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Die Landschaft.

E insam, auf des Berges ödem Gipfel,
schau' ich über die bewegten Wipfel
tief hinunter in das weite Thal,
wo harmonisch liebliche Gestalten
sich in Jugendfülle rings entfalten,
freundlich glühen in der Sonne Strahl.

Ha! wie wanket hier im Ätherglanze
dieser lichte Grund, wo wie im Tanze
eingewurzelt, leicht die Bäume wehn;
bald in Gruppen vielfach sich verschlingen,
dort gepaart in stille Lüfte dringen,
einzeln hier an kühlen Bächen stehn!

Wie ein Silberband in Blau getauchet,
schlingt der Fluß, von Kühlung sanft umhauchet,
seine Fluthen durch der Wiese Grün.
Sichtbar jetzt, und jetzt in die Gebüsche
schwindend, krümmt an seines Ufers Frische
heimlich sich der schmale Fußsteig hin.

Fern von ihm, bedeckt mit weißem Sande,
ziehet, bald mit einer Felsenkante
eingefaßt, in Dörfer hier versteckt,
die belebte Straße sich, in breiter
träger Krümmung, zögernd, immer weiter,
bis sie fern der dunkle Wald bedeckt.

Voll Bedeutung schaut aus blauen Lüften
in des Thales froh belebte Triften
die Ruine schwermuthsvoll herab.
In sich selbst gedankenvoll versunken,
blickt die stille Seele schauertrunken
in der Zeiten ewig off'nes Grab.

Hinter ihr in langen Streifen dehnen,
bis sie sich an ferne Berge lehnen,
anmuthsvoll sich stille Saaten hin;
ihre Farben, die wie bunte Flammen
sich durchkreuzen, schmelzen fern zusammen,
und entschweben dem getäuschten Sinn.

Mir zur Seite, über die Gefilde
trotzt ein Klippengrund, dem nie die milde
Frühlingssonne einen Halm entlockt;
nur des Gießbachs wilde Ströme haben
tiefe Spuren zürnend eingegraben,
wo durch ihn ihr rascher Lauf gestockt.

Jetzt erhebt auf dunstbeladnen Schwingen
sich der Sturm, und schnell verstummt das Singen
froher Vögel, alles athmet schwer.
Horch! der Donner hallt in langen Pausen,
und es zieht, voran ein banges Sausen,
dort ein drohendes Gewölk einher.

Unablässig beugt, ein Spiel der Winde,
an dem Hügel sich die hohe Linde,
beben alle Gräschen um mich her.
Während dort, versteckt in Blüthenzweigen,
tief im Thal noch alle Lüftchen schweigen,
säuselt hier kein lauter Zephyr mehr.

Sieh! jetzt flieht, vom schnellen Sturm ereilet,
noch ein Sonnenblick, der nirgends weilet,
schnell verlöschend durch die weite Flur,
und ein Schauer fliegt den Ungewittern
leicht voran, und dringt mit bangem Zittern
tief in die erschütterte Natur.

Und mit länger nicht verhalt'nem Grimme
rollet nun des Donners laute Stimme,
und der Himmel und die Erde schwankt;
Dünste fahren auf in lohe Flammen,
Staubgewölke ballen sich zusammen,
und des Tages matter Schein erkrankt.

Und der Sturm, den keine Kräfte zügeln,
ras't umher mit nachtbedeckten Flügeln,
droht Verheerung der geschmückten Flur.
In der großen Scene ganz verschlungen,
ehr' ich mit bescheidnen Huldigungen,
dich, in deiner Leidenschaft, Natur!



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