Sagen aus der Hanse
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Würfelspiel mit Gespenstern

Im Ratskeller zu Bremen gab es früher eine abgelegene Ecke, die hieß »das schwarze Loch«. Damit hatte es eine seltsame Bewandtnis.

Hier pflegten nämlich die Spieler zu sitzen, und mancher Fluch war da schon zur rauchgeschwängerten Decke gestiegen.

An einem Silvesterabend saßen da einmal vier Spieler und würfelten, darunter ein ehrsamer Schmiedemeister. Sie hatten schon viele Stunden gespielt, und der Schmiedemeister hatte fast all sein Geld verloren. Aber er wollte nicht aufhören, auch nicht, als sein junges Weib ihn bat, heimzukommen; er dachte, ein neues Spiel könne ihm wiederbringen, was er in früheren darangegeben. Schließlich rückten auch seine Mitspieler vom Tische ab und wollten nicht mehr mittun, meinten wohl gar, ihr Kamerad sei betrunken und mahnten zum Aufbruch. Da faßte den Meister der Zorn, er begann zu fluchen und rief, wenn die Lebenden nicht mit ihm spielen wollten, sollten's die Toten tun, er habe noch ein Leben zu verspielen! Indem schlägt's zwölf, krachend springt der Fußboden auf, und aus der Tiefe steigen Gerippe, mit Tüchern bekleidet, beinerne Würfel und Becher in der Hand. Alle fliehen entsetzt, nur der Meister bleibt aufrecht sitzen und wird von den Toten zum Spiel aufgefordert: einen Ring gegen sein Leben setzen sie.

Der Meister willigt ein. Ein Gespenst nimmt die Würfel und wirft. Nichts! »Topp«, ruft der Meister, »es gilt!« und greift nach den Würfeln. Kaum hat er geworfen, höhnt eine laute Stimme: »Nichts! «, ein dröhnender Schlag erschüttert das Gemach, alle fliehen. Als sie nach einiger Zeit wiederkehren, ist der Schmied verschwunden, sein Weib liegt bewußtlos auf der Erde. Bald darauf starb sie am Wahnsinn.

Der Rat ließ kurze Zeit darauf das schwarze Loch zumauern. Doch sollen die Seelen der Spieler noch heute keine Ruhe haben und gelegentlich an die Wand pochen, namentlich wenn Spieler zu lange beim Würfelspiel oder bei den Karten sitzen.

 


 


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