August Neidhardt von Gneisenau
1813 - Briefe
August Neidhardt von Gneisenau

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51. An Frau von Clausewitz

Düben an der Mulde, 5 Meilen von Leipzig, den 7. Oktober 1813.

Wie viele Freude mir, verehrte gnädige Frau, Ihr Schreiben gemacht hat, vermögen Sie nicht zu ermessen. Von allen Glückwünschungsschreiben über unseren Sieg an der Katzbach ist mir das Ihrige bei weitem das werteste [41]. Es kommt aus der Fülle eines Herzens, das groß und edel ist. Das Lob einer so hochgebildeten Frau, wen sollte es nicht schwindlich machen!

Ich will Ihnen daher gern zugeben und mich dessen gegen Sie – denn selbst gegen meine Frau, die ohnedies die Art meiner Wirksamkeit nicht kennt, habe ich dies nicht geäußert – rühmen, daß ich einen wichtigen Anteil an diesem Siege gehabt habe, sowohl was die Einleitung zur Schlacht, als deren Durchführung angeht, denn sie hat gegen die Unterfeldherren, Langeron und Yorck, erzwungen werden müssen. Ersterer nämlich war bereits geschlagen, weil er, uns unbewußt, fast seine sämtliche Artillerie zurückgeschickt hatte. Wir haben ihn gerettet. Letzterer wollte nicht zur Schlacht marschieren, unter dem Vorwande, seine Truppen müßten zweimal vierundzwanzigstündige Rast haben. Wäre dies geschehen, so war Schlesien verloren. Noch während der Schlacht gab er alles für verloren, und brüllend schimpfte er gegen diejenigen, die sich Lorbeeren erwerben wollten. Ich kehrte mich daran nicht, half, wo ich helfen konnte, führte die Truppen, wo es nötig war, ins Gefecht, und endlich stürzten wir den Feind den steilen Talrand der wütenden Neiße und der Katzbach hinunter.

Sogleich nach der Schlacht gab ich die Disposition zum Verfolgen des Feindes. Wäre sie befolgt worden, so blieb von Macdonalds Armee nichts mehr übrig; denn die Gewässer des Himmels waren mit uns im Bund, hatten sich entladen, und alle Regenbäche waren angeschwollen und die Flüsse ausgetreten. Kein Feind hätte sich retten können. So ward das Verfolgen von den Unter-Befehlshabern verschoben, und der Feind entkam großenteils. Wir mußten uns mit 105 eroberten Kanonen und 18 000 Mann Gefangenen begnügen.

In der Lausitz trafen wir auf Napoleon selbst und eine große Übermacht. Wir mußten uns durch behutsame Märsche helfen. Es gelang. Wir kamen endlich bis Bischofswerda. Dem Kronprinzen von Schweden hatten die preußischen Truppen zwei Siege erfochten. Er sollte in deren Folge über die Elbe gehen und ging nicht. Die große Armee in Böhmen sollte aus ihren Bergen hervorbrechen und kam nicht.

Wir fühlten, daß abermals wir die ersten Schritte tun und den Anstoß geben müßten. Wir entschlossen uns dazu unbedenklich, eilten die Elbe hinunter, schlugen im Gebiet der kronprinzlichen Armee und vor deren Front unsere Brücke und erzwangen uns mit gewaltsamer Hand den Elbübergang. Dieser Gewaltstreich riß den Kronprinzen fort. Er kam nach. Unser Übergang hatte indessen dem Yorckschen Korps, das allein ihn erzwang, viel Blut gekostet, denn die feindliche Stellung war sehr fest.

Wir gingen nun an die Mulde. Hier erwarteten wir, daß der Kronprinz vorgehen und Leipzig nehmen würde. Es geschah nichts[42].


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