Original bleibt doch ein solches, wenn ich auch der Nächstenliebe den gebührenden Tribut zolle und nicht von allen menschlichen Schwächen meines Helden rede. So was tut man in der Regel bei sich selber nicht, darf es also auch nicht bei andern tun.

Wenn ich aber jetzt vom Bürle im Holdersbach rede, da brauche ich nicht zu retouchieren und nicht zu beschönigen. Von ihm kann man sagen, was Salomon im »Hohen Lied von der schönen Sulamith« sagt: »Ein Makel ist nicht an ihm.«

Der Bürle ist ein Erzbauer im besten und im einzigen Sinne dieses Wortes; er ist der Erzbauer aller Erzbauern, ein Muster- und Idealbauer, wie wohl kein zweiter im 19. Jahrhundert auf dem Schwarzwald gelebt hat. Wer seine Geschichte erzählen darf, der kann mit dem Dichter Bürger ausrufen: »Gottlob, daß ich singen und preisen kann, zu singen und preisen den braven Mann!«

Als ich im Mai 1897 in dem schon erwähnten Häuschen am Wolfbach saß, sprach ich mit meinem Gastgeber, dem Ochsenwirt, oft über die Bauern des Tales.

Da sagte er mir einmal: »Der Musterbauer unserer Gegend ist leider nimmer hier. Er privatisiert drunten in Wolfach. Es ist der Bürle, der da drüben im Holdersbach seinen Hof umgetrieben hat. Er ist der brävste Mann und der beste Bauer, den ich im Leben kennen gelernt habe.«

So sprach der Ochsenwirt und nicht anders; denn er hat in Pruntrut im Jura die Kaufmannschaft gelernt, war im großen Krieg Einjähriger und spricht deshalb nicht bloß hochdeutsch, sondern auch französisch.

Seine Worte fielen auf gutes Erdreich bei mir, und sie trugen alsbald Früchte. Am andern Morgen schon schrieb ich hinab nach Wolfe an Theodor, den Seifensieder. Der hatte versprochen, am kommenden Sonntag mich in meiner Einsiedelei zu besuchen, und drum bat ich ihn, wenn immer möglich, den Bürle mitzubringen, da ich den Mann gerne kennen lernen möchte.

Es geschah. Ich sah den ernsten, stillen Mann mit dem Kopfe eines Fürstabts und ward von ihm so eingenommen, daß ich ihm keine Ruhe ließ, bis ich seinen Lebensgang so genau wußte, daß ich ihn auch meinen Lesern erzählen kann als das Leben eines Numero-Eins-Bauern und eines Christenmenschen, wie es wenige gibt.

Ein Numero-Eins-Mann hat sicher auch Eltern gehabt, die darnach waren; denn auch die Eigenschaften, die zu einem Idealmenschen gehören, bekommt man durch Erbschaft, so gut wie körperliche Vorzüge und Gebrechen.

Es kann allerdings vorkommen, daß kreuzbrave Eltern ein oder das andere ungeratene Kind haben; aber dann hat dieses Kind eben seine diesbezügliche Anlage von einem Vorahnen geerbt, der auch nicht vom besten Butter war.

Daß die guten und die schlechten Eigenschaften der Eltern auf die Kinder übergehen, dafür spricht auch die Tatsache, daß »ungeratene« Kinder in den Städten viel häufiger sich finden als auf dem Land, wo die Eltern nicht so vielen Lumpereien und Leidenschaften ausgesetzt sind als in der Stadt, und wo bei den Vätern und Müttern in alleweg noch mehr Gottesfurcht herrscht.

So waren auch der alte Bürle im Holdersbach, Jakob, und seine Ehefrau Luitgarde gar gottesfürchtige Eltern. Sie hatten elf lebendige Kinder. Und das jüngste war unser Held, der des Vaters Namen bekam und als der letztgeborene der Erbprinz des Hofes wurde.

Er war, als Simon, der Bur, 1829 Hochzeit hielt, vier Jahre alt und erinnert sich noch wohl daran, weil am gleichen Tage auch schon sein ältester Bruder, der Wendel, ein Weib heimführte und ein Taglöhner wurde in der Nähe des väterlichen Hofes.

Hirtenbub und »Schulerbub« wurde Jakob, der jüngere, zwei Jahre später, anno 1831. So gerne er das erste war, so beschwerlich ward ihm zur Winterszeit der Besuch der Schule.

Doch war der Schulbesuch in jenen Jahren noch praktisch eingerichtet für die Kinder auf dem Lande. Im Sommer hatten sie nur einen Tag in der Woche zur Schule zu wandern, im Winter dagegen fünf ganze Tage. So hatten die Bauern im Sommer ihre Kinder daheim, und die Kinder konnten den Eltern auf dem Felde behilflich sein, während sie im Winter nichts versäumten.

Aber die Buben und Meidle aus dem Holdersbach hatten zur Winterszeit einen beschwerlichen Weg hinauf ins Dorf Schapbach. Sie mußten bergauf und bergab drei Viertelstunden wandern bis zur Kirche und zum Schulhaus.

Da die Wege über die einsame Talmulde, »die Bäch« genannt, und von da über »die Steig« nur Pfade waren, konnte kein Bahnschlitten dieselben den Kindern gangbar machen, wenn Schnee im Lande lag.

Die Kleinen mußten dies selber tun und taten es auf sinnige Art. Auf dem Hof des alten Bürle sammelten sich sämtliche Kinder vom ganzen Tälchen Holdersbach, stets 6–8 an der Zahl. Und nun ging's, da noch die Nacht im Tale lag, im Gänsemarsch bergauf in die jungfräulichen Schneefelder.

Voraus schritt möglichst der älteste und stärkste Knabe; den Zug schlossen die Meidle. Oft war der Schnee fast meterhoch, und der Anführer mußte gewaltig stampfen, um sich und seinen Nachfolgern eine Gasse zu machen.

War er müde, so trat er zurück und sein nächster Hintermann mußte vor. So wechselten die wackeren Buben ab, bis alle todmüde und in Schweiß gebadet bei der Kirche ankamen.

»Das ärgste,« so sagt heute noch der Bürle, »war, daß wir zuerst in die kalte Kirche gehen und die heilige Messe anhören mußten. Wer nicht hinein ging, erhielt sechs Tatzen.«

Der Unsinn und die Barbarei, Schulkinder, die zur Winterszeit stundenweit durch den Schnee gestampft sind, alsbald nach ihrer Ankunft in die eisige Kirche zu zwingen, existiert heute noch in manchen Pfarreien des Schwarzwalds.

Das halte ich aber für keinen Gottesdienst, sondern für eine Sünde wider den heiligen Geist, der uns den gesunden Menschenverstand gegeben hat, um einzusehen, daß Kinderqual und Gefährdung von Kinderleben kein Dienst ist, der Gott gefällt.

Aehnlich tadelnswert ist es, wenn derartige Kinder in der Schule hart angefahren oder bestraft werden, wenn sie, nach langem Marsch in der Kälte draußen in die Schulstube gekommen, müde und schläfrig werden. –

Ueber Mittag konnten die Holdersbacher so wenig als die andern Kinder, welche »ab den Bergen« kamen, heim zum Essen, wie ihre Genossen aus dem Dorf.

Sie hatten deshalb ein kaltes Mittagessen von daheim mitgenommen, und das bestand aus Brot und Aepfeln oder, wenn's hoch herging, aus Brot und einem Stückchen rohen Speck. Zu diesem Mahle setzten sie sich in einer »Rußhütte« nieder, die in der Nähe der Schule war und dem Bolderbur gehörte.

Da war es warm, und die Harzkuchen, welche zu Ruß gebrannt wurden, gaben einen Wohlgeruch, den die Kinder liebten.

Um eins ging die Schule wieder an, und um drei Uhr sandte der Lehrer Hirt, derselbe, welcher später das Musikkorps des Fürsten Andreas I. organisierte, einen Buben zur Kirche, damit er die Glocke läute und so das Zeichen gebe zum Schluß der Vorlesungen und zugleich den Eltern die Heimkunft der »Schuler« verkünde.

Alsbald brachen die Holdersbacher Studenten wieder auf, um ihren Gänsemarsch anzutreten. Daheim fanden sie »im Oefele« noch etwas Warmes, was die andern vom Mittagessen übrig gelassen hatten.

Wenn die Stadtjugend aus der Schule kommt, so hat sie Freipaß zum Spielen. Auf dem Land beginnt jetzt erst die Arbeit fürs Haus. So hieß es auch, wenn die Kinder des Bürle-Buren heimkamen und sich ein wenig erwärmt hatten: Holz tragen, Rüben und Erdäpfel schneiden und stampfen, Stroh holen, Ställe putzen, das Vieh an den Brunnen jagen!

Während die gesottenen Kartoffeln für die Schweine zerstoßen wurden, eine leichte Arbeit, mußte, so war's Uebung auf dem Bürlehof, nebenher gebetet werden.

Um sechs Uhr zur Winterszeit wurde zu Nacht gespeist: Kartoffeln und Gerstensuppe und zum Dessert süße Milch. Dann kam das Nachtgebet des Gesamthauses. Dieses bestand vom Rosenkranzsonntag im Oktober bis zum heiligen Ostertag in einem Rosenkranz und dem Salve regina. Von Ostern bis Herbst wurde wegen der vielen Feldarbeiten nur an Samstag- und Sonntagabenden der Rosenkranz gebetet, an den übrigen Tagen waren die Leute müde und deshalb das Gebet ein kürzeres.

So verband man damals und verbindet heute noch das Landvolk auf dem Schwarzwald das tägliche Gebet mit der täglichen Arbeit, die Erde mit dem Himmel. Es erhebt sich dadurch unendlich hoch über gar viele Stadtmenschen, die keine andere Abwechslung kennen als die zwischen Arbeit und Genuß und vom täglichen Gebet so wenig mehr wissen als ihre Hunde und Katzen. –

Besser waren die Tage und Stunden, welche der Benjamin des alten Bürle als Hirte verlebte. Etliche zwanzig Stück Großvieh waren dem Schulknaben anvertraut, und er weidete sie getreulich auf den Höhen über seines Vaters Hof.

Wie alle Hirten im Schwarzwald, vertrieb er sich die Zeit mit Singen. Die Lieder lernte er von seinen Brüdern, die an Winterabenden regelmäßig ihre Konzerte gaben in des Vaters Stube.

Mit der Zeit konnte der kleine Jakob fünfzig Hirtenlieder, die er abwechselnd von der Höhe in die Mulde »der Bäch« zu Tal sandte.

Auch an das Spottlied erinnert er sich noch, das in jenen Tagen die Bauern und ihre Söhne und Knechte über die Schifferzunft von Wolfe sangen.

Diese hatten, wie ich in den »Waldleuten« erzählt, das Privilegium, daß die Bauern der einstigen Grafschaft Fürstenberg ihr Holz nur ihnen, den Schiffern von Wolfe, verkaufen durften.

Sie beanspruchten dieses Monopol noch lange, nachdem Land und Leute badisch geworden waren, und die Bauern mußten sich von den privilegierten Wolfachern den Preis für ihre Tannen machen lassen. Sie erhielten für die floßbare Tanne kaum 18–20 Gulden; wenn sie ihre Waldbäume zum Harzen aufrissen, lösten sie mehr aus dem Harz als aus dem Holz.

Ueberall regten sich die Bauern in den zwanziger und dreißiger Jahren gegen das alte Monopol. Droben im Kaltbrunn warf es, wie wir wissen, der Fürst Andreas nieder, im Schappe und seinen Tälern der »Ferdisbur«.

Er baute, weil er sein Holz nicht »verflößen« konnte, ohne den Schifferherrn in Wolfe, die auch das Monopol der Flößerei auf der Kinzig hatten, in die Hände zu fallen, im Wildschapbach eine Sägmühle. Auf dieser schnitt er sein Holz zu Brettern und verkaufte diese über den Berg hinüber an die Holzhändler im Renchtal.

Als die Schiffer dahinterkamen und Lärm schlugen, machte der Ferdisbur alle Buren im Wolftal rebellisch und beschritt den Rechtsweg.

Der damalige Obervogt Müller in Wolfe, ein braver Mann, hielt es mit den Buren und bestimmte die fürstenbergische Standesherrschaft, die dem Privileg der Schifferschaft sich bisher auch unterworfen hatte, mitzumachen.

Die Sache wurde – so mächtig waren die Schifferherren damals noch – so geheim betrieben, daß ein alter Jude, der in der Gegend mit Bändeln handelte, heimlich die Korrespondenz der Buren mit dem Obervogt und den Fürstenbergern besorgte.

Im Jahre 1833 gewannen die Buren den Prozeß. Flugs entstanden die Spottlieder, die von des Bürles erwachsenen Söhnen komponiert und bald überall an der Wolf hin gesungen wurden.

Leider ist es mir nur gelungen, zwei Zeilen eines dieser Lieder zu erfahren:

Den Schiffern geht's wie dem Bonapart,
Der einst auch so florieret hat.

Jetzt florierten die Bauern; denn für das »Hundert-Holz«, wie sie die floßbare Tanne hießen, erhielten sie fortan 38–40 Gulden. –

Der Erbprinz, Jakob der jüngere, war kaum zehn Jahre alt, als sein Vater das Zeitliche segnete, und er hatte das zwölfte noch nicht erreicht, als die Mutter dem Vater nachfolgte. »Da war es geschehen um die Heimat; die selige, gute Mutter hatte alles mit ins Grab genommen,« sagt heute noch der Bürle.

Da unter den elf Kindern vier unmündige waren, mußte der Bürlehof versteigert werden. Draußen im Ochsen war die Versteigerung. Der junge Stammhalter war auch dabei, wurde aber plötzlich so krank, daß er im Wirtshaus zu Bett gebracht werden mußte.

Der Wundarzt Dimmler, der damals im Schappe funktionierte und zu meiner Knabenzeit in Hasle praktizierte, rettete das Büble von der Lungenentzündung und zwar zur rechten Zeit; denn bei der Steigerung war er Hofbauer geworden.

Sein Vormund, der »Xaverisbur« im Schappe, ein gescheiter Mann, hatte gesteigert, bis der Bürlehof ihm blieb für seinen Mündel. Er konnte am meisten geben, weil sein Schützling als Jüngster den »Vorteil«, d. i. das Erbrecht auf den Hof hatte und deshalb von der Kaufsumme den achten Teil abziehen durfte.

Gesteigert hat der Xaverisbur den Hof für 21 500 Gulden und dafür erhalten: 250 Morgen Aecker, Wiesen, Waldungen und Reutfeld nebst Haus und Garten. Den gleichen Hof hatte der Großvater des Mündels um 1200 und sein Vater um 2800 Gulden von den Eltern übernommen.

Das Trauerjahr nach der Mutter Tod blieben die Kinder noch auf dem Bürlehof beisammen: aber im Frühjahr 1838 gingen sie auseinander. Die erwachsenen Söhne heirateten und wurden Taglöhner oder kleine Buren, und die Meidle gaben solchen die Hand.

Der drittälteste, Markus, nahm Haus und Wiesen und Felder vom Erbprinzen in Pacht: dieser selbst aber kam hinauf ins Wolftal, wo oberhalb des Dorfes der Vormund seinen Hof hatte.

Eines Aprilmorgens im Jahre 1838 verließ er mit dem Schulsack den Holdersbach und sein Eigentum. Tränen in den Augen und Weh im Herzen, und ging zur Schule.

Als diese zu Ende war, zog er mit den Kindern seines Vormunds ins neue Heim, in welchem eine Schwester seiner Mutter Büre war. Diese versüßte ihm bald das Weh, das ihn ergriffen hatte.

In die Schule war jetzt der Weg besser, und im Frühjahr und Herbst konnte er oft auf den Flößen, die den Wolfbach herab- und am Hof seines Vormunds vorbeikamen, hinabfahren ins Dorf.

In der freien Zeit wurde er wieder Hirte und Treiber bei den vielen Holzfuhren, die der Xaverisbur zu machen hatte, um Flußholz auf die Spannstatt zu bringen.

Keine Arbeit aber wurde dem zukünftigen Bürle erspart, als er im Jahre 1840 der Schule entlassen ward, und jede Knechtsarbeit in Feld und Wald ihm zugemutet; denn er war groß und stark. Am meisten aber wurde er verwendet zum Waldgeschäft, zum Tannenriesen und zum Floßeinbinden.

Auf den Spannstätten, wo die Flöße eingebunden wurden, gab es nicht bloß schwere Arbeit, sondern auch entsprechend Essen und Trinken.

Da sott damals drunten im Dorf Schappe der Valeri, den ich noch wohl kannte, ein trefflich Bier, die Maß um fünf Kreuzer. Der Valeri war der Schwager des Bockhansen, der in meiner Knabenzeit in Hasle das erste Bockbier schuf.

Beim Valeri holte der junge Bürle täglich ein Fäßlein für die Mannen auf der Spannstatt, und sie tranken nach Herzenslust und er mit ihnen.

So gedieh er bei harter Arbeit bis zu seinem 17. Lebensjahr, als dem Vormund einfiel, seinen Mündel auf eine bessere Schule zu bringen und ihn noch mehr ausbilden zu lassen.

So was wäre im Jahr 1842 keinem Bur um Hasle rum eingefallen, einen zukünftigen Hofbesitzer noch in ein anderes »Studie« zu geben als in das der Volksschule.

Droben im Wolftal waren aber damals schon Herrenbauern, die sich empfänglich zeigten für höhere Bildung. Seitdem das Holzmonopol der Wolfacher Schifferzunft aufgehört, bekamen jene Waldbauern schweres Geld, und mit diesem wächst bekanntlich der Drang nach Kultur und die Lust, für unnötige Dinge Geld auszugeben.

Die ersten Kulturhuber in solchen Gegenden sind in der Regel die Dorfwirte, welche neben ihrer Wirtschaft noch ein Hofgut besitzen.

So hatte auch als der erste der Adlerwirt im Schappe zwei seiner Buben ins Studi gegeben und zwar bei den – Herrenhutern.

Acht Stunden oberhalb des Wolftals, im östlichen Schwarzwald, ließen sich zu Anfang des 19. Jahrhunderts die Herrenhuter, damals noch unter württembergischer Landeshoheit, nieder. Sie hatten mitten in einem Waldmeer einen großen Bauernhof gekauft, den Hurulinshof, und hier eine Kolonie gegründet mit dem Namen Königsfeld.

An einem Augusttag des Jahres 1865 betrat ich diese Kolonie auch einmal und staunte über den kleinen, aber feinen, stadtähnlichen Ort. Allein es kam mir darin so still und einsam vor wie auf einem Kirchhof, und das machte mir den Aufenthalt fast unheimlich.

Ueber den Wäldern ringsum lag der hellste Sonnenschein, aber Natur und Menschheit schienen in seiner Wärme zu schlafen. Die sauberen Häuser glänzten friedlich im Lichte, doch Menschen sah ich keine. Im Wirtshaus gab mir ernst, feierlich und wortkarg ein Mann einen Labetrunk, und dann schied ich nicht ungern aus dem toten Felde und durch den Wald hinab ins Tennenbronner Tal.

Allen Respekt vor dem Ernste und der Sittenstrenge der Herrenhuter, aber mir ist diese Auffassung der christlichen Religion nicht sympathisch!

Ich bin zwar Pessimist und der Ansicht, daß wir Menschen keinen Grund hätten, heiter und lustig zu sein; aber in seinem Benehmen und in seinem Gesichte stets zeigen, daß man keine Lebensfreude aufkommen lassen will, das behagt mir nicht.

Es gibt auch viele sogenannte fromme Seelen unter den Katholiken, die jahraus jahrein ein Gesicht machen, als ob sie mit Gott und der Welt zerfallen wären.

Das ist keine gottgefällige Frömmigkeit, und wenn man bei diesen Leuten hinter die Kulissen sieht, so findet man fast ausnahmslos, daß sie mürrisch, hochmütig, lieblos – also alles sind, nur keine echten Christen.

Ich halte es mit unserm Herrgott, der in seiner großen Schöpfung, Natur genannt, stürmen und donnern und blitzen und regnen und schneien läßt, aber zwischenhinein uns auch seine lachenden Frühlingstage schickt, wo alles summt und blüht und jauchzt, und seine Sommerabende mit ihrem heiteren Frieden.

Und drum hat der allzeit lustige und doch ernstgestimmte Abraham a Santa Clara recht, wenn er einmal predigt: »Lustige Leute gefallen mir wohl. Es ist ein Zeichen, daß Gott in ihnen und mit ihnen ist.« –

Also zu den Herrenhutern kam unser Jakob. Am 1. Juli 1842 – der zukünftige Bürle war gerade 17 Jahre alt – nahm der Vormund in aller Frühe seinen Mündel auf sein Bennewägele und kutschierte ihn über Berge und Täler bis nach Königsfeld. Zu des Jungen Leid hatte er ihn zuvor in eine »Stadtmontur« gesteckt und ihm dadurch seine schöne Schapbacher Volkstracht zeitlebens genommen; denn wer einmal lange Hosen getragen, der bleibt dem Modeteufel verschworen und trägt keine kurzen mehr, obwohl diese tausendmal schöner sind. –

Was dem jungen Schapbacher nicht gefiel, war die Zumutung, daß er als 17jähriger, starker Bursche mit seinen viel jüngeren Kameraden spielen sollte. Er meinte, die Zeit der Kinderspiele sei für ihn vorüber, und tat drum nicht mit.

Sonst war er zu allem erbötig und mit allem zufrieden. Er lernte jeden Morgen vor dem Frühstück, wie es Vorschrift war, einen Vers aus dem Gesangbuch der Brüdergemeinde auswendig und sagte ihn einem der Lehrer vor, besuchte die Schul- und Betstunden, hörte die Predigten der Brüder an und machte ihre Liebesmahle mit. Diese letztern bestanden in einer Tasse Tee und einem feinen Brötchen.

Die Frömmigkeit und Sittenstrenge der Leute imponierte ihm, und heute noch geht durch den alten Bürle ein Zug des Ernstes, den er sicher von den Herrenhutern angenommen hat.

Was ihm aber auch Respekt einflößte, war die Verfassung der Brüdergemeinde. Diese hatte keinen Bürgermeister, keinen Gemeinderat, keinen Polizeidiener und keinen Oberamtmann. Sie stellte auch keine Soldaten. Es ging, sagt der Bürle, bei ihnen her wie in einer Klostergemeinde.

An Ostern 1843 sandten die Brüder die Schapbacher Studenten heim, damit sie ihre religiösen Pflichten erfüllten. Es lag noch überall Schnee auf dem Schwarzwald und selbst in den Tälern der Wolf und Kinzig.

Am Osterdienstag nahm der Vormund den zukünftigen Hofbauern im Holdersbach im Schlitten mit hinab zum Ochsen, wo er Zeuge sein sollte, wie ein Stück seines zukünftigen Reiches versteigert wurde.

Zum Bürleshof gehörte noch ein kleines Taglöhnergütle, zwei Stunden vom Holdersbach entfernt – im Wildschapbach gelegen. Dieses verkaufte der Vormund, weil es zu weit entfernt war und der Student in Königsfeld Geld brauchte. –

Doch die Studienzeit war bald zu Ende. Nur bis 1. Juli sollte er noch bei den Herrenhutern bleiben, und drum eilte er gleich wieder Königsfeld zu.

Seine liebste Erinnerung an die letzten Monate im Studi ist ihm heute noch eine Reise, die sämtliche Zöglinge mit ihren Lehrern nach Stuttgart machten.

Am 1. Juli 1842 hatte der Xaverisbur seinen Studenten gebracht, und am gleichen Tag des folgenden Jahres holte er ihn wieder. Der Student wäre damals gerne noch länger geblieben, ist aber in seinen alten Tagen der Meinung, es sei gut gewesen, daß der Vormund ihn geholt, denn er habe »seither erfahren und gesehen, daß es mit den studierten Bauern nicht weit her und daß praktiziert für den Landmann besser ist als überstudiert.«

»Wenn man,« so sagt er in seiner schlichten Art, »alle Arbeiten, die man in unseren Bergen kennen muß, beim Bauer selber mitschafft, ist es etwas anderes, als wenn man's aus den Büchern lernt. In unseren Bergen gibt es viel mehr und mannigfaltigere Arbeiten als auf dem ebenen Lande, die man nur körperlich ausführen und nicht theoretisch lernen kann. Es ist bei uns gar nicht möglich, daß man einem jungen Menschen sage, so und so mußt du es machen, sondern man muß es ihm selber vormachen können, wenn er es lernen soll.«

Sein Vormund weihte den Studenten auch gleich wieder in die Praxis ein. Schon am zweiten Tage nach seiner Rückkehr aus dem Studi gab er ihm die Sense in die Hand und stellte ihn neben seine Knechte zum Mähen.

Als der Heuet vorüber war, ging's ans Floßmachen, und der bei den Herrenhutern am Liebesmahl gesessen im stillen Frieden von Königsfeld, saß nun wieder auf der Spannstatt bei den Flößern bei derbem Trunk und Mahl und bei den Flößerzechen in Wolfe; denn im gleichen Spätjahr wurden noch vier große Flöße die Wolf hinunter in die Kinzig spediert. –

In Königsfeld hatte der zukünftige Bürle auch etwas Musik gelernt und zwar auf dem Waldhorn.

Im ersten Winter nun, da er wieder daheim war und der viele Schnee die Arbeit in Wald und Feld einstellte, ging er mit seinen Kameraden an die Neugründung einer »türkischen Musik«.

Die Schapbacher Buren wetteiferten allezeit mit den Städtchen des Kinzigtales, wenn es galt, etwas Neues einzuführen.

So hatten sie in den zwanziger Jahren schon eine türkische Musik gehabt und in den dreißiger auch Bürgermilitär.

Die Musik hörte Ende der dreißiger Jahre aber wieder auf, da der Pfiferjörgle mit seiner Volksbande Musik für alle machte. Doch seine Kapelle bestand eben nur aus »Schnurranten«, und ihre Volksweisen waren den Schapbachern nicht neumodisch genug. Sie wollten drum wieder eine türkische Musik haben, mit der man auch bei Prozessionen und an Kirchenfesten ausrücken konnte.

Die alten Türken im Schappe saßen nun mit den angehenden Jungtürken im Winter 43 auf 44 zusammen und übten wieder Parademusik.

Schon am Fronleichnamsfest 1844 ließen diese Türken sich hören, und alle Wälder, Berge und Täler an der Wolf hin lauschten mit den Buren und ihren Völkern, die vom Kupferberg, vom Hirschberg, von der Sulz, aus dem Wildschapbach, aus dem Tiefenbach und Holdersbach ins Dorf geströmt waren, um die Prozession mitzumachen und die neue türkische Musik zu hören. –

In jenen Jahren wurden die Waldungen vom großen Schmidsberger Hof ausgeschlachtet, und der Xaverisbur hatte es übernommen, das Holz zu Tal zu schleifen und zu verflößen.

Nicht weniger als zehn große Flöße und anderthalb tausend Klafter Holz wurden aus jenen Wäldern geschafft, und vom frühesten Morgen bis in die sinkende Nacht hinein mußte der Student von Königsfeld bei dieser Arbeit sein.

Mit Wehmut gedenkt er heute der fröhlichen Kameraden, die mit ihm die zehn Flöße verschifften und die alle längst tot sind: seines Vormunds Söhne, der Andres und der Gordian, des Bühlburen Buben, der Philipp, der Gottfried, der Sepp und der Severin, die zwei vom Vize-Buren, der Korneli und der Cölestin, der alte Zanger-Michel und sein Sohn, der Jörg, der kleine Kohler, der schon droben im südlichen Schwarzwald auf der Wutach geflößt hatte, der alte Günter-Bartle und seine Buben, der Joks (Joachim), der Marx und der Jakob.

Hei, war das eine lustige, durstige, schaffige, kräftige Schar von Naturmenschen! Sie alle, bis auf einen, hat der Tod geholt: die Wasser der Wolf aber rauschen noch unentwegt und erzählen den Erlen am Bache hin von den lustigen Flößern, die nicht mehr sind und nie mehr kommen werden.

Der Xaverisbur hatte nicht bloß Buben, sondern auch Meidle. Und diesen letztern war es sicher nicht zu verübeln, wenn sie ein Auge hatten für den jungen, stattlichen Vetter und angehenden Großbauer im Holdersbach. Der aber merkte die Absicht und wurde verstimmt. Die Meidle wurden auch verstimmt und schwatzten, ihr Vater versäume viel Zeit mit der Vormundschaft und schade sich so selber. Drum verließ der Jakob im Frühjahr 1845 das Haus des Vormunds und ging hinab in sein Eigentum im Holdersbach.

Hier war aber bis zur Volljährigkeit des zukünftigen Buren sein Bruder Marx noch Herr und Pächter. Dem half er nun arbeiten wie ein Knecht, und nebenbei beaufsichtigte und beforstete er die Waldungen seines Hofes, die nicht verpachtet waren.

Wenn aber der Vormund ein Floß zu machen und zu verschiffen hatte und er seinen Mündel berief, so kam dieser jeweils mit Vergnügen; aber den Sirenen auf dem Hofe des Xaverisburen ging er gründlich aus dem Weg.

Im Herbst 1845 wurde er Rekrut und bei der »Assentierung« zum Leibdragoner-Regiment gezogen. Doch als er im Frühjahr einrücken sollte und zu gleicher Zeit volljährig und sein eigener Herr geworden war, nahm er einen Beutel voll Geld in die Tasche und reiste gen Karlsruhe. Hier suchte und fand er in der Schwadron, welcher er zugeteilt war, einen Einsteher, einen Trompeter namens Ditt aus Rauenberg. Dem bezahlte er 600 Gulden und war damit für alle Zeiten frei von jeglichem Kriegsdienst.

Das ist eines der wenigen Verdienste, die ich an den Preußen lobend anerkenne, daß sie das Loskaufsrecht, das aus napoleonschen Tagen stammte, abgeschafft haben und jeden zwingen, sein Blut und Leben dem »Vaterland« oder richtiger der Monarchie und Dynastie zum Opfer zu bringen.

Früher hatte der arme Teufel allein zu bluten, und bei den Preußen waren unter dem großen Fritz und seinen königlichen Vorfahren die Söhne vermöglicher Eltern gesetzlich frei. Heute muß auch der vermögliche Bauernsohn und der protzige Bourgeois-Sprößling Soldat werden. Und das ist umsomehr recht und billig, als der arme Teufel weder Haus und Herd, noch seinen Geldsack zu verteidigen hat, wenn »der Erbfeind« kommt, sondern nur anderer Leute Hab und Gut schützen und verteidigen hilft. –

Bei den Herrenhutern hatte der Jakob aus dem Holdersbach das Reisen gelernt. Drum fuhr er auch nicht gleich von Karlsruhe wieder heim, sondern tat noch eine Reise nach Mannheim, Heidelberg, Bruchsal und Straßburg.

Nach Mannheim ging er wegen der berühmten Kettenbrücke über den Neckar, die damals für eines der wenigen badischen Wunderwerke galt. Neben dem Freiburger Münster und den schon genannten Kirchen von Oberharmersbach und Schiltach sprach man vor fünfzig und mehr Jahren im Kinzigtal nur noch von dieser Kettenbrücke als einem Wunderbau.

Die Mannheimer hielten ihre Kettenbrücke natürlich selbst auch dafür, und wer über dieses Wunderwerk auch nur gehen wollte, mußte Brückengeld bezahlen. Auch ich zollte dem Mannheimer Stadtsäckel und seinem Neckarwunder meinen Tribut, als ich anno 1863 das erstemal in Mannheim war. Denn wer in jener Zeit in diese einförmige Stadt kam und die »berühmte« Kettenbrücke nicht besichtigte, war in Rom gewesen und hatte den Papst nicht gesehen. –

Heimgekehrt mit leeren Taschen, zog der junge Bur in seine Waldungen im Hirschbach und schlug Tannen nieder, damit er wieder zu Geld käme.

Aber die Herrschaft konnte er nicht gleich antreten, da sein Bruder Marx noch Pächter war bis zum 1. Januar 1847. Bis dahin half der kommende Mann seinem Pächter schaffen und andern Flöße machen.

Nun zog der Marx aus, hinüber an die Steig, wo er ein eigen Gut gekauft, und fortan war der Jakob alleiniger Herr im Elternhaus; er bekam jetzt auch den alten Hofbesitzers-Titel und ward »der Bürle« genannt bis zur Stunde.

Aber es fehlte die »Bürlese«. Doch auch für die war schon gesorgt. Droben im Schappe, beim Bierwirt Valeri hatte der junge Holdersbacher sie gefunden. Der Valeri war Musikant bei den Türken, und bei ihm hielten diese ihre »Proben« ab. In seiner Wirtschaft aber befand sich des Vogtsbure Heli (Helene) von Rippoldsau.

Der Vogtsbur hatte das Anwesen des verstorbenen Bäckers und Wirts vor dem Burgbach-Tälchen bei Rippoldsau gekauft und für seine Tochter bestimmt. Da sie also eine Wirtin werden sollte, sandte er sie ins Bad Rippoldsau damit sie das Kochen lerne und dann zum Valeri, der noch einen Kaufladen neben seiner Wirtschaft hatte, auf daß sie die nötigen Kenntnisse für eine Wirtin erwerbe.

Hier nun sah der junge Bürle das Meidle, und ihr braves, schaffiges Wesen gefiel ihm, bevor noch des Valeris Weib ihm gesagt hatte, die Heli sei's bravste Meidle, das sie je im Hause gehabt.

Kaum Bürle geworden, ging er am Dreikönigstag 1847 hinauf nach Rippoldsau zum Vogtsbur, hielt um die Heli an und bekam das Jawort; denn der Bürle im Holdersbach war zwar kein Bauernfürst wie sein Nachbar Simon, der Bur, aber doch einer der größeren Buren im Wolftal. Auf solch einen Hof zu kommen, besinnen sich in der Regel weder die Meidle, noch deren Eltern.

Drum waren viele Meidle im Schappe auch wild, daß der Bürle hinaufgezogen war ins Rippoldsau und keine von ihnen genommen hatte. Er und seine Heli wurden deshalb scharf durch die Hechel gezogen, als es laut wurde, daß sie sich versprochen.

Es ging ihnen nach den im oberen Kinzigtal üblichen Sprichwörtern:

Wenn man tut wibe oder manne,
So treit man d' Luge in der Wanne.Ein riesiges, korbähnliches Geflecht zum Putzen der Frucht

Wenn einer wibe tut
Oder eine manne.
So bringt man das Gute im Fingerhut
Und das Böse in der Wanne.

Drum beeilte sich das junge Paar, möglichst bald zu heiraten und so den Hecheleien ein Ende zu machen. Am 8. Februar 1847 wurden der Jakob und die Heli »zusammengegeben« z'Schappe in der Kirche.

Es besteht im Wolftal von altersher und bis heute die schöne Sitte, daß der Hochzeitszug, ehe er das Haus Gottes betritt, auf dem Kirchhof Halt macht. Hier werden fünf Vaterunser und »Herr gib ihnen die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen« gebetet für die verstorbenen Angehörigen der Brautleute.

So haben auch die Toten in sinniger, christlicher Art ihren Anteil an dem Festtage.

Von der Kirche ging des Bürles Hochzeitszug unter Begleitung der Türken das Tal hinab in den Ochsen.

Von allen Seiten kamen zahlreiche Gäste, wie es Mode ist bei einer großen Bauernhochzeit. Von Rippoldsau, Kniebis, Freudenstadt, Wolfe und Oberwolfe, Kinzigtal, St. Roman, Schenkenzell, Schilte, Kaltbrunn, Schramberg und Peterstal waren so viele Leute gekommen, daß sie kaum Platz fanden in dem großen Wirtshaus, und um ins Freie zu sitzen, dazu war es zu kalt.

Während der Hochzeitstafel konzertierten die Türken in einem Nebenzimmer. Da meldete man dem Hochzeiter, der Kapellmeister habe seinen Musikanten gedroht, wer von ihnen mit der Hochzeiterin tanze, werde von der Musikbande ausgestoßen.

Der Kapellmeister war der Andres, des Xaverisbure Sohn, und der hatte einen Zorn, weil der Bürle keine seiner Schwestern, sondern eine »Fremde« genommen.

Trotz dieser Kränkung hielt aber der Hochzeiter Frieden; denn im Volksmund heißt es, wenn's bei einer Hochzeit Streit und Händel gebe, so sei das kein gutes Zeichen und es folge darauf eine unfriedliche Ehe.

Für diese Riesenhochzeit, bei der nicht einmal alle Gäste an der »Hochzeitstafel« Platz hatten, bezahlte der Bürle bei der Abrechnung nur 55 Gulden; so billig war's dazumal noch in der Welt.

Jetzt waren ein Bur und eine Büre auf dem Bürlehof. Der Bur war aber noch nicht 22 und die Büre erst 19 Jahre alt. Aber wenn je einmal das Sprichwort: »Jung gefreit, hat noch niemand gereut,« in Erfüllung ging, so war's bei dem jungen Ehepaar im Holdersbach.

 


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