Sagen aus der Hanse
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Spökenkieken

Als in Lübeck der schwarze Tod wütete, geschah es, daß die Mönche des Burgklosters in große Not kamen, weil neben vielen anderen Brüdern auch ihr Koch der Pest zum Opfer fiel. In ihrer Verlegenheit baten sie einen Laien, ihnen auszuhelfen, und der erklärte sich auch bereit, für die Mönche zu kochen. Da er ein beherzter Mann und bei den Ordensleuten schnell beliebt war, ersuchten sie ihn, während einiger Nächte die Wache mit ihnen zu teilen. Auch hierzu war er gern bereit.

Wie er nun in der zweiten Nacht wachte, glaubte er zum offenen Fenster herein eine Stimme zu hören: »Bereite das Mahl für die Brüder, die wandern wollen! « Zuerst sehr bestürzt, faßte sich der Koch rasch und fragte, wieviele denn deren seien. »Es sind sechsunddreißig«, erwiderte die Stimme.

Über diese Worte dachte der Koch noch eine Weile nach, dann ging er zum Krankensaal. Da bot sich ihm ein seltsames Bild. Sechsunddreißig Mönche standen in der Mitte des Saales, alle in schneeweißen Gewändern, das Antlitz verhüllt.

Wenige Tage später starben in der Tat sechsunddreißig Mönche an der Pest. Sie wurden auf dem gemeinsamen Friedhof begraben.

 


 


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