Gustav Falke
Gedichte
Gustav Falke

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Eine Liebe

        Fast noch ein Kind und hast Gewalt schon, bist
Schon Herrin über mich, der nun sein Glück
Einzig an deiner Huld und Güte mißt,
Demütig dein, und kann nicht mehr zurück.
O junge Herrin, unter gütigem Stern
Sind meine stillen Jahre hingegangen,
Doch träumte mir von einer Insel, fern,
Ach so traumfern, wo solche Lieder klangen,
Wie sie mein waches Ohr niemals vernahm,
Süß wie das Singen lockender Sirenen,
Und wo verschwiegenem und tiefstem Sehnen
Selige Erfüllung hold entgegenkam.
Ein neuer Stern ist leuchtend aufgestiegen,
In seinem Licht seh ich das Ufer liegen,
An das die Wasser meiner Sehnsucht schäumen
In wehem Wachen und in kranken Träumen,
Und all mein Leben zittert ihm entgegen.
Laß mich die Hand in deine Hände legen,
Auf deinen Schoß die heiße Stirne senken,
Und wenn mich dann dein leiser Atem trifft,
Glauben, das Meer der Sehnsucht sei durchschifft,
Und meine Seele sich im Hafen denken.
*   *   *
Ja, holde Herrin, fast noch Kind, und schon
Vom Schicksal ausersehn für einen Thron,
So herrlich wie kein König ihn besteigt,
Nimm hin mein Herz, das sich dir willig neigt,
Dies reiche Herz, das eine Welt umschließt
Und heiße Lebensströme in sie gießt,
Ein Herz, so reich, daß es sich arm nicht gibt,
Und das sein Alles hingibt, wo es liebt.
*   *   *
O Lieb, dies sind nicht rasche Schwärmerworte,
Nicht Schwüre eines leicht entflammten Knaben.
Ein Jahr lang hielt verschlossen ich die Pforte,
Warf hinter mich den Schlüssel. Mählich haben
Die Riegel sich gelockert, und nun drängt
Gefangene Glut, bis sie die Pforten sprengt.
*   *   *
Nie hat es keuschere Leidenschaft gegeben,
Wenn Leidenschaft denn keusch sein kann und ist,
Die ja ihr Recht nur an sich selber mißt.
Liebe sucht Liebe, Leben will zu Leben,
Und wenn es sucht und sehnt: nenns Leidenschaft,
Nenns Liebe, Mädchen, keusch ist jede Kraft,
Die Leben wirkt. Und also lieb ich dich,
Und so, in Keuschheit, will ich dich für mich.
*   *   *
Es darf nicht sein! Ich hab ein liebes Weib
Und liebe Kinder. Meine Seele ringt.
Ists auch nicht Sünde, was sie niederzwingt,
Daß wie im Fieber schauern Herz und Leib,
Die Tage elend, meine Nächte schwer,
Schlaflos, oder von wilden Träumen krank –
Es darf nicht sein! So grundlos wälzt kein Meer
Sich zwischen zwei getrennten Ufern hin,
Als ich von dir durch die geschieden bin,
Die älteres Recht auf Liebe, Treue, Dank,
Auf alles, was ich hab und bin, ihr nennen.
Würd ich in ihrer Augen reinem Spiegel,
Den nie ein Argwohn trübt, mich wiedererkennen,
Zerbräch ich die beschworenen heiligen Siegel,
Verriete sie und träte vor sie hin
Mit Schmeichelwort, ein andrer als ich bin,
Küßt sie mit Lippen, drauf dein Kuß noch blühte,
Mit Worten, drin heimliche Glut noch glühte
Verstohlenen Glücks, das nicht ihr Glück, und legt
Heuchelnd den Arm um die, die schwach und blaß
Mich täglich mahnt, daß sie von allem, was
Mich eh an ihr entzückt, den Kindern gab,
Und ihre ehrfurchtswürdige Armut trägt
Wie eine Fürstin, deren Altersstab
Der edle Stolz erfüllter Pflicht allein
Und ihres kleinen Volkes Liebe? Nein,
Es darf nicht sein! Doch meine Seele schreit
Laut auf in ihrem fürchterlichen Streit.
Ists auch nicht Sünde, weil es Liebe ist,
Nicht Sinnengier, die schlangenzähnig frißt –
Mein Tag ist elend, meine Nächte schwer,
Schlaflos oder von wilden Träumen krank,
Und Sünde kann es werden, nackt und blank.
Ach, süßes Lieb, ich liebe dich so sehr.

 


 


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