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Ein verzweifeltes Wagnis

Was nun? fragte Florensal, als die beiden aus dem Sklaventor heraustraten und einen Augenblick im glänzenden Sonnenschein standen.

Geh voran nach den Steinbrüchen, wo wir Gefangene waren, und nach dem Räume, in dem wir schliefen.

Du scheinst der kurzen Freiheit schon müde zu sein, bemerkte der Prinz.

Wir müssen Talaskar holen, wie ich es ihr versprach, erinnerte ihn Tarzan.

Ich weiß es, sagte der Zertolosto, und ich bewundere deine Charakterstärke und deinen Mut, aber ich beklage deinen Mangel an Urteilskraft. Es ist unmöglich, Talaskar zu retten. Andernfalls wäre ich der erste, der ihr zu Hilfe eilt. Aber ich weiß so gut wie das Mädchen selbst, daß für sie die Lage hoffnungslos ist. Wir aber werden auf diese Art nur unseren Herren wieder in die Hände fallen.

Hoffentlich nicht, entgegnete Tarzan. Aber wenn du so sicher bist, daß unser Versuch fehlschlägt und daß wir nur wieder eingefangen werden, dann begleite mich lieber nicht. Nur zu dem Raume, in dem Talaskar steckt, mußt du mich führen. Das ist alles, was ich verlange.

Denkst du, ich scheue die Gefahr? fragte der Prinz. Nein, wo du hingehst, gehe ich mit. Fangen sie dich, dann sollen sie auch mich fangen. Mögen wir ins Verderben gehen, aber laß uns beisammen bleiben.

Gut denn, sagte Tarzan, dann zeige mir den Weg in die Steinbrüche und laß uns deine Kenntnis des minunischen Lebens und unsere Klugheit benützen, um ohne viel Reden Zugang zu finden.

Ohne angehalten zu werden, gingen sie durch die schattigen Alleen zwischen den Dombauten von Veltopis, bis sie draußen auf die langen Reihen von Sklaven mit ihren Begleitmannschaften trafen, die den Weg zu den Steinbrüchen bezeichneten. Sie reihten sich in die Reihen der auf der Seite mitgehenden Wachmannschaften ein und gelangten so zum Eingang.

Dort wurden die Nummern der Sklaven kontrolliert und in ein Buch eingetragen, aber auf die Bewachung gab zu Tarzans Erleichterung niemand acht. Sie zogen neben ihren Trupps mit ins Innere hinab, ohne kontrolliert oder auch nur gezählt zu werden, und mit ihnen zogen Florensal, Kronprinz von Trohana, und Affentarzan.

Als sie erst einmal im Steinbruch waren und die Wache hinter sich hatten, blieben sie immer mehr zurück, so daß sie gerade an der Sohle, auf die sie wollten, abschwenken konnten, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Als sie die fünfunddreißigste Sohle erreichten und den Tunnel nach dem gesuchten Raume betraten, fanden sie sich allein, denn mit Ausnahme von morgens und abends beim Aus- und Einrücken hielt sich niemand in den Stollen nach den Sklavenunterkünften auf.

Vor der Eingangsöffnung fanden sie einen einzigen Krieger auf Posten. Er hockte auf dem Boden und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand, aber als sie näherkamen, erhob er sich und rief sie an.

Florensal, der voranging, blieb vor ihm stehen und sagte: Wir sollen die Sklavin Talaskar holen.

Tarzan, der dicht hinter seinem Freunde stand, sah einen Blitz im Auge des Soldaten aufleuchten. Ob er sie erkannte?

Wer schickt euch? fragte der Krieger.

Ihr Herr, Zoanthro, erwiderte der Prinz.

Das Gesicht des Soldaten nahm einen verschmitzten Ausdruck an: Geht hinein und holt sie, sagte er, das Tor öffnend.

Florensal ließ sich auf Hände und Knie nieder und kroch durch den niedrigen Einlaß, aber Tarzan blieb, wo er war.

Geh hinein! sagte der Posten zu ihm.

Ich bleibe hier, antwortete der Affenmensch. Um ein einzelnes Sklavenmädchen zu holen, sind doch nicht zwei nötig.

Der Krieger zögerte einen Augenblick, dann schloß er hastig den Eingang und schob die Riegel vor. Als er sich nach Tarzan umdrehte, der ihm nunmehr allein im Gange gegenüberstand, hielt er den gezückten Degen in der Hand, aber Zuanthrol erwartete ihn bereits mit dem seinen.

Ergib dich! rief der Soldat. Ich habe euch beide sofort erkannt.

Das dachte ich mir, sagte Zuanthrol, du bist klug, nur hast du deine Augen nicht in der Gewalt. Sie haben dich verraten.

Aber mein Schwert ist kein Verräter, fuhr der Soldat los und führte einen tückischen Stoß nach der Brust des Affenmenschen.

Leutnant Paul d'Arnot war bekannt als einer der besten Fechter in der französischen Marine und hatte seinem Freunde Greystoke in den vielen Stunden, die sie mit den Rapieren verbrachten, einen guten Teil der eigenen Kunst beigebracht. Heute widmete Tarzan dem fernen Freunde ein Dankgebet für die gründliche Schulung, denn er merkte bald, daß ihm sein Gegner, obgleich ein guter Fechter, doch nicht über war, so daß er durch größere Kraft und Gewandtheit Sieger bleiben mußte.

Sie hatten ein oder zwei Minuten gefochten, als der Krieger gewahr wurde, daß er es mit keinem gewöhnlichen Feind zu tun hatte. Er befand sich Tarzans Angriffen gegenüber schon dadurch im Nachteil, daß er vor dessen Ausfällen nicht zurückweichen konnte, weil er an der Wand stand, während seinem Gegner die ganze Länge des Stollens zum Vor- und Zurückgehen zur Verfügung stand. Er suchte Tarzan zurückzudrängen und erhielt dafür einen Stich in die Schulter. Darauf begann er um Hilfe zu rufen, und der Affenmensch sagte sich, es sei Zeit, ihn rasch zum Schweigen zu bringen. Eine Finte verlockte den Soldaten zu einem wilden Ausfall, Tarzan wich aus, trat vor und stieß dem andern die Klinge ins Herz. Er zog seinen Degen zurück, schob die Riegel des Eingangs zurück und öffnete die Türe. Florensal kauerte mit bleichem Gesicht dahinter, aber als er Tarzan und den toten Wachtposten erblickte, kam er lächelnd durch die Öffnung herausgekrochen.

Was war hier los? fragte er.

Der Mann hatte uns erkannt. Aber wo ist Talaskar?

Sie ist nicht mehr hier. Kaloban hat sie von Zoanthro gekauft und mitgenommen.

Tarzan drehte sich kurz um: Schließ den Eingang und dann fort von hier.

Florensal schloß und verriegelte die Türe. Wohin jetzt? fragte er.

Kalobans Wohnung suchen, antwortete der Affenmensch.

Der Prinz zuckte die Achseln und folgte seinem Freunde. Sie stiegen ohne Zwischenfall wieder bis zur sechzehnten Sohle empor, als sich aus einer Reihe der Sklaven plötzlich ein Gesicht nach ihnen umdrehte. Nur einen Augenblick sahen sich der Sklave und Tarzan in die Augen, dann verschwand der Bursche in einem Querstollen.

Wir müssen uns beeilen, flüsterte Tarzan seinem Gefährten zu.

Warum denn jetzt mehr als vorher? fragte Florensal.

Bemerktest du den Burschen, der sich eben noch einmal nach uns umsah?

Nein, wer war das?

Caraftap, erwiderte Tarzan.

Hat er dich erkannt?

Das kann ich nicht sagen. Aber meine Erscheinung schien ihm bekannt vorzukommen. Hoffentlich hat er uns nicht genau gesehen. Aber ich fürchte, es wird doch der Fall sein.

Dann müssen wir sobald als möglich suchen, hier und auch aus Veltopis hinauszukommen.

Sie eilten vorwärts.

Wo ist Kalobans Wohnung? fragte Tarzan.

Ich weiß nicht. In Trohana machen die Krieger immer nur kurze Zeit Dienst im Steinbruch und bleiben während dieser Zeit unten bei den Sklaven. Ich weiß nicht, wie es hier ist. Vielleicht ist Kalobans Kommando im Steinbruch schon zu Ende. Möglich aber auch, daß die Kommandos hier sehr lange dauern, und daß er auf dem obersten Geschoß der Steinbrüche wohnt. Wir müssen eben fragen.

Bald danach trat Tarzan zu einem Krieger, der mit ihm und Florensal in gleicher Richtung ging. Wo finde ich den Vental Kaloban? fragte er.

Wenn dich das etwas angeht, dann frage im Wachraum danach, entgegnete der Gefragte nach einem raschen Blick auf die zwei Flüchtlinge. Ich weiß es nicht.

Nach dieser Auskunft beeilten sie ihre Schritte, um diesem Burschen aus dem Gesicht zu kommen, denn sie hegten bereits beim geringsten ungewöhnlichen Umstand Verdacht und suchten so rasch wie möglich aus dem Steinbruch herauszukommen. Nahe am Eingang trafen sie wieder auf eine Reihe von Sklaven, die ihre schweren Lasten von Steinblöcken hinausschafften, und gingen mit ihnen zu der Wachtstube, wo die Sklaven auf der Liste ausgetragen wurden. Der Offizier und seine Leute kontrollierten ganz mechanisch und es schien schon, als sei es ebenso leicht, aus dem Steinbruch heraus wie in ihn hineinzukommen, da runzelte der Offizier plötzlich die Stirn und begann zu zählen.

Wieviel Sklaven stark ist dieser Trupp? fragte er.

Hundert, erwiderte einer der Begleitleute.

Wozu denn dann vier Wächter? fragte der Offizier.

Wir sind nur zwei, entgegnete der Krieger.

Wir gehören nicht dazu, erklärte Florensal.

Was wollt ihr denn dann hier? fragte der Offizier.

Wenn wir mit dir allein sprechen können, kann ich dir das rasch erklären, erwiderte der Prinz.

Der Offizier gab dem Sklaventrupp das Zeichen zum Abrücken, gab Florensal und Tarzan einen Wink, ihm zu folgen, und führte sie in einen kleinen Nebenraum, der ihm als Schlafzimmer diente.

Zeigt mir jetzt eure Pässe, sagte er dann.

Wir haben keine, sagte Florensal.

Keine Pässe? Das ist aber schwer zu verstehen!

Oh, aber nicht für jemand von deinem Scharfsinn, erwiderte der Prinz, der mit den Goldstücken in seiner Tasche zu klimpern begann. Wir suchen nach Kaloban. Wie wir erfahren haben, besitzt er einen Sklaven, den wir kaufen wollen. In der kurzen verfügbaren Zeit konnten wir uns keinen Paß besorgen und wagten es, in einer so unbedeutenden Angelegenheit ohne solchen in den Steinbruch zu kommen. Kannst du uns nicht sagen, wo wir Kaloban finden? Damit klimperte der Prinz wieder mit seinen Goldstücken.

Mit Vergnügen tue ich das, erwiderte der Offizier. Er wohnt im fünften Geschoß des Königsdomes auf dem Mittelflur, etwa halbwegs zwischen dem Königsflur und dem Kriegerflur. Da er heute früh im Steinbruch abgelöst wurde, werdet ihr ihn ohne Zweifel zu Hause finden.

Wir danken dir, sagte Florensal, der sich nach minunischer Sitte nach rückwärts beugte. Dann fügte er wie infolge eines nachträglichen Einfalls hinzu: Wir wären mit Dankbarkeit erfüllt, wenn wir dies geringe Zeichen unserer Verpflichtung hier lassen dürften. Damit zog er ein großes Goldstück aus der Tasche und hielt es dem Offizier hin.

Um nicht undankbar zu erscheinen, erwiderte der Offizier, will ich deine freundliche Gabe annehmen, um damit die Leiden der Armen zu lindern. Möge nie der Schatten eines Unheils über deinen Weg fallen.

Alle drei verbeugten sich erneut, und Tarzan und Florensal befanden sich im nächsten Augenblick wieder in der frischen freien Luft an der Erdoberfläche.

Also sogar in Minunien! seufzte Tarzan.

Was willst du damit sagen? fragte sein Freund.

Ich dachte eben an meine einfache, ehrenhafte Dschungel und an Gottes Geschöpfe, die die Menschen Tiere nennen.

Wie sollten wir sie denn nennen?

Nach dem Maßstab, den die Menschen aufstellen und dann nicht gelten lassen, müßten die Tiere Halbgötter sein, bemerkte der Affenmensch.

Ich glaube, ich verstehe dich, entgegnete der andere, aber nimm einmal an, ein Löwe hätte den Ausgang des Steinbruchs bewacht. Den hättest du nicht mit einem Goldstück veranlassen können, uns gehen zu lassen. Die Schwächen der Menschen haben auch ihre Vorteile. Diesmal halfen sie dem Rechte zum Sieg über das Unrecht, und die Bestechung trug das Gewand der Tugend.

Sie kehrten zum Königsbau zurück, um den sie auf der Ostseite herumgingen, bis sie zum Nordeingang kamen, an dem in jedem Dom der Sklavenflur ausmündet. Sie hatten den Bau durch den Kriegerflur verlassen und fürchteten die Gefahr der Entdeckung zu vergrößern, wenn sie zu oft die gleichen Wege benützten. Jemand, der sie vielleicht beim ersten Male nur halb gesehen hatte, konnte sie beim zweiten oder dritten Male richtig erkennen.

Schon nach wenigen Minuten hatten sie das fünfte Geschoß erreicht. In kühner Haltung nahmen sie ihren Weg nach jener Stelle im Mittelflur, wo sie der Angabe nach Kaloban finden mußten. Aber gleichwohl waren sie dauernd auf dem Sprunge, denn sie wußten, daß ihre größte Gefahr in der Möglichkeit lag, Kaloban könne sie wiedererkennen. Und da er sie oder wenigstens Tarzan von allen Leuten von Veltopis am eingehendsten zu Gesicht bekommen hatte, war stark damit zu rechnen.

Sie waren etwa bis in die Mitte zwischen dem Sklaven- und dem Kriegerflur gekommen, als Florensal eine junge Sklavin anhielt und nach Kalobans Wohnung fragte.

Um zu ihm zu kommen, mußt du erst durch Hamalbans Wohnung. Dort der dritte Eingang ist es.

Tarzan fragte Florensal, ob er es für schwierig halte, in Kalobans Wohnung zu kommen.

Nein, erwiderte dieser. Die Schwierigkeit beginnt erst, wenn wir drin sind und nicht wissen, was wir tun sollen.

Aber wir wissen doch, wozu wir hergekommen sind, meinte der Affenmensch. Wir brauchen doch nur unsere Absicht durchzuführen und dabei etwa auftretende Hindernisse aus dem Wege zu räumen.

Das ist freilich einfach! lachte der Prinz.

Tarzan mußte selbst lächeln. Ich gebe zu, ich habe nicht die mindeste Ahnung, was wir beginnen werden, wenn wir erst drin sind, oder wie wir wieder mit Talaskar heraus- und fortkommen sollen. Aber das ist kein Wunder, da ich von all den Umständen, denen ich in dieser wunderbaren fremden Welt begegne, nicht das mindeste weiß. Doch wir können nur unser möglichstes tun. Bisher ist die Sache viel einfacher gegangen, als ich dachte, vielleicht bringen wir alles mit ebensowenig Reibungsflächen zu Ende. Vielleicht ist auch alles nach dem nächsten Dutzend Schritten für immer vorbei.

Sie machten vor dem dritten Eingang halt und sahen hinein. Mehrere Frauen hockten drin auf dem Boden. Zwei davon gehörten der Kriegerkaste an, die anderen waren Sklavinnen der weißen Tunika. Florensal trat kühn ein.

Ist das hier Hamalbans Wohnung? fragte er.

Das ist sie, erwiderte eine der Frauen.

Wohnt dahinter Kaloban?

Ja.

Wer kommt hinter Kaloban? fragte der Mann von Trohana weiter.

Ein langer Gang führt nach dem äußeren Umlauf. An diesem Gang liegen viele Räume, in denen Hunderte von Leuten wohnen. Ich kenne nicht alle. Wen suchst du denn?

Pastokar, antwortete der Prinz, der den ersten ihm einfallenden Namen nannte.

Den Namen kenne ich nicht, sagte die Frau nachdenklich.

Ich werde ihn schon finden, besten Dank, erklärte Florensal. Man wies mich an, durch die Behausung von Hamalban und Kaloban durchzugehen, dann würde ich auf einen Gang kommen, auf den die Räume Pastokars hinausführen. Aber vielleicht ist Kaloban daheim, dann kann er mir genauer Bescheid geben.

Kaloban ist mit Hamalban ausgegangen, sagte die Frau. Aber wenn ihr warten wollt, sie müssen gleich wiederkommen.

Nein, danke, sagte Florensal hastig. Wir werden Pastokar schon finden. Möchten deine Kerzen hell und lange brennen! Ohne weitere Umstände schritt er durch den Raum und betrat Kalobans Räume. Affentarzan folgte ihm auf den Fersen.

Ich glaube, wir müssen uns beeilen, sagte der Prinz.

Tarzan sah sich rasch im ersten Zimmer um. Es war leer, aber mehrere andere Zimmer waren damit verbunden, deren Türen sämtlich verschlossen oder verhängt waren. Der Affenmensch stieß die nächste Tür auf. Der Raum dahinter war finster.

Hol' eine Kerze, Florensal, sagte er.

Der Prinz brachte ein paar aus einer Nische herbei.

Ein Lagerraum, sagte er, ins Dunkel hineinleuchtend. Nahrungsmittel, Kerzen, Bekleidungsstücke. Kaloban ist kein Bettler. Ihn hat der Steuereinnehmer scheint's noch nicht zugrunde gerichtet.

Tarzan stand in der Tür des Speichers dicht hinter seinem Freunde und drehte sich plötzlich um. Er hatte draußen in Hamalbans Wohnung Männerstimmen gehört. Gleich darauf erkannte er die Stimme des Vental. Komm! brüllte dessen rauhe Kehle. Komm mit mir in mein Quartier, Hamalban, ich will dir meine neue Sklavin zeigen.

Tarzan schob den Prinzen in den Lagerraum, folgte ihm und schloß hinter sich die Türe. Hast du es gehört? flüsterte er.

Ja, es war Kaloban.

Der Lagerraum besaß ein mit Stoff verhängtes Gitterfenster, das den beiden einen Ausblick auf den Raum draußen gewährte. Außerdem konnten sie alles hören, was die zwei Männer, die jetzt durch Hamalbans Wohnung eintraten, einander erzählten.

Ich sage dir, sie ist das beste Geschäft, das ich je gemacht habe, rief Kaloban. Aber warte, ich werde sie holen. Er trat zu einer Türe, die er mit einem Schlüssel öffnete. Komm heraus! brüllte er dann, den Türflügel aufreißend.

In der hochmütigen Haltung einer Königin trat Talaskar ins Zimmer heraus, ohne die mindeste Unterwürfigkeit zu zeigen. Sie blickte fast mit Verachtung auf den Vental. Und sie war wirklich eine Schönheit. Florensal hatte nie zuvor mit solcher Überzeugung die Schönheit des kleinen Sklavenmädchens empfunden, als sie noch für ihn kochte. Kaloban hatte ihr eine weiße Tunika aus grobem Stoff gegeben, die die Olivenfarbe ihrer Haut und die Schwärze ihres vollen Haares wirkungsvoller hervorhob als das billige grüne Zeug ihrer früheren Bekleidung.

Sie gehörte Zoanthro, erklärte Kaloban seinem Freunde. Aber er kann sie unmöglich je gesehen haben, sonst hätte er sie mir nicht für die armselige Summe abgelassen, die ich für sie bezahlt habe.

Willst du sie zum Weibe nehmen und in deine Kaste erheben? fragte Hamalban.

Nein, erwiderte der andere. Dann wäre sie kein Sklave mehr und ich könnte sie nicht wieder verkaufen. Weiber sind viel zu teuer. Ich werde sie einige Zeit behalten und dann weiterverkaufen, solange sie noch viel Geld wert ist. Ich denke, mit ihr ein gutes Geschäft zu machen.

Tarzan krümmte seine Finger, als ob sie sich um den Hals eines Gegners schlössen, und Florensals Hand fuhr nach dem Degengriff.

Ein Weib kam von Hamalbans Wohnung und blieb unter der Türe stehen.

Zwei Wachen aus den Steinbrüchen mit einem grünen Sklaven wollen Kaloban sprechen, sagte sie.

Laß sie herein, befahl der Vental.

Die drei traten ins Gemach; der Sklave war Caraftap.

Ah, rief Kaloban. Mein braver Sklave Caraftap, der wackerste Mann im Steinbruch! Warum bringt ihr ihn hierher?

Er behauptet, eine Mitteilung von höchster Wichtigkeit zu haben, will sie aber keinem als dir anvertrauen. Er verbürgt sich mit seinem Leben für den Wert seiner Angabe, und der Novand der Wache hat ihn daraufhin zu dir bringen lassen.

Was hat der zu melden? fragte Kaloban.

Einen Umstand von größter Wichtigkeit, rief der Sklave. Der edle Zoanthro, ja sogar der König wird dafür dankbar sein. Aber wenn ich meine Aussage mache und doch wieder in die Steinbrüche zurück muß, werden mich die anderen Sklaven umbringen. Du warst stets gütig gegen mich, o Vental Kaloban, darum bat ich, man möge mich zu dir bringen, denn ich weiß, wenn du mir versprichst, daß ich mit der weißen Tunika belohnt werde, falls mein Dienst, den ich euch jetzt leiste, mich dessen würdig macht, dann fühle ich mich sicher.

Du weißt, daß das nicht in meiner Macht steht, antwortete Kaloban.

Aber der König kann es, und wenn du dich dafür verwendest, wird er es tun.

Ich kann dir soviel versprechen, daß ich mich beim König für dich verwenden werde, wenn deine Meldung wirklich von Wert ist, das ist aber alles, was ich tun kann.

Das genügt mir, aber du mußt es mir auch versprechen, sagte Caraftap.

Nun gut denn, ich verspreche es dir. Was ist das für eine Nachricht, die dem König so wichtig sein wird?

Neuigkeiten verbreiten sich in Veltopis äußerst schnell, sagte Caraftap. So hörten wir denn in den Steinbrüchen bereits vom Tode der beiden Sklaven Ponato und Zuanthrol, kurz nachdem ihre Leichen gefunden worden waren. Beide waren Sklaven von Zoanthro und mit mir zusammen in der gleichen Unterbringung; daher kannte ich sie beide genau. Denke dir aber meine Überraschung, als ich vorhin im Hauptspiralweg den beiden, Zuanthrol und Ponato, begegnete, die als Krieger gekleidet an die Oberfläche hinaufstiegen.

Wie sahen die zwei aus? fragte plötzlich einer der beiden Begleiter Caraftaps.

Der Sklave beschrieb sie, so gut er konnte.

Sie waren es! rief der Krieger. Eben diese zwei hielten mich auf der Spirale an und fragten nach Kalobans Wohnung.

Eine Anzahl Weiber und Männer hatten sich inzwischen, durch die Anwesenheit eines grünen Sklaven mit seinen Wachmannschaften angezogen, vor Kalobans Türe gesammelt. Eine junge Sklavin war dabei, die jetzt rief: Mich haben sie auch danach gefragt, und vor gar nicht langer Zeit.

Nun stieß eines von Hamalbans Weibern einen Ruf der Überraschung aus. Eben vor einem Augenblick sind sie hier durch die Wohnung gekommen und nach Kalobans Quartier gegangen. Sie fragten nach einem Namen, der mir entfallen ist.

Pastokar, erinnerte sie eine andere.

Ja, ja, Pastokar, und sie sagten, er habe seine Wohnung auf dem Gange, der von Kalobans Behausung nach dem Außenflur führe.

Im ganzen Königsdom gibt es keinen dieses Namens, sagte Kaloban. Das war nur ein Vorwand, um in meine Wohnung zu kommen.

Oder hindurchzugelangen, mutmaßte der eine von der Steinbruchswache.

Wir müssen ihnen gleich nachsetzen, meinte der andere.

Kaloban, sagte der erste, behalte du solange Caraftap hier, bis wir wiederkommen, und suche inzwischen deine eigene Wohnung und deren Nachbarschaft gründlich durch. Er bedeutete dem anderen Soldaten durch eine Handbewegung, ihm zu folgen. Sie schritten durch den Raum, gingen in den Gang nach dem Außenflur hinaus und Hamalban und alle anderen Leute, die ins Zimmer eingedrungen waren, folgten ihnen, bis sich Kaloban und Caraftap mit den Weibern in des Ventals Quartier allein fanden.


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