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[Reisen in den Merkur]

*

Erste Reise in den Merkur.

Den 10. November 1832 Mittags 1 Uhr kam sie wieder auf den Schlag hin in Schlaf. Jedesmal ist es einige Minuten angestanden, bis sich ihr Führer bei ihr einstellte; so wie sich derselbe den Kennzeichen nach bei ihr eingefunden hatte, so wurde sie gefragt: wie viel Zeit sie gebrauche, bis sie in den von ihr angegebenen Ort komme? da sagte sie:

»Sieben Minuten,«

welches wieder auf die Secunde hin eingetroffen ist; darauf sprach sie:

»Auch dieser gleicht einer Welt; ich werde von meinem Führer in eine Stadt geführt, die aber viel schöner ist, als jene Städte, welche ich in dem Mond gesehen habe.«

Auf Befragen, wie diese Stadt heiße, da sagte sie:

» Isaisalem, daselbst werde ich in ein ganz schönes Gebäude geführt, und in einen sehr großen Saal.«

Nachdem sie daselbst eingetreten war, so gerieth sie in eine außerordentliche Freude, und brach dann in die Worte aus:

»Ich sehe hier, wie mir mein Führer sagt, wieder keine andere als solche, die auf unserer Erde gelebt hatten; alle sind sehr schön weiß gekleidet, und alle haben um die Hüfte rothe Bänder; sie sind um ein Bedeutendes seliger als diejenigen, die in dem Monde sind, obwohl sie auch ihre Lehrer haben. Die Musik, welche ich da höre, vermag ich wegen ihrem Wohlklang nicht genug zu rühmen; Weltmusiker können mit Himmlischen in gar keine Vergleichung gestellt werden.« –

Darauf wurde sie gefragt: ob sie da Niemanden kenne? worauf sie mit »Nein« antwortete.

Wie sie so in ihrer besten Zufriedenheit da lag, so wurden, auf Zureden Anderer, mehrere Fragen an sie gerichtet, welche sie aber mit derben Verweisen beantwortete; man gewahrte einen redenden Beweis von Mißmuth in ihren Gesichtszügen, weil sie in ihrer Freude gestört wurde; sie sagte endlich auch:

»Mein Führer sagt mir, ein jedes hat seine Zeit; sage unserm Bruder, daß er dich und mich mit dergleichen Fragen nicht mehr belästigen solle. – Ich bin nun gestört, auch mein Führer scheint mir nicht mehr so freundlich zu seyn, als wie anfangs; was ich heute versäumte, will ich in den 3 Reisen in den Merkur nachholen. Nach diesem bereise ich die Venus.«

Man stellte nun die Frage an sie: ob ihr von ihrem Führer für Kranke und Nothleidende nicht auch Heilmittel angegeben werden? da sagte sie:

»Jezt noch nicht, ich habe hiezu noch andere Planeten zu bereisen.«

Nun wurde sie gefragt: wodurch sie dann sehe, weil ihre Augen so fest geschlossen sind? darauf gab sie zur Antwort:

»Ich sehe vermittelst des Magens.«

Auf dieses hin wurde ihr eine Uhr auf den Magen gelegt, und gefragt: ob sie die Stunde der wirklichen Tageszeit nach derselben angeben könne? da sagte sie:

»Jezt noch nicht, erst wenn ich die Venus bereise. Beim besten somnambülen Zustand kann nicht jeder Gegenstand auf einmal beachtet und beurtheilt werden. Ich bedaure es nur allzusehr, daß der Aerzte so gar wenige sind, welche einen solchen Zustand wirklich verstehen und zu behandeln wissen.«

Nun wurde die Frage an sie gerichtet: Wie es komme, daß sie den Merkur vor der Venus bereise, da doch diese unserer Erde näher sey, als jener? darauf sagte sie:

»Diese Frage ist für jezt keiner Antwort werth; ich hänge nicht von mir ab, sondern von meinem Führer, vielleicht wird es mir später vergönnt, diese gelehrte Weltfrage zu beantworten.«

Nach diesem wurde sie gefragt: wann sie ihre zweite Reise in den Merkur mache, da sagte sie:

»Morgen Mittag bis 1 Uhr.«

Alle diese leztern Fragen wurden während ihrer Heimreise von dem Merkur an sie gestellt, und von ihr beantwortet. Bald darauf öffnete sie ihre rechte Hand, als ein Zeichen, daß ihr Führer sie verlassen habe, und gleich nachher weckte sie ihr Bruder. Als sie in den wachenden Zustand zurück kam, so sagte sie sogleich:

»Daß es ihr diesesmal gar nicht so wohl sey, wie sonst, sie selbst aber wisse die Ursache davon nicht anzugeben.«

Gelehrte schrieben solches den vorgekommenen Störungen zu; – sie blieb diesesmal auch länger liegen, nahm sehr wenig Speise zu sich und legte sich bald darauf wieder zu Bette.

*

Zweite Reise in den Merkur.

Den 11. November kam sie bestimmt auf die angegebene Zeit in Schlaf. Die Zahl der Zuschauer von Gelehrten und Ungelehrten war sehr bedeutend. Nachdem sie 6 Minuten eingeschlafen war, so kam ihr Führer bei ihr an, und nach einer kleinen Pause sagte sie:

»Nun trete ich meine zweiteReise in den Merkur an.«

Auf Befragen: wie viel Zeit diese Reise erfordere? sagte sie:

»In 7 Minuten bin ich an Ort und Stelle.«

Nach Verfluß von drei und einer halben Minute sagte sie unaufgefordert:

»Nun ist sie zur Hälfte zurückgelegt.«

Und als die 7 Minuten auf ein Haar verstrichen waren, da sagte sie:

»Nun bin ich an Ort und Stelle; so eben trete ich an das Thor der Stadt, in die ich heute geführt werde; ich komme aber nicht sogleich durch das Thor, der Eingang gleicht einem Walle, und glänzt wie Gold; mein Führer aber sagt, es sey nicht von Gold; nur diese Art der Steine gleiche dem Golde. Ich kann Euch die Herrlichkeit und Schönheit dieser Stadt, welche ich jezt durchwandere, nicht genug schildern; die Straße ist mit großen weißen Platten belegt, der weißeste Marmorstein ist nicht so weiß, und bei weitem nicht so glänzend.«

Man fragte nach dem Namen dieser Stadt, da sprach sie:

»Sie heißt Jeremia; die Stadt ist ziemlich lang, die Straße aber nicht gar breit, und die Gebäude von beiden Seiten gleich gebaut. Mein Führer sagt mir: diejenigen, welche auf der Mittagseite wohnen, seyen um etwas vor denen, die auf der Abendseite wohnen: ein jedes habe alle Gebäude den Zeitläufen nach durchzuwandern, bis es in eine höhere Seligkeit versezt werde. – Nun werden mir auch die Seligen, welchen von unserer Erde aus ihre Wohnungen hier angewiesen wurden, gezeigt, und zwar wieder in seinem eigenen Gebäude. Mein Führer sagt, das seyen die Lehr-Säle, allwo sie sich oft zu versammeln haben; es werden ihnen auch Aufgaben gegeben, welche sie für sich zu lernen haben, diese seyen aber keine Last für sie, sondern ein wahres Vergnügen.«

»Nun werde ich eingeführt!« –

rief sie voll Heiterkeit aus, und nach einer kurzen Pause fuhr sie fort:

»Ich werde hier mehrere gewahr, die ich auf unserer Erde kannte. Ei, jezt fängt die Musik an; – nach einer kleinen Pause sagte sie – jezt fällt der Gesang mit ein, die Töne und die Stimmen, welche sich hier hören lassen, können unmöglich mit irdischen verglichen werden; es ist durchaus ganz anders, ich weiß keine Worte, um Euch auch nur das Mindeste davon beizubringen, oder auch nur einen Ton von dem Gesange anzugeben.«

»Die Eintracht und gegenseitige Liebe, die hier ist kann ich gar nicht genug aussprechen, denn es waltet hier kein Ansehen der Person vor; hier gilt derjenige, welcher der Angesehenste und Reichste aus unserer Welt war, nicht mehr als jener, welcher auf unserer Erde für gar nichts geachtet wurde; wie einer bei Leibesleben gethan und gehandelt hat, so wird er hier in diesem Leben gerichtet.«

Sie brach in Freudenthränen aus, bald aber fieng sie wieder mit folgenden Worten zu reden an: »Ich bin von meinem Führer aufgefordert, Euch

Allen, die Ihr hier anwesend seyd, Folgendes zu sagen: Bei meiner lezten Reise, die ich, (ich muß mich ausdrüeken, wie sie sind,) zu den Verdammten machte, hörte ich Folgendes unter denselben, was ich damals nicht sagen durfte, weil ich noch keinen Ort der Seligkeit bereist hatte: hier verfluchten Kinder die Eltern, und Eltern die Kinder; ich hörte solche, welche sagten: ich verfluche die Secunde meiner Zeugung, und die Stunde, in welcher ich geboren bin; warum bin ich nicht als ein Monstrum (Mißgeburt) auf die Welt gekommen, und sogleich, als für die Erde, welche ich bewohnte, und in welcher ich alle Laster der Sünde ausübte, unbrauchbar, als der zarteste Säugling gewaltsamer Weise in die andere Welt versezt worden? Warum nicht Taglöhner oder krüppelhaft? Ach, rief ihm ein anderer, der in gleicher Verdammniß war, zu: Auch diese Gesinnungen sind hier! Geburt, Abkunft und Wohlstand haben uns nicht verdammt, sondern das Nichthalten und Nichttun und Nichtglauben der Gebote Gottes!« –

»Hier findet kein Selbstmord mehr Statt, er ist eine ganze Unmöglichkeit; denn alle Menschen von Adam an haben den Hauch Gottes in sich und dieser ist unauflösbar. Mein Führer sagt mir: Go!t selbst könne es eben so wenig, als daß er etwas Geschehenes ungeschehen machen könnte; darum sagt auch das geoffenbarte Wort Gottes: »Ihr Wurm wird nicht sterben, und ihr Feuer wird nicht verlöschen.«

Nach einer langen Pause fuhr sie fort:

»Mein Führer sagt mir: Sodomitische Sünden, Hurerei (ich wußte vorher gar nicht, was eigentlich die Hurerei im wesentlichen Sinne nur bedeutet,) wobei die meisten Kindermorde vorgehen, und Ehebruch werden, wenn der Mensch nicht bei Lebzeiten zur lebendigen Kenntniß seiner Sünden kommt, und eine wirkliche Vergebung derselben erlangt, im dritten Grade der Verdammniß ewig, ewig gestraft; diese Sünden halten mit der Sünde des Mordens und der Zauberei ein Gleichgewicht. – Ich wußte nicht, was Paulus mit den Worten sagen wollte: »Stumme Sünden,« was diese seyn sollten; mein Führer sagt mir: diese gehen bei der Hurerei und gar zu häufig in geregelten Ehen vor, wodurch das Zeugen der Kinder boshaft unterdrückt und vereitelt wird. Ich verstehe dieses nicht im wesentlichen Sinne, was mein Führer damit sagen will, was ich aber hier sagte, das verschweiget ja nicht. Mein Führer sagt mir: Die Sünden, welche auf Eurer Sündenwelt vorgehen, werden nicht einmal zum zehnten Theil offenbar, oder daß sie nur zu einer kleinen Bestrafung kommen; Bestrafungen einer Sünde der Art auf der Welt, wenn der Mensch sich nachher nicht vom ganzen Herzen bekehrt, finden in der andern Welt durchaus keine Abrechnung.«

Sie wurde nun ein wenig stille, sodann fing sie wieder an:

»Mein Führer sagt mir: du wunderst dich schon über die Seligkeiten, die hier sind, wie wirst du dich erst wundern, wenn du eine Reise in die Sonne machen wirst.«

Nun machte sie das Anerbieten:

»Wenn jemand nach verstorbenen Eltern, Gatten, Kindern etc. fragen wolle, so solle es durch ihren Bruder geschehen; wenn sie schweige und keine Antwort gebe, so habe auch ihr Führer geschwiegen, gäbe sie aber Antwort, so sey er an dem Orte, in welchem sie ihn angebe, indem ihr Führer es wisse.«

Wer in Zweifel war, der schwieg; Andere, die in einer zuverläßigen Hoffnung standen, ließen fragen, da sagte sie bei Einem:

»Der – die – ist in der Sonne, ein Anderes im Uranus, in der Venus etc.«

Nachher fuhr sie fort:

»Mein Führer sagt mir, wenn ich meine Sonnen-Reisen mache, so bekomme ich noch einen Führer, indem ich es vor Herrlichkeit sonst nicht ertragen könnte, und derselbe ist mein und dein Geschwisterkind, nämlich der Georg Gölz: dieser war ein tadelloser Jüngling, welcher in seinem 19. Jahre, wie er schon Handlungs-Commis war, gestorben ist.«

Sie kam wieder wie in eine Entzückung vor Freude, darauf wurde sie um die Beschäftigung der seligen Geister gefragt, und antwortete:

»Auch diese haben zu lernen, ich zähle hier 8 Lehrer, denn das Lernen hört in ewige Ewigkeiten (so drückt sich mein Führer aus, ich weiß nicht, warum er diese Worte so oft gebraucht), nicht auf. Er sagt mir: Wie vieles gehet auf deiner Sündenwelt vor, worüber die Fragen zu Millionenmal gemacht werden: Warum thut Gott so handeln und nicht anders? Wir vermögen es nicht mit einer göttlichen Weisheit und der Regierung Gottes zu vereinigen. Ach, fährt er fort, es macht sowohl für Unselige als Selige in der andern Welt eine lange Beschäftigung aus, bis sie das ihnen Räthselhafte von eurer Welt, in der Welt, in welcher du jezt bist, enträthseln. Da wundern sie sich erst über die Weisheit Gottes, und schämen sich ihrer Thorheiten; der Mensch weiß gar nicht, wie kurzsichtig er ist.«

»Mein Führer sagt: Viele, ja unzählige, die auf deiner Sündenwelt als große Gelehrte erscheinen und sich auszeichnen, kommen hier meistentheils als die größesten Narren an, sie rufen selbst übereinander aus: Wir Narren haben des rechten Weges verfehlt!« –

»Spare und verschiebe ja keiner seine Buße bis auf das Sterbebette auf, denn der ist wahrhaftig betrogen. Glaubet denn ihr, Gott der Welterlöser, und der Geist Gottes seyen so bald ausgesöhnt? Was ich Euch sage, das sage ich Allen, zum Seligwerden wird unendlich viel erfordert; eine vorherige Buße muß uns zum Tod vorbereiten, nicht erst der Tod zur Buße leiten; wir müssen hier, in der zeitlichen und vergänglichen Welt, der Sünde absterben, wenn wir nicht ewig verderben wollen; die Seligkeit zu erlangen, ist wahrhaftig keine Kleinigkeit. Der Mensch muß neu geboren werden, und nach dem innern Werthe auch ganz umgeschaffen seyn; es kostet aber Zeit, Ernst und Mühe, und auch eine unbeschreibliche Wachsamkeit.« –

»Noch etwas habe ich aus Auftrag meines Führers zu bemerken: Wenn z. B. ein Mensch vorher in der Buße und Bekehrung gestanden ist, aber seine Hand wieder vom Pfluge zurückgezogen hat und in die vorigen Sünden verfällt: das dient ihm nichts weniger als zu seinem Vorschub, denn das Seligwerden erfordert ein beständiges Wachen und Treue, hier darf gar nicht ausgesetzt werden. Nehmet das Wort Gottes zur Hand, ob es nicht ebenso spricht!«

Dieses rief sie voll hohen Eifers aus, sodann sagte sie:

»Mein Führer hat sich diesesmal lange bei mir verweilt, jezt aber geht meine Rückreise an.«

Während derselben wurde sie gefragt: Wann sie ihre dritte Reise in den Merkur vornehme? Da antwortete sie:

»Den 13. dieses Monates Nachmittags 1 Uhr, denn ich bedarf diesesmal einer besondern Erholung.«

Sowie sich ihr Führer verabschiedet hatte, sprach sie:

»Bruder jezt wecke mich auf, mache aber 2 Streifen mehr als sonst, ich werde diesesmal später wach, als die vorigemale.«

Es dauerte noch 25 Minuten, bis sie wach wurde, sie erwachte zwar mit der besten Heiterkeit, klagte aber sehr über Mattigkeit, und blieb darauf noch 2 Stunden im Bette.

*

Dritte Reise in den Merkur.

Am 13. November kam die Somnambüle auf die angegebene Zeit richtig wieder in ihren somnambülen Schlaf. Die Anzahl derer, welche sie zu sehen und zu hören wünschten, war so groß, daß kaum der dritte Theil derselben zugelassen werden konnte, indem selbe das Zimmer, in welchem sich die Somnambüle niederlegte, nicht gefaßt hätte. Sobald sie sich im Angesicht aller Anwesenden zu Bette gelegt hatte, so dauerte es kaum eine halbe Minute, als sie schon im tiefsten Schlafe lag. Fünf Minuten nachher streckte sie ihre rechte Hand aus und empfing ihren Führer: bald darauf sagte sie:

»Nun trete ich meine dritte Reise an und in sieben Minuten lege ich sie auch wieder zurück,«

was auf die Secunde hin eingetroffen ist. Sodann sprach sie:

»Ich werde wieder in eine Stadt geführt, die heißt Mesopotamien, auch hier haben solche selige Geister, die auf unserer Erde wohnten, für jezt ihre Heimath. Das ist immer anzunehmen, daß bei allen Seligen die reineste Liebe und Eintracht zu Hause ist, hier kann im Mindesten nicht geduldet werden, was die Seligkeit nur im Geringsten stören würde. – Indem ich mich dem Gebäude und Saale nähere, allwo ich die Seligen in ihrer Versammlung antreffe, so höre ich eine solche vorzüglich schöne Musik und Gesang, daß, wenn alle Tonkünstler von ganz Europa, so wie auch alle herrlichen Sänger, im besten Einklang sich hören lassen könnten, dieselbe Musik und Gesang gegen das, was ich hier höre, in gar keinen Vergleich zu bringen wäre; Ihr würdet vor Entzücken ganz außer Euch selbst gerathen, könntet ihr diese Musik vernehmen. – Ein sterbliches Auge und Ohr, wären nicht vermögend die Schönheit des Saales, die Annehmlichkeit der seligen Geister, besonders der Lehrer, welche Kronen auf ihren Häuptern haben und dadurch vor jenen ausgezeichnet sind, anzusehen, und die Musik zu vernehmen; wenn diese, auf unserer Erde, auch in die herrlichsten Schlösser, Paläste und Gebäude geführt würden, es wäre ihnen unerträglich, und eine wahre Last. – Wenn ich nicht dem Geiste nach hier wäre, und durch den Magen sähe, und wenn ich nach meinem Erwachen dessen, was mir hier gezeigt wird, bewußt wäre: so wäre ich für die Erde ganz unbrauchbar, und allen Menschen, mit welchen ich in einem Umgang leben müßte, eine wahre Pein und Last.« –

»Die Stadt, die ich durchwanderte, habe ich Euch noch nicht geschildert; sie hat mit den vorigen viel Aehnlichkeit, ich weiß selbst nicht, ob ich richtig urtheile oder nicht, es scheint mir immer eine schöner zu seyn, als die andere, nur muß ich wieder bemerken, was ich schon öfters sagte, daß die Straßen innerhalb der Stadt nicht ganz breit sind, die Thore aber sind sehr weit und breit.«

Auf Auftrag eines Theologen wurde die Frage an sie gerichtet: von und aus welcher Gattung Menschen denn die seligen Bewohner seyen? Es entstund eine kleine Pause und wurde mehr als deutlich wahrgenommen, daß sie mit ihrem Führer Rücksprache nahm; sodann sagte sie:

»Habe ich nicht jedesmal gesagt, daß hier Erden- oder Welt-Bewohner seyen, darunter habe ich alle Nationen und Religionsverwandte verstanden. Ist denn Euch die Stelle, oder das zehnte Kapitel in der Apostelgeschichte nicht bekannt, wo dem Apostel Petrus in einem Gesicht gezeigt wurde: »daß Gott die Person nicht ansiehet, sondern in allerlei Volk, wer ihn fürchtet und recht thut, der ist ihm angenehm,« so verhält es sich in der seligen Ewigkeit. Derjenige, welchen die Vernunft, Schmeichler und Heuchler oft ganz selig preisen, ist in Gottes Liste gestrichen; dagegen der, dem die Welt dieses Zeugniß nicht erweiset, in die Seligkeit geführt wird. – In nichts täuschen sich die Menschen mehr, als in ihren Urtheilen über Abgestorbene. Mein Führer sagt mir so eben: in der Ewigkeit gehe es so gerecht und unparteiisch zu, daß der schärfeste Menschenverstand nicht vermögend sey, es nur zu fassen: es geschehe keiner abgestorbenen Seele um ein Haar breit weder zu viel noch zu wenig, es sey Strafe und Belohnung auf das pünktlichste abgewogen. Freilich sey unter denjenigen, die das geoffenbarte Wort Gottes gehabt, und unter denen, die es nicht gehabt haben, ein großer Unterschied zu machen; Leztere werden nach dem Maasstabe gerichtet, in wie weit sie der Stimme des Gewissens und dem ihnen in ihr Herz geschriebenen Gesetz Folge geleistet haben; die ewige Weisheit wisse Alles so auszugleichen, daß wir uns nur mehr als wundern werden. Nicht nur hier, sondern auch im Monde habe ich Juden und Heiden, und von allen Nationen und Religionen selige Geister angetroffen.«

Nachdem sie diese Rede vollendet hatte, so sagte sie unaufgefordert:

»Es dürfen auch heute wieder Fragen wegen Abgestorbenen an mich gemacht werden, mein Führer sagt, er verweile sich noch länger bei mir.«

Nach dieser Aufforderung zeigte sich eine sehr bekümmerte Mutter von hier, welche über das Schicksal eines Sohnes, Namens Gottfried Sigel, Auskunft wünschte. Derselbe erlernte bei Georg Heinrich Kellers Söhnen in Stuttgart die Handlung, und hatte aus Auftrag seiner Prinzipale, am 28. Oktober 1819 eine Geschäftsreise nach Westerheim, Oberamts Geislingen zu machen. Zwischen Hedelfingen und Eßlingen verunglückte derselbe; erst einige Tage später wurde sein Leichnam bei Obertürkheim im Neckar gefunden und noch ganz kennbar herausgezogen: er war zwanzig Jahre alt Es wurde über diesen Unglücksfall verschiedenes gesprochen; einige vermutheten sogar, er dürfte sich selbst in den Neckarfluß gestürzt haben, weil demselben aber von seinen Prinzipalen durchaus kein Vergehen zur Last gelegt werden konnte, indem er von denselben geliebt und geachtet war: so war nichts anders zu vermuthen, als daß er von einem Straßenräuber gewaltsamerweise um das Leben gebracht worden wäre, und daß sich dieser des Maulthieres, welches er geritten hatte, das mit einigen Hundert Gulden Geld bepackt war, habe bemächtigen wollen.

Der Somnambüle war von der hier erzählten Geschichte sehr wenig bekannt, weil sich dieser Unglücksfall schon vor vierzehn Jahren ereignete. Auf Befragen, wie es ihm ergangen sey, und wo nun seine Seele sich aufhalte, erwiederte sie folgendes:

»Wer den Sigel für einen Selbstmörder gehalten hat, hat ihm im höchsten Grade Unrecht gethan, das war er nicht; sondern er ist gewaltsamerweise ermordet worden. Er ist fürs erste von seinem Thier auf die Erde geschleudert worden, und erhielt sodann einige schwere Hiebe, die ihn in eine Ohnmacht versezten, nach diesem wurde er erst in den Neckar geworfen, aus welchem er sich wegen dem Vorhergegangenen nicht mehr retten konnte. Derjenige, welcher den Mord an ihm begangen hat, verfehlte seinen Zweck ganz, er glaubte, das Thier werde bei seinem Reiter bleiben, dieses aber hat sich weg gemacht, und der Mörder konnte es nicht wieder einholen, indem dasselbe in vollem Laufe Stuttgart zueilte, und den rechtsmäßigen Eigenthümern das Geld vollsam überbracht hat. – Der Mörder ist noch auf dieser Welt, hat aber, wegen seinem bösen Gewissen, keine Ruhe Tag und Nacht. – Der Verunglückte hingegen wohnt in der Stadt Mesopothamien; so eben wird er mir von meinem Führer gezeigt, er spielt auf einer Harfe Dieses Instrument spielte er auch bei Lebzeiten sehr gerne! – und ist recht selig. Die Eltern sollen sich ja beruhigen, wenn ihm die ganze Welt zum Besitze eingeräumt würde, so würde er bestimmt nicht mehr zurücke kehren.«

Von dieser Geschichte hat die Somnambüle beinahe gar nichts gewußt, und so, wie sie solche erzählte, ist es nach allen vorliegenden Beweisen ergangen; alle Anwesenden wunderten sich über diese Erzählung in einem so tiefen Schlafe, zumal da die Somnambüle den Verunglückten auch gar niemals gekannt hatte.

Hierauf ließ eine Witwe nach ihrem vor mehreren Jahren verstorbenen Manne fragen; nach einer kleinen Weile sagte sie:

»Der ist vor gar nicht langer Zeit, vom ersten Grad der Unseligen in den Mond versetzt worden.« –

Gleich darauf ließ eine Schwester um einen zur Nachtzeit im Felde, bei einer Schafherde, nahe bei Ulm, todtgeschlagenen Bruder fragen, indem durch alle Untersuchungen dieserhalben, so gar nichts herausgebracht worden war. Nach einer kleinen Weile sagte sie:

»Dem ist's ewig wohl, seine Seele ist in der Sonne, er kam hinüber als ein Junggeselle und war immer ein edler Jüngling. Mir ist von dieser Geschichte nichts bekannt geworden. Weiter aber fraget mich ja nicht; der Gemordete ist ja an einem ganz seligen Orte, und dessen Mörder kommt noch an seinen Ort, wo er empfangen wird, was seine Thaten werth sind.«

Sie sezte nun noch hinzu:

»Alle diejenige, welche gewaltsamerweise und meuchelmörderisch in die Ewigkeit hinüber kommen, haben ein Kennzeichen an sich, sie sind aber um deßwillen nicht besonders seliger als die, welche mit ihnen in einer gleichen Seligkeit wohnen.«

Als dieses vorüber war, so wurde nach einer ledigen Weibsperson von hier Dieselbe war Dorothea Neufer, eine Tochter des rechtschaffenen und gottesfürchtigen Präceptors Neufer von hier, welcher schon im Jahre 1806 gestorben ist. gefragt, welche in ihrem 58. Lebensjahre gestorben war, nachdem sie viele innere und äußere Leiden durchzumachen gehabt hatte, die aber einen solchen exemplarischen gottesfürchtigen Wandel geführt hatte, daß mit aller Wahrheit von ihr gesagt werden konnte: daß sie niemalen aus ihrer Taufgnade gefallen ist; man wünschte zu wissen, wo diese wohne. Nach genommener Rücksprache sagte sie:

»Ich habe sie auf unserer Welt nicht gekannt, aber mein Führer sagte mir: sie seye schon auf unserer Welt eine Auserwählte Gottes gewesen und habe sich von ihrer zartesten Kindheit an dazu bilden und erziehen lassen; sie hat ihren Wohnsitz in der Sonne und genießt einer großen, großen Seligkeit, diese wurde gleich von unserer Erde aus in die Sonne versezt, da wurde sie wegen ihrer Leiden auf unserer Erde mehr als vollsam entschädigt. Aller Könige der Erde, Herrlichkeiten und Genüsse sind gegen den Freuden, welche sie genießt, nur ein ganz dunkles Schattenbild.«

Dann rief sie voll Ernstes aus:

»O! so, so sollten wir alle werden!«

Weil sie so viel merkwürdiges von jener Welt offenbarte, und von noch weit bedeutenderen Reisen sprach: so wurde sie auf Verlangen eines Geistlichen gefragt: ob sie denn nicht auch zur Anschauung Gottes komme? Bald darauf erwiederte sie:

»Das wird mir nie gestattet; mein Führer sagt mir: das Höchste, was mir erlaubt und gestattet werde, sey: daß ich einen Blick in das neue Jerusalem thun dürfe, allwo ich nur einen Theil der Diener, die bei Gott ihre Aufwartung haben, sehen dürfe, so weit sey noch gar keine Somnambüle geführt worden. – Mein Führer sagt mir: in den seligen Ewigkeiten sind viele Millionen Selige, die noch nicht zur Anschauung Gottes gekommen sind, dieses erfordere den höchsten Grad von Seligkeit.«

»Viele Menschen, die auf unserer Erde sterben, sagen so vielfältig: »Mein Heiland holet mich,« dieses ist unrichtig: diejenigen, welche selig sterben, werden durch selige Geister von der Stelle aus, wo sie hingeführt werden, abgeholt; so auch die Unseligen und Verdammten. Wenn ein Mensch an dem Rande seines Lebens ist, und er wird schöne und helle Gestalten gewahr, das ist immer ein gutes Zeichen; wenn sie aber schwarze Gestalten wahrnehmen, das ist sehr übel und traurig. – Es sind diesesmal mehrere anwesend, die blos eine Neugierde, nicht aber ein redlicher Sinn hieher getrieben hat; ich wäre vermögend, sie namentlich anzugeben, mein Führer aber sagt mir, dieses solle ich beruhen lassen, es falle die Verantwortung auf die Ungläubigen zurück, und der Unglaube Anderer, bringe mir keinen Nachtheil.«

Nachdem sie diese Rede vollendet hatte, so fing sie wieder an, Alle und jedes Einzelne herzlich zu bitten: daß wir uns von ganzem Herzen bekehren und rechtschaffene Früchte der Buße bringen sollen: sie sey nicht vermögend, die Ruhe und Zufriedenheit, welche die Seligen zu genießen haben, auch nur in ihren kleinsten Theilen anzugeben.

»Ei, fing sie wieder an, mein Führer sagt mir, er habe mir in meinen vorigen Reisen noch manches zu verkünden aufgetragen, welches ich nicht genug angegeben habe, ob ich mich nicht erinnere, daß er mir sagte: daß der Geiz eine so große Sünde in den Augen Gottes sey; Paulus habe bei weitem nicht zu viel gesagt, wenn er in einem seiner Briefe schreibe: »er sey eine Wurzel alles Uebels,« er leite zum Betrug, zur Dieberei, zu Lügen etc., ja sogar zum Morde an sich selbst und Andern, wo nur etwas heraussehe, was dem Geiz das Wort spreche, da sey der Geizhalz fähig, es auszuführen. Fliehet! Fliehet! dieses Laster. Weiter sagt mein Führer: die Trunkenheit sei eine Heerstraße, die den Menschen wegen ihren vielen Nebenwegen, die sie habe, in alle Sünden und Laster hinein führe, weil sie ihn seiner gesunden Vernunft und alles Nachdenkens beraubt. O, befleißige sich doch ein jedes der Nüchternheit, man kommt damit weit leichter auf die richtige Bahn. Mein Führer sagt: die kleinste Sünde sey groß genug, daß der Mensch in einen unglücklichen Zustand versezt werden könne, wenn er nicht bei Leibes Leben zu einer Erkenntniß und Verzeihung derselben durch Jesum Christum gelange. – Gutes zu thun, und rechtschaffen zu handeln und zu wandeln, müsse aus der reinsten Liebe gegen Gott und Jesum Christum geschehen; das, was nur aus Eigenliebe, Ehrfurcht und aus Furcht der angedrohten göttlichen und menschlichen Gesetze unterbleibe, habe schon in dieser Welt seinen Lohn dahin. Wir Menschen, sagt mein Führer, müssen Gutes thun, weil es Gut ist, und das Böse meiden und fliehen, weil es Böse ist, alsdann gereicht es uns zur Seligkeit.«

Nachdem sie ausgesprochen hatte, so wandte sie sich ganz besonders an ihren Bruder A., mit welchem sie in Rapport stand, und ermahnte denselben, daß er sich ja stets eines rechtschaffenen Wandels und der Gottesfurcht befleißen solle, weil er wegen seiner besonderen Verbindung mit ihr auch ein besonderes Gericht und Verantwortung auf sich laden würde.

»Nun, fuhr sie fort, gibt mir mein Führer noch etwas auf; sage meinen theuern Eltern, daß sie mich wegen dem Umstand, in welchem ich mich befinde, ja nicht verzärteln sollen, sondern sie sollen mich ja über alles, wenn ich mich in Worten und Werken im geringsten verfehlen sollte, ermahnen, warnen und bestrafen, weil ich im wachenden Zustande nicht weiß, was mit mir vorgegangen ist, denn ich bin, wenn ich in meinem wachenden Zustande zurück komme, wie ein jeder anderer Mensch und mache auch dergleichen und die nämlichen Fehler, darum verhehlet mir von Allem was ich sagte, ja nichts.«

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Reise zu den Unseligen.

Gleich darauf sagte sie: »In einer Minute beginnt meine Rückreise;« während derselben wurde sie gefragt: wie denn der Merkur geartet und beschaffen sey? da sagte sie ganz kurz:

»Gleich der Erde, aber jeder Gegenstand ist unendlich weit veredelter: bei meiner vierten und lezten Reise dahin, welche ich nächsten Donnerstag den 15. dieß Nachmittag präcis 1 Uhr mache, wird mir vergönnt, von ihm aus auf unsere Erde herunter zu sehen.«

Als ihre Rückreise vollendet und ihr Führer abgegangen war, so sagte sie: »A. jezt wecke mich auf.« – Fünf Minuten darauf, nachdem solches geschehen war, erwachte sie wieder mit einer ausgezeichneten Freundlichkeit und mit Lächeln; sie fühlte aber nachher wieder eine große Mattigkeit.

Noch ist zu bemerken, daß ihre beiden Hände, jedesmal nach dem Erwachen schneekalt waren, sie fiel auch nachher öfters in bewußtlosen Schlaf, redete aber niemals nichts, und erwachte auch meistentheils von selbst wieder.

*

Vierte Reise in den Merkur.

Den 15. November Nachmittags 1 Uhr kam sie auf die angegebene Zeit wieder in ihren magnetischen Schlaf. – Sie unterhielt sich mit denen, welche sie besuchten und welchen es bekannt war, daß sie in Schlaf kommt, bis auf die Minute hin, in welcher sie sich niederlegte; als dieses geschahe, so schlief sie auch sogleich ein, und blieb sieben Minuten ganz stille, so wie sich aber ihr Führer bei ihr eingefunden hatte, wurde sie voll Liebe und Freundlichkeit; die Freude war weit größer, als wenn sich bewährte Freunde, welche einander eine geraume Zeit nicht mehr gesehen haben, unvermuthet wieder treffen. Sogleich wurde gefragt, wann sie ihre Reise antrete? da antwortete sie:

»So eben, und so wie vorher, so habe ich solche in 7 Minuten zurückgelegt.«

Dieses traf wieder auf die Secunde zu; als sie angelangt war, sagte sie:

»Ich werde wieder in eine Stadt geführt, die nennt sich Tilia

Nun wurde gefragt, ob sie auch gebaut sey wie jene, welche sie in ihren vorigen Reisen gesehen habe? da sagte sie:

»In der Größe gibt sie selbigen nichts nach, sie ist auch sehr schön, nur kommt es mir vor, als ob die vorige noch schöner sey; ich weiß nicht, was mein Führer damit will, daß er mir anfangs die schöneren zeigte.«

Indem sie dieses redete, lächelte sie und fuhr fort:

»Mein Führer sagt: auch dieses gehöre zur Sache, führte aber weiteres nicht an. – Auch diesesmal werde ich zu den Seligen, die hier ihre Heimat haben, geführt, das Gebäude ist außerordentlich groß.«

Man fragte, aus was es gebaut sey, und wie es aussehe: da erwiederte sie:

»Es ist aus Steinen gebaut, aber auf unserer Welt habe ich noch keine der Art gesehen, sie sind durchscheinend hell weiß. In dem Saal ist der Einbau wie das Aeußere, so wie es auch bei den mir vorhergezeigten war. – Dieser Saal hat eine unübersehbare Länge und eine verhältnißmäßige Breite, sie sitzen in drei Abtheilungen, wie an einer Tafel, und jede Abtheilung hat drei Lehrer, die sich, wie schon gesagt, durch Kronen, hellere Kleidung und Schärpen um ihre Hüften auszeichnen; obgleich die Seligen, die da sind, auch sehr schön aussehen, so haben doch jene vor diesen einen merklichen Vorzug. Ein leibliches Auge wäre durchaus nicht vermögend, die Herrlichkeit, die hier ist, nur anzusehen, und dieses ist, so sagt mein Führer, bei weitem noch nicht, was mir erst später gezeigt werden wird: denn, wenn einem Menschen auf unserer Erde, nur einige Minuten, das was ich wirklich gewahr werde, gezeigt würde, so wäre er für die Erdenwelt ganz unbrauchbar.«

Nach diesem wurde wieder nach der Beschäftigung der Seligen gefragt: darauf sagte sie wie in einem etwas ernsten Tone:

»Diese Frage ist mir wie überflüssig, sagte ich nicht schon öfters, daß das Geschäfte der Seligen nichts anders sey, als Singen, Beten, Gott, seinen Sohn und den heiligen Geist verehren und lernen, dieses hört in ewige Ewigkeiten nicht auf. Wirklich singen sie das Lied: »Herr Zebaoth, dich loben wir etc.« Die Lehrer stehen oben an und sind die Vorsänger. Wenn ich nur hier bleiben dürfte! aber das wird mir vor jezt verweigert. Wie herrlich der Gesang und die Musik ist, vermag ich gar nicht zu sagen, sondern muß Euch auf meine vorige Aeußerungen verweisen.« Sie selbst aber war, was man an ihren Geberden bemerkte, ganz wie entzückt. Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort:

»Ich habe meinen Führer gefragt, wie es komme, daß ich, wenn ich die Städte durchwandere, keine Bewohner, weder auf der Straße, noch in den Gebäuden wahrnehme? Darauf hat er mir geantwortet: So lange die Kinder in der Schule sind, so lange sind sie nicht in ihren Häusern, die Seligen sind in der Schule, in den Sälen, allwo sie unterrichtet werden, von da erhalten sie Lektionen und Aufgaben, die ihnen theils zur Lösung und theils zum Nachdenken über die Größe Gottes aufgegeben werden, die sie in ihre Wohnungen mitnehmen, denn der Geist, oder die Seele des Menschen, bleibt und ist in einer beständigen Thätigkeit; diese Aufgaben sind keine Last für sie, sondern eine wahre Lust, und das größeste Vergnügen, hier ist ein Wetteifer, woraus kein Haß und Neid hervorgehet, sonst wäre es keine Seligkeit.«

Sie wurde nun einige Minuten ganz stille, sodann fing sie wieder zu reden an:

»Ich habe meinen Führer gefragt: wie es denn denen zu Muthe sey, wenn z. B. von zwei Ehegatten, das eine in einem seligen Zustande sey und das andere in einem unseligen; oder wenn Eltern selig seyen, die Kinder hingegen gesammt oder zum Theile in der Verdammnis sich befinden; ob der Seligen Seligkeit dadurch nicht getrübt werde? Auf dieses hat mir mein Führer so geantwortet: In den seligen Ewigkeiten hört alle Familienliebe auf, weil einem jeden Seligen, sowohl die große Liebe Gottes, als auch seine Gerechtigkeit zu offen und klar wird, so, daß er dadurch nicht im mindesten gehindert oder gestört wird. Wenn sich Eltern, Kinder, Voreltern und andere, welche einander schon auf der Erdenwelt lieb hatten, sammt und sonders selig finden, und einander besuchen können, so erhält zwar ihre Freude einen Zuwachs, sie sind aber um deßwillen nicht seliger als jene, die dieses vermissen. Dagegen aber sind die Unseligen, von denen, welche sie zurückgelassen haben und von welchen sie ein gleiches verdammungswürdiges Schicksal ahnen, tief bekümmert, besonders Eltern wegen ihren Kindern, und so durch verschiedene Stände durch, weil Vorwürfe, welche den Eltern von den Kindern, und Andern, die Antheil daran hatten, denselben in der anderen Welt gemacht werden, ihre Schmerzen, Jammer und Elend sehr vergrößern.«

Darauf stieß sie einen schweren Seufzer aus und sie sagte:

»Ich erfahre immer mehreres, und werde, was mir auch mein Führer nachdrücklich aufgibt, meine Reden zu einer wahrhaftigen Buße und Sinnesänderung nie einstellen.«

Nachdem sie diese Rede vollendet hatte, so wurde sie einige Minuten ganz stille und es schien, als ob sie sich erschöpft fühle, dennoch aber war nach ihrer Angabe die Zeit, wie lange ihr Führer sich diesesmal bei ihr verweile (über zwanzig Minuten) noch nicht vorüber. Der Merkwürdigkeit obiger Aussagen halber ließ hierauf ein ganz ehrwürdiger Geistlicher, der hiesige Herr Stadtpfarrer M. E. folgende Fragen an sie stellen: 1) Was dann der im Jahre 1829 in Reutlingen wegen einem Kindesmord hingerichtete Diaconus Brehm, in der Ewigkeit für ein Schicksal erfahren habe? darauf antwortete sie:

»Er ist im Mond, allda hat er eine niedere und kleine Anstellung als Lehrer, aber er wächst und kommt weiter; weil er auf dieser Welt zu einer lebendigen Erkenntnis seiner Sünden gekommen ist, und sich wohl bekehrte, so ist ihm diese Gnade geworden. Er ist einer von denjenigen, welche von Zeit zu Zeit den ersten Grad der Unseligen bereisen und daselbst predigen müssen.«

2) Wie es dem vor Kurzem verstorbenen Dichter Goethe ergangen ist?

»Dieser ist im Uranus als Lehrer.«

3) Wurde nach Heinrich Jung ( Stilling genannt) gefragt;

»Der hat eine ansehnliche Stellung als Lehrer im Jupiter.«

4) Wo der heidnische Lehrer Sokrates sey?

»Der ist ein bedeutender Lehrer in der Venus, er wird aber bald in eine höhere Seligkeit versezt werden.«

Man fragte nun, und zwar je abgesondert nach den Kirchenlehrern Luther, Melanchthon, Arndt, Spener, Bengel und Lavater, worauf sie antwortete, und zwar bei jedem besonders:

»Diese sind keine Lehrer mehr, sondern sie sind Diener Gottes; unter Lehrer und Diener Gottes ist ein merklicher Unterschied, denn die Diener Gottes haben die Aufwartung um den Thron Gottes; ob Gott gleich des allerseligsten Geistes Rath und Dienst nicht bedarf, so erfordert es doch seiner Gottheit Heiligkeit und Herrlichkeit, daß sie Diener habe, um Befehle einzuholen und wieder niederen Seligen zur Ausführung aufzugeben. Auch mein Führer hat Befehle einzuholen, nicht aber von Gott selbst, sondern er hat sich an die Diener zu wenden, was er mir zeigen und wie weit er mich führen darf, denn in der Seligkeit herrscht die allergrößte und beste Ordnung, vor derselben wird kein Haarbreit abgewichen.«

Nach einer nicht gar langen Pause sagte sie:

»Ich habe meinen Führer gefragt: wie es denn möglich sey, daß die Befehle Gottes so schnell eingeholt und ausgeführt werden können? darauf hat er mich so unterrichtet: die selige Geister wandern weit schneller als ein Blitz, die sind gar bald sehr weit; so können auch selige Geister Besuche bei einander machen, Höhere bei Niederen, und wieder Niedere bei Höheren, hierzu ist aber immer eine Erlaubnis erforderlich, die zwar keinem abgeschlagen wird, Einer wie der Andere muß aber wieder an die angewiesene Stelle zurückkehren.«

Sie wurde wieder ein wenig stille, und es wurde abermals eine Frage an sie gestellt, nämlich: wo denn der Prälat Oettinger sich befinde?

»Mein Führer sagt: der sey vor jezt noch im Uranus und spiele auf einer Harfe.«

Diese Erklärung ist besonders Gelehrten, welche aus Schriften und andern Nachrichten seinen Lebenswandel kannten, sehr aufgefallen, weil sie wußten, daß das Spielen auf der Harfe seine Erholungsstunden ausfüllte und das angenehmste musikalische Instrument für ihn war.

Außer diesem wurde sie noch nach mehreren gefragt, welche sie in verschiedenen Himmelskörpern wohnend angegeben hat, nachdem sie darauf geantwortet hatte, so sagte sie:

»Im Mond, in den Sternen, in der Sonne und in dem himmlischen Jerusalem, sind die Wohnungen der Seligen, diese sind der Himmel; denn in jedem Stern gibt es Bewohner, es ist nicht einer leer; wenn ich alle bereisen müßte, so würde es eine lange Ewigkeit erfordern. Um diejenige, welche voraussichtlich keinen gottseligen Wandel auf dieser Welt geführet haben, fraget mich ja nicht, weil ich es unbeantwortet lassen müßte.«

Darauf wurde sie wieder stille, und machte aber bald nachher eine solche Ermahnung an alle Anwesende, daß auch nicht einer da war, welcher nicht in Ströme von Thränen ausbrach. Zuerst schilderte sie den Zustand der Verdammten und Unseligen mehr als jammervoll und kläglich, und fuhr dann fort:

»Der Gesang: »O Ewigkeit, du Donnerwort etc. etc.« Ein Lied, welches wohl in keinem Gesangbuche evangelischer Gemeinden fehlen wird. spricht sehr schauderhaft von der Verdammniß, aber dieses ist nur ein Schattenbild von ihrer Fürchterlichkeit und Abscheulichkeit, wenn ich Tagelang davon reden könnte, so wäre ich nicht vermögend, nur einen Theil ihrer Größe zu schildern. Der dritte Grad der Verdammniß ist zu abscheulich und zu schmerzhaft, alldorten tritt auch nicht auf eine Secunde eine Linderung ein, sondern die Qual fängt stets von neuem wieder an. Wenn, als ich dahin geführt worden bin, nicht die Kleidung meines Führers mir etwas Licht verschafft haben würde, so hätte ich solche wegen der dicken Finsterniß, welche an diesem Orte ist, im Einzelnen gar nicht beobachten können, obwohl ich nur zuvorderst hinein kam, und also nur den wenigsten Theil beachten und betrachten konnte. Wie werden, rief sie voll Eifer aus, die jezt noch lebende Gottesläugner, die Bestreiter eines Wiederlebens sich wundern, daß sie sich in ihren Meinungen und Ansichten so abscheulich selbst getäuscht und betrogen haben. Könnten sie nur Einen ihrer Genossen, der nun alles aus Erfahrung kennt, nur eine Minute winseln, wehklagen, seufzen und sprechen hören; gewiß sie würden im Staube und in der Asche Buße thun, daß sie diesem Qual-Ort entrännen. Diejenige, welche sagen: ich glaube einen Schöpfer, aber von einem Erlöser nichts wissen wollen, sind nicht viel besser daran, als die Vorigen, denn mein Führer sagt: es sey, wie uns Gottes Wort belehre, nur ein Gott, und dennoch drei Personen in der Gottheit; dieses Geheimniß vermögen die seligsten Geister nicht zu enträtseln!«

Bei diesem Gespräche war sie voll Geistes, und zwar der Art, daß es nicht niedergeschrieben werden kann, wie nachdrücklich sie gesprochen hat. So kläglich sie auf der einen Seite die Verdammnis schilderte, eben so sehr rühmte sie auf der andern Seite den Zustand der Seligen, und bat ein Jedes wiederholt auf das inständigste, sich doch ja von ganzem Herzen und ganzer Seele zu bekehren; aber eine wahre Sinnesänderung sey vorher unumgänglich nothwendig.

»Bedenke nur – sagte sie zum Schlusse – ein jedes das Wort Ewig, wo keinem Ende mehr entgegen gesehen wird. Ich will meinen Führer bitten, daß er sich besonders wegen meiner an Gott wendet, daß ich auf dieser Welt recht geläutert und tüchtig gemacht werde; ein jedes Leiden, das mir von Gott aufgelegt wird, will ich mit aller Geduld herzlich gerne annehmen, wenn ich nur der Seelen Seligkeit davon trage.«

Nach diesem wurde sie gefragt: wie es sich mit Bengels Erklärung und Reden über die Offenbarung Johannis verhalte? Darauf nahm sie wie eine verklärte und wirklich merkwürdige Miene an, blieb gegen zwei Minuten ganz stille, wohl aber wurde bemerkt, daß sie mit ihrem Führer eine Unterredung hatte; sodann sagte sie:

» Bengel ist, wie von mir angegeben wurde, ein auserwähltes Rüstzeug Gottes, und ein Diener Gottes, und ist von Gott zum Schreiben dieser und anderer Bücher berufen worden; nur ist dieses zu bemerken, daß er in seiner Rechnung um drei Jahre gefehlt hat, anstatt daß er gesagt hat: wenn 1836 geschrieben werde, so habe die Nothzeit ein Ende, so hätte er sagen sollen: 1839.«

Nun wurde gefragt, ob seine Vorhersagungen wirklich eintreffen? Darauf erwiederte sie:

»Er hat zwar die Zeit sehr kläglich und drangsalsvoll beschrieben; aber sie wird noch größer werden, als er sie angegeben hat.«

Darauf fing sie wieder von sich selbst an und sagte:

»Ich werde nicht alt, ehe die Nothzeit zu Ende geht, werde ich heimgeholt: Ich könnte manchem der Anwesenden noch Vieles sagen, aber sie könnten es nicht ertragen, um deßwillen will und muß ich schweigen.«

Nach diesem erklärte sie, daß sie eine große Bangigkeit in ihrer Seele wahrnehme, und bat alle Umstehende, ihr zu erlauben, daß sie ihr Herz ausleeren dürfe. Sie legte nun wieder eine so eindringende Bußrede mit einem solchen Eifer und Anstand ab, daß die schon angeführten weit übertroffen wurden; Alles was sie sagte, hat sie aus dem Worte Gottes, dem heiligen Bibelbuche nachgewiesen; ohne Uebertreibung, sondern mit Recht und Wahrheit kann von ihr gesagt werden, daß ihr der beste Kanzelredner nie gleich gekommen wäre: jeden Anwesenden überfiel ein kalter Schauer, und Thränen quollen aus aller Augen. Gerne wollte man ihre Rede allen Lesern dieser Schrift wörtlich mittheilen, allein der beste Schnellschreiber wäre nicht im Stande gewesen, Alles aufzufassen und niederzuschreiben. In Beziehung auf ihre frühere kraftvolle Ermahnungen muß hinzugefügt werden, daß sie die Orte der Unseligen und Verdammten noch schreckensvoller und abscheulicher angegeben hat als vorher.

»Denket Euch dazu, sagte sie, wie die Unglücklichen von den Verdammten und Teufeln, welche mit ihnen theils eine gleiche, theils eine größere Qual leiden, noch gepeiniget werden. – Es kommt auch dieses noch dazu: wenn nämlich Verdammte, mittelst ihrer Sünden und Schandthaten, die sie auf dieser Welt begangen haben, Andern, welche noch am Leben sind, Anlaß gegeben haben, daß sie auf ihr Ansehen hin die gleiche Sünden begehen: so wird diesen Verdammten ihre Qual dadurch sehr vergrößert. Darum hüte sich ja ein Jedes auf das sorgfältigste, daß es durch Reden und Handlungen im mindesten kein Aergerniß gebe; nehmet es ja wohl in Acht, und grabet es recht tief in eure Herzen und Seelen ein: daß vor Gott, von einem jeden unnützen Wort Rechenschaft abgelegt werden muß, wenn wir nicht vorher auf dieser Welt noch zur Erkenntniß und Vergebung unserer Sünden gelangen, denn in der andern Welt werden dem Menschen seine Sünden so lebhaft unter Augen gestellt, daß er sich einer jeden Sünde so erinnern kann, als ob er sie erst vor einer Stunde begangen hätte. Da heißt es wohl: »auf Tausende können wir nicht Eines antworten!« Ihr werdet mit mir nicht einverstanden seyn, wenn ich Euch sage: daß Gott sogar aus Liebe verdammt, und dennoch ist es so; denn Gott ist nichts anders als lauter Liebe, und seine Gerechtigkeits-Liebe erheischt dieses, daß ein unbußfertiger und beharrlicher Sünder verloren gehen muß. Wie übel ist doch der Sünder daran, der erst glaubt, daß er seiner Sünden halber gestraft wird, wenn er schon gestraft ist!«

»Glaubet gewiß, daß alles, was ich Euch sammt und sonders sage, nichts erdichtetes ist, sondern jedes Wort hat mir mein Führer in den Mund gelegt; prüfet und überleget Alles genau, was ich sage, ob nicht Alles mit dem klaren Worte Gottes übereinstimmt. Wiederholt muß ich es sagen: daß ich nichts mehr bedaure, als daß ich im wachenden Zustand von allem dem nichts weiß, was ich in meinem Schlafe ansage. Mein Führer sagt mir wiederholt: ob ich denn nicht verstehe, daß hier die edelste Weisheit Gottes zu Grunde liege, daß ich, wenn es mir offenkundig bliebe, für diese Welt ganz unbrauchbar wäre.«

Nun wurde sie ganz stille, nach einer kleinen Pause wurde sie wegen der in Europa sich eingestellten Cholera befragt; ob dafür kein Mittel angegeben werden könne? und ob sie sich auch noch in unserm Vaterlande einstellen werde? Diese Fragen beantwortete sie folgendermaßen. Die erste:

»Gegen diese Krankheit wird kein Arzt in der ganzen Welt ein wirklich bewährtes Mittel angeben können. Wer will und kann Gott widerstehen? Diese Krankheit hat der Engel des Herrn, der mit seiner Sichel anschlägt, mitgebracht, sie muß seyn.«

Die zweite: »Sie wird sich auch noch bei uns einstellen; mein Führer aber sagt mir nicht wann sondern drückt sich so aus: Wachet und betet, daß ihr nicht in Anfechtung fallet, der Geist ist willig aber das Fleisch ist schwach;« ehe der Jahrgang 1839 eintritt, und noch früher kommt sie. Wohl denen, die da heim geholt werden, denn nach der Erndte stehet der Welt ein Herbst, ehe das ganz vorüber ist, bevor; die, die da umkommen, kommen in die Zornkelter, ach, die nehmen ein mehr als klägliches Ende. Mein Führer sagt mir: das, was in dieser Zeit alles vorgehe, könnte er nicht sagen, wenn es ihm auch offenbar würde, die Erfahrung werde uns den hellesten Aufschluß geben, nur so viel Auskunft darf ich euch ertheilen: daß ihr auf Alles, was vorgehet, eine genaue Acht haben sollt -

Nun wird mir Stillschweigen geboten.« –

Sie wurde nun wieder ein wenig stille, bald darauf aber sprach sie:

»Nun fange ich meine Rückreise an, und von jezt an in 5 Minuten habe ich sie vollendet.«

Dieses traf auf die Secunde ein, weil sie in derselben ihr Führer verlassen hatte; gleich darauf sagte sie:

»Bruder jezt wecke mich auf.«

Nach einer Weile von 8 Minuten erwachte sie, mit ihrer gewöhnlichen, lieblichen, freundlichen und lächelnden Miene, und dieser Schlaf hatte nach so vielen und wichtigen Angaben ein Ende.

* * *


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