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Honore de Balzac
Physiologie des Alltagslebens
Inhalt

Inhalt

  • Honoré de Balzac
  • Einleitende Notiz
  • Monographie des Rentiers
  • I. Der Junggeselle
  • II. Der Geizkragen
  • III. Der Verheiratete
  • IV. Der Wortkarge
  • V. Der Militär
  • VI. Der Sammler
  • VII. Der Menschenfreund
  • VIII. Der Pensionär
  • IX. Der Landbewohner
  • X. Der Wucherer
  • XI. Der Stutzer
  • XII. Der Vorstadt-Rentier
  • Physiologie des Beamten
  • Kapitel 17
  • Viertes Axiom:
  • Siebentes Axiom:
  • Kapitel 20
  • Achtes Axiom:
  • Kapitel 22
  • Kapitel 23
  • Zehntes Axiom:
  • Kapitel 25
  • Kapitel 26
  • Elftes Axiom:
  • Kapitel 28
  • Kapitel 29
  • Zwölftes Axiom:
  • Abhandlung über moderne Reizmittel
  • Die Kunst, seine Krawatte zu binden
Honore de Balzac

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I. Der Junggeselle

Diese schöne Varietät erfreut zunächst durch die Farbenkontraste der Kleidung, die stets alle bunten Möglichkeiten aufweist, die Augen. Unter seiner Weste baumeln noch die grossen Breloques hervor, die in der Zeit des Empire Mode waren: goldgefasste amerikanische Körner, Mosaiklandschaften, Würfel aus Lapis lazuli. Er wagt sich ins Zentrum von Paris vor. Dieser Rentier steht gerne Spalier beim Palais Royal und hat die üble Angewohnheit, die Sesselvermieterin zu grüssen. Er speist im Restaurant letzter Güte, wohnt vier Treppen hoch, meist in einem weitläufigen Haus, wo der Portier im Halbstock seine Loge hat, Er leistet sich eine Aufwärterin. Einzelne Individuen tragen kleine Ohrringe; einige haben eine Vorliebe für Schönheitspflästerchen und tragen dann kornblumenblaue Anzüge. Sie sind gewöhnlich brünett und haben phantastische Haarbüschel an den Ohren und Händen, eine tiefe Tenorstimme, die ihr grösster Stolz ist. Wenn sie keine Schönheitspflästerchen tragen, dann färben sie ihre Haare mit Vorliebe schwarz. Der von Henry Monnier, einem unserer scharfsinnigsten Naturforscher, entdeckte »Prud'homme«, den er uns mit unendlichem Behagen in entzückenden Zeichnungen vorführt, gehört zu dieser Varietät. Diese Rentiers sprechen einen ganz eigenartigen Dialekt. Frägt man sie: »Wie geht es Ihnen?« so antworten sie: »– – –ffste Hochachtung.« Wenn Sie ihnen auseinandersetzen, dass diese »– – –ffste Hochachtung« in Wirklichkeit nur eine Redensart ist wie das »stets zu Ihrer Verfügung«, so erwidern sie Ihnen mit einer fast schalkhaften Miene: »Seit dreissig Jahren habe ich nun zu gar vielen Leuten »– – –ffste Hochachtung gesagt, und bisher hat noch niemand daran etwas auszusetzen gefunden; und im übrigen ändert man in meinem Alter wohl kaum mehr seine Gewohnheiten«. Dieser Rentier ist keiner wirklichen Neigung fähig; er hat keine Religion, er begeistert sich für keine Partei. Einen Teil des Tages verbringt er in Lesekabinetten, an regnerischen Abenden ist er im Café, wo er von einem Winkel aus dem Kommen und Gehen der Stammgäste zusieht.

Auf ihren bedächtigen nächtlichen Spaziergängen bei schönem Wetter können wir ihnen nicht weiter folgen. Die fructus belli raffen jeden Winter eine gewisse Anzahl von ihnen hinweg. Verwechseln Sie aber diese Sorte nicht mit dem Stutzer:dameret der Junggeselle will ledig bleiben, der Stutzer will heiraten.


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