August Neidhardt von Gneisenau
1813 - Briefe
August Neidhardt von Gneisenau

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55. An die Gattin

Leipzig, den 19. Oktober 1813.

Die große Schlacht ist gewonnen, der Sieg ist entscheidend. Gestern kämpften die ungeheuern Massen gegeneinander. Ein Schauspiel, wie es seit Tausenden von Jahren nicht gegeben hat. Von einer Höhe konnte ich die jenseitige Armee übersehen; die unsrige focht diesseits. Viel Blut ist geflossen. Auf meilenlangen Strecken liegen die Toten und Verstümmelten. Wir drängten endlich die französische Armee in einem engen Raum dicht bei Leipzig zusammen. Die Nacht ließ endlich das Feuer aufhören. Heut früh griff ein Teil unserer (der schlesischen) Armee Leipzig an. Das preußische Korps unter General Yorck war bereits in der Nacht vorausmarschiert, um dem Feind auf seinem Rückzug zuvorzukommen. Unser Angriff auf Leipzig war sehr blutig. Nach vielen Stunden Arbeit erstürmten unsere Truppen die Stadt. Von allen Seiten begegneten sich die Truppen der verschiedenen Armeen. Der General Blücher und wir waren die ersten, die einzogen. Wir wurden von dem Freudengeschrei der Einwohner und von den Hurrarufen der siegenden Truppen bewillkommt. Wir fanden eine Menge Gefangene, 20 000 Verwundete, noch viel mehr Kranke. Die Toten lagen überall umher. Eine Menge Geschütz ist erobert, fünfhundert Munitionswagen. Viele Generale sind in unsern Händen. Zertrümmerte Häuser, umgeworfene Bagagewagen, Truppen aller Nationen. Es ist eine Verwirrung ohnegleichen. Eine Stunde später als wir zogen der Kaiser Alexander, der Kaiser Franz, unser König, die Prinzen und die Generalität aller Nationen ein, denn wir hatten mehrere gefangene Generale. Alle Anstalten sind getroffen, um den Feind aufs lebhafteste zu verfolgen. Den Rest seiner Armee wollen wir vernichten.

So weit habe ich es endlich gebracht. Vieles habe ich zu dieser Wendung der Angelegenheiten beigetragen. Ich genieße jetzt die Belohnung für langjährige Sorgen und Mühen. August ist gesund. Umarme die Kinder. Gott mit Euch.


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