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[Reisen in den Mond]

*

Die erste Reise in den Mond.

Den 2. November Nachmittags halb zwei Uhr machte sie die erste Reise in den Mond, welche sie schon am 26. Oktober, als an welchem Tage sie in den ersten Ort der Unseligen geführt wurde, angegeben hatte. Als ihr Führer angekommen war und die Reise begann, so sagte sie unaufgefordert:

»Der Mond ist unserer Erde der nächste Körper, in vier Minuten lege ich die Reise dahin zurück.«

Sogleich wurde eine Sackuhr, die auch die Secunden anzeigte, auf den Tisch gelegt; so wie die vier Minuten auf die Secunde hin abgelaufen waren, so fieng sie mit den Worten zu reden an:

»Nun bin ich hier angekommen.«

Bald darauf wurde sie von ihrem Bruder gefragt: wie der Mond sich gegen unsere Erde vergleiche? Da antwortete sie:

»Er hat mit unserer Erde viel Aehnlichkeit, nur ist es viel lichter, feiner und milder, es sind hier Berge, Thäler, Flüsse, Seen, Bäume, Waldungen, schöne Gärten, Städte und vielfältig einzelne und wieder mehrere Gebäude bei einander.«

Nach diesem wurde sie auch um die Bewohner gefragt und erwiederte darauf:

»Der Mond ist die niederste Stufe von Seligkeit; diejenigen, welche nicht gleich nach ihrem Ableben einer höhern Seligkeit fähig sind, kommen hieher, so wie auch jene, welche von dem ersten Grad der Unseligen frei werden. Ich mache noch weitere drei Reisen in den Mond, was ich diesesmal nicht angeben kann, zeige ich in den andern Reisen an. Obgleich der Mond wohl vierzigmal kleiner ist, als die Erde, die wir bewohnen: so ist es doch bei weitem nicht möglich, daß ich solchen auf viermal durchwandern kann, indem ich mich jedesmal nur gegen dreißig Minuten verweilen darf. Ich werde nur an Hauptorte geführt. – Nun werde ich von meinem Führer in ein ansehnliches und großes – großes Gebäude geführt, in welchem mir ein sehr großer Saal gezeigt wird, wo ich lauter erwachsene Personen, in verschiedenen Altern, männlich und weiblichen Geschlechtes in großen Reihen und untereinander sitzend antreffe. Ich kenne hier mehrere Personen, (welche sie auch namentlich angab, die aber hier nicht angeführt werden können) von beiden Geschlechtern.«

Nun wurde sie um die Beschäftigung dieser Mondbewohner gefragt, und antwortete:

»Dieser Ort ist für alle ein Erziehungsort, an welchem sie ihre Lehrer haben; Gott verehren, singen, beten und lernen, um für eine höhere Seligkeit empfänglich zu werden. Das ist ihre einzige Beschäftigung, sobald sie aber einer höhern Seligkeit fähig sind, werden sie dahin versezt. Ich kann nicht unbemerkt lassen, daß sie auch unter sich eine herrliche Musik haben, und was mir besonders sehr wohl gefällt, ist die große Eintracht und Liebe, die alle gegen einander haben; da ist kein Haß, kein Neid, kein Streit; wie glücklich diese sind, kann ich

Euch gar nicht sagen. Ich würde mich für die Glücklichste erklären, wenn ich immer hier bleiben dürfte. Auf unserer Erde ist der Geehrteste und Reichste bei weitem nicht so glücklich, als nur der Geringste dieser Mondbewohner.«

»O wie wunderbar ist dieß, wenn ich einen berühren will, so ist es gerade so, als wenn ich nach einem Schatten griffe. Und doch können alle Gott loben, singen und beten. Ein Schlaf wandelt keines mehr an, auch ist hier keine Nacht mehr, und einer Speise und eines Trankes bedürfen sie ebenfalls nicht. Auch ist dieses etwas Besonderes, daß die Abgestorbenen, sowohl die Unseligen als die Seligen, einander kennen, und daß ein jedes sogleich weiß, was und wer eines auf dieser Welt gewesen ist. Das lasset Euch Alle gesagt seyn, die Verstorbenen erinnern sich in der Ewigkeit, wo sie nicht mehr sterben, weit lebhafter und vollständiger an all ihr Thun und Lassen in der Welt, wo wir sind, zurück, als sie es in diesem Leben getan haben. Auch jede von ihnen unerkannte Sünde wird ihnen hier offenbar, ja nicht nur diese, sondern sogar alle Gedanken, sowohl gute als böse, werden einem Jeden ganz deutlich und klar.«

Voll Eifer fuhr sie fort:

»Mein Führer sagt mir, nun beginnt unsere Rückreise, sage aber deinen Erdenbewohnern: daß sie, wenn sie bei Lebenszeit zu einer lebendigen Erkenntniß ihrer Sünden und zur Bekehrung kommen, unendlich Viel gewinnen, indem es hier in ganz langsamen Schritten gehe.«

Auf dieses wurde sie gefragt: wenn sie die zweite Reise in den Mond mache? Darauf sagte sie:

»Morgen Abend nach drei Uhr werde ich in einen Schlaf verfallen, wo sich aber mein Führer nicht einfinden wird, ich werde nur Hellen wahrnehmen. Erst am nächsten Sonntag den 4. November Nachmittags zwischen ein und zwei Uhr mache ich meine zweite Reise in den Mond, aber erst bei meiner lezten Mondreise wird es mir vergönnt seyn, von demselben aus auf unsere Erde herunter sehen zu dürfen.«

Sie blieb vier Minuten stille, worauf sie ihre rechte Hand öffnete und sagte:

»Nun hat mich mein Führer verlassen und diese Reise ist vollbracht.«

Erst zehn Minuten später kam sie zum Bewußtseyn; erinnerte sich aber nicht des Mindesten von dem, was mit ihr vorgegangen war, sondern sagte nur:

»Lasset mich ausruhen, ich bin dem Körper nach matt, aber in meiner Seele empfinde ich eine besondere Heiterkeit.«

Eine Stunde nachher verließ sie das Bette und war dann ganz heiter.

Genau nach ihrer Angabe verfiel sie den folgenden Tag abends 3 Uhr in einen Schlaf; sie gab aber keinen Laut von sich, erwachte nach einer halben Stunde, verließ eine Viertelstunde darauf das Bette, und war wieder thätig. –

Bis auf diese Zeit hin blieb Alles, was mit dieser Somnambüle vorgegangen war, ein Familien-Geheimniß, weil wir Eltern ganz und gar keine Kenntniß von einem somnambülen Zustand hatten. Man ging nun darüber zu Rath, und es wurde beschlossen, auch andere Personen, besonders aber Aerzte hievon in Kenntniß zu setzen. Kaum war dieses geschehen, so wurde die Sache gleich so öffentlich, daß die Neu- und Wißbegierde die Menschen schaarenweise herbeiführte, was freilich so viel als möglich hätte vermieden werden sollen.

*

Zweite Reise in den Mond.

Den 4. November Nachmittags präcis halb zwei Uhr verfiel sie in einen tiefen Schlaf.

Hier ist besonders zu bemerken, daß sie schon bei der ersten Mondreise, so auch diesesmal und bei allen Sternenreisen, jedesmal eine andere Gestalt oder Gesichtsbildung annahm, welches Freunde und Feinde, so wie jedes Unbefangene mehr als deutlich wahrnahm, denn jeder Gesichtszug offenbarte Redlichkeit, Liebe und Heiterkeit, die Farbe war stark rosenroth und glänzend.

Als sich ihr Führer bei ihr eingestellt hatte, so wurde sie voll Liebe und Freundlichkeit. Einige Minuten nachher fragte sie ihr Bruder: ob sie jezt im Mond angelangt sey? Da antwortete sie:

»Nein, es stehet noch drei Minuten an, bis ich dorten bin; und gab demselben zugleich einen Verweis wegen seinem frühzeitigen Fragen.«

Sie war nun vier Minuten ganz still, und fing darauf unaufgefordert zu reden an:

»Ich bin jezt nicht nur im Mond, sondern mein Führer hat mich bereits in eine Stadt geführt; auf unserer Erde kommt dieser bei weitem keine an Schönheit gleich, die Gebäude sind groß und schön, die Straßen dagegen gar nicht breit, der Weg zum Gehen aber angenehm und gut, es ist mir als ob ich auf lauter Sammt spazierte. Gleichwohl ist der Weg nicht mit Sammt überzogen, sondern mit dem feinsten Sande, aber meine Tritte erkenne und sehe ich nicht.«

Sie wurde gefragt, ob sie auch den Namen von dieser Stadt angeben könne? Da sagte sie:

»Wie ich in das Thor hineinging, so stand er oben am Thor angeschrieben, ich will nun mit meinem Führer Rücksprache nehmen, der wird ihn mir sagen können.«

Man bemerkte deutlich, daß dieses geschehe, und bald darauf sagte sie:

»Sie heißt Gethsemane, mein Führer durchwandert sie mit solchen schnellen Schritten, daß ich beinahe nicht nachkommen kann.«

Bewohner gab sie keine an, sie wurde aus Versehen auch nicht darum befragt, und fuhr nach einer kurzen Weile fort:

»Nun wird mir ein sehr langes und großes Gebäude gezeigt, in welches ich eingeführt werde, – nach einer kurzen Pause sagte sie: nun trete ich ein, der Gang darinnen hat nur eine Brettbreite, er ist ungeheuer lang und ganz hell; jezt komme ich in einen mehr als großen und langen Saal, da sitzen die Verstorbenen in vielen und unübersehbaren Reihen unter einander, die Liebe und Eintracht, welche ich bei den ersten angetroffen habe, hat auch hier ihre Heimath in einem hohen Grade, es gefällt mir hier beinahe besser, als bei den ersten.«

.

Eintreffen des Führers.

»Doch muß ich meinen Führer fragen, warum es hier so stille ist, es scheint mir, daß alle ganz Ohr seyen, zu hören, und sie zeigen eine große Ehrfurcht. – Bald darauf sagte sie: mein Führer sagt, wende dich um, und siehe rückwärts, siehest du nicht die zwei Lehrer hier stehen? Gegenwärtig wird diesen Unterricht ertheilt, um deßwillen sitzen sie so aufmerksam da. Ei, fuhr sie fort, schon das ernsthafte und doch liebevolle Aeußere, wie auch die ganz andere Kleidung, muß jedem Lernenden wahre Achtung einflößen. So schön auch die Lehrer angezogen sind, so ist mein Führer doch noch viel glänzender. Auch der Unterricht bleibt während unserem Durchgange eingestellt; Lehrer und Lernende haben vor meinem Führer viele Achtung. Es scheint mir, Besuche dieser Art sind selten, und ich, als eine Erdenbewohnerin, wurde bewundert, ich wandle hier gerade so herum, wie ich auf meinem Bette angethan liege. Ich muß euch sagen: meine Seele bleibt immer in mir, nur mein Geist wandert; ich wußte vorher nie, daß außer der Seele auch noch ein Geist in uns wohnet; und nur dieser ist fähig, Wanderungen der Art zu machen.«

Sie wurde nun gefragt: Wie denn die Verstorbenen, die sich hier befinden, aussähen, und wie sie gekleidet seyen? Darauf erwiederte sie:

»Bei denen, die ich auf unserer Erde kannte, bemerke ich ganz deutlich, daß ihre Gestalten viel jünger, aber dennoch kenntlich sind, ihre Kleidungen sind weiß, sie haben aber sonst keine Auszeichnung, ihre Häupter sind auch nicht gekrönt; die Kleidungen der Lehrer sind glänzend weiß, um ihre Hüften haben sie rosenrothe Schärpen; ich bin nicht vermögend, es Euch nur zu sagen, wie prächtig diese Gewänder stehen.«

Indem sie so redete, rief sie: »Saget der Frau G..., welche so sehr um die Seligkeit ihres Mannes bekümmert ist, sie soll sich beruhigen, er ist unter den Seligen, ich habe ihn hier, neben andern mir Bekannten, getroffen; er würde sein Vergnügtsein schon hier um keine Welt vertauschen, ob es gleich der niederste Grad von Seligkeit ist, indem man hier erst für eine höhere gebildet wird; denn mit den höhern Seligkeiten geht es von Stufe zu Stufe. Diejenigen, die gleich mit ihrem Absterben in dieser Welt einer höhern Seligkeit fähig sind, sind unter den erwachsenen und alten Personen, im Ganzen genommen sind es gar wenige; denn die, welche auf unserer Sündenwelt so weit heranwachsen, halten strenge über den Geboten Gottes und Jesu Christi, sie sind zwar in der Welt, aber ihr Sinn ist gar nicht von dieser Welt, sie sprechen mit Paulus: »Unser Wandel ist im Himmel!« Mein Führer sagt mir, ihre Empfindungen seyen so beschaffen, daß sie sich schon auf dieser Welt selig fühlen. – O lieber Führer! – so bat sie ihn nun – sey doch daran, daß ich und alle die Meinigen – ach! ich will es so herzlich gerne Jedem gönnen – es hier auch so weit bringen.«

Nach diesem Gespräche war sie, wie in sich selbst vertieft, mehrere Minuten ganz stille, doch nahm jedes Umstehende an ihren Lippen und an ihrer Zunge deutlich war, daß sie sich abermals mit ihrem Führer unterhalte. Bald darauf fing sie aufs Neue zu reden an, und sagte:

»Ich habe mich bei meinem Führer um meine zwei Brüder, den Friedrich Fürchtegott, der Anno 1808 geboren, und im Jahre 1814 gestorben ist, und um den Imanuel Ernst, welcher als ein Kind von 14 Tagen im Jahre 1820 starb, erkundigt, ich wünschte sehnlichst auch diese zu sehen, und er sagte mir: Du siehest vielleicht wirklich Einen.« Darauf gab ich zur Antwort: Im Bereiche der Seligen sind wir Alle Brüder und Schwestern, das weiß ich wohl; wer bist denn du, und wer warest du auf unserer Erde? Auf dieses sagte mir mein Führer: »Die Mutter, die dich unter ihrem Herzen getragen und geboren hat, hat auch mich geboren, ich bin dein Bruder Fritz, und auf göttlichen Befehl zu deinem Führer ernannt worden. Ich sehe meine Eltern, Geschwister und die andern Anwesenden auf das vollkommenste, und kenne auch ein jedes, aber ihr Augenlicht reicht bei weitem nicht so weit, daß sie auch mich sehen könnten; denn sie sind Fleisch, ich aber bin Seele und Geist. Sage ihnen, daß ich meinen Wohnort in der Sonne habe, wo ich als Lehrer angestellt bin, und die Kinder unterrichte, welche, wenn sie noch lebten, 8 bis 9 Jahre alt wären.«

Nachdem sie diese Rede vollendet hatte, so brach sie in einen Fluß von Thränen aus, vor Freude, daß sie einen so hochseligen Bruder habe. Man fragte sie nach seinem Anzuge und nach seiner Gestalt, welche sie so beschrieb:

»Sein Angesicht ist hellglänzender als die Sonne, sein Auge feurig und doch voll Liebe, sein Haupt ist mit einer Krone voll Edelsteine geziert, sein Gewand mehr als glänzend weiß, und um die Hüfte mit einer roten Schärpe gleichsam befestigt; das Rothe weiß ich mit keinem auf der Welt in Vergleichung zu bringen, ich vermag es nicht, die Schönheit dieser Farbe mit Worten recht auszudrücken. Mein Führer – fuhr sie fort – kehrt nun zurück, und führt mich wieder auf unsern Erdenball; er sagt mir: Bei meiner nächsten (dritten) Reise wolle er mir einige Flüsse, die im Monde sind, zeigen; dieses wird den 6. dieses Monats, Nachmittags 1 Uhr geschehen. So wie meine Mondreisen vollendet sind, so werde ich in einen Stern geführt.«

Damit hatte das Gespräch ein Ende; einige Minuten nachher öffnete sie wieder ihre rechte Hand, mit welcher sie stets ihren Führer fest hielt, als Zeichen, daß solcher abgegangen war; erst zehn Minuten später erwachte sie wieder voll Freundlichkeit, und fragte die Umstehenden:

»Wie lange diesesmal ihr Schlaf gedauert, und was sie in demselben gesprochen habe, weil sie in ihrem wachenden Zustand sogar nichts mehr wisse, was mit ihr vorgegangen war.«

Nachdem ihr alles erzählt worden war, so wunderte sie sich ungemein, und konnte kaum glauben, so etwas gesagt zu haben, weil ihr von allem nicht das Mindeste mehr bewußt sey.

*

Dritte Reise in den Mond.

Jedesmal wenn sie in den Schlaf kam, wurde sie einige Minuten zuvor ganz stille. So geschah es auch am 6. November Nachmittags vor 1 Uhr. Kaum hatte die Stunde ausgeschlagen, so schlief sie auch schon. Nachdem sie ihren Führer empfangen hatte, so sagte sie:

»In vier Minuten bin ich im Monde.«

Dieses ist auf die Secunde eingetroffen, indem sie nach Ablauf derselben ihre Ankunft daselbst mit den Worten ankündete:

»Bald werde ich in eine Stadt geführt, welche Bethusalem heißt.«

Nach einer kurzen Pause fing sie an:

»Diese Stadt gefällt mir noch etwas besser, als die vorige, wiewohl auch selbe ganz schön ist; die Straße darin ist wieder so beengt, als die vorige, aber eben so sanft zu gehen.«

Nachdem sie dieselbe durchwandert hatte, fuhr sie fort:

»Ich werde außerhalb der Stadt auch diesesmal wieder in ein großes Gebäude geführt, welches dem vorigen nichts nachgibt. Der Gang in demselben hat alle Aehnlichkeit mit dem vorigen; nun komme ich in den Saal, welcher aber etwas breiter ist, als der vorige; hier ist die Anzahl der Verstorbenen größer, auch treffe ich einige an, die ich auf unserer Erde kannte. Ihre Anzüge sind denjenigen gleich, welche ich schon beschrieben habe; sie haben ebenfalls ihre Lehrer, und es herrscht die reinste Liebe, Eintracht und Unbefangenheit unter ihnen. Die Achtung gegen meinen Führer ist eben so groß, als ich sie in den beiden ersten Reisen angab; ich aber werde nur bewundert, denn alles weiß es, daß meine Seele noch in meiner sterblichen Hülle ist.

»Nun komme ich an einen Ort, um welchem in einem zirkelrunden Ring herum ein krystallhelles Wasser fließt, man könnte es für stillstehend halten, was gleichwohl nicht der Fall ist. Auf dem Platze oder der Insel, die das herumfließende Wasser einschließt, stehet ein großes und ganz langes Gebäude, das höher ist, als jene, in welche ich schon eingeführt worden bin; über den Fluß führt eine schöne Brücke.«

An dem Gebäude angelangt, sagte sie:

»Ich werde auch in dasselbe eingeführt; hier aber ist der Saal nicht unten, wie in den vorigen, ich muß eine Stiege aufwärts steigen. – Ich komme nun in einen großen Saal, da sind wieder keine Andern, als solche, die auf unserer Erde verstorben sind; auch hier ist Alles voll Eintracht und Liebe; nur sagt mein Führer: Jene, welche er mir früher zeigte, seyen etwas vor diesen; sie haben ebenfalls ihre Lehrer.«

Bald darauf sagte sie:

»Nun werde ich zurückgeführt.«

Während ihrer Rückreise wurde sie gefragt: Wenn dann ihre vierte Reise in den Mond vor sich gehe? Und darauf erwiederte sie:

»Nächsten Donnerstag, den 8. November Nachmittags halb zwei Uhr.«

Sodann redete sie ihren Bruder, mit welchem sie in Rapport stand, mit folgenden Worten an:

»Adolph, (der Buchstabe A. bedeutet immer den Namen ihres Bruders Adolph, weil dieser mit ihr in Rapport stand) so wie mich mein Führer verlassen hat, so mache von meiner Herzgrube an, bis auf meinen Kopfwirbel rückwärts zehn Streife, dann erwache ich bälder und leichter.«

Dieses wurde pünktlich befolgt, sie kam auch zehn Minuten nachher wieder zu ihrem vollen Bewußtseyn Obwohl übrigens munter, klagte sie jedoch über Mattigkeit, wußte aber wieder nicht das Geringste von allen ihren Aussprüchen.

*

Vierte Reise in den Mond.

Am 8. November 1832 waren mehrere gelehrte und auch andere Personen anwesend. Sie sprach mit Jedem, sowie aber die Zeit des Schlafes heranrückte, sagte sie:

»Nun muß ich mich legen.«

Und verfiel auch, nachdem sie dieses gethan hatte, in ihren Schlaf. Nachdem sich ihr Führer bei ihr eingestellt hatte, wurde sie gefragt, wo sie sich befinde? darauf antwortete sie:

»Noch hier, nun aber beginnt meine Reise und in 4 Minuten bin ich im Mond.«

Sogleich zogen alle Anwesende ihre Taschenuhren heraus, und nachdem drei Minuten verflossen waren, wurde sie gefragt: ob sie ihre Reise vollendet habe? sie erwiederte:

»Noch nicht, es stehet aber keine volle Minute mehr an.«

So wie die 4 Minuten auf die Secunde hin abgelaufen waren, da sagte sie unaufgefordert:

»Nun bin ich da, – nach einer kleinen Pause fuhr sie fort – heute werde ich von meinem Führer auf einen Berg geführt. – An dem Fuße desselben angelangt, sprach sie: in drei Minuten habe ich ihn mit meinem Führer erstiegen.«

Auch jezt wurden die Taschenuhren wieder in Anwendung gebracht, und als die bestimmte Zeit auf die Secunde hin verstrichen war, so rief sie:

»Nun ist er erstiegen!«

Sie wurde nun um dessen Gestalt, Höhe und Größe gefragt, und erwiederte:

»Er ist rund und um ihn herum stehen Bäume, oben hat er auch eine schöne Ebene und einige Bäume, aber nicht so groß, als sie um den Berg herum sind; die Luft auf demselben ist äußerst angenehm, ich wünschte dableiben zu dürfen. Der Berg hat viel Aehnlichkeit mit der Weilheimer Limpurg, nur hat er den großen Umfang und dieselbe Höhe nicht. Von ihm aus sehe ich noch viele Berge, theils kleinere, theils aber auch größere, Waldungen, Bäche, Städte, Dörfer, einzelne und wieder mehrere Gebäude bei einander. Die Gegenden sind ganz angenehm; der Berg heißt Sinao. Nun kehre ich zurück.«

Sogleich wurde die Frage gestellt: wie viel Zeit gebrauchst du, bis du wieder das Thal erreichst?

»Nur zwei Minuten« – gab sie zur Antwort; und auch dieses traf wieder auf die Secunde ein. »Iezt, sprach sie, werde ich von meinem Führer wiederum in den Saal, in welchem ich vorgestern auf dem Festlande war, geführt, mein Führer sagt mir, er habe mir daselbst noch mehreres zu zeigen. Daselbst angekommen, fuhr sie fort: hier bemerke ich mehrere Lehrer, als bei den Vorigen, sie singen gerade, und ich habe auf unserer Erde noch nie einen Gesang der Art gehört, es kann auch keiner mit diesem verglichen werden, eine andere Musik aber höre ich für jezt nicht. Die Einheit, Liebe und Eintracht, die da ihre Heimath hat, bin ich nicht im Stande, Euch genau zu beschreiben. – Ich werde nicht wieder durch die Stadt geführt, durch welche ich bei meiner dritten Reise geleitet worden bin: sondern ich werde auf einen Punkt geführt, von welchem aus ich auf unsere Erde heruntersehen kann.«

Es wurde gefragt: wie groß unsere Erde ihr erscheine?

»Um ein ziemliches mehrmal größer, als eine große Kegelkugel. Unsere Erde ist ein dunkler Körper und siehet von hier aus schwärzlich aus, und ist, wie ich schon einmal angegeben habe, wohl in die vierzigmal größer, als der Mond. Ich hätte gar nicht gewußt, daß diese runde Kugel, die ich erblickte, unsere Erde ist, wenn es mir mein Führer nicht gesagt hätte, mit den Worten: »auf diesem dunkeln Flecke wohnest du.«

Auf Verlangen der Anwesenden wurde sie wiederholt gefragt: wie denn der Mond in Rücksicht der Kälte und Wärme sey? da sagte sie:

»Ich habe es ja bei jeder Reise gesagt, daß ich ihn mild finde. Ich erinnere mich wohl noch, daß man sagte, daß die Gelehrten ihn als einen kalten Körper ausgeben, es ist aber durchaus nicht so; derjenige, welcher eine Gegend bereist, muß es doch bestimmter wissen, als einer, der nur muthmaßlich urtheilt, und wie könnte es sich auch anders als nach meiner Angabe mit ihm verhalten, da er ja doch ein Ort der Seligkeit ist! – Mein Führer sagt mir: wir Erdenbewohner seyen, wenn von uns ein Bekannter und Gekannter sterbe, sogleich mit unserm Urtheile fertig; diese sind aber meistens grundfalsch, denn nur Gott allein ist der Alles durchschauende Herzenskenner; hier wird nicht nach dem Aeußern, sondern auf das allergenauste nach dem Herzen gerichtet. Darum bitte ich Jeden, was ich bitten kann: Richtet ja nicht! sondern gebe nur ein Jeder auf sich selbst recht acht, daß er seine Seele rette, und vergleiche sich nie mit andern, denn ein Jeder hat ganz genug mit sich selbst zu thun.«

Nachdem sie diese Rede vollendet hatte, so zeigte sie an:

»Daß nun ihre Rückreise beginne, und sie in vier Minuten zurück sey, so wie sie ihr Führer aufwärts führe, so führe er sie auch wieder auf unsere Erde abwärts.«

Während dieser Rückreise wurde sie gefragt: wann sie wieder eine Reise unternehme? darauf erwiederte sie:

»Nächsten Samstag präcise bis 1 Uhr.«

Gleich darauf verließ sie ihr Führer und bald hernach sagte sie:

» .... jezt wecke mich auf die angegebene Weise auf.«

Nicht lange nachher erwachte sie voll Freundlichkeit, aber wieder voll Unwissenheit von dem, was mit ihr vorgegangen war.

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