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Korea

Die Trennung

So wie das Wasser durch das Flußbett eilt,
So eilt die Zeit dahin, und meine Augen
Sind deines Bildes immerdar beraubt.

Noch gestern blühten alle Sommerblumen
So feurig rot, heut sind sie schon vergangen
Und liegen auf der Erde müd umher.

Der Herbst ist nahe, durch die kühle Luft
Dringt klagend das Geschrei der wilden Gänse,
Die unter einen mildern Himmel ziehn.

Ach, keine Nachricht von der Liebsten bringen
Sie her zu mir, ich höre Regen rauschen
Ganz unablässig und mit trübem Klang.

Wann, Liebliche, wird unsre Trennung enden?
Daß ich doch wenigstens ein Mondstrahl wäre,
Dann dürft ich still durch deine Kammer gehn.

Daß ich das Holz von deiner Laute wäre!
Dann würde ich von deinem Arm umschlossen
Und ruhte mich an deinem Herzen aus.

Wenn alle Meere sich verwandelt hätten
In Kontinente, wenn die letzte Träne
Aus meinem Aug hinweggetrocknet wär:

Ich würde dennoch nicht genug der Klagen
Gejammert haben, die mein Herz zerreißen, –
So furchtbar ist's, von dir getrennt zu sein!

Volkslied

* * *

Traum

Drei lange Nächte lag ich ohne Schlaf,
Erst in der vierten Nacht bin ich hinüber-
Gedämmert, und im Traume sah mein Aug

Die Herrliche, an die mein Herz im Wachen
Denkt ohne Unterlaß, ich wollte ihr
Von meinen Qualen sprechen, – aber, ach,

Eh nur ein Wort von meinen Lippen kam,
Bin ich erwacht. Auf einen Augenblick
Glaubt ich ihr rosenfarbnes Angesicht

Und ihre Schläfen, die wie Jade glänzen,
An meiner Seite lieblich zu erblicken:
Doch nur von kurzer Dauer war die Täuschung,

Denn gleich darauf erkannt ich um mich her
Gewaltige Berge und gewaltige Meere,
Bis an die Horizonte hingedehnt.

Derselbe Mond gießt seine milden Strahlen
In unsre beiden Herzen, aber wehe,
Das Meer trennt uns mit seinem Wogenschlag.

So fürchterlich sind dieses Meeres Wogen,
Daß sich bis heute noch kein Schiffer fand,
Der solchen Mächten Trotz zu bieten wagt.

Volkslied

* * *


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