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XXIV.

Für die Tiermalerei steht Rubens in der Mitte der Zeiten als größter Herr und Meister; es gibt eine solche vor ihm und eine andere seit ihm. Er vereinigte die zwei großen Eigenschaften, die hier in Frage kamen: den stärksten Drang der Erkenntnis und Darstellung monumentaler Tiere und die höchste Lust an allem Bewegten überhaupt. Dem ruhigen und auch dem ruhenden Tier kann Schönheit und Würde innewohnen, aber erst das stark und frei bewegte Tier offenbart das so höchst besondere Leben vollständig. Wer nun auf diese Weise begabt und vorherbestimmt ist, dem wird alles zur Anregung, und man wagt es kaum, ihm im einzelnen nachzurechnen, was alles ihn könne gefördert haben. Was Rubens aus der älteren niederländischen Kunst und aus deutschen Stichen und Holzschnitten mit auf den Weg empfing, war gewiß wenig, und kein Zug davon verrät sich z. B. in seinen Pferden. In Mantua aber waren es zwei große Eindrücke, die ihn unvermeidlich in Anspruch nahmen: in der Tiermalerei Mantegnas Triumph des Cäsar und in der Wirklichkeit der berühmte Marstall der Herzoge, dessen edelste Rosse sogar einzeln in den Fresken der Sala de' cavalli (Palazzo del Tè) verherrlicht zu werden pflegten; als Kavalier des Vincenzo Gonzaga begleitete er sogar ein Geschenk desselben, das aus Rossen und einem Prachtwagen bestand, an den Hof Philipps III. nach Valladolid (1603), und hier entstand ja sogleich ein großes Reiterbild, dasjenige des damals allmächtigen Herzogs von Lerma. In Italien redeten zu ihm aus dem Altertum vielleicht am deutlichsten die bewegten Rosse der Amazonenschlachten und Keltenschlachten an vorzüglichen Sarkophagen und hie und da ein schöner Marmorlöwe; aus der Renaissance aber erhielt er – abgesehen vielleicht von den ehernen Reitern des Donatello und des Verrocchio – wenigstens einen tiefen und ganz mächtigen Eindruck. Ihm kam vor Augen eine Zeichnung von oder nach Lionardo da Vinci, die den Reiterkampf um die Standarte aus dessen florentinischem Schlachtkarton wiedergab, und nun ist seine Nachbildung derselben unsere einzige Urkunde über dieses gewaltige Motiv. (Louvre, Handzeichnungen; dazu der Stich von Edelinck.) Ob er noch eine weitere Tradition von den Pferdestudien des Lionardo oder noch etwas von dessen Entwürfen zum Reiterbild des Francesco Sforza auf sprengendem Roß antraf, ist völlig unermittelt; von Michelangelo dagegen kannte er unvermeidlich jenes Fresko der Cappella Paolina im Vatikan mit dem wild, aber hölzern dahinjagenden Roß in Pauli Bekehrung; die sonstige Tierwelt des Michelangelo aber geht auffallend nahe zusammen: der vordere Zentaurenleib im Relief des Palazzo Buonarroti; der Fisch im Fresko des Jonas und das halbe Lasttier in der Sündflut (Cappella Sistina) sowie die teilweise sichtbaren Widder im Sagrifizio (ebenda). Sehr viel Größeres hatte Raffael dem Pferde abgewonnen (im Heliodor, im Attila, in der Konstantinschlacht, für die doch wohl ein genauer Karton von seiner Hand vorauszusetzen ist), und dasselbe ist mindestens so mächtig belebt und durchgeführt, daß es die großen pathetischen Momente in würdiger Erscheinung darstellen hilft. Dagegen ist für die ziemlich zahlreichen Tiere verschiedener Art, die in den Erzählungen der vatikanischen Loggien vorkommen, wie es scheint, den ausführenden Gehilfen zu viel freie Hand gelassen worden.

Auch den Venezianern verdankte Rubens in der Tierbildung wenig oder nichts. Von Giorgione kann er, wenn auch mangelhaft erhalten, am Fondaco de' Tedeschi jenes Fresko von »Reitern zwischen Säulenperspektiven« gesehen haben, das noch Ridolfi erwähnt. Tizian hat Tiere gut gemalt, wenn sie ihm stillhielten, zum Beispiel ganze Schafherden in einiger Ferne oder das Lamm des Johannes und auch das Kaninchen der Vierge au lapin (Louvre); seine Pferde aber (selbst dasjenige Karls V.) sind von mangelhafter Bewegung, und die sprengenden und stürzenden Rosse in seiner Brückenschlacht (sogenannte Schlacht von Cadore), die Rubens ohnehin nur aus den noch heute vorhandenen unsicheren Nachbildungen gekannt haben kann, zeigen eine sehr konventionelle Bildung. Sein bestes Tier möchte (Galerie von Kassel) der vorzügliche Jagdhund in dem Porträt des rot gekleideten Herrn sein, und trefflich ist noch dieses und jenes kleine Spaniel, aber nur ruhend, nicht bewegt, denn die natürlich bewegten Spaniele beginnen wohl erst mit Rubens und van Dyck. Am schlimmsten aber ist es in Venedig den Löwen ergangen. Man sollte erwarten, daß in einer Stadt, die dem Seetransport wilder Tiere so offenstand und den heiligen Markus zum Schutzpatron hatte, wenigstens der Löwe keine andere als eine vortreffliche Darstellung finden würde; allein selbst bei Tizian ist z. B. der Löwe des hl. Hieronymus (Brera) ein ganz konventionell gegebenes Tier, und von demjenigen im Votivbild des Dogen Grimani mit der Fides (Dogenpalast) kann man nur hoffen, daß er nicht von dem Meister selber gemalt sei; bei Tintoretto und Paolo sind die Löwen vollends geringe, wie aus einem untreuen Gedächtnis und widerwillig dargestellte Geschöpfe, und bei späteren gerät der Löwe sogar lächerlich sentimental. Die Pferde des Tintoretto sind kläglich, und selbst Paolo Veronese hat sich im Grunde nur geschickter durchgeholfen, ohne Liebe für das Tier. Die Köpfe gibt er vielleicht von allen bisherigen italienischen Malern am besten, und in seinen Pferdekulissen, d. h. Reiterfiguren am Rande von Bildern, ist er, wie man zugeben kann, selbst für Rubens lehrreich geworden; sobald aber das Pferd auch nur zur Hälfte in Seitenansicht auftreten soll, macht sich das Konventionelle geltend (Kreuztragung von Dresden), und bäumende Rosse sind trotz aller beabsichtigten Augenblicklichkeit von höchst dubioser Wirkung. (In S. Sebastiano zu Venedig einer der ovalen Soffitti aus der Geschichte der Esther; in der Sala del maggior consiglio des Dogenpalastes, in der vom Ruhm gekrönten Venetia, die Rosse der beiden Offiziere unten.) Wer sich aber näher von Paolos Gleichgültigkeit in Tierbildungen überzeugen will, vergleiche das Haupt des Stieres bei der Entführung der Europa in allen drei Varianten (Anticollegio-Saal des Dogenpalastes; kapitolinische Galerie; National Gallery). Erst bei Paolos Hunden hat man die Überzeugung, daß sie ganz freiwillig und um des schönen Anblickes willen gemalt seien, besonders der unvergeßliche falbe Hund, der an so vielen Stellen wiederkehrt; und hier lernte auch Rubens, wie in großen historischen Schildereien die Mitte eines Vordergrundes anmutig zu beleben sei durch eine Gruppe auserlesener Hunde. Von den Affen dagegen, die im vornehmen venezianischen Hause beliebt sein mochten und von Paolo selbst in heilige Malereien, wie z. B. in das Gastmahl Gregors des Großen (Monte Berico) aufgenommen wurden, hat Rubens keinen Gebrauch gemacht Etwa mit Ausnahme des Bildes vom Cimone (aus der Novelle des Boccaccio, Gal. von Wien), wo ein naschender Affe vorkommt.. Wohl fand er nun bei Jacopo Bassano (1510-1592) eine ganze, naturwahre und in Licht und Farbe vortrefflich zu Bildern zusammengestimmte Tierwelt vor, allein es war nicht diejenige, an der ihm gelegen sein konnte, sondern Schafe, Ziegen, Rinder, Esel, Schäferhunde usw. Dafür hatte allerdings der Florentiner Antonio Tempesta in seinen Stichen neben anderen Tieren auch die der fernen Wildnis, Löwen, Tiger, Elefanten usw., verewigt und noch eben, als Rubens nach Italien kam, ein Heft ausgehen lassen, das sogar die wildesten Kämpfe derselben abzuschildern vorgibt, allein es sind meist Tiere wie auf Hörensagen, und selbst Tempestas Haustiere lassen noch sehr viel zu wünschen übrig, auch die Rosse, mit denen er in zahlreichen historischen Kompositionen für den Stich so freigebig ist. – Ja, von dem Pferde darf man ganz im allgemeinen behaupten, daß mit Ausnahme des Lionardo alle italienischen Maler sich vor dem edlen Tiere eher gefürchtet haben, wenn sie es auch in Schlachten und Triumphen reichlich darstellen mußten. Gute Tierbildungen in Fresken des Annibale Carracci wurden oben erwähnt; die Pferde der bolognesischen Schule sind nirgends bedeutend in der Bildung, wenn auch diejenigen am Wagen des Apoll in Guidos Aurora eine vortreffliche Kontur machen.

Rubens nun mag von Jugend an Reiter gewesen sein; im mantuanischen Dienst wurde ihm dann die vollkommenste Kennerschaft des vornehmen Pferdewesens eigen, und in Antwerpen besaß er herrliche andalusische Rosse und »ritt wie andere Kavaliere und Herren von Rang mit goldener Kette angetan durch die Stadt«. (Bellori, le Vite etc., p. 246.) Allerdings ist seither eine starke Änderung des europäischen Geschmackes eingetreten, der die (durch Kreuzung mit arabischem und dann mit englischem Blut erzielte) schlankere Bildung des Reitpferdes bevorzugt. Gerne aber wird man sich doch das damalige edle Tier vergegenwärtigen, dargestellt von Rubens zunächst nicht einmal in einem Historienbilde, sondern einfach als Reitpferd: es ist jenes (nicht mehr aufgestellte) Gemälde im Besitz des Museums von Berlin: draußen in freier Landschaft drei Herren zu Pferde, die die Schule machen, so daß einer sein Tier in Schritt, der andere in Trab, der dritte in Galopp gesetzt hat. Den Krieg hat Rubens, wie es scheint, nie gesehen: er ist nicht, wie später Bourguignon, drei Jahre lang den Feldlagern nachgezogen, und dennoch schildert er, wie vor ihm kein anderer, die Teilnahme des Rosses an der allgemeinen Leidenschaft, wie es den Menschen schon schnell und wild ins Gewühl hineinträgt; er kennt das Tier in Gefahr und Wut und erhebt es zum wesentlichen Träger der großen, furchtbaren Augenblicke in Schlachten und Tierkämpfen. Über die höhere Divination, die ihn geführt haben wird, als er die Amazonenschlacht, den Untergang des Decius und Sanheribs Reiterscharen dichtete, möge sich jeder Beschauer seine Gedanken machen; mit dem bloßen Studium wären jene wildesten Momente der schrecklichen Verkürzung wohl nicht zu erreichen gewesen; nochmals aber ist an jenen Lichtstrahl zu erinnern, der von Lionardo auf Rubens übergangen war.

In den Reiterbildnissen (deren einige schon erwähnt worden) hat dann etwas wie eine Prädestination gewaltet. Es geschah nicht von ungefähr, daß diese bisher in der Malerei so selten gepflegte Gattung im Morgenrot des kriegerischen 17. Jahrhunderts auf einmal einen so mächtigen Vertreter fand, wie Rubens war, mit seinem Lerma (1603), seinem Erzherzog Albert (1621?, Windsor), seinem Philipp IV. (um 1629); auch die vorhergegangenen Könige soll er beim ersten oder zweiten spanischen Aufenthalt zu Pferde gemalt haben, den Philipp III. vielleicht also noch nach dem Leben, den Philipp II. »in idealer Auffassung« nach dessen Tode. Fürstinnen zu Pferde hatte man längst in Illustrationen von Einzügen, Hochzeiten usw. abgebildet, die Galerie des Luxembourg aber enthält, als Erinnerung der Einnahme von Pont-de-Cé (im Krieg der Hofparteien), die dem Beschauer triumphal entgegenreitende Maria Medici auf elegantem Schimmel mit eingestütztem Kommandostab, umschwebt und begleitet von Viktoria, Fama und Fortitudo, und wir wüßten nicht, daß eine ähnliche Aufgabe noch einmal wäre mit solcher prachtvoller Wirkung erledigt worden. – Es ist hierauf der Mühe wert zu beobachten, wie das Reiterbild der Fürsten und Generale, gemalt oder gestochen, vom Dreißigjährigen Kriege an eine fast allgemeine Sitte wird. Bei Rubens aber wird man sich von den zeremoniös verwendeten Tieren immer wieder denjenigen in den Bildern der freien Phantasie zuwenden, jenen Rossen der Tierkämpfe und der Schlacht des Decius, jenem herrlichen Rappen und Schimmel im Raub der Leukippiden oder, im Martyrium des hl. Lievin, jenem im Profil steigenden Schimmel, der seinen Reiter abgeworfen hat, oder in einer ruhigeren Welt jenem braven Gaul des sich im Bügel zurücklehnenden Reitersmannes, der hilflosen Armen Gehör gibt und für einen derselben ein Stück von seinem Mantel abschneidet. Dies Bild in Windsor darf bei Anlaß des Rubens (selbst nach einer bloßen Photographie) nicht unerwähnt bleiben, schon weil es das energischere Vorbild eines freilich anekdotisch berühmten Gemäldes des van Dyck (in der Kirche von Saventhem) ist, das sonst irrig als Erfindung des letzteren gilt: der Wohltätigkeit des hl. Martin.

Sonst tritt dieser größte Schüler neben den Lehrer mit einer ganzen Reihe von vornehmen und fürstlichen Reiterbildern, die, von Rom, Genua und Turin bis nach Paris und England zerstreut, überall zum höchsten Glanz der betreffenden Galerien gehören. Wer will dann ferner sagen, wie weit mittelbar und unmittelbar der Einfluß des Rubens durch Gemälde und Stiche gereicht habe, wenn in Holland, neben einer höchst vielseitigen Tierdarstellung überhaupt, Philipp Wouvermans das Lob des Pferdes tausendfach verkündet hat, wenn Belgien Kriegsmaler, d. h. Reitermaler, wie Sanyers, van der Meulen und andere, in die verschiedensten Armeen stellte Über die ganze Reihe der Antwerpener Schlachtenmaler des 17. Jahrhunderts vgl. besonders Woermann, Geschichte der Malerei, III, S. 491 ff., wenn in Italien durch Neapolitaner und kosmopolitische Nordländer eine gewaltig ausgedehnte Bataillenmalerei emporkam? Gewiß war es ein Zug der Zeit, es hängt aber doch etwas daran, wer das Zeichen gibt. In diesen Bataillen herrscht oft viele Flüchtigkeit und viel Plagiat, aber wenigstens unter der Voraussetzung der Naturwahrheit und Lebendigkeit. Die manieristischen, konventionell bewegten Rosse des 16. Jahrhunderts sind ausgestorben, und Rubens ist es im ganzen doch, der ihnen ein Ende gemacht hat.

Außerdem hat Rubens noch eine weitere Welt für die Malerei erobert: die der mächtigeren wilden Tiere, in ihrem Dasein als Gefolge von Göttern, in ihrem Wildnisleben (das große Bild von Löwen und Tigern, Dresden) und in ihrem furchtbaren Kampf mit meist berittenen Menschen. Es war ein hoher Wille seiner Natur: er muß bisweilen einsam auf seinem Kahn hinaus in die allerwildeste Sturmflut des Geschehenden, und es wird weder von Malern noch von Beschauern verlangt, daß sie ihm dorthin zu folgen hätten; einmal aber, wie es scheint, hat es einen Menschen dieser Anlage geben müssen. Und dieser war so mächtig und so glücklich, daß er in seiner Nähe wenigstens einen würdigen Genossen und Gehilfen finden und ausbilden konnte: Frans Snyders von Antwerpen (1579-1657), der aus den Werkstätten der Breughel und van Balen zu ihm herüberkam, man sagt: »nicht mehr zur Schülerschaft, sondern zur Mitarbeit«. Allein dies ist ein Wortstreit; Snyders mußte vollkommen von ihm geschult werden, um ihm – hier und in so vielen anderen Malereien – helfen zu können.

Auch die eigentlichen Schüler jedoch lernten nach Entwürfen des Meisters die gewaltigsten Kampfszenen dieser Art in Formen, Farben und Licht glänzend ausführen, und die große Löwenjagd von Dresden würde gewiß wie diejenige der Pinakothek von München für eigenhändig gelten, wenn nicht genaue Spezialforschung das Gegenteil erwiesen hätte; die Augenblicklichkeit nämlich, dieses Schwelgen in schon, vergangenen und künftigen Sekunden des Kampfes erreicht hier ihren Höhepunkt. Einen Löwen hat Rubens bekanntlich längere Zeit gehalten, und gerne möchte man dieses Tier erkennen etwa in dem schön und ungeduldig schreitenden Markuslöwen in dem Bilde der Evangelisten. (Zyklus der Allegorien für Philipp IV.) Für das Studium des Tigergeschlechtes muß er jeden Anlaß eingehend benutzt haben, allein diese Anlässe hätten anderen Malern auch nicht gefehlt; wer jedoch würde sonst die wundervolle, gegen das Krokodil schnaubende Tigerin des Bildes der vier Weltströme (Galerie von Wien) gemalt haben? Durch seine Stecher, namentlich Bolswert und Soutman, ging nicht nur der Ruhm von den genannten und anderen Tierbildern, besonders den Kämpfen, weit herum, sondern es konnte fortan überhaupt im Ernste von einer Gattung dieses Inhaltes die Rede sein. Schon Eberjagden und Bärenjagden von Snyders treten ruhmvoll neben die Bilder des Meisters, und in der Pinakothek von München sind seine zwei jungen Löwen, die einen Rehbock verfolgen, »von erstaunlicher Lebendigkeit und trefflich komponiert«. Doch wird unter den Eberjagden wohl immer den höchsten Rang einnehmen das eigenhändige Bild des Rubens in Dresden, eine ganz vielartige dramatische Szene in Figuren von kleinerem Maßstab, in einer herrlichen Waldlichte, gleichsam eine »Moralität« von der Unentrinnbarkeit des Schicksals, indem das Ende des gefährlichen alten und mächtigen Tieres durch Bauern und Jäger, durch Reiter und eine ganze Anzahl von Hunden herbeigeführt wird. Doch sagte es dem Rubens zu, selbst hier den noch nicht völlig entschiedenen Kampf darzustellen, und sogar in einer Hirschjagd (Museum von Berlin) setzt sich das Tier noch gegen die Hunde zur Wehr. Von den Wolfsjagden soll diejenige (ehemals) bei Lord Ashburton (London) sehr früh (1612) und völlig eigenhändig sein und unter den berittenen Jägern auch Rubens und seine erste Gattin enthalten. Aus einem Stich kennt man eine Jagd von Mauren zu Roß und zu Fuß samt Hunden auf ein Nilpferd und ein Krokodil, und auch hier, wo von keiner Wahrnehmung die Rede sein kann, herrscht doch eine gewaltige Kraft der Vergegenwärtigung, und die kolossalen Tiere sind so geschoben und verkürzt, daß sie möglichst weniges verdecken. Begonnen aber hatte die Besitznahme der wilden Tierwelt bei Rubens mit der schon so lebensvollen Wölfin des Romulus und Remus.

Von den Hunden bei Rubens ist schon beiläufig die Rede gewesen. Abgesehen von Rasse und Gestalt, hat dies Tier bisweilen noch malerisch eine besondere Funktion: springende Hunde, indem sie eine stark bewegte Szene, wie z. B. den Ringelreigen, begleiten, können den Eindruck der Augenblicklichkeit wesentlich verstärken. Der Jagdhund bei Rubens wird wesentlich als »Wolfswindhund« definiert, doch kommen in seinen Jagdbildern auch schöne schlanke Hühnerhunde der besten heutigen Art vor, und auch die Dogge fehlt nicht. Seinen eigenen Haushund der Zeit nach 1630 samt seinen Pfauen und Puterhähnen lernt man kennen in dem köstlichen Familienbilde der Pinakothek von München: »Der Spaziergang im Garten.« Den Schäferhund schildert er in den Anbetungen der Hirten. Und nun wird als selbstverständlich meist mit Stillschweigen übergangen, daß dies Ganze zu seiner hohen Stellung in der Malerei gekommen ist. – Für den Esel, der in den Anbetungen der Hirten und der Könige sowie in der Flucht nach Ägypten unentbehrlich war, ist in neuerer Zeit ein ansehnliches Studienbild des Rubens bekanntgeworden. – Die Katze hat Rubens dem Jordaens überlassen, der dieses Tier vortrefflich wiederzugeben verstand.


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