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2.

Als Graf Joachim aus der Stadt zurückgekehrt war, begab er sich in den Salon seiner Mutter. Er fand Lothar bei ihr und wurde von beiden herzlich begrüßt. Sie nahmen zusammen den Tee und Lothar sorgte durch sein lebhaftes, übermütiges Wesen für eine heitere Stimmung. Gräfin Thea sah mit inniger Befriedigung, daß ihr Sohn froher aussah, als seit langer Zeit.

Später gingen sie alle drei zum See hinunter. Auf dem Wege dahin neckte sich Lothar mit seinem Vater, und schließlich brachte er ihn soweit, einen Wettlauf mit ihm zu veranstalten.

Mit glücklichem Gesichte schaute die alte Dame hinter ihnen her. Ein tiefer Atemzug hob ihre Brust. Wie traut und schön war es, wenn Susanne nicht dabei war.

Sie erschrak über diesen Gedanken, aber zu bannen vermochte sie ihn nicht.

Am See lagen zwei Ruderboote und eine kleine Segeljacht. Zu Lothars heller Freude entschloß man sich zu einer Segelfahrt. Joachim half seiner Mutter sorglich beim Einsteigen und hüllte sie in ein warmes Tuch. In glücklichster Stimmung, wie Kinder, die Ferien haben, fuhren sie über den See dahin.

Als sie nach einer Stunde zum Landungsplatze zurückkehrten, stand Lothars Hauslehrer auf dem Stege. Kandidat Wetzel war ein sympathischer, frischer junger Mann, dem man es nicht anmerkte, daß er sein Studium hindurch gehungert hatte. Er wurde von Graf Joachim und Gräfin Thea als zielbewußter Erzieher und tüchtiger Lehrer sehr geschätzt. Mit Lothar stand er auf einem sehr guten, fast kameradschaftlichen Fuße. Herr Wetzel hatte die einträgliche Hauslehrerstelle angenommen, um sich die Mittel zu weiterem Studium zu verdienen. Er sollte Lothar bis zum Abiturium unterrichten, also noch mindestens vier Jahre in Wildenfels bleiben. Ohne dazu aufgefordert zu werden, legte er bei der Landung des Segelbootes hilfreiche Hand an. Graf Joachim und Gräfin Thea begrüßten ihn freundlich.

»Wollen Sie auch eine Wasserfahrt machen, Herr Kandidat?« fragte Lothar.

»Ja, ich möchte ein Stündchen rudern.«

»O – da helfe ich mit. Darf ich, Papa?«

»Wenn dich der Herr Kandidat mitnehmen will?«

»Sehr gern, Herr Graf.«

»O – fein. Kommen Sie, Herr Kandidat, wir machen das Boot los. Adieu Papa – adieu Großmama!« rief Lothar. Er sprang in das Ruderboot, welches zunächst lag, der Kandidat folgte. Gleich darauf ruderten sie davon. Graf Joachim und seine Mutter blieben noch ein Weilchen stehen und sahen dem Boote nach.

Dann gingen sie langsam nach dem Schlosse zurück. Sie sprachen über den Kandidaten und lobten seine prächtige Art, mit Lothar umzugehen.

»Susanne mag ihn seltsamerweise nicht leiden, ich verstehe das nicht,« sagte Joachim im Laufe des Gesprächs. Gräfin Thea lächelte fein.

»Sie behauptet, er habe demokratische Ansichten und fürchtet, daß er Lothar in dieser Hinsicht beeinflußt.«

Joachims Gesicht überflog ein Schatten. »Meine Frau ist in dieser Beziehung sehr kleinlich. Uebrigens gefällt mir gerade der leise demokratische Einschlag des Kandidaten. Ich wünsche nicht, daß Lothar sich dem Einflusse seiner Zeit entzieht. Viele unserer Standesgenossen sind noch rückständig. Ich fühle, daß wir am Anfange einer Zeit stehen, in der nur das gilt, was ein Mensch ist und leistet, nicht der Zufall seiner Geburt.«

Gräfin Thea nickte versonnen.

»Du magst wohl recht haben. Freilich – dein Vater hätte solche Ansichten nicht hören dürfen.«

Auf Joachims Stirn zeigten sich Falten des Unmuts.

»Vater war ein starrer Anhänger der alten Schule, er glaubte an die Rechte der bevorzugten Geburt. Aber wir sind auch nur Menschen. Und es ist mir sehr lieb, daß Lothar eine freiere Auffassung vom Leben erhält, als ich. Jedenfalls habe ich dafür gesorgt, daß Wetzel Lothars Erziehung in der Hand behält, bis er die Universität besucht. Sein Kontrakt bindet ihn und uns.«

»Und du willst, daß Lothar Jura studiert?«

Joachim zuckte die Achseln.

»Susanne will ihn unbedingt zum Diplomaten machen. Ihr Ehrgeiz sieht ihn schon in den höchsten Aemtern des Landes.«

»Und du, Joachim?«

Er lächelte wehmütig.

»Ich habe diesen Ehrgeiz nicht, Mama. Aber daß Lothar ein ernstes Studium zu Ende führt, ist auch mein Wunsch. Und er selbst hat Lust dazu. Was später aus ihm wird, darüber soll er selbst entscheiden. Teilt er den Ehrgeiz seiner Mutter – nun, so mag er in das diplomatische Korps eintreten. Begnügt er sich aber damit, schlecht und recht, wie ich, seinen Kohl zu bauen – dann steht ihm auch das frei.«

»Hast du niemals den Wunsch gehabt, daß er Offizier werden möge?«

»Nein. Ich selbst bin nur auf Vaters Wunsch Soldat geworden und nach seinem Tode zog ich mit einem Gefühl der Befreiung den bunten Rock aus. Hätte Lothar Lust gehabt, Offizier zu werden, so hätte ich ihn nicht gehindert. Irgend einen Zwang würde ich nie ausüben. Ich weiß, wie man an Leib und Seele verkümmert, wenn man immer unter Druck gehalten wird.«

Die letzten Worte klangen sehr bitter. Gräfin Thea legte ihre Hand auf seinen Arm und sah ihn bekümmert an.

»Joachim!«

Er zog die Hand an seine Lippen und küßte sie. Trübe sah er in das gütige Frauenantlitz.

»Ja, Mutter – ich bin ein erbärmliches Menschenkind geworden – durch Anlage und Erziehung. Nein – sieh mich nicht so bang und traurig an. Du hast wahrlich getan, was du konntest, um meine Seele frei zu machen. Aber du und ich – wir waren zu schwach. Vaters eiserner Wille hielt uns fest.«

»Joachim – du bist unglücklich, ich weiß es längst. Susanne ist nicht die Frau, die du brauchtest. Ich habe mich gesträubt gegen diese Verbindung – aber es half alles nichts.«

»Mache dir darum keine Sorgen, Mutter. Ob Susanne oder eine andere – ich wäre doch nicht glücklich geworden. Als ich mich verheiratete, war es schon zu spät – da war mein Leben schon zerstört.«

Seine Mutter seufzte tief auf.

»Ich habe es geahnt, mein Sohn – du weißt, ich fragte dich oft, ob du mir nicht anvertrauen wolltest, was dich drückt und quält. Willst du es auch heute noch nicht tun?«

Joachims Gesicht zeigte einen gequälten Ausdruck.

»Nein – ich kann nicht – laß mich – damit muß ich allein fertig werden. Vielleicht – vielleicht erfährst du es aber doch noch eines Tages – jetzt aber laß uns davon schweigen.«

»Ich möchte dir so gern helfen, mein Sohn.«

»Es könnte sein, ich nähme dich eines Tages beim Worte.«

»Tue es, du sollst mich stark und willig finden zu allem, was dir Frieden schaffen kann.«

Wieder führte er ihre Hand an seine Lippen. Im Schlosse angekommen, zog sich Joachim in seine Zimmer zurück. Seine Mutter sah ihm bekümmert nach. Nun würde er wieder ruhelos auf und ab wandeln wie so oft.

Sie seufzte tief und schwer. – – –

Zum Abendessen fand sich Joachim in dem kleinen Speisesaale ein, der neben der großen Halle lag. Hier nahm die Familie des Grafen die Mahlzeiten ein, wenn keine oder nur wenige Gäste anwesend waren.

Joachim sah bleich und abgespannt aus. Er zwang sich mühsam, an der Unterhaltung teilzunehmen. Die Anwesenheit des Kandidaten, der stets seinen Platz neben Lothar hatte, ließ ein vertrauteres Gespräch nicht aufkommen. Es war schwül und drückend heiß. Ein Gewitter lag in der Luft.

Nach Tische ging man hinaus auf die Terrasse. Die Diener hatten die rot und weiß gestreiften zeltartigen Vorhänge hochgezogen. Die bequemen, modernen Korbmöbel luden zum Sitzen ein. Lothar und der Kandidat trieben ein wenig Astronomie und suchten mit dem Fernglase den Himmel ab, der noch nicht von Wolken verhüllt war.

Graf Joachim rauchte eine Zigarette nach der andern und seine Mutter betrachtete ihn in sorgender Schweigsamkeit.

Um neun Uhr zog sich der Kandidat zurück und auch Lothar sagte Vater und Großmama fröhlich Gute Nacht.

Kaum war er verschwunden, da sprang Joachim auf und klingelte.

»Mein Pferd,« rief er dem herbeieilenden Diener zu.

Gräfin Thea sah erschrocken auf.

»Du willst noch ausreiten, Joachim?«

Er sah an ihr vorbei, hinaus in den schweigenden Park.

»Mutter – das tue ich doch so oft.«

Sie seufzte. Diese späten Ritte ihres Sohnes, die sich oft bis Mitternacht ausdehnten und von denen er sein Pferd immer abgehetzt und schaumbedeckt nach Hause brachte, waren ihr schon lange eine schwere Sorge. Sie hatte ihre Schwiegertochter heimlich gebeten, Joachim von diesen wilden Ritten abzuhalten. Aber Susanne hatte sie ausgelacht.

»Ich bitte dich, Mama, diese Ritte sind das einzige, womit Joachim noch einigermaßen Schneid verrät. Wie kannst du dich darum sorgen? Er ist doch Kavallerist. Willst du ihn denn ganz und gar nur noch in Schlafrock und Pantoffeln sehen? Er kann wirklich ein wenig Schneid brauchen. Ich werde mich hüten, ihn davon abzuhalten.« Das war ihre Antwort gewesen. Aber Gräfin Theas Sorge war damit nicht gemildert.

»Leider reitest du immer so spät aus. Aber heute solltest du es wirklich nicht tun, Joachim – es ist heute ein Gewitter im Anzuge,« sagte sie jetzt bittend.

Joachim starrte düster vor sich hin.

»Es hat noch lange Zeit – bis es losbricht, bin ich wohl wieder daheim.«

Gräfin Thea blickte unruhig zum Himmel empor; eine dunkle Wolkenwand erhob sich über den Bäumen des Parkes wie ein starres, felsiges Gebirge. Dann wandte sie die Augen wieder ihrem Sohne zu. Seine Züge waren schlaff und die Augen blickten matt und düster. Um den Mund zuckte es nervös, als sei es ihm schwer, sich zur Ruhe zu zwingen.

Er warf den Rest seiner Zigarette fort und trat zu seiner Mutter.

»Gute Nacht, Mama – du bist wohl zur Ruhe gegangen, wenn ich heimkomme.«

Sie faßte ängstlich seine Hand.

»Bleib doch heute zu Hause, Joachim,« bat sie eindringlich.

Er lachte, aber dieses Lachen kam nicht aus dem Herzen. Es klang leer und unnatürlich.

»Aber Mama – sei doch nicht so ängstlich. Ich brauche den Ritt wie einen Schlaftrunk. Gute Nacht.«

Er küßte ihr die Hand und ging eilig davon.

Seine Mutter erhob sich und trat an die Terrassenbrüstung. Wieder flog ihr Blick sorgend zum Himmel empor. Es war unheimlich still und schwül. »Ruhe vor dem Sturme,« mußte sie denken.

Und da führte ein Reitknecht bereits Joachims Pferd vorüber. Es hob den Kopf und sog mit den Nüstern wie prüfend die Luft ein.

Gleich darauf sah sie ihren Sohn über den Rasenplatz reiten. Sie starrte ihm nach. Was war es nur, das ihn so ruhelos und freudlos gemacht hatte?

Der Reitknecht schritt wieder mit ehrfurchtsvollem Gruße an ihr vorüber nach den Ställen hinüber, die hinter dem Gebäude lagen, das an den westlichen Flügel des Schlosses angebaut war. In diesem Gebäude waren die Verwaltungsräume untergebracht. Im Erdgeschosse lag das Rentamt. Man konnte es durch den westlichen Schloßflügel betreten. Eine einzige Tür war durch die starken Schloßmauern gebrochen. Sie war von Eisen, eine Doppeltür, zu der nur der Graf von Wildenfels den Schlüssel hatte. Niemand durfte diese Tür benutzen als der Graf und der Rendant, denn sie führte direkt in den Raum, wo in eingebauten eisernen Wandschränken die Kasse, die Wirtschaftsbücher, aller wertvolle Schmuck und das silberne Tafelgeräte, soweit es nicht täglich gebraucht wurde, untergebracht waren. Hier ruhte wohlverwahrt gegen Feuersgefahr und Diebstahl der Reichtum der Grafen von Wildenfels.

Im ersten Stocke des Gebäudes befand sich die Wohnung des Rendanten und seiner Familie, im zweiten Stocke wohnten die beiden ledigen Verwalter. Die sonstigen Wirtschaftsgebäude lagen hinter dem Park am See.

Gräfin Thea war hinaufgegangen in ihre Zimmer. Als sie ihr Vorzimmer betrat, erhob sich eine etwa fünfzigjährige Frau in schwarzem Kleide, weißem Häubchen und weißer Schürze. Sie hatte am Fenster gesessen und vor Eintritt der Dämmerung wohl in dem Buche gelesen, das auf ihrem Schoße gelegen. Ihr frisches, rundes Gesicht wandte sich der Gräfin mit sorgendem Ausdruck zu.

»Heute hätten Frau Gräfin nicht zulassen sollen, daß der gnädige Herr Graf ausreiten. Es gibt ein schweres Wetter,« sagte sie fast vorwurfsvoll. Es war Frau Friederike Grill, Gräfin Theas langjährige Kammerfrau. Als junges Zöfchen hatte sie vor dreißig Jahren ihren Einzug in Schloß Wildenfels gehalten. Später war sie die Frau des Kammerdieners des Grafen, Heinrich Grill, geworden, ohne deshalb ihren Dienst bei der Gräfin Thea aufzugeben. Sie wurde einfach zur Kammerfrau erhoben und blieb auf ihrem Posten, als ihr Mann vor etwa zehn Jahren starb. Gräfin Thea hielt große Stücke auf die ihr treu ergebene Person und sprach wohl auch ein vertrauliches Wort mit ihr. Gelegentlich ließ sie sich sogar ein wenig von ihr tyrannisieren.

Jetzt blickte sie kummervoll in das treubesorgte Gesicht.

»Grill – du weißt doch – er läßt sich nicht halten,« sagte sie leise.

Grill – sie wurde seit ihrer Verheiratung nur so von der Gräfin genannt – nickte mit dem Kopfe.

»Na ja – na ja – aber heute hätte der gnädige Herr Graf man doch lieber zu Hause bleiben sollen.«

Gräfin Thea seufzte.

»Hast du mal nach Lothar gesehen, Grill?«

Die nickte lächelnd.

»Na – das lasse ich mir doch nicht nehmen. Erst hat er noch sein Späßchen mit mir gemacht, dann ist er mit einem Purzelbaum quer durchs Zimmer, nun liegt er und schläft – so fest und ruhig – den weckt kein Gewitter auf, bis er ausgeschlafen hat.«

»Leg mir einen bequemen Morgenrock zurecht. Ich will erst noch zu ihm hinüber, dann hilfst du mir beim Umkleiden. Zu Bette will ich garnicht erst gehen, das Wetter treibt mich doch wieder heraus.«

Sie ging nach Lothars Schlafzimmer. Liebevoll sah sie auf den Schläfer herab und freute sich an seinen ruhigen tiefen Atemzügen. Ein heißes Gebet für sein Wohl stieg aus ihrem Herzen empor. Dann ging sie leise hinaus.

Grill kleidete ihre Herrin flink und gewandt in ihren weichen Morgenrock und löste aus den noch recht ansehnlichen grauen Flechten die Nadeln. Während sie das Haar bürstete und für die Nacht in einen Zopf einflocht, plauderte sie von den Ereignissen des Tages, um ihre Herrin zu zerstreuen. Aber dabei lauschten doch beide immer wieder hinaus. Ein heftiger Wind hatte sich erhoben. Grill mußte die Fenster schließen. Dabei sah sie, daß die Wolkenwand gespenstisch und unheimlich näherzog. Gräfin Thea hatte sich erhoben und trat neben sie.

»Das sieht böse aus, Grill. – Ich gehe hinüber in mein Wohnzimmer. Wenn du willst, kannst du zu Bette gehen.«

»Aber nein, Frau Gräfin können doch denken, daß ich bei dem Wetter wach bleibe. Frau Gräfin brauchen nur zu rufen, wenn Sie mich brauchen.«

»Es ist gut, Grill.«

Gräfin Thea ging in ihr Wohnzimmer. Es war ein ziemlich großer Raum im Stile Ludwigs XIV. Prachtvolle Damastbezüge und Vorhänge in goldgelber Farbe gaben dem Raume ein vornehmes Gepräge. Ueber dem Kamine hing ein kostbarer Gobelin. Mitten im Zimmer stand auf einem weichen, in grauen Tönen gehaltenen Teppich ein Tisch mit schwarzer Marmorplatte, deren Mitte ein Blumenkorb mit dunkelroten Rosen zierte. Am Fenster stand ein Schreibtisch, darüber hing das lebensgroße Porträt ihres Sohnes. Er trug noch die Uniform seines Regiments und mochte höchstens dreiundzwanzig Jahre gezählt haben, als das Bild gemalt wurde.

Gräfin Thea stellte sich an das Fenster. Ihr Blick wandte sich in das Zimmer zurück auf das Bild ihres Sohnes. Ja. – Damals – da war er noch froh und glücklich gewesen. Gerade in jener Zeit hatte es wie Sonnenglanz auf seinen Zügen gelegen.

In Gedanken stand sie da und grübelte, wie so oft, über sein verändertes Wesen nach. Da schreckte sie plötzlich zusammen, ein greller Blitz leuchtete auf, dann ein furchtbarer Donnerschlag, der die Fenster klirren machte. Es war, als sei dies ein Signal gewesen, das alle Elemente entfesselte. Ein orkanartiger Sturm brach mit plötzlicher Gewalt los. Die Baumriesen im Parke wurden wie schwache Rohre hin- und hergebogen. Es krachte und knatterte unaufhörlich, als sei alles, was sich dem Sturm entgegenstellte, dem Untergange geweiht. Und dann wieder in kurzer Folge Blitz und Donner, dazwischen das Heulen des Sturmes und endlich ein wolkenbruchartiger, mit Hagelschauern vermischter Regen.

Gräfin Thea war entsetzt in das Zimmer zurückgewichen und in einen Sessel gesunken. Schreckensbleich starrte sie vor sich hin und faltete die Hände. Wo mochte Joachim sein in diesem furchtbaren Unwetter? Kehrte er noch nicht heim?

Sie lauschte angstvoll hinaus und betete für ihren Sohn. Wieder krachte ein knatternder Donnerschlag hernieder. »Vater im Himmel – schütze meinen Sohn,« flüsterte sie mit bebenden Lippen.

Aber während dies Gebet zum Himmel stieg, lag Graf Joachim Wildenfels bereits blutüberströmt unter seinem Pferde auf der Chaussee. Ein durch den Sturm entwurzelter Baum hatte Pferd und Reiter unter sich begraben. Das Pferd war tot und Graf Joachim lag schwer verwundet und bewußtlos unter dem schweren Tierkörper.

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