Max Dreyer
Ohm Peter
Max Dreyer

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Als der Abenddämmer kam, als das Mondlicht den Apfelblüten ihren weichsten Duft abgewann, da gab es sich von selbst, daß Lieder in der Brust der Menschen aufstiegen.

Frau Brigitte sang mit ihrer schwebenden Stimme ein paar Volksweisen, erst allein, dann begleitete sie Ewald, und auch Pastor Willers summte dazu, die beiden noch leiser und gehaltener, um die führende Stimme nicht zu übertönen.

So ward es ein gedämpfter mehrstimmiger Gesang, der das Mondlicht und den Blütenduft nicht zerriß und versprengte. Und die nicht sangen, lauschten in tiefem Schweigen.

Es war nicht Peters Schuld, daß danach, als es mit dem Singen vorbei war, aufs neue ein Räsonieren über die Kunst begann.

Das brachte vielmehr der Pastor zuwege, der, gehoben von der Stimmung dieses Abendgesanges 198 und dem Gefühl, daß auch er sein Verdienst daran hatte, sich dem Bekehrungseifer in die Arme warf.

»Nun, Peter Brandt, und wenn Sie nun so etwas hören, können Sie dann immer noch sagen, daß das Lied eine minderwertige Kunstgattung ist?«

»Denken Sie, das kann ich. Und das tu' ich sogar.«

»Laß ihn, Christian!« mahnte Brigitte. »Er ist nun einmal ein Ketzer!«

Pastor Willers aber, der die ganze ästhetische Klerisei hinter sich wußte, wollte nicht locker lassen. »Und das sagt einer, der selbst komponiert hat!«

»Bitte,« sagte Peter, und es grub sich ein Schatten in seine Stirn. »Das gehört nicht hierher. Selbst wenn ich früher Lieder komponiert hätte – was aber, wie Sie wissen könnten, niemals geschehen ist –, würde das nicht hierher gehören. Sintemal vom Lied die Rede ist und nicht von meiner Vergangenheit.«

»Jetzt wird er unangenehm!« warf Brigitte ein. »Ich kenne übrigens seine Anschauungen wohl. Natürlich sind sie, wie alles bei unserm lieben Peter Brandt, von einem tödlichen Radikalismus. Einfach luftleerer Raum. Und solange die Kunst 199 das Leben hat mit all seinen Uebergängen und nichts Tödliches ist –«

»Das ist sie aber gleich, Frau Brigitte, sobald sie sich nicht reinlich hält!« erklärte Peter, der jetzt, wo es an ein Fechten ging, eine frohe Gelassenheit gewann.

»Wollen Sie sagen, daß das Lied etwas Unreinliches ist?«

»Ja.«

»Ist es zu glauben!« sagte Karl Christian, und er trank vor Schreck ein Glas Bowle.

»Unreinlich – weil sich Wort und Ton in ihm verbinden?« fragte Brigitte.

»Zwei Künste zusammengerührt sind nun einmal keine reine Kunst. Und Kunst, die nicht rein ist, ist überhaupt keine mehr.«

Der Pastor lehnte sich weit zurück. »Sie bringen es also fertig, zu behaupten, daß all unsre großen Liederkomponisten, daß die keine Kunst oder sogar Unkunst in die Welt gesetzt haben!«

»Ja, Karl Christian. In ihren Liederkompositionen, ja. Fallen Sie man nicht hintenüber. Halten Sie sich man hübsch fest an den Autoritäten aller Zeiten und Völker. Die haben Sie ja für sich. Was mich aber nicht abhalten soll, in eignen Stiefeln herumzulaufen!« 200

»Darf ich mir die Stiefel nicht mal näher besehen?«

»Muß es sein?«

»Es muß.«

Pastor Willers war gründlich. Von den Kindern hörte nur Ellen ihnen zu, mit leidenschaftlichem Bemühen, alles zu begreifen. Ewald dachte abwechselnd an die Schulprüfung und an Ellens ihm schmeichelnde Blicke. Jum und Jim aber gaunerten nach der erwachsenen Bowle hinüber.

»Ich sage so,« hub der Ohm willfährig an, »das Wort sie sollen lassen stan! Wir haben ein Gedicht – gut. Es ist gut in, mit und durch das Wort. Das Wort ist seine Kraft, seine Seele. Wer darf dieser Seele ihre Reinheit nehmen, indem er etwas Fremdes darüberpinselt! Bitte um Antwort.«

»Ja –«

»Ist die Musik etwas Fremdes oder nicht?«

»Fremdes –«

»Etwas andres, ja oder nein?«

»Ja – etwas andres ist sie.«

»Also: Etwas andres kommt darüber. Und damit wird die Reinheit des Wortes verschimpfiert. Das lebendige Wort, weiß Gott, das sträubt sich 201 dagegen aus allen Leibeskräften seines Lebens! Nutzt ihm alles nichts. Darf einfach nicht reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist. Muß Musik machen, muß singen auf Kommando. Und nun weiter. Die Musik. Donnerwetter, muß das 'ne Musik sein, die beim Wort unterkriecht, die sich so wenig kennt und achtet, ihr Reich, ihre Sphäre, ihre Macht! Die nicht weiß und nicht fühlt, daß sie eine andre Welt hat als das Wort.«

»Ja, ist denn die Welt der beiden wirklich so verschieden? Warum sollen sie nicht beieinander sein? Finden sie sich denn nicht ganz natürlich in der menschlichen Stimme zusammen? Ist nicht das gesungene Wort geradezu der Ursprung, die älteste aller Dichtung?«

»Meinetwegen. Jedenfalls aber nicht die älteste Musik. Denn die Musik war schon vor dem Wort. Sie war schon in der Natur, die noch keinen Menschen hatte. Und auch menschliche Musik hat es früh genug außerhalb der Stimme gegeben, früh genug haben auch die menschlichen Hände zu singen angefangen. Das Wort aber – hat es sich nicht auch schon seit Jahrtausenden von der menschlichen Stimme frei gemacht! Wie lange leben wir schon in der Kultur, nicht des lauten, sondern des stillen, 202 des gesehenen, des gelesenen Wortes, das den Ton nicht braucht und nicht will. Von dieser Entwicklungsstufe ist doch die Rede. Und ich bleibe dabei, auf ihren Höhen können Wortkunst und Tonkunst sich nicht verbinden. Denn sie leben in verschiedenen Zonen. Die Musik ist da, wo das Wort noch nicht ist. Und ist wiederum da, wo das Wort nicht mehr sein kann.«

»Wollen Sie das nicht näher erklären?«

»Schwer, das mit Worten zu sagen. Töne – das sind Ahnungen, träumende Wünsche, die sich in die Körperlichkeit erst hineintasten. Stimmungen, die wie Wolken schweben. Sie türmen sich, sondern und säumen sich. Verzaubern sich in fließende Gestalten. In schwimmenden Linien spielen sie miteinander. In Licht und Farbe ringen sie miteinander. So vielleicht könnte man von den Tönen sagen, von ihrer weichen schwimmenden Weite. Und nun über ihnen in einer andern Schicht ein andres. Hier bildet sich etwas zu kernfester Gestalt, in scharfen Umrissen, in kristallener Körperlichkeit. Lichtkörper mit den klaren Schwingungen härterer Strahlen und den Gluten grellerer Farben, die um so schärfere trotzigere Schatten rufen. Das Wort spricht seine Sprache. Und wieder ist etwas 203 über dem Wort. Eine Sphäre, wohin die Zwiesprache zwischen Licht und Schatten nicht dringt. Hier ist das Unsagbare. Und wo das Wort nichts mehr zu sagen hat, da reden die Töne aufs neue. Wohin das körperschwere Wort nicht mehr fliegen kann, in dieser Zone können die Töne noch schwimmen. So sind drei Reiche übereinander: die Töne, das Wort, die Töne. Und jedes bleibe in seinem Reich. Die Wolken, über den Wolken die Sterne, und über den Sternen die Sphärenklänge.«

Er hielt inne, blickte um sich und riß sich durchs Haar. »Himmel, da bin ich schön ins Phantasieren geraten.«

Brigitte war auf der Erde geblieben. Sie meinte jetzt, weder von Phantasien beflügelt noch von Logik beschwert: »Das ist ja alles recht schön, aber das eine können Sie doch nicht bestreiten, daß schlechte Gedichte durch die Komposition getragen und gehalten werden.«

»Schlechte Gedichte soll der Deubel holen, aber nicht die Musik. Was hat die Kunst damit zu tun! Und was ist das für Musik, die sich als Krücke für einen Lahmen hergibt! Und wenn der Lahme damit auch nicht lahm bliebe – Krüppel gehören in die Medizin, aber nicht in die Kunst!« 204

Pastor Willers gab sich Mühe, gerecht zu sein. »Die Entwicklung, die Sie geben, ist gedanklich vielleicht nicht anfechtbar.«

»Na also!«

»Aber es bleibt doch – ich möchte sagen – ein starres Gedankentum der Einseitigkeit. Die kalte Konstruktion einer Theorie – wenn ich mich so ausdrücken darf.«

»Ich sage ja, luftleerer Raum!« unterstützte den Pastor die Pastorin.

»Sie können es ja schimpfen wie Sie wollen,« sagte Peter. »Aber Sie können mit großen Worten nicht totschlagen, was ich fühle.«

»Theorien fühlt man doch nicht!« sagte Frau Brigitte mit ungeschwächter Kampfeslust.

»Vielleicht können Sie sich aber vorstellen, daß es Menschen gibt, die sich über das, was sie empfinden, auch gedanklich Rechenschaft ablegen. Längst ehe ich mir das erklären konnte, habe ich bei Liedern und nun erst bei Opern diesen Zwiespalt herausgefühlt. Also erst war bei mir das unbestimmte Gefühl da, und dann mit den Jahren krochen da ganz bestimmte Gedanken heraus. Donnerwetternochmal, ich frage jeden Menschen, der nicht der traurigste Nachtreter und Autoritätenküster ist, 205 ob er nicht bei einem Tonstück, einer Beethovenschen Sinfonie, einem Bachschen Präludium heute ganz andre Empfindungen hat als übermorgen oder vorgestern. Je nach den Eindrücken, den Erlebnissen, den Stimmungen, die ihn beherrschen. Und das ist so und soll so sein und muß so sein. Denn so ist die Musik. Wenn ich aber in einer Wortschöpfung, in einem Gedicht lebe, dann bin ich in einer Welt mit bestimmten Farben, Bildern und Gestalten, die mich in ihre Empfindungen hineinbannt. Während die Musik mich fliegen läßt, heute hierhin, morgen dahin, je nach den Trieben, dem Wunsche, der Sehnsucht meiner Seele. Und nun flickt man das beides elendiglich zusammen –!« Er schlug auf den Tisch. »Verzeihung. Mit diesem Paukenschlag soll der Kriegsmarsch meiner Gesinnung schließen!«

Die Pastorsleute aber gaben noch keine Ruhe. Doch vermochten all ihre Reden Peter Brandt nicht dazu, die Fehde weiterzuführen. Er überließ sich vielmehr einer neuen Zigarre und passender Wortlosigkeit.

Ellen hatte so hingegeben zugehört, daß sie darüber vergaß, Ewald anzusehen. Sie war stolz, daß sie fast alles begriff und dem, was ihr 206 Verstand nicht voll erfaßte, doch mit ihrem Ahnen nahe kam.

Natürlich kämpfte sie an ihres Ohmes Seite, nicht nur, weil das Ungewöhnliche, das Entlegene und Ferne seiner Art ihre junge Phantasie beschwingte, es war auch, ihr selbst kaum bewußt, eine Art Mitgefühl oder gar Mitleid dabei; denn das Kind empfand wohl, wenn es sich auch keine Rechenschaft darüber geben konnte, daß nur, wer wenig Freude hat, in so unerbittliche Einsamkeiten sich hinauftreibt.

Jum und Jim hatten ihrerseits auch mit Inbrunst an dem Kampfe teilgenommen, aber nicht, weil sein Gegenstand sie fortriß, sondern dank des kräftigen Trunkes, den sie während der Redeschlacht aus der erwachsenen Bowle sich fingerfertig zu Gemüte führten.

Jetzt waren sie in der gehobensten Stimmung, mit unverhohlener Zärtlichkeit drängten sie an ihre Nachbarin. Als dann die Plätze verlassen wurden, warfen beide auf Ellen verzehrende Blicke. Und beide durchzuckte – wie gewöhnlich – derselbe Gedanke – es war, als wenn auch die Einfälle nicht das nötige Unterscheidungsvermögen für die beiden besäßen. 207

Noch ein Blick auf Ellen – dann stahlen sie sich beiseite. Und nun rannten sie einzeln wie besessen in den dunkeln Gängen des Gartens herum, wobei sich jeder dann und wann an die Stirn oder unter die Arme fühlte, ob er nicht in ergiebigen Schweiß gerate.

Die Gäste rüsteten sich zum Abschied. Aus der Tiefe des Gartens tönte zwiefach »Ellen«, »Ellen« als lockender Ruf. Sie ging ahnungslos den Stimmen nach.

Am Ende des Weges krochen die Rufenden, links der eine, rechts der andre in einen Strauch. Ein paar Augenblicke blinzelte das Mondlicht durch das Buschwerk auf zwei weiße Gestalten. Dann traten die beiden hervor, wie sie hineingeschlüpft waren –, nur daß jeder ein Weißes in den Händen zusammenballte – und bargen sich damit zur Seite.

Hoffen wir, daß es ihre Taschentücher waren.

Ueber Ellen aber leuchtete ein glücklicher Stern. Der Ohm rief nach ihr. So war der Anschlag der beiden Wegelagerer mißlungen. Und die Kraft des liebegewinnenden Mittels verdampfte in der Abendluft.

Keuchend und knirschend standen sich die beiden gegenüber. Sie sahen sich an, forschten jeder mit 208 Hohn auf das verknüllte Linnen in den Händen des andern, lachten sich höhnend an, steckten sich die Zungen aus, warfen das Zeug in die Büsche und fuhren sich in die Borsten.

Das Kampfgetümmel lockte Ewald herbei, der sich bei den Pastorsleuten lieb Kind machen und die Verschlungenen trennen wollte.

Da wandte sich die Kriegswut gegen ihn, mit Blitzesschnelle saß ihm der eine Kobold auf den Schultern, der andre flog ihm zwischen die Beine, der große Junge schlug hin und konnte sich ihrer wilden Schläge nicht erwehren, mochte auch wohl nicht seine ganze Kraft gegen die Kleinen ausspielen, die dazu die Söhne seines Patrons waren.

So ging es ihm übel, und noch übler, als Ellen zu seinen Gunsten sich einmischte.

Erst als die Mutter den einen, der Vater den andern packte, kam Ewald wieder auf die Beine. Sie hatten ihn gehörig zugerichtet. Er wischte sich die Augen, mehr aber noch brannte ihn die Scham.

Die kleinen Banditen warfen einen Blick unsäglicher Wehmut auf die treulose Ellen, das Schütteln der elterlichen Fäuste und die hochnotpeinlichen Standpauken bewegten ihr Inneres kaum.

Als sie dann wieder frei herumliefen, war bis 209 auf eine grimmige Siegesfreude alles von ihnen abgetan. »Dem haben wir schön die Gucklöcher verzimmert!« jubelten sie, und sogetaner Abschluß ihrer Geburtstagsfeier war ihnen der denkbar vergnügsamste und würdigste.

Ellen hatte Ewalds Mißgeschick, als der Ohm und sie auf dem Heimweg sich von ihm getrennt hatten, bald vergessen. Sie beschäftigte sich mit dem Ohm, mit seiner Art zu sprechen und die Dinge zu betrachten, sie mußte immer an die verlassenen Wege denken, die sein Wesen abseits von den andern suchte, und ihre Gedanken über dies alles trugen sie aus ihrer Kindlichkeit heraus.

Das fühlte sie: von all den Menschen, die hier um sie waren, hatte der Ohm am wenigsten Freudigkeit. Konnte sie ihm nicht dazu helfen, daß er mehr gewann?

Sie suchte seine Hand und drückte sie warm.

Gern hätte sie zu ihm gesprochen. Nur war sie in Sorge, daß alles, was sie auch sagte, altklug herauskommen würde.

Am allerwenigsten durfte sie sich an seine Gedanken über die Musik heranwagen. Aber da war noch etwas, was ihm sehr am Herzen lag: das Fischereiunternehmen. Darüber hatte er früher schon 210 ein paarmal kurz mit ihr gesprochen. Große Stücke hatte er darauf gehalten, jetzt war es zu Wasser geworden. Mußte sie ihm nicht ausdrücken, wie leid ihr das tat? So klein und dumm war sie doch auch nicht mehr. Und hatte er sie nicht gerade hieran teilnehmen lassen?

Sie faßte noch einmal seine Hand.

»Was hat denn die kleine Ellen?«

»Ohm – lieber Ohm, du sollst nicht so traurig sein, daß das mit den Bassins nichts geworden ist!«

Er sah sie groß an, erst verwundert, denn er fühlte sich nicht traurig, dann feindlich gegen ihren Weichmut und zuletzt bezwungen von ihrer kindlichen Wärme.

»Liebes Kind, ich hab' doch schon gesagt, daß ich längst nicht mehr daran denke.«

»Warum wollen sie aber bloß nicht!«

»Nur nicht so was tun und nach dem Warum fragen. Fragen soll man überhaupt möglichst wenig. Nach Gründen aber nun schon gar nicht. Mit nichts verbittert und entstellt man sich mehr das Leben – sich und den andern auch.«

Sie hörte ihm ergeben zu. Er sprach ein wenig über ihren Kopf hinweg. Aber das machte sie nur um so stolzer. 211

Jetzt faßte er sich und fügte hinzu: »Aber das ist ja Unsinn für dich. Wer jung ist, muß fragen. Der Mensch muß sich erst einmal ausgefragt haben. Sprich du ruhig, wie's dir um dein kleines Herz ist.«

»Ja – ich verstehe nicht, daß die Fischer dir nicht so dankbar sind und nicht mit Freuden tun, was du ihnen sagst.«

»Es muß ihnen doch wohl nicht nach der Mütze sein.«

»Ich glaube« – jetzt steckte die Altklugheit doch die Nase heraus – »ich glaube, Ohm, du bist auch viel zu gut gegen sie.«

»Was du nicht sagst!«

»Ja siehst du« – sie wurde immer mutiger und heller – »ich war doch neulich dabei, als der Fischer Kliesow, der Gemeindevorsteher, sich Geld von dir pumpte für sein neues Boot. Warum hast du ihm das gegeben?«

»Weil er's brauchte.«

»Ja – aber ich hätte gesagt – weißt du, was ich gesagt hätte?«

»Nun?«

»Ich will Ihnen ja das Geld geben, hätt' ich gesagt, aber erst wollen wir 'mal die 212 Gemeinderatssitzung vorüber sein lassen. Erst möcht' ich doch mal wissen, was Sie mit den Bassins im Sinne haben!«

»Donnerwetter, Mädel!« Der Ohm schlug sich auf den Schenkel, daß es durch den Abend hallte. »Recht hast du! Und gescheit bist du, das muß wahr sein. Klüger bist du als dein alter Ohm!«

Sie wußte nicht recht, ob er sich nicht über sie lustig mache. Als er sie dann aber still betrachtete und mit etwas spröder Trockenheit fortfuhr: »Um dich ist mir nicht bange. Du wirst besser durchs Leben kommen als ich« – da merkte sie, daß es ihm Ernst war. Nur wußte sie jetzt nicht recht, ob sie sich eines Lobes freuen oder über einen Tadel traurig sein sollte.

Sie raffte sich aber zusammen. »Weißt du, was ich wollte?«

»Sag's!«

»Daß ich alt wäre! Und kein Mädchen – ein Mann. So alt wie du. Und wir wären Freunde und lebten zusammen.«

»Mein Kleines –«

»Und du wärst der Gute und Edle, und ich wär' der Schlechte, der schlaue Deubel. Dann sollten die Leute hier was erleben. Dann müßten 213 sie uns alle gehorchen. Und alle deine Pläne sollten in Erfüllung gehen!«

Er streichelte lächelnd ihre Hand.

»Jetzt lachst du mich aus,« sagte sie betrübt.

»Nein, Kind. Ich freu' mich über dich.«

Und zärtlich nahm er sie an sich heran. 214

 


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