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Zweiundzwanzigstes Kapitel.
Gesetzliche Gebärpausen und Merkblätter

Es wären weiter hier Maßnahmen bei Frauen zu besprechen, denen aus gesetzlichen Gründen eine Ruhepause in der Gebärtätigkeit zustehen würde. Dabei kann auf die Mitarbeit der Schulen nicht verzichtet werden. Sie hätten dafür zu sorgen, daß die mannbar werdenden Mädchen ausgiebiger als bisher über alle Fragen des Geschlechtslebens aufgeklärt würden! Man unterweise sie auch in richtiger, schon früher erörterter Weise in der Handhabung der Scheidendusche. Es würde ferner eine Aufgabe der deutschen Frauenärzte sein, festzustellen, welche von den vielen Verschlußkörpern die sichersten und am wenigsten schädlichen wären. Hätte man sich darüber erst geeinigt, dann sollten diese Verschlüsse nur durch die Apotheke, und auf eine schriftliche ärztliche Anweisung hin, verabfolgt werden dürfen. Alle übrigen Mittel, um die Schwangerschaft zu verhüten, würden rücksichtslos zu unterdrücken sein, weil sie oft schädlich, meist auch unzulänglich sind und daher den Bedrängten nur das Geld aus der Tasche ziehen. Für die Aufklärung junger Leute, die heiraten, würde ein Merkblatt zu dienen haben, das ihnen bei der Eheschließung auf dem Standesamte ausgehändigt werden sollte. Ich bringe es nachher als Merkblatt I. Frauen, die die Geburt eines Kindes anmeldeten und dadurch oder durch Bescheinigungen nachwiesen, daß sie wegen anderer Anzeigen Anspruch auf eine gesetzliche Gebärpause hätten, würde vom Standesamt, vom Wohlfahrtsamt oder dem Arzt das Merkblatt II auszuhändigen sein. Ich bin mir darüber klar, daß die von mir aufgestellten Merkblätter nur Entwürfe sind, die man noch nach allen Richtungen hin zu prüfen, gegebenenfalls abzuändern haben würde.

Merkblatt I

Jedes deutsche Ehepaar hat die sittliche Pflicht, Kinder zu erzeugen und aufzuziehen, soweit es Wohnräume, Gesundheit und Einkommen gestatten. Erst die Kinder bringen Glück und Zufriedenheit in die Ehe, deren hoher Sinn sich nur mit ihnen ganz erfüllt. Aber nur gesunde Kinder und Mütter sind erstrebenswert. Kranke Frauen haben daher das Recht und die Pflicht, durch Ärzte feststellen zu lassen, ob sie gesunde Kinder gebären können, ohne selbst dabei Schaden zu erleiden. Deshalb werden sie aufgefordert, gegebenenfalls einen Arzt aufzusuchen und dessen fachmännischen Rat in allem, was er vorschlagen wird, zu befolgen.

Jede deutsche Frau hat nach der Geburt eines Kindes gesetzlichen Anspruch auf eine Gebärpause von 365 Tagen, zu denen, wenn sie ihr Kind selbst nährt, die Tage des Stillens noch hinzuzurechnen wären. Sie hat Anspruch auf freie ärztliche Hilfe, wenn sie unbemittelt ist und in dieser Ruhezeit schwanger wird. Sie begebe sich dann sofort zum Arzt, um sich beraten zu lassen. Bemittelte Frauen sollen ebenso verfahren, sie müssen nur die Kosten dafür selbst tragen. Wer glaubt, infolge seiner Armut oder schlechten Wohnung nicht gehalten zu sein, Kinder zu gebären und aufzuziehen, wende sich um Rat und Hilfe an das für ihn zuständige Wohlfahrtsamt. Haben die dazu berufenen Ärzte entschieden, daß Sie nie Kinder gebären dürfen, so entschließen Sie sich möglichst bald dazu, einen – gefahrlosen – Eingriff machen zu lassen, der jede zukünftige Schwangerschaft ausschaltet, ohne Ihnen irgendwelche Störung der Gesundheit zu bringen. Dann nehmen Sie sich aber möglichst bald ein gesundes verwaistes oder uneheliches Kind im Alter von drei bis vier Jahren an Kindesstatt an. Das Wohlfahrtsamt wird Ihnen dabei behilflich sein. Sie werden dies Kind schon nach kurzer Zeit, ganz wie ein eigenes, liebgewinnen, es wird Ihnen Segen ins Haus bringen! Familien, in denen Mann oder Frau schwindsüchtig ist, sind nicht berechtigt, ein Kind anzunehmen, weil dies in Gefahr käme, krank zu werden.

Merkblatt II

Da Sie gesetzlichen Anspruch auf eine Geburtenpause haben, wollen Sie folgendes beherzigen:

1. Eine Befruchtung findet in den acht Tagen vor der Regel, während der Regel und in den acht Tagen nach der Regel am leichtesten statt. Vermeiden Sie daher in dieser Zeit jeden ehelichen Verkehr! Das beste Mittel zur Verhütung der Befruchtung ist die gründliche Ausspülung der Scheide mit einer reichlichen Wassermenge, genügendem Gefälle und weitem Spülrohr. Sie muß so erfolgen, daß die Scheide gründlich ausgespült wird. Die Teile sind dazu mit Zeige- und Mittelfinger der linken Hand gehörig auseinanderzuspreizen, damit das Spülwasser gut abfließen kann; mit der rechten Hand wird das Spülrohr, die Krümmung nach oben gerichtet, zehn bis zwölf Zentimeter tief eingeführt. Dem Spülwasser ist eine geringe Menge eines keimtötenden Mittels zuzusetzen. Die Flüssigkeit (drei bis vier Liter) soll gut lauwarm sein. Die Spülung wirkt um so sicherer, je schneller sie auf den Verkehr folgt. Ganz sicher wirkt sie nicht. Sie dürfen sich während der Geburtenpause von einem Arzt einen Verschlußkörper einsetzen lassen, sollen aber wissen, daß auch dies keine völlige Sicherheit bietet und dabei nicht ganz unschädlich ist. Bleibt bei Ihnen die Regel acht Tage über die Zeit hinaus aus, so suchen Sie ungesäumt unter Mitnahme des Geburtsscheines Ihres letzten Kindes einen Arzt auf, der Sie beraten und das Weitere veranlassen wird. Sollten Sie aber kräftig und gesund sein, eine geräumige Wohnung haben und genügende Mittel besitzen, um Kinder großziehen zu können, so sollten Sie von Ihren gesetzlichen Rechten keinen Gebrauch machen, sondern bedenken, daß es kein größeres Glück geben kann, als stolz auf eine große Zahl gesunder, fröhlicher, eigener Kinder blicken zu können.


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