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Mein Neujahrslied

Es war erst frühe Dämmerung
Mit leisem Tagverkünden,
Und nur noch eben hell genung,
Sich durch den Wald zu finden.

Der Morgenstern stand linker Hand,
Ich aber ging und dachte
Im Eichtal an mein Vaterland,
Dem er ein Neujahr brachte.

Auch dacht' ich weiter: »so, und so,
Das Jahr ist nun vergangen,
Und du siehst, noch gesund und froh,
Den schönen Stern dort prangen.

Der ihm dort so zu stehn gebot,
Muß doch gern geben mögen!
Sein Stern, Sein Tal, Sein Morgenrot,
Rund um mich her Sein Segen!

Und bald wird Seine Sonne hier
Zum erstenmal aufgehen! –«
Das Herz im Leibe brannte mir,
Ich mußte stille stehen

Und wankte wie ein Mensch im Traum,
Wenn ihn Gesichte drängen,
Umarmte einen Eichenbaum
Und blieb so an ihm hängen.

Auf einmal hört' ich's wie Gesang,
Und glänzend stieg's hernieder
Und sprach mit hellem hohen Klang,
Das Waldtal sprach es wieder:

Der alten Barden Vaterland!
Und auch der alten Treue!
Dich, freies unbezwungnes Land
Weiht Braga hier aufs Neue.

Zur Ahnentugend wieder ein!
Und Friede deinen Hütten,
Und deinem Volke Fröhlichsein,
Und alte deutsche Sitten!

Die Männer sollen, jung und alt,
Gut vaterländ'sch und tüchtig
Und bieder sein und kühn und kalt,
Die Weiber keusch und züchtig!

Und deine Fürsten groß und gut!
Und groß und gut die Fürsten,
Die Deutschen lieben und ihr Blut
Nicht saugen, nicht Blut dürsten!

Gut sein! Gut sein! ist viel getan,
Erobern, ist nur wenig;
Der König sei der bess're Mann,
Sonst sei der bess're König!

Dein Dichter soll nicht ewig Wein,
Nicht ewig Amorn necken!
Die Barden müssen Männer sein,
Und Weise sein, nicht Gecken!

Ihr Kraftgesang soll himmelan
Mit Ungestüm sich reißen! –
Und du, Wandsbecker Leiermann,
Sollst Freund und Vetter heißen!


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