Gustav Falke
Der Mann im Nebel
Gustav Falke

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26.

Randers war noch sehr elend nach den Fiebernächten, mit denen er Helga erschreckt hatte. Es war ein kraftloser Druck, mit dem er ihre Hand umschloss. Sie liess ihm diese kalte Hand; sie war so kalt, dass es ihn bis ans Herz fror.

»Sie dürfen nicht gehen,« sagte er.

»Ich muss. Sie wissen es. Ihr Herz ist nicht frei, ist an die Vergangenheit gebunden. Ich will nicht, dass Sie einst bereuen.«

»Fieberträume,« rief er.

»Quälen Sie mich nicht so,« sagte sie leise.

Da liess er ihre Hand los.

»Ich habe Sie so sehr, sehr lieb, Helga,« sagte er vom Fenster her.

Eine heisse Welle überflutete für einen Augenblick ihr Gesicht.

»Sie hatten auch Fides sehr lieb. Und Sie werden noch manche sehr lieb haben.«

»Nie.«

»Kennen Sie sich so schlecht?«

»Helga, nun quälen Sie mich.«

»Es ist so oft das Los der Liebe, dass sie quälen muss, wo sie beglücken möchte.«

»Helga.«

Er lag zu ihren Füssen.

»Henning. Nicht. Stehen Sie auf.«

Er umklammerte ihre beiden Hände und küsste sie.

»So lieb hab ich dich, so lieb,« stammelte er.

Sie löste sich von ihm, strich mit der Linken sanft, wie tröstend über seinen Scheitel.

Dann beugte sie sich zu ihm und küsste seine Stirne.

»Und nun stehen Sie auf, Henning, seien Sie Mann.«

»Es ist Ihr letztes?«

»Nach Ihrer gestrigen Beichte, ja. Es kann nicht sein. Ich habe diese ganze Nacht damit gerungen. Es ist besser so. Wir dürfen nicht einem Rausch folgen. Waren Sie stark genug, Fides aufzugeben, lassen Sie uns jetzt auch stark sein.«

Er erhob sich, schwankte zu seinem Fenstersitz zurück und begrub das Gesicht in die Hände.

Leise ging Helga hinaus.


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