Die Apotheke zur blauen Gans

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»Den Namen wollen wir verschweigen. Und seine Drohung kommt unwirksam für Menschen, denen die Erde bloß wirksam ist durch die Natur und ihre menschenfernen Stimmen und Stimmungen. Ein Hagelwetter kann uns was bedeuten. Eine Ehrenschändung nur, wenn sie das Lebensminimum kleiner schlägt – wie bei mir.«

Und mit beinahe grausam behaglicher Langsamkeit stieg der Professor von seiner stolzen Höhe über der alten Römerstadt, hoch über Hügelfernen, fremder Landesgrenze und blauester Weite herunter und trollte auf die Apotheke zu, auf die uralte Gespensterapotheke zur blauen Gans.

Dort berief er Familienrat ein. – Sogar Professor Solvanus, der Pfingstferien hatte und in seiner Besorgnis schon ein wenig durch Schratt aufgeleichtert worden war, wurde beigezogen.

In seiner ruhigen Weise, bloß ein wenig schmunzelnd – aber sonst: alle Achtung vor der unantastbaren akademischen Ehre –, verlas der Professor seinen eigenen und dann den Erlösungsbrief samt allen ergötzlichen und verständnisvoll aufgenommenen Malicen.

»Der Doktor dort ist ein ganz prächtiger Kerl gewesen. Er hat halt Jagd gemacht wie eben ein junger Hund. Und er hat auch das echte Temperament des Jägers, wenn er schon ›Hourvari‹ blasen muß, die Achseln zu zucken und sich zum Frühstück zurückzuziehen. Das ist eine große Kunst«, sagte Solvanus, während er jede seiner Weisheiten stoßweise aus seinem Pfeifchen rauchen ließ.

Pfeife rauchen, das allein konnte der ehemalige echte Kauz der Pallas Athene nie. Ein Pfeife rauchender Kauz, der fehlt jedem Zirkusdirektor immer noch und müßte irgendeine geheime Anziehungskraft haben.

Onkel Mappe war der einzige, der nicht vollkommen entzückt von dieser groß angelegten und siegreichen Offensive Vollrats zu sein schien.

»Schön, schön, wunderschön sogar, wie jetzt die feuchten Augen der reizenden Tilla. Wie das ergriffene Schweigen Theos. Ja, aber wer bezahlt mir jetzt meine Apotheke? Wer schickt mich in den ersehnten und wohlverdienten Ruhestand? Wer verhilft mir zu dem lebenslänglich ersehnten kleinen Haus am Waldabhang, zu dem im Herbst die grellroten Eichkatzen kommen, und die Häher, und die Stieglitze, Zeisige und Meisen?«

»Bleiben Sie bei uns, Onkel Mappe! Wir werden ganz allein für Sie arbeiten, und wenn Sie ein Haus am Abhang wollen, Professor Vollrat hier –«

Vollrat streckte dem Freunde ergriffen die Hand hin. »Ich und meine getreue junge Wirtschafterin – –«

»Wirtschafterin?« sagte Mappe. »Derselbe Staat, der es geduldet hat, daß du durch ein Dritteljahrhundert an deiner Ehre gekränkt warst – Provisorchen, Sie haben's gefühlt, wie so was weh tut, was? –, der Staat, der dich im Stich gelassen hat und dich erniedrigt, verarmt hat, der soll zur Strafe nicht einer reizenden, unverbrüchlich treuen Frau Professor ein paar Jahrzehntchen lang Pension auszahlen müssen?«

»Von dieser Seite hab' ich die Geschichte eigentlich noch gar nicht betrachtet«, sagte Vollrat schmunzelnd. »Ich war zwar immer ein Gegner der Ehe: aber weil diesmal sie als staatliche Institution dem Staate ein klein wenig schädlich wird – denn der Staat, Kinder, ist der größte Schuft –, Kinder, ich weiß nicht, ob es nicht möglich wäre. Nur ein Dummkopf ist prinzipienfest.«

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