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Einunddreißigstes Kapitel.

Sofort nach Hickorys Kreuzverhör war die Verhandlung der späten Stunde wegen geschlossen, und die Menge drängte sich dem Ausgang zu.

Byrd hatte keine Eile, den Sitzungssaal zu verlassen, wo es für ihn noch mancherlei zu beobachten gab. Er sah Imogen Dares Auge voll neu belebter Hoffnung auf die Tür gerichtet, durch welche man den Angeklagten soeben abgeführt hatte, sah wie sie das Haupt langsam wandte und nach Orkutt hinblickte, der befriedigt und triumphierend auf der andern Seite des Saales stand. In dieser einfachen und doch so ausdrucksvollen Gebärde spiegelte sich ihre Lebensgeschichte, vielleicht ihre ganze Zukunft wieder, wenn es dem Verteidiger wirklich gelang, seinen Zweck zu erreichen. – Da fiel Byrds Blick auf den Bezirksanwalt, neben welchem Hickory stand, der ihm eifrig etwas zuzuflüstern schien, während Ferris ihm überrascht und betreten mit gerunzelter Stirn zuhörte. Was die beiden miteinander zu verhandeln hatten, war für Byrd kein Geheimnis; er wußte ja, was seinen Kollegen so lebhaft beschäftigte. Voll der widersprechendsten Gefühle suchte er seinen Gasthof auf.

Nicht lange nachher trat Hickory zu ihm ins Zimmer.

Nun, was sagen Sie dazu, lachte er ungebührlich laut und belustigt, das hätten wir zwei nicht gedacht, daß mich die Verteidigung als Entlastungszeugen würde brauchen können. Ich war nicht schlecht davon überrascht, das muß ich gestehen. Dafür habe ich Orkutt jetzt aber auch eine schöne Suppe eingebrockt.

Wie so? Das Zeugenverhör ist ja geschlossen.

Bah, der Bezirksanwalt kann die Wiedereröffnung beantragen, kein Gerichtshof würde ihm das verweigern.

Byrd überlegte. Hält denn Herr Ferris Ihre Mitteilungen für so wichtig? fragte er.

Ich merkte wohl, daß sie ihn beunruhigten, lachte Hickory.

Das scheint Ihnen großen Spaß zu machen.

Warum nicht? Mich freut's, daß ich Orkutt die Aufpasserei gehörig einsalzen kann, versetzte jener, ohne sich darum zu kümmern, daß seine rohe Art dem zarter besaiteten Kollegen abstoßend war.

Allerdings war Ferris durch Hickorys Einflüsterung, daß Fräulein Dare mehr von dem Verbrechen wisse, als sie vor Gericht ausgesagt habe, höchlich beunruhigt worden. Er fragte sich allen Ernstes, ob es nicht seine Pflicht sei, das Verhör wieder zu eröffnen, um festzustellen, wo sich Imogen befunden habe, als der Mord verübt wurde. Aber nur wenn er eine neue Tatsache vorzubringen hatte, welche geeignet war, der Verteidigung ihren scheinbar unanfechtbaren Standpunkt zu rauben, konnte die Wiederaufnahme für gerechtfertigt gelten.

Nach langem Ueberlegen kam der Bezirksanwalt endlich zu dem Entschluß, sich womöglich Gewißheit zu verschaffen, ob Imogen wirklich aus Rücksicht für den Angeklagten etwas verschwiegen habe, was für die gerichtliche Entscheidung bestimmend sein könne.

Er suchte sie zu diesem Zweck gegen acht Uhr auf, fand jedoch die Aufgabe, die er sich gestellt hatte, keineswegs leicht. Imogen empfing ihn mit Kälte und Zurückhaltung; sie sah todmüde aus und doch unnatürlich aufgeregt, als habe sie viele Nächte lang kein Auge geschlossen. Wohl war es grausam, sie von neuem zu ängstigen und zu quälen, aber Ferris fühlte deutlich, es werde ihm keine Ruhe lassen, wenn er nicht die Gelegenheit ergreife, um seinen neu erwachten Zweifeln ein für allemal ein Ende zu machen.

Ich bedauere lebhaft, Sie heute noch einmal belästigen zu müssen, Fräulein Dare, sagte er nicht ohne Teilnahme. Es ist jedoch meine Pflicht, noch eine Frage an Sie zu stellen, welche ich auf dem Herzen habe –

Sie ward sehr bleich, begann zu schwanken und griff nach einem Stuhl. Nachdem sie Platz genommen und auch Ferris durch eine Gebärde zum Sitzen aufgefordert hatte, gewann sie ihre Fassung wieder. Welche Frage? murmelte sie; ich verstehe Sie nicht.

Bei allen Ihren Aussagen, sowohl mir gegenüber als vor Gericht, haben Sie nie erwähnt, wie Sie die erste Nachricht von dem Verbrechen erhalten haben. Waren Sie –

Ich hörte die Leute auf der Straße davon sprechen, unterbrach sie ihn mit fieberhafter Hast.

Da hörten Sie es zuerst?

Ja, zuerst.

Waren Sie seit längerer Zeit auf der Straße, vielleicht schon als der Mord begangen wurde? – Es wäre uns von Wichtigkeit, das festzustellen, fügte er hinzu, als er sie die Farbe wechseln sah.

Herr Bezirksanwalt, rief sie plötzlich entrüstet aufspringend, was sollen diese neuen Fragen, nachdem ich mein Zeugnis abgegeben habe und, soviel ich weiß, das gerichtliche Verhör zu Ende ist?

Schnell entschlossen nahm Ferris sie bei der Hand und führte sie vor den Spiegel. Blicken Sie hierher, sagte er fest, in Ihrem Gesicht steht es geschrieben, warum ich auf einer Antwort bestehen muß.

Einen Augenblick starrte sie entsetzt in ihre eigenen Züge, dann sank ihr Haupt auf die Brust; sie hielt sich krampfhaft mit den Händen am Tisch fest, um nicht umzusinken. Es dauerte einige Zeit, bis sie die Schwäche überwunden und eine Entscheidung getroffen hatte.

Was wünschen Sie zu wissen? fragte sie mit kaum hörbarer Stimme, ich will Ihnen Rede stehen.

Wo waren Sie an dem Tage von Frau Klemmens' Ermordung, als die Uhr zwölf schlug?

Sie hob den Blick empor, ihre hohe Gestalt stand plötzlich stolz aufgerichtet vor ihm da.

Ich war in Professor Darlings Villa, erklärte sie mit großer Bestimmtheit.

Die Antwort kam Ferris überraschend, er sah Imogen zweifelnd an.

Trauen Sie meinem Worte nicht? fragte sie, ist das möglich nach allem, was dieser Stunde vorhergegangen ist?

Nein, Fräulein Dare, nach dem Opfer, das Sie gebracht haben, um der Gerechtigkeit zu dienen, wäre es Vermessenheit meinerseits, wollte ich jetzt an Ihrer Aufrichtigkeit zweifeln. –

Sie atmete erleichtert auf.

So genügt Ihnen also meine Antwort, und Sie sind zufriedengestellt?

Ja, wenn Sie noch hinzufügen wollen, daß Sie in Professor Darlings Sternwarte im Turmzimmer waren, erwiderte er rasch, als hoffe er so dem Rätsel auf die Spur zu kommen.

Ja, dort war ich, bestätigte sie ohne Zögern.

Wirklich? – Er stockte und die Röte stieg ihm in sein Mannesantlitz. Dann können Sie mir vielleicht sagen, wie es kam, daß das Mädchen Sie nicht dort fand, als es hinaufgeschickt wurde, um Sie zu holen, weil eine Dame Sie zu sprechen wünschte?

Die Worte trafen sie wie ein Donnerschlag. O, rang es sich stöhnend aus ihrer gepreßten Brust, Sie haben mich in eine Falle gelockt!

Wie betäubt sank sie auf den Stuhl zurück und sah Ferris geisterbleich und verzweifelt an. Es war ein bemitleidenswerter Anblick, aber Ferris gehorchte der gebieterischen Pflicht.

Wenn ich Ihnen einen Fallstrick gelegt habe, Fräulein Dare, sagte er nach kurzem Besinnen, so geschah es nur, um die Wahrheit ans Licht zu bringen, wie es die Gerechtigkeit verlangt. Ich bin überzeugt, daß Sie nicht alles ausgesagt haben, was Ihnen von dem Verbrechen bekannt ist; Sie besitzen die unumstößliche Gewißheit, daß Mansell den Mord begangen hat, mag auch zu seiner Verteidigung vorgebracht werden, was da wolle. Nennen Sie mir die Tatsache, die Sie verschwiegen haben: ich fordere dies kraft meines Amtes. Heute und unter vier Augen haben Sie zwar das Recht, mir die Antwort zu verweigern, aber morgen nicht mehr, wenn ich die Frage in Gegenwart von Richtern und Geschworenen an Sie stellen werde.

So wollen Sie morgen mein Zeugnis abermals verlangen? flüsterte sie in heiserem Ton.

Ich muß es tun.

Aber das Zeugenverhör ist geschlossen; es fehlen nur noch die Schlußbemerkungen der Anwälte und die Fragestellung an die Geschworenen.

In einem Fall wie der vorliegende kann Wiedereröffnung beantragt werden. Als Bezirksanwalt muß ich den Antrag stellen, wenn ich glaube, beweisen zu können, daß die Verteidigung sich auf eine falsche Voraussetzung stützt, oder wenn eine neue, wichtige Tatsache zu meiner Kenntnis gekommen ist. Der Gerichtshof wird sicherlich darauf eingehen.

Imogen saß wie vernichtet da; nach einer Weile faßte sie sich und deutete auf einen verhängten Alkoven am andern Ende des Zimmers. Lassen Sie mir dort fünf Minuten Bedenkzeit, allein und ungestört – fünf Minuten, um mit mir zu Rate zu gehen.

Gut, Sie sollen sie haben, lautete die Antwort.

Sie schritt nach dem Alkoven hinüber. Wenn die Uhr neun schlägt, komme ich wieder heraus, sagte sie mit heiserer Stimme und verschwand hinter dem Vorhang.

Während der fünf endlos langen Minuten ging Ferris allein im Zimmer auf und ab. Hinter dem Vorhang vernahm man keinen Laut, es herrschte eine wahre Totenstille. Er hatte versprochen, das Mädchen nicht zu stören; sie sollte den Kampf allein ausfechten dürfen. Als die Uhr neun schlug, fuhr er zusammen, eine geheime Furcht beschlich ihn. Der Vorhang bewegte sich nicht, kein Zeichen verriet, daß sie zum Vorschein kommen werde. Noch zögerte er, sie zu rufen, als ihm plötzlich der Gedanke kam, daß der Alkoven einen zweiten Ausgang haben, und sie seine Nachsicht mißbrauchen könnte, um die Flucht zu ergreifen. Rasch schritt er zu dem Vorhang hin, aber ehe er noch die Hand erhoben hatte, um ihn zurückzuziehen, teilte er sich, und Imogens Gestalt war in der Oeffnung sichtbar.

Ich komme, hauchten ihre bleichen Lippen; sie trat heraus, mehr einem wandelnden Marmorbild gleich, als einem lebenden menschlichen Wesen. Es schien eine rätselhafte Umwandlung mit ihr vorgegangen zu sein, und daß sie eine Entscheidung getroffen hatte, war leicht erkennbar.

Herr Ferris, sagte sie im Flüsterton und trat dicht an ihn heran, ich habe mich entschlossen, Ihnen alles zu offenbaren. Nie hätte ich geglaubt, daß ich gezwungen werden könnte, dies letzte Geheimnis, das ich so fest in meiner Brust bewahrte, zu enthüllen. Es ist so seltsamer Art, kein Mensch hätte es je entdecken können. Aber der Himmel will mir auch diese Prüfung nicht ersparen. Gottes Finger hat von Anfang an die Spur des Verbrechens gezeichnet: es gibt kein Entrinnen. Wie es Ihrem Scharfsinn gelungen ist, zu ergründen, daß ich über den Mord noch etwas weiß, was ich bisher vor aller Welt verborgen habe, verstehe ich nicht. Aber es ist die Wahrheit; der Himmel will sie ans Licht bringen, und ich kann nicht widerstehen! Sie sollen alles wissen, wenn Sie versprechen, mir offen kundzutun, welche Wirkung meine Aussage haben wird, und ob der Angeklagte verloren ist, wenn ich vor Gericht mein letztes Zeugnis gegen ihn ablege.

Ihr Auge glühte wie im Fieber; sie starrte angsterfüllt nach ihm hin.

Reden Sie! sagte er bestimmt, erst wenn ich weiß, was Ihre Aussage enthält, kann ich mir ein Urteil über ihre Tragweite bilden. Wo Wahrheit und Gerechtigkeit unser Zeugnis verlangen, Fräulein Dare, muß jede Nebenrücksicht schweigen.

So hören Sie denn, sagte sie leise, sich gewaltsam zusammenraffend, jene Stunde in Professor Darlings Turmzimmer war mein Verhängnis. Ich sah das Mädchen nicht, das mich zu rufen kam, und gab ihr keine Antwort, weil ich am andern Ende des Zimmers, hinter einem hohen Mappenständer verborgen, etwas beobachtete, was alle meine Sinne beherrschte. – Wie gewöhnlich hatte ich mich am Dienstag morgen zu den astronomischen Studien eingefunden, die ich mit Helene Darling betrieb. Ich war an jenem Tage durchaus nicht dazu aufgelegt, denn ich dachte nur an die Unterredung mit Frau Klemmens, welche ich mir für den Nachmittag vorgenommen hatte. Als ich erfuhr, daß Fräulein Darling ausgegangen sei, war ich froh, ein stilles Stündchen für mich zu haben, um alles wohl zu überlegen. In dem Turmzimmer hoffte ich ungestört zu sein und saß dort lange in Nachdenken versunken, bis mir plötzlich einfiel, es müsse schon sehr spät sein, und ich ans Fenster trat, um nach der Stadtuhr zu sehen. Ich konnte mit bloßen Augen zwar das Zifferblatt erkennen, doch nicht wohin die Zeiger deuteten, aber ich erinnerte mich, daß wir vor einigen Tagen zur Kurzweil das Fernrohr auf die Stadt hinuntergerichtet hatten. Als ich hindurchsah nach der Uhr, stand der Zeiger gerade auf fünf Minuten vor zwölf – hierbei stockte sie und warf einen forschenden Blick auf Ferris.

Dieser fuhr zusammen. Fünf Minuten vor zwölf – rief er, und was geschah weiter?

Ich wollte versuchen, Frau Klemmens' Haus zu entdecken und wandte das Fernrohr nach rechts, da sah ich – –

Was? fragte Ferris gespannt.

Die Tür zum Eßzimmer war nur angelehnt – ein Mann sprang in wilder Eile über den Zaun – er lief nach dem Sumpf zu.

Und Sie erkannten den Flüchtling?

Sie rang nach Fassung.

Ja, es war Craik Mansell. –

Ein tiefer Ernst lagerte auf des Bezirksanwalts Stirn. Das geschah fünf Minuten vor zwölf, sagen Sie? – und fünf Minuten früher, zehn Minuten vor zwölf, war es der Verteidigung zufolge schon unmöglich, von Frau Klemmens ' Haus die Station am Steinbruch bis zur Abgangszeit des Zuges, 1 Uhr 20 Minuten, zu erreichen?

Voll Todesangst hing ihr Blick an seinem Munde. Ich irre mich nicht, hauchte sie kaum hörbar; dann stieß sie verzweifelt hervor: Glauben Sie, daß mein Zeugnis ihm das Leben kosten wird?

Fragen Sie mich nicht, Fräulein Dare! war des Bezirksanwalts ausweichende Antwort. Das ist weder meine noch Ihre Sache.

Sie lachte wild und schrecklich auf. Nicht meine Sache? Freilich nicht. Ein Verbrecher ist ja dem Gesetz verfallen, und jeder gute Bürger ist verpflichtet, ihn der Staatsgewalt zu überliefern. Da müssen alle Herzensgefühle schweigen. Liebe und Treue, die man einander geschworen, die innigsten Bande, die zwei Menschen verknüpfen, gelten nichts, wo das Gesetz sein Opfer verlangt. Das Gericht sagt: Du weißt etwas, um diesen Mann ins Verderben zu stürzen, sprich es aus, man muß dem Gesetz gehorchen!

Vergebens war Ferris bemüht, der wilden Flut ihrer Rede Einhalt zu tun; ihr Jammer hatte endlich Worte gefunden.

O, Sie begreifen nicht, worum es sich handelt, rief sie; sehen Sie denn nicht, daß es meineHand allein gewesen ist, die ihn langsam und erbarmungslos aus dem sichern Hafen vertrieben hat, bis ich ihm jetzt auch noch den letzten armseligen Zweig entreißen muß, an den er sich zu seiner Rettung klammert, der ihn allein noch bewahrt vor dem Sturz in den grausen Abgrund, der zu seinen Füßen gähnt. Sehen Sie nicht – –

Ich sehe genug, um Sie vom Grund meiner Seele zu beklagen, Fräulein Dare. Aber Sie sind nicht das einzige Werkzeug der Gerechtigkeit gewesen. Die Detektivs –

Verschwenden Sie nicht leere Worte! unterbrach sie ihn. Können Sie mir ins Antlitz behaupten, daß die Lage für ihn gefährlich geworden wäre, auch wenn ich nicht gezwungen würde, diese letzte Tatsache zu enthüllen?

Ferris schwieg.

Sagte ich es nicht? stöhnte sie. Wenn der Gerichtshof ihm das Urteil spricht, so hat meinZeugnis ihn zugrunde gerichtet. Fürwahr eine rühmliche Heldentat! Selbst auf Kosten des Lebens, das uns am teuersten auf Erden ist, die Wahrheit zu sprechen, das geht noch über römische Tugend. Ich werde als Muster für mein Geschlecht gelten; alle Welt wird das Weib rühmen, das um der Gerechtigkeit willen ihren Geliebten dem Henker überliefert hat.

Der leidenschaftliche Erguß hatte ihre Kraft erschöpft; die Arme sanken ihr schlaff am Leibe herab. Wissen Sie, murmelte sie mit hohler Stimme, daß manche Frau sich weit lieber das Leben nehmen würde, als das Entsetzliche zu vollbringen?

Ferris erschrak. Und Sie? fragte er schnell.

Ich? entgegnete sie dumpf. O fürchten Sie nichts – ich werde nicht sterben, bis ich Antwort gegeben habe auf Ihre Fragen, morgen – in der Gerichtssitzung. Sie zuckte krampfhaft zusammen und hielt sich mühsam aufrecht. Er wollte sie stützen, wollte Beistand herbeirufen; sie aber lehnte alle Hilfe ab, sie wünschte nur allein zu sein.

Lassen Sie mich! sagte sie und blickte wirr im Zimmer umher, als sei ihr plötzlich ihre ganze Umgebung neu und unbekannt geworden, ich brauche Zeit, mich zu sammeln, mein Zeugnis zu überlegen – ich muß allein sein – und Gott wird mir helfen.

Ich will Ihnen nicht länger zur Last fallen, Fräulein Dare, sagte Ferris mit gepreßter Stimme, doch bitte ich Sie, sich zu beruhigen und – –

Und morgen mein Zeugnis abzugeben, ohne Zaudern und unnötige Gefühlsäußerungen, unterbrach sie ihn kalt. Ich danke Ihnen und weiß, was Sie sagen wollen. Seien Sie ohne Furcht; ich werde Kraft und Fassung bewahren. Da es mir nicht erspart bleiben soll, den furchtbaren Streich zu führen, will ich es mit fester Hand tun.

Mit der geballten Rechten schlug sie hart gegen die eigene Brust, als ob dort der Streich zuerst treffen solle.

Bis ins Innerste bewegt verließ der Bezirksanwalt das Gemach. Er war von dem Auftritt mehr erschüttert worden, als er für möglich gehalten hätte.


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