Adolf Glaßbrenner
Komischer Volkskalender für 1849
Adolf Glaßbrenner

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März

Die Sonne erscheint täglich gegen 6 Uhr Morgens, beleuchtet die innern Zustände, und wird Abends gegen 6 Uhr vom ersten Viertelcommissarius Mond (am 2. und 31.) unterdrückt. Dieser allerhöchste Polizist erhält am 9. unbeschränkte Vollmacht, wird aber schon am 17. so geviertheilt. Man vermuthet am 24. einen neuen. Die Witterung wird nach meiner weisen Erkenntniß unangenehm, dagegen nach dem Calendarium oeconomicum practicum perpetuum nur störend sein. Vom 1. bis 9. Kälte mit Regen, vom 10. bis 17. Regen mit Kälte; vom 18. bis 23. rauh und naß, und vom 24. bis 31. naß und rauh. Dennoch inzwischen einige leise Ahnungen v. Frühling.

D 1. Ueberraschender Kosacken-Besuch in den Provinzen Preußen und Schlesien.
F 2. Versammlung von 10,000 Frauen bei —n. Der erste Antrag: »Unsre Männer haben keinen Muth« wird einstimmig angenommen.
S 3. Die »Nachrichten aus dem Reiche Gottes« melden offiziell, daß im Himmel vorläufig die Constitution eingeführt ist.
10. Woche.       BRÜDER, GERÜSTET DAS HERZ UND DEN MUND.
S 4. Ganz Deutschland wird in Belagerungszustand erklärt. Die Zeitungen, mit Ausnahme der Leipziger Illustrirten, sind suspendirt.
M 5. Vollständiger Sieg der vereinigten Irländer über das englische Heer.
D 6. Feierliche Hinrichtung Sr. Majestät des Königs Ferdinand von Neapel, vom schönsten Wetter begünstigt.
M 7. Erster Stoß des Staatsbebens, durch welches eine Menge Sekretaire umfallen.
D 8. Der Vossischen Zeitung wird bereits ein Maikäfer eingesendet. Es ist ein sogenannter König (roth Schild), der aber bald stirbt.
F 9. Bei den Zelten im Berliner Thiergarten beginnen schon einige Bäume auszuschlagen. Sichtbare Finsterniß.
S 10. Das Regiment X. drückt seine Absicht, andre Offiziere zu haben, auf sehr deutliche Weise aus.
11. Woche.       DAS VOLK STEHT AUF, DER STURM BRICHT LOS.
S 11. Der frühere Kaiser von Knutland wird, wegen Aufregung zu Mißvergnügen, nach Sibirien geschickt.
M 12. Der Großherzog von Baden besucht seinen Vetter Ludwig Philipp in Claremont.
D 13. Fr. Hecker verläßt Amerika und schifft sich ein, um nach Deutschland zurückzukehren.
M 14. Hinrichtung von 2576 einigen Deutschen, deren monarchische Gesinnung zweifelhaft war.
D 15. Der Timarch von Rixdorf, Theseus Wieseke, belagert mit den Teltowsagen Berlin.
F 16. Niederlage der russischen Armee bei Kalisch. Jubel in Deutschland.
S 17. Zweiter stärkerer Stoß des Staatsbebens. Der neue Komet am Himmel sieht wie eine Guillotine aus.
12. Woche.       BRÜDER, LAGERT EUCH IM KREISE.
S 18. Die Berliner fragen nicht bei der Polizei an, ob sie ihren 18. und 19. März feiern dürfen.
M 19. Dritter gewaltiger Stoß des Staatsbebens. Preußen geht in Deutschland auf.
D 20. Frühlings Anfang.
M 21. Der Kaiser von Oestreich tritt mit seiner Gemahlin eine lange Erholungsreise an.
D 22. Ihre Majestäten, die Königinnen Isabella und Christine von Spanien werden Allerhöchstpersönlich weggejagt.
F 23. In Stuttgart dankt das Volk Sr. Maj. dem Könige für seine Regierung.
S 24. Der neue amerikanische Gesandte sieht sich behindert, dem baierischen Hofe sein Creditiv zu überreichen.
13. Woche.       WIR SIND DIE KÖNIGE DER WELT!
S 25. Volksversammlungen in den Kirchen, bei welchen die Pfaffen nicht zu Worte kommen.
M 26. Starker Nebel in Paris, durch welchen die rothe Republik braun und blau aussieht.
D 27. Mehrere Deputirte erhalten einen langen, ungeforderten Urlaub.
M 28. Der Präsident Fr. Hecker erläßt sein Manifest: »Freies deutsches Volk!« unterzeichnet »Euer Bruder.«
D 29. Gerücht in Wiesbaden, daß ein Herr v. Nassau die Sommersaison daselbst verleben wolle.
F 30. Der vereinbarende Landtag in Meklenburg beschließt die Aufhebung der Beamten-Sporteln und hofft auf die Zustimmung I. K. H. der Großherzöge.
S 31. In Lübek werden einige Personen verhaftet, welche der republikanischen Gesinnung verdächtig sind.

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