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Kosakisch

Die Kosaken Zentralasiens stehen den Kirgisen an Wildheit und Grausamkeit nicht nach. Gahuan-Beyg, der als der bedeutendste kosakische Dichter gilt, ist gegen 1850 geboren, er war einer der gefürchtetsten Stammesführer seines Volkes und wurde 1885 von den Kirgisen niedergemetzelt.

Zora

Zora, warum verschmähst du mich? Vielleicht
Weil mir ein Arm vom Leib geschlagen wurde?
So laß dir sagen: Tamerlan der Große
War auch einarmig, dazu hinkte er,
Und dennoch ward er der Eroberer
Des ganzen großen Reiches dieser Welt.

Zora, warum verschmähst du mich? Vielleicht
Weil mir ein Arm vom Leib geschlagen wurde?
Sieh her: der andre Arm ist mir geblieben,
Um dich zu schützen! Gegen meine Brust
Werd ich mit diesem Arm dich zärtlich pressen
Und töten den, der dich zu lieben wagt!

Wie kommt es, daß mein Arm verstümmelt ward?
Um deinetwillen! Weil ich gegen die
Kirgisen dich verteidigte, die dich
Als schönes Prunkstück mit sich führen wollten,
Wie sie's mit vielen Frauen schon getan.
Daß ich dich schützte, schlug mir übel aus.

Mit einem Schlag hieb der Kirgisenfürst
Den linken Arm mir ab, – noch an der Erde
Durchlief den toten, blutgenäßten Stumpf
Ein Zucken, so als wollt er dich beschützen,
Und lange hatt ich fürchterliche Schmerzen
An der gewaltigen Wunde auszustehn.

Seitdem, Geliebte, deine schwarzen Augen,
Die ich mit reifem, dunklem Wein vergleiche,
Mein armes Herz, das sich nicht wehren konnte,
Im Netze ihrer seidnen Wimpern fingen, –
Seitdem leid ich an einer schlimmern Wunde:
Mein Herz ist wund. Erbarmst du dich denn nicht?

Gahuan-Beyg

* * *


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