August Neidhardt von Gneisenau
1813 - Briefe
August Neidhardt von Gneisenau

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3. An die Gattin

London, den 8. Januar 1813.

Nachdem ich im Oktober Deinen Brief vom 4. August erhalten hatte, kam mir endlich, nach langem Harren, vor wenigen Tagen der vom 29. September zu. Er enthielt die Nachricht von dem vorübergehenden Übelbefinden der Kinder. Daß dieses nicht von Bedeutung war und daß Du nun die gewisse Hoffnung hattest, eine Erzieherin in das Haus zu bekommen, waren mir zwei erfreuliche Nachrichten. Das letztere ist ein Wunsch, den ich seit fünf Jahren genährt und geäußert habe. Daß Du ihn endlich erfüllt hast, dafür weiß ich Dir hohen Dank. Wenn sie gute Grundsätze, Anstand und Feinheit im Ausdruck besitzt, dann suche ja, sie bei Dir zu erhalten, denn eine solche Person wirkt dann mehr durch Beispiel noch als Lehre – – –

An Frau von Cl[ausewitz] habe ich neulich auf einem andern Wege Nachrichten über ihren Mann gelangen lassen. Lasse ihr zum Überfluß noch wissen, daß er ihren Brief, worin sie ihm ihren in Böhmen genommenen Aufenthalt meldet, erhalten hat. Er hat mir davon Nachricht gegeben. Übrigens sehnen sich alle Deutsche im russischen Dienst aus ihrer dortigen Lage heraus.

Auch ich sehne mich aus meiner zeitherigen Ungewißheit. Ich führe in der Mitte des höchsten Getümmels ein einsiedlerisches Leben, nicht aus Notwendigkeit, aber aus Hang, mich in mich selbst zurückzuziehen. Nur selten komme ich in Gesellschaft und dann nur da, wo ich gehorchen muß. Wer sich nicht hier in den Wirbel der Zerstreuungen wirft, für den ist der aschgraue Winter dieses Landes eine erdrückende Zeit. Da sehne ich mich dann im höchsten Trübsinn nach meinen Kindern zurück. Wann wird sie endlich kommen, diese Zeit, auf die ich unablässig meinen Blick richte und die ich nimmer erreichen kann!


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