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Reisen in den Saturnus und Uranus.

Sie bereiste den Saturnus vor dem Uranus, was zur Berichtigung der früheren Angabe hiemit bemerkt wird.

Vom 18ten bis 29sten Dezember, einschließlich also zwölf Tage, machte sie die Reisen in den Saturnus und Uranus, jeden Tag zwei. Es war früher schon ausgebreitet worden, sie würde innerhalb dieser Zeit Heilmittel angeben, und daher geschah es, daß sie während derselben so sehr in Anspruch genommen wurde, daß das älterliche Haus von Morgens 7 bis Abends 5 Uhr von Fremden angefüllt war. Der Andrang der Menschen war so groß, daß öfters mehrere Personen aus der Entfernung hier übernachten mußten, wenn sie nicht unverrichteter Sachen abreisen wollten.

Im Anfange der Reisen waren es 10 Minuten, innerhalb welchen sie Heilmittel angab, Tag für Tag aber stieg es um 2 Minuten, am lezten Tage waren es deren 35. Jeden Tag sagte sie es auf die Secunde an, wie lange ihre Angaben dauern würden, und jedesmal traf es auf die Secunde ein, worüber sich Gelehrte und Laien höchlich verwunderten.

Es waren jederzeit mehrere Personen gegenwärtig, welche stets ihre Uhren beobachteten, ob in der genauen Angabe und Einhaltung der Minuten keine Täuschung vorgehe, allein ein Jedes wurde überzeugt, daß nicht die mindeste Spur von einem Betrug obwalte.

Von den Mitteln, welche sie angegeben hat, wird hier keines mitgetheilt, wohl aber sind sämmtliche Recepte einem Arzte, welcher einen großen Wunsch darnach geäußert hatte, zur Prüfung übergeben worden.

Von beiden Sternen gab sie folgendes an. Sie gleichen Welten; es seyen daselbst Thäler, Berge, Waldungen, Gärten, sehr viele Städte, auch mehrere einzelne Gebäude, Wasser und Seen. Selige seyen sehr viele da, sowohl erschaffene Engel, als solche, die von unserer Erde aus dahin versetzt worden seyen; Letztere hätten ihre Lehrer. Diese Sterne gäben der Ceres in Hinsicht der Schönheit nichts nach, wohl aber scheinen sie noch um etwas vollkommener zu seyn.

»Ich werde – sagte sie – in beiden Sternen nur in Gärten und an Berge geführt, wohl komme ich nahe an Städten vorbei, aber ihr überhäuft mich ja so mit Fragen, daß ich von deren Schönheiten und Herrlichkeiten gar nichts sagen kann. Ich bedaure es nur, daß kein Arzt gegenwärtig ist, der mich zu behandeln, die erforderlichen Kenntnisse besizt, es würde sodann ein weit größerer Nutzen herauskommen. Herr Professor Eschenmayer in Tübingen, und Herr Dr. Körner in Weinsberg wären die rechten Männer; Herr Dr. Nik in Ulm wäre ebenfalls recht, und im Auslande gäbe es deren noch mehrere.«

Was rücksichtlich ihrer Angabe bei den Heilmitteln die größte Bewunderung erregte, und vollen Glauben herbeiführen mußte, ist dieses: daß sie von all dergleichen Sachen vorher so wenig wußte und verstand, als ein neugeborenes Kind; denn Kräuter und andere geistige und flüssige Gegenstände waren ihr ganz unbekannt. Sie gab vielfältig Sachen an, von welchen niemand glaubte, daß nur eine Heilkraft in ihnen läge, oder daß sie nur für diesen oder jenen Umstand nützlich seyn könnten, und dennoch bewirkten die von ihr angegebenen Mittel bei vielen, sowohl bedeutenden, als auch andern Personen, baldige Hülfe. Es könnten deshalb sehr viele Beweise angeführt werden, und es würden deren noch weit mehrere seyn, wenn nicht Viele bei wirklich erfolgter Hülfe, undankbar und stille geblieben wären. Es wurde von den Angehörigen der Somnambüle niemals das Mindeste für solche Angaben gefordert.

Die Mittel, welche sie angab, waren in der Regel sehr einfach, nichts desto weniger aber, wenn sie recht und anhaltend gebraucht wurden, von den besten Wirkungen. –

Auf der Rückkehr von ihrer lezten Reise in den Uranus (am 29sten Dezember) sprach sie:

»Mein Führer sagt mir, daß ich diese Nacht in einen starken somnambülen Schlaf verfallen werde, in welchem er sich mit meinem zweiten Führer, Georg Gölz, der auch in der Sonne ist, neben dem verstorbenen Stadtpfarrer Renz, Siehe Seite 126. welcher als Kinderlehrer in der Sonne angestellt sey, bei mir einfinden und Letzterer mich zu meinen Reisen in die Sonne einsegnen werde. Dieses geschieht aber nicht hier, sondern ich muß eine Reise machen, und zwar in den Uranus, aber diesesmal gebe ich keine Arzneimittel an, und man darf mich deshalb auch nicht fragen. Es wird mir, sagt mein Führer, bei meinen Reisen in die Sonne und in das neue Jerusalem, hie und da noch vergönnt werden, Heilmittel anzugeben, aber bei weitem nicht so häufig als bisher, sondern blos in den Hin- und Herreisen werde er mir, wenn er Erlaubniß habe, solche mittheilen.

Gleich darauf wünschte sie geweckt zu werden, weil sie ihr Führer verlassen hatte; sie war heiter als sie erwachte und klagte aber sehr über Mattigkeit.

*

Vorgänge nach der lezten Reise in den Uranus.

*

Einsegnung zu den Reisen in die Sonne.

Bald nach ihrem Erwachen von der letzten Reise in den Uranus verfiel sie in eine heftige Schwäche, in welcher sie 110 Herzstöße nach einander zu überstehen hatte, so daß man hätte glauben sollen, sie werde denselben unterliegen, hätte sie nicht zuvor angegeben, daß sie diese Zahl durchmachen müsse, und daß ihr solche keinen Nachteil bringen, sondern sie nur schwächen werden. Diese Stöße wurden von mehreren nachgezählt, und so wie der 110te vorüber war, wurde sie ruhig, sprach aber während dieser Periode kein Wort. Sieben Minuten nachher erwachte sie, klagte über große Schwäche und Mattigkeit, und genoß darauf sehr wenig leichte Suppe; man wollte ihr ein wenig guten alten Wein geben, sie nahm aber keinen Tropfen an und ging auch nicht mehr aus dem Bette.

Mit dem Schlag 8 Uhr verfiel sie in Schlaf, in welchem sie, nachdem sie ihre Führer empfangen hatte, folgendermaßen sich äußerte:

»Nun beginnt meine Reise.«

Während derselben munterte sie nach allen Kräften wieder zur Buße und Bekehrung auf, und sagte unter anderm:

»Ich glaubte rein zu seyn, und nur seit meiner Confirmation hatte sich bei mir ein so großes Sündenregister angehäuft; meine Führer aber sagen mir wiederholt, wenn ich in meiner Bekehrung fortfahre, so seyen mir meine Sünden alle vergeben, und das auf ewig. Denn, wenn nicht eine wirkliche Bekehrung mit mir vorgegangen wäre, so wäre ich auch einer solchen Reise nicht würdig und empfänglich geworden. Es glaubt es Niemand, wie viel der Mensch alltäglich – ich will der Werke nicht gedenken – nur mit Worten und in Gedanken sündiget, welche er gar nicht achtet, die aber alle genau aufgezeichnet werden; ich bin nicht im Stande, es Euch genug einzuprägen, wie genau es Gott mit der Sünde nimmt. Die Entheiligung des Sonntages ist auch eine besonders große Sünde.«

Sie zählte nun eine Reihe von Sünden auf, welche der Mensch begehe und rief sodann aus:

»Schaffet daß ihr selig werdet mit Furcht u. Zittern!«

Dabei bemerkte sie aber, was sie schon früher erwähnte, daß man deshalb das Arbeiten und seine Berufsgeschäfte zu verrichten, nicht aufgeben dürfe, nur soll man darinnen alle Treue beweisen. Darauf führte sie aus dem Liede Nr. 214 »Treuer Vater deine Liebe etc.« folgenden Vers an:

»Herr, bekehr' auch all' die Meinen, (ja, alle Menschen.)
Schreib' sie zu der Zahl der Deinen,
Zeige ihnen dein Gesicht.
Ziehe sie von oben kräftig,
Sey durch deinen Geist geschäftig,
Bringe sie zum rechten Licht.«

»Ich will mir, mittelst einer göttlichen Kraft, gewiß alle mögliche Mühe geben, daß ich »das Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes »in Christo Jesu« erlange, und davon trage. – Die Ernte der Erde hat schon länger angefangen, der Engel, der die Sichel in seiner Hand hat, übersiehet uns gewiß nicht, er kommt bestimmt, und das bald

Nach einer Pause von einigen Minuten sprach sie:

»Nun bin ich an Ort und Stelle angekommen. Hier ist es unfaßlich schön, ich bin auf einer Anhöhe, auf welcher der prächtigste Tempel stehet, in diesem werde ich für meine Sonnenreisen eingesegnet. Renz ist auch schon da.«

Nun blieb sie mehrere Minuten ganz stille, man gewahrte an ihren Gesichtszügen eine große Demüthigung, sie wurde scharf beobachtet, und Jedes glaubte, sie trinke wirklich. Darauf sagte sie:

»Nun ist die Einsegnung zu meinen Sonnen-Reisen vorüber, Renz hat sich entfernt, aber meine Führer sind noch bei mir. Renz erkannte mich plötzlich, und nannte mich bei meinem Taufnamen, wie freundlich und liebevoll er sich gegen mich bezeugte, das kann ich Euch nicht genug sagen, und die Worte, die er bei seiner Handauflegung über mich ausgesprochen hat, kann ich gar nicht nachsprechen. Von ihm heißt es mit Recht: »Die Lehrer werden leuchten wie die Sonne«; wegen der Klarheit, die dieser Selige hat, der schönen Krone, welche sein Haupt ziert, dem glänzend weißen Kleide und der Schärpe um die Hüfte, wäre er mir unkenntlich geblieben. Er gibt meinen beiden Führern in nichts etwas nach. Er gab mir auch ein sehr stärkendes und erquickendes Wasser zu trinken. Ob ich gleich nur dem Geiste nach hier bin, und nicht wesentlich trinken kann, so habe ich doch nach dem Geiste das Gefühl und den Geschmack davon, als ob ich wirklich getrunken hätte; so wie sich meine Miene erheitert oder verdüstert, je nachdem mir ein Gegenstand gezeigt wird, so mache ich es auch mit dem Munde und Schlucken nach. Dieses Gefühl und Empfindung übertrifft die eines Träumenden sehr weit.«

»Morgen Mittag präcise 12 Uhr werde ich meine erste Reise in die Sonne machen, zuvor aber leget mir ein weißes Kleid an. Spötter über das Wort Gottes und Verächter der göttlichen Wahrheiten lasset nicht zu, sie würden mir meine Reise sehr erschweren, weil sie ohne dieses nicht sogleich gemacht ist. Wisset ihr den Ausspruch des einzigen Welt-Erlösers nicht, wenn er sagt: » Ihr sollt das Heiligthum nicht den Hunden geben, und die Perlen nicht vor die Schweine werfen.« – Gott wendet bei den Menschen alles nur Mögliche, und dieß auf unzählige Arten und Weisen an, um sie zur Seligkeit zu bringen, aber sie wollen nicht; und er hätte sie, sagen meine Führer, so gerne im ganzen Ernst selig. Denket Euch, welche schwere und große Verantwortung sich die Leichtsinnigen, die Spötter und Verächter der göttlichen Gnade zuziehen; ich will die Menschen nicht bekehren, ich will nur, daß sie sich durch das Wort Gottes, alten und neuen Testamentes bekehren lassen sollen.«

Darauf fing sie zu wiederholtenmalen an, die unaussprechliche Qual der Verdammten und die schon so höchst bedaurungswürdige, unglückliche Lage der Unseligen, fürchterlich und kläglich zu schildern, mit dem Beisatze:

»Ich rede nicht aus mir selbsten, sondern nur das, was mir meine Führer jezt in den Mund legen, das muß ich sagen. In der Ewigkeit will ich dermaleinst alle die, welche mich gehört haben, so wie auch jene, die, wenn meine Aussagen öffentlich bekannt werden, mich für eine Phantastin und Betrügerin ausgeben, in allen Himmeln und Höllen aufsuchen und sie fragen: ob ich Wahrheit gesprochen habe, oder nicht? Ich bin es gewiß überzeugt, daß diejenigen, welche verdammt und unselig sind, mir das Zeugniß geben werden: daß ich Alles viel zu mild geschildert habe; so wie dagegen die, welche selig sind, ausrufen werden: daß ich nur gar zu wenig davon gesagt habe. Alles sey dem heimgestellt, der da recht richtet!«

Darauf betete sie mit wahrer Herzens-Andacht und voll Geisteskraft, folgendes Lied aus Hillers Schatzkästlein, Theil II. Seite 12.

»Ich will streben, nach dem Leben,
      Wo ich selig bin.
Ich will ringen einzudringen,
      Bis daß ichs gewinn.
Hält man mich, so lauf ich fort,
Bin ich matt, so ruft das Wort:
Nur im Hoffen fortgeloffen
      Bis zum Kleinod hin.

Als berufen zu den Stufen
      Vor des Lammes Thron,
Will ich eilen, das Verweilen
      Bringt oft um den Lohn.
Wer auch lauft, und lauft zu schlecht,
Der versäumt sein Kronenrecht.
Was dahinten, das mag schwinden,
      Ich will nichts davon.

Jesu, richte, mein Gesichte
      Nur auf jenes Ziel;
Lenk' die Schritte, stärk' die Tritte,
      Wenn ich Schwachheit fühl'.
Lockt die Welt, so sprich mir zu;
Schimpft sie mich, so tröste du,
Deine Gnade, führ' gerade
      Mich aus ihrem Spiel.

Du mußt ziehen, mein Bemühen
      ist zu mangelhaft.
Wo ihr's fehle, spürt die Seele,
      Aber du hast Kraft.
Weil dein Blut ein Leben bringt,
Und dein Geist das Herz durchdringt.
Dort wird's tönen bei dem Krönen;
      Gott ist's, der es schafft.

Gleich darauf sagte sie:

»Nun verlassen mich meine beiden Führer, zum Abschiede geben sie mir den Segen mit den Worten: Der Herr segne dich, und behüte dich: der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dich und sey dir gnädig; der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir seinen Frieden und Segen. Amen.« Diesen Segen erhielt sie auch von ihrem zweiten Führer, als er sie ganz verlassen hat.

Sodann forderte sie ihren Bruder auf, daß er sie wecken solle. Als sie erwacht war, wollte sie wie gewöhnlich Alles wörtlich wissen, was sie gesprochen habe; als ihr solches erzählt worden war, und daß sie nach ihrer Angabe morgen die erste Reise in die Sonne mache, so wurde sie voll Vergnügen und sagte:

»Ich kann beinahe die Zeit nicht erwarten; ich fühle mich nun ganz gestärkt.«

Bald darauf versank sie in einen natürlichen Schlaf und erwachte die ganze Nacht über auch nicht ein einzigesmal.

* * *


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