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XXV.

In der großen Gesamtarbeit des Rubens sprechen seine Landschaften eine ganz besondere Sprache und stehen auch zu ihrem Urheber seelisch in einem ganz besonderen Verhältnis.

Hier war die Tradition von Antwerpen nicht unwichtig; aus Gemälden und aus Stichen, auch ziemlich umfangreichen, seiner nächsten Vorgänger, der Breughel, Vinckeboms u. a., war Rubens von Jugend an vertraut mit Darstellungen von heiligen, auch mythologischen Geschichten und Gestalten, die gleichsam nur den kleinen Vorwand geliehen hatten zu großen phantastischen, meist überreichen landschaftlichen Anblicken. In Italien, dessen Landschaftsmalerei von allem Anfang der Renaissance an nicht völlig vom niederländischen Einfluß auszuscheiden ist, lebte gegen Ende des 16. Jahrhunderts ein ähnlicher Phantasiestil wie in den Niederlanden, und hier kam eine monumentale Anwendung in Fresko hinzu, und die römischen Historienmaler der Manieristenzeit nahmen in Kirchen und Palästen sogar öfter Niederländer zu Hilfe für das Landschaftliche. Doch war, als Rubens in Rom erschien, bereits eine Wandlung eingetreten: bei Annibale Carracci und (wie man annimmt) durch diesen bei einem hochstehenden Landsmann des Rubens, Paul Bril, waren die Phantastik und der Überreichtum gewichen zugunsten der Vereinfachung, der Beschränkung auf wenigere und mächtigere Formen und der größeren Wahrheit der Vegetation. Rubens muß Bril in Rom gekannt haben, und mit einem anderen Hauptrepräsentanten der veredelten Landschaft, Adam Elzheimer von Frankfurt, trat er wohl in nahen Verkehr, wovon bei Anlaß des Bildes der Flucht nach Ägypten vermutungsweise die Rede gewesen ist. Dagegen hat die Landschaftsmalerei von Venedig den Rubens, wie es scheint, nur wenig berührt. Einen gewissen Eindruck der Landschaftsgründe tizianischer Mythologiebilder in der Proportion und in der Zusammenstimmung zu den Figuren wird man jedoch nicht ganz leugnen können, und auch Tintoretto mit seinen phantastischen Lichteffekten der Formen könnte ihm einige Anregung geboten haben. – Irgendeinen bestimmten landschaftlichen Anblick aus Italien hat Rubens nicht dargestellt und von der dortigen großen Vegetation nichts in seine Bilder aufgenommen. Die einzige eigentliche Vedute von ihm ist wohl das mehrmals, aber jetzt wahrscheinlich nur noch von Schülerhand vorhandene Eskorial, vielleicht schon eine Frucht seiner ersten spanischen Reise. Laut dem Exemplar von Dresden erscheint dasselbe sehr frei und wie aus dem Gedächtnis gemalt; durch das ganze Bild ziehen sich Sonnenblicke zwischen tief sich hinabsenkenden Wolken, und noch unmittelbar hinter dem großen Bau geht ein schwacher Lichtstrahl nieder.

Bekanntlich lernt man in den erzählenden Bildern des Rubens einen ganz anderen Himmel kennen; es sind jene weichen, herrlichen, feuchten Lüfte mit den schön gebildeten Wolken, und oft glaubt man gerne, er habe eigenhändig damit den Ton angegeben auch in Großmalereien, wo sonst das meiste von Schülern ausgeführt wurde. Sollte hier ein italienischer Vorgänger Eindruck auf ihn gemacht haben, so wäre es Paolo Veronese gewesen, bei welchem er eine ähnliche Harmonie der Erzählung mit den Lüften vorfand wie die, welche dann die seinige wurde.

In der Heimat angelangt, traf er wieder auf seinen Freund Jan Breughel, den sogenannten Sammetbreughel (1568-1625). Derselbe hatte früher ebenfalls in Italien geweilt, aber nicht als Schüler der dortigen Kunst, sondern vielmehr um seiner niederländischen Phantasie und Feinarbeit willen als hoch geltender Fiamingo. Nunmehr jedoch, in Antwerpen, vertrat er eine höchst ehrenwerte, ja große besondere Stellung des Überganges in der landschaftlichen Komposition und in der reichen Staffage derselben, die teils biblisch, teils niederländisch volkstümlich ist. In beiden Beziehungen ist er über das Phantastische und Grelle hinausgelangt und hängt mit den Früheren nur noch durch einen allgemeinen Überreichtum zusammen. Jan Breughel resümiert noch einmal sehr glänzend die Kunst des Vielen, Kleinen, Einzelnen, während mit Rubens die Größe im Anzug ist, und in der Landschaft ist er ein recht ansehnlicher Poet und der letzte Große der älteren Art; von seinen Staffagen aber sind namentlich die spätesten vorzüglich lebendig, zumal die der Reisenden mit Wagen und Rossen, öfter in ganzen Karawanen. Außerdem hat er auf seine früheste Übung, die Blumenmalerei, nie verzichtet. Für ideale, zumal mythologische Gegenstände verband er sich gern mit anderen, und so nunmehr mit Rubens, und für kostbare Bilder. Wir nennen hier nur, was die Pinakothek von München enthält: die schlafende Diana mit Nymphen, von Satyrn belauscht, und die ausruhende Diana mit ihrem Geleit (das erstere Bild eigenhändig in den Figuren von Rubens) haben Landschaften und Tiere von Breughel; um die berühmte Madonna mit dem Kinde aber malte dieser den »Blumenkranz«, nach dem das Bild jetzt benannt wird und um den die elf Putten schweben. Hier, wo man eine Rosengirlande in der großen malerischen Art des Daniel Seghers vorziehen würde, ging vielleicht die kollegiale Verträglichkeit zu weit, denn die herrlichen, vielartig ausgewählten Blumen Breughels gehören noch dem gewissenhaften, eher miniaturartigen älteren Stil an, allein die beiden großen Künstler haben nun einmal jeder dem anderen seine Empfindung frei lassen wollen. Auch in dem prächtigen Paradies (Hauptexemplar in der Galerie von Haag), wo von Rubens Adam und Eva gemalt sind, durfte Breughel, der die Landschaft und die zahlreichen Tiere übernahm, den Vordergrund mit allerlei einzelnen schönen Blumen schmücken. Die merkwürdigste Kollaboration endlich zeigt (wiederum in der Pinakothek von München) das Bild der Flora mit den Putten und Nymphen, wo Breughel, durch sein reiches und prächtiges Blumendickicht in einer Waldlichte mit Ruinen sogar den Vorrang zu behaupten scheint.

Sonst hat Rubens in seinen Erzählungen selber über die Landschaft verfügt und dieselbe – wenigstens in den Großmalereien – nebst dem Terrain des Vordergrundes und den Akzessorien hauptsächlich durch Lucas van Uden und Jan Wildens ausführen lassen. Die landschaftlichen Gründe, und vollends die eigenhändigen, wird man nun bei näherer Betrachtung oft viel bedeutender finden als beim ersten Anblick. Bilder wie der »Raub der Leukippiden«, wie das »Urteil des Paris«, wie der »Liebesgarten« verraten einen mächtigen Landschaftsmaler, der zu seiner Erzählung die Wirkung der großen freien Natur meisterlich hinzuzunehmen vermag und Licht und Luft, Vegetation und Ferne sich zu dienenden Genossen macht. Schon die landschaftlichen Fernen in der Galerie des Luxembourg (wo er außer den Genannten auch Jodocus Momper zum Gehilfen hatte), so wenig sie zu bedeuten scheinen, wirken bei öfterer Betrachtung ungemein poetisch. Von den Jagdbildern geht die kleinere Eberjagd von Dresden (eigenhändig) am Rande eines wundervollen Waldes vor sich, dessen Bäume noch alle einzeln auf das fleißigste charakterisiert sind, und dies frühe Bild läßt außer den Eindrücken von Jagd und Spazierritt noch ganz andere Studien erkennen.

In den selbständigen Landschaften aber offenbart sich unmittelbar ein nordischer Mensch mit einem Rest von Traumfähigkeit, die sich als Landschaft zu äußern begehrt und noch Kraft und Lust dazu übrig hat neben einer riesigen sonstigen Schöpfung. Was die Natur zu ihm redete, oft gewiß nur leise Worte, das setzte sich in seinem Innern zu eigenen, ergreifenden Visionen um, und so schenkte er es der Welt wieder. Deshalb sind es auch, soviel uns bekannt ist, lauter ausgeführte Bilder der vollständigen Palette und keine bloßen Skizzen oder vorläufigen Studien. Entstanden sind sie in verschiedenen Zeiten der großen Laufbahn, einzelne schon in Italien; sehr überwiegenden Teiles aber stammen sie aus der spätesten Zeit, und bei ihrem mäßigen, oft nur geringen Umfang waren sie wohl eine besonders erwünschte Staffeleiarbeit für den bereits von der Gicht in Anspruch Genommenen, der seine gesunden Zwischenzeiten auf jene obenerwähnten Hauptwerke für Altäre und Paläste gewandt haben wird. Die Landschaften scheint er meist für sich gemalt zu haben, und wenn gleichwohl eine große Anzahl davon gestochen worden ist, so geschah dies in einer Zeit, da sein Weltruhm und das Begehren nach irgendwelchen Schöpfungen von ihm die volle Höhe erreicht hatten. Auch die Stecher mögen es gewünscht haben, und namentlich Bolswert war in hohem Grade fähig, auf die Intentionen des großen Meisters einzugehen. Von etwa fünfzig anerkannten Landschaften sollen sechsunddreißig gestochen sein.

Irgendein Bedenken über Größe und Wichtigkeit der Staffage hat Rubens nicht gehabt, und man wäre ihm wunderlich vorgekommen mit Untersuchungen darüber, ob die Figuren in einer Landschaft ein ganzes Ereignis darstellen und von welchem Maßstabe sie sein dürften. Zu dem Schloß mit Wassergraben und Vorturm im Sonnenuntergang (Louvre) ist vielleicht der dreifache Lanzenkampf geharnischter Reiterpaare samt Herolden und Knappen erst durch einen zweiten Entschluß hinzugekommen, und nun ist das Gemälde überwiegend ein tragisches Genrebild, ein Turnier geworden. Und wer will genau nach Gattungen scheiden, wenn die ländlichen Beschäftigungen in herrlichen lebendigen Gruppen von Menschen und Tieren die Vordergründe bis in ziemliche Nähe erfüllen? Und die vortrefflichen Rinder, Pferde, Schafe usw. sind hier gewiß nicht von Snyders ausgeführt, sondern von dem Meister selbst, und vielleicht gehörten sie zu seinem eigenen ländlichen Besitz. Man betrachte z. B. die Münchener Landschaft mit dem Regenbogen und ebendort diejenige mit der weidenden Kuhherde und nehme im Pal. Pitti hinzu die abendliche Heimkehr von den Feldern zur Zeit der Heuernte. Das letztgenannte Bild gewährt, beiläufig gesagt, auch noch eine örtliche Andeutung, denn in dem weit entfernten hohen Turm wird man kaum einen anderen erkennen als den der Kathedrale St. Rombout zu Mecheln, in dieser Gegend aber lag Steen, der adelige Sitz, den Rubens 1635 erworben hatte. Dieses Steen selber lernt man dann kennen (National Gallery) in einer großen strahlenden Landschaft mit Morgenlicht; der nicht große Schloßbau erhebt sich links in den Bäumen; als Staffage duckt sich nur ein Jäger und legt auf Feldhühner an, und ein Wagen kommt vom Schlößchen her gefahren. Hier kennt Rubens jede Hecke und jeden Rain, jede Reihe von Weiden, jede Gruppe von Birken und jedes Bächlein. Er hat, ähnlich wie Philipp de Koninck und bisweilen selbst Ruysdael, den Augpunkt künstlich hoch nehmen müssen, um eine große, fast ebene Weite bis in alle Ferne zur Anschauung bringen zu können; das Ganze aber ist mit derjenigen heiteren Wonne behandelt, aus der die tiefste Teilnahme spricht, und schon die Luft (soweit sie unberührt geblieben) ist von den schönsten, die Rubens gemalt hat. Auch sonst bisweilen sind seine Fernen ein ganzes Land, mit Waldgruppen, Dörfern, Landhäusern, Wiesen, Feldern und Wasserflächen, und die Sonnenscheine herrschen weit und herrlich. – Der geschlossene Wald kommt hie und da vor, z. B. laut Stich des Bolswert in einem wundervoll von der Abendsonne durchglühten Bilde mit einer Jagd; sonst gibt der Meister dem Waldesrande den Vorzug und verleiht der Baumkulisse den höchsten Reiz, je nachdem das Licht hindurchgeht. – Von anderen ländlichen Szenen, die zugleich berühmte landschaftliche Anblicke sind, müssen hier nach Aussagen anderer erwähnt werden: in der Ermitage: La charrette embourbée, mit Sonnenuntergang und Mondaufgang, und in Windsor: die sogenannte Wiese von Laeken Aus eigener Anschauung fügen wir noch bei: in der National Gallery zwei kleine Bilder: ein sanft gegen einen fernen Waldrand hin steigendes Terrain mit herrlichen Baumgruppen, vorn rechts eine Furt, gegen die ein Wagen hinlenkt; und ein fabelhafter Sonnenuntergang mit einer Herde vorn und einem Schlößchen rechts; der Horizont über der Hälfte des Bildes – Galerie Baring (Lord Northbrook) in London: eine allerhöchste kleine Landschaft, wo vorn ein Wagen in ein Gewässer fährt. – Bridgewater Gallery: ein Bild, dessen Attribution fraglich bleiben mag, oben vier Pendentifs aus der Farnesina, darunter eine brillante Landschaft mit Gebirge, Wasser, Inseln, Städten, fast in der Art des Paul Bril. – Dudley House: Mondscheinlandschaft mit Bäumen, einem Gewässer mit Mondspiegel und bescheidener Ferne, vorn ein weidendes Pferd. – Grosvenor Gallery: ein fein ausgeführtes Bildchen, angeblich schon aus der voritalienischen Antwerpener Zeit: auf einer Höhe rechts Windmühlen, links ein tief eingeschnittenes Tal mit einem Schloß, Park und sanfter Ferne und mit etwas Meer; Bauern kommen von der Arbeit mit einem Wagen den Berg nieder. (Notizen von 1879.).

Der Louvre besitzt außer dem »Turnier« das namhafteste Pastorale, jenes auch in schönen, sogar wohl eigenhändigen Varianten und mehreren Stichen weitverbreitete Bild, das – Menschen, Schafherde und Landschaft zusammen – einen so reinen Eindruck abendlichen Friedens hervorbringt. Von den Hirtenleuten, zum Teil in frei antiker Tracht, kommt ein Paar eben von links heran, dann sitzt unter einem Baum ein Hirt in lautem, enthusiastischem Gesang, mit Flöten in den Händen; neben ihm ruht im Grase eine junge Frau, die zu jenem Paar hinaufschaut; in der Mitte des Vordergrundes aber ist ein reizendes Liebespaar gelagert, das unmittelbar aus der vornehmen Welt des »Liebesgartens« in das Hirtenleben herübergenommen ist und vielleicht auch die gleiche Entstehungszeit voraussetzen läßt. Die Landschaft, links mit Baumgruppen, deren verschiedenes Terrain durch Sonnenblicke dem Auge klargemacht wird, geht von der Mitte an in eine bedeutungsvolle, reich und schön abgestufte Ferne aus, über der die Wolken eines vergangenen Gewitters von dannen ziehen. – Von höchster Eigentümlichkeit ist dann, ebenfalls im Louvre, die kleine Landschaft mit dem Vogelnetz, der leider, wie der eben genannten, die unverletzte Erhaltung fehlt. Rubens malte hier zunächst zu seinem Vergnügen, wie er es auch sonst wohl tat, die Sonne in das Bild, und zwar in ihrem Kampf mit einer duftigen Atmosphäre; rechts ein Bach mit einem Brückchen, weiterhin eine Windmühle, ein Kirchturm und ein mäßiges Hügelland; links über eine Art von Hohlweg hat ein Vogelsteller ein großes Netz ausgespannt, und drei Leute sitzen am Boden und sehen ihm zu. Daß das Bild überaus originell wirkt, ist außer Frage; wie es sich aber aus alltäglichen Wahrnehmungen so hat gestalten können, darüber darf man weiter staunen. Wiederum mag man hier innewerden, daß es weniger darauf ankommt, was der Landschaftsmaler darstellt, als darauf, wie lieb ihm das ist, was er malt.

Manches andere ließe sich noch aus den Stichen hinzunehmen, und auch hier zeigt es sich mehrmals, was für bescheidene Motive des Terrains Rubens begeistern konnten. Doch hat auch hier der Waldesrand einmal seine erhabenste Darstellung gefunden, als ihm Bolswert jenen Stich schuf, wo ein hoher Waldhügel durch ein Gewässer begrenzt wird und unten ein Schafhirt seine Tiere hütet.

Freiheiten verschiedener Art hat sich Rubens immer herausgenommen; seine häufige Anwendung des Regenbogens muß man ihm nachsehen, zugleich aber bekennen, daß diese Aufgabe wenigstens keinem anderen besser gelungen ist. Und wie merkwürdig, daß er das Licht, und zwar auch lebhaftes Sonnenlicht, von zwei verschiedenen Seiten darf kommen lassen, ohne damit zu stören! Seine beständige und große Magie aber liegt in dem Wechsel von Wolkenschatten und Sonnenblicken. Diese letzteren lenkt er dann im Vordergrunde besonders auf die Staffage, auf Menschen und Herden; aber auch ausgetretene Wege, kleine Brücken, gefällte Baumstämme, Hecken und irrendes kleines Gewässer erhalten einen Sachwert und Raumwert, weil Licht und Schatten des Rubens sich ihrer angenommen haben. Dazu die wundervollste Abtönung gegen den Mittelgrund und eine manchmal nur ganz bescheidene Ferne, und auch der Schönheit aller Wasserspiegel darf man gedenken. Der Horizont ist nicht so tief angenommen wie bei den meisten Holländern, sondern eher um die Mitte des Bildes. Die Baulichkeiten, erst im Mittelgrunde beginnend, Meiereien, Kapellen usw., machen keine eigenen Ansprüche. Die herrschende Macht ist immer die Lichtwirkung gewesen.

Allein Rubens wurde bisweilen von seinem Geiste geführt, daß er das Meteorisch-Furchtbare darstellen mußte. Aus dem dritten Buch der Äneide entnahm er den Schiffbruch des Äneas an den Strophaden (Bild der Galerie Hope in London und ein, wie es scheint, entsprechender Stich): das Schiff ist an einem steilen Fels zerschellt, der einen Leuchtturm trägt; man sieht Gerettete flüchten; in der Ferne eine feste Hafenstadt; »ein glühendes Morgenrot erhellt die schwarzen Sturmwolken und die empörte See« (Waagen). Das erstaunlichste dieser Bilder aber ist (Galerie von Wien) jene schon oben, bei Anlaß von Philemon und Baucis erwähnte »Wasserflut von Phrygien«: ein weites Hochtal, schrecklich überschwemmt von einer Flut, die schon tote Tiere mit sich dahinführt; in den Lüften eine Feuer- und Wassermasse, in allen Wolken Blitze; das Licht von allen Seiten kommend, und links unten ein Regenbogen; die Wasserniveaus sind unmöglich und widersprechen einander, und dabei ist es ein Werk hohen Ranges. – Zu diesem Bilde scheint dann wie ein Gegenstück zu gehören der gewaltige Stich von Bolswert, wo nicht nur der Himmel in voller Empörung erscheint bis zum Wolkenbruch und das Steilgebirge auf schwarzem Wolkengrund von furchtbaren Blitzen erhellt ist, sondern auch das Meer von einem Orkan bis weit ins Land hineingejagt wird, gegen eine turmreiche Stadt und gegen ein näheres baumreiches Gelände mit Kirchen. Eine Unterschrift in zwei Distichen mahnt, diesen Kampf der Elemente als ein Sinnbild der Zwietracht auf Erden aufzufassen.

Endlich aber, in einem der herrlichsten Bilder des ganzen Pal. Pitti, nehmen die Sturmwolken über dem Meere ihren Abschied, und in der Höhe, als ferne ätherische Erscheinung, sieht man Pallas bittend vor Jupiter; weiche, warme Morgenlüfte nehmen den übrigen Horizont ein, und in schönstem Fabellicht ragt ein Gebirge steil empor mit Wasserfällen, Burgen und einer Gartenanlage von Terrassen und Prachtbauten. Es sind die Gärten des Alkinoos, Königs der Phäaken, deren Hafenstadt in der Ferne sichtbar wird. Im Vordergrunde erscheint, bittend und nackt, der schiffbrüchige Odysseus, für den sich Pallas bei Jupiter verwendet hat, und die Königstochter, deren Dienerinnen hatten vor ihm flüchten wollen, verfügt mit ruhigem Gebot, wie ihm mit Kleidung zu helfen sei; es ist Nausikaa.

So treffen sie denn zusammen, der aus Ionien und der aus Brabant, die beiden größten Erzähler, die unser alter Erdball bis heute getragen hat: Homer und Rubens.


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