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[Reisen in die Ceres]

*

Erste Reise in die Ceres.

Den 9. Dezember Nachmittags halb 1 Uhr machte sie ihre erste Reise in die Ceres, und gebrauchte dazu die früher angegebenen zehn Minuten auf die Secunde; während ihrer Hinreise erzählte sie:

»Heute sagt mir mein Führer etwas recht tröstliches, ich darf heute auch Sonntag halten, und keine Schwäche ausstehen, was mich herzlich freut. Neben diesem wird mir auch heute vergönnt, wieder auf unsere Erde herunter sehen zu dürfen.«

So wie sie die Ceres erreicht hatte, sagte sie:

»Meine Herreise gehet immer sehr schnell, und meine Rückreise noch schneller, so wie ich aber einen solchen Körper erreicht und in ihm zu wandern habe, dann gehet es viel langsamer, sonst wäre ich ja nicht vermögend, nur einen Gegenstand wahrzunehmen. – Ich gebrauche jezt noch zwei Minuten, bis ich an ein Thor und in eine Stadt komme, in dieser Gegend sehe ich keine Berge, es ist alles rings umher eben, wohl aber erblicke ich von fern her Städte, die mir entgegen strahlen, und auch Waldungen, aber keine von besonderer Größe. Die Stadt, in welche ich nun eintrete, hat den Namen Gilliath; es ist wieder Alles um ein ziemliches herrlicher und schöner und es fehlen mir wieder Worte, um mich, wie es wirklich hier ist, auszudrücken. Auf dem Thore und den Gebäuden der Stadt befinden sich Thürmchen, die oben eiförmig sind und den herrlichsten Glanz von sich geben. Die Stadt ist lang, die Straße aber wieder gar nicht breit; das Pflaster der Straße hat alle mögliche Farben, die Steine aber sind so schön in einander gefügt, daß es scheint, als ob das Ganze nur ein Stein wäre, es ist aber doch nicht so, weil jeder nach seiner Farbe einen Glanz von sich wirft, und das nimmt sich so schön aus, daß Alles nicht sattsam genug gesehen und betrachtet werden kann. Auch die Bedeckungen der Gebäude, was wir Dach nennen, sind oben beinahe wie flach und doch nicht ganz flach, sie haben wie eine zerdrückte Wölbung, und geben den herrlichsten Glanz von sich. Ich bin eben wieder ganz und gar nicht im Stande, und wenn ich Millionen Zungen hätte, Euch nur das Kleinste dieser Schönheiten wesentlich anzugeben, lasset es daher Euch nicht verdrießen, wenn ich immer von nichts als himmlischen Schönheiten rede, und werdet deren nicht überdrüssig. Wenn Eines oder das Andere von Euch nur Etwas von dem, das mir gezeigt worden ist, und zwar so schnell als wie ein Blitz vorüber fährt, gewahr werden könnte: so würde ein solches, wie vom Blitze getroffen, zu Boden sinken; darum verarge es mir ja Keines, denn es würde sich nicht an mir – aber schwer an Gott versündigen, wenn es mich deßhalb tadeln, oder gar als eine Schwärmerin ausschreien würde. Ich muß es wiederholt bekennen, und bin auch ganz und gar nicht vermögend, es zu sagen, was Gott für ein großer Gott ist; denn es ist allen Menschen zusammen genommen nicht möglich, sich nur im kleinsten genommen, einen wesentlichen Begriff von Gottes Größe zu machen.« – –

»Ich komme nun in den Versammlungssaal; auch dieser ist wieder ziemlich leer, es sind nicht mehr als vier Lehrer da; sie singen wirklich ein Lied, wovon ich aber weder Melodie noch Text angeben kann, womit auch die Harfen einstimmen; ein anderes Instrument habe ich noch nie erblickt, als Harfen. – Lehrer und Lernende leuchten nicht anders als wie die Sonne, nur daß sich jene wieder in der Größe der Kronen und Klarheit vor diesen auszeichnen. Die liebevollen Mienen, die Eintracht und gegenseitige Liebe, die da ihre Heimat hat, weiß ich gar nicht auszudrücken; ich laufe so einfach gekleidet unter ihnen herum, und dennoch ist jedes voll Liebe und Freundlichkeit gegen mich; nur thut mir dieses sehr leid, daß ich so bald wieder abgehen muß, ich wünschte mir nur vier Tage und vier Nächte nach unserer irdischen Zeitrechnung bei den Seligen verweilen zu dürfen, es würde mich gewiß weder hungern noch dürsten, denn bei ihnen wäre mir eine Stunde schneller verschwunden, als hier eine Minute.«

Nun wurde gefragt: ob sie von den Lehrern, die da seyen, keine kenne? Nach einer kleinen Pause sagte sie:

»Der Spezial Hartmann ist da als Lehrer, der Vater hat sein Predigtbuch, die übrigen sind von andern Religionen. – Ich verlasse nun den Saal und werde durch einen Wald geführt werden, in welchem ich von Gott erschaffene Vögel antreffe, welche aber nicht von unserer Welt herüber gekommen sind. Ich gebrauche 2 Minuten den Wald zu durchwandern. Nun sehe ich die Vögel, aber die singen und pfeifen zu herrlich, ihre Gestalten sind klein, und ihre Farben gelb und weiß; sie sind gar nicht schüchtern, denn sie fliegen um mich und meinen Führer herum, ich will immer eines fassen, aber ich kann es nicht, ich wünschte gar zu sehr nur eines auf unsere Erde mit zurück bringen zu können, ich wollte es gewiß recht pflegen, aber es ist mir nicht möglich. Der Wald ist einzig schön, da ist auch nicht ein Stamm krumm, und alle stehen geordnet da und haben eine ungeheure Höhe; es sind viele Wege in dem Wald, aber alle sehr schmal. Auf den Bäumen erblicke ich keine Früchte, viele davon haben eine Aehnlichkeit mit den Pappelbäumen, sie sind es aber doch nicht, denn sie sind viel herrlicher und schöner. Auch die herrlichsten Blumen sind in dem Walde und von jeder Farbe, es ist mir leid, daß ich solche nicht namentlich angeben kann, ob sie gleich mein Führer benennt, so weiß ich es doch nicht nachzusprechen. – Nun wird mir erlaubt, auf unsere Erde zurück zu sehen, wenn sie mir abermals nicht gezeigt worden wäre, so beachtete ich solche wiederum nicht; sie erscheint mir von da aus wieder nicht größer als ein Wirbel, womit die Kinder spielen und schwärzlicht. Unsere Erde ist ein dunkler Körper; mit großer Betrübniß gehe ich jezt schon von hier zurück, ich wäre gar zu gerne noch länger hier geblieben; in 6 Minuten bin ich zurück. Ich mache noch 5 Reisen, jeden Tag eine, nach diesen aber drei Tage hinter einander jeden Tag zwei, später aber, wenn ich die andern Sterne bereise, können es jeden Tag drei und vier, einmal auch fünf Reisen werden. Mein Führer sagt mir noch, ich soll keine zu stärkende und kraftvolle Speisen genießen, je schwächer ich auch dem Körper nach werde, desto empfänglicher sey ich.«

Während der Rückreise wurde die Frage an sie gerichtet: ob das Tanzen Sünde sey? Darauf erwiederte sie:

»Durch den Tanz, sagt mein Führer, ist noch Niemand selig geworden, wohl aber sind Unzählige dadurch verloren gegangen; es tanzt nicht Mann mit Mann, und Weib mit Weib. Beachtet nur die sündlichen Reize, welche dadurch erweckt werden, wie viele haben dabei ihre Unschuld eingebüßt, ihre Gesundheit verloren; bedenket nur, sagt mein Führer, was Euch der Apostel Paulus im Allgemeinen zuruft: ›Stellet Euch nicht dieser Welt gleich.‹ Tanzen ist und bleibt Sünde, jedoch in einem höhern und niedern Grade.«

So wie sich ihr Führer verabschiedet hatte, sagte sie zu ihrem Bruder:

»Jezt wecke mich auf.«

Nach ihrem Erwachen blieb sie noch über eine halbe Stunde im Bette, nahm nachher nur wenig leichte Speise zu sich und unterhielt sich mit den Ihrigen bis Nachts gegen 9 Uhr, um welche Zeit sie sich von selbst zu Bette begab; sie hatte auch die Nacht über einen besonders ruhigen Schlaf.

*

Zweite Reise in die Ceres

Den 10. Dezember Nachmittags halb 1 Uhr machte sie ihre zweite Reise in die Ceres; nachdem sie beinahe die Hälfte derselben zurück gelegt hatte, sagte sie:

»Es zeigt sich neben meinem Führer ein unseliger Geist, welcher sich gerne an uns anschließen möchte, ich kann nicht bestimmt sagen, was er damit bezwecken will; er will mich bei meiner linken Hand fassen, ich gebe sie ihm aber nicht.«

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Einsegnung zur Reise in die Ceres

Gleich darauf legte sie ihre linke Hand auf die rechte, mit welcher sie ihren Führer festhielt, und sprach:

»Dieser ungebetene Gesellschafter hat zurück wandern müssen; nun habe ich noch 5 Minuten, sodann komme ich in der Ceres an. – Nun habe ich sie erreicht; ich sehe mehrere Städte in der Entfernung, ich werde aber heute nur in eine derselben geführt; ach, das Thor dieser Stadt ist wieder schöner und herrlicher als alle vorige. Es bleibt mir wieder nichts anders übrig, als die tiefste Anbetung und Erstaunen, ich weiß mich beinahe nicht zu fassen; mein Führer sagt mir, diese Seligkeiten seyen schon bedeutend, in der Sonne und dem neuen Jerusalem aber, sey es noch viel, viel herrlicher und schöner. Die Stadt, in die ich geführt werde, heißt Gath, die Steine der Straße und an den Gebäuden sind gleich hell und schön, von mehrerlei Farben, und alle werfen den herrlichsten Glanz von sich; mit solchen Arbeiten kann und darf sich kein irdischer Künstler, wenn er auch viele tausend Jahre in seiner Kunst zunehmen und wachsen könnte, messen, er blieb dagegen immer ein arger Pfuscher, und wenn er auch auf unserer Welt noch so sehr bewundert würde, so bliebe der Unterschied doch noch himmelweit entfernt. – So wie ich diese vortreffliche Stadt und nachher den Lehrsaal durchwandert habe, so werde ich an einen Strom geführt, von dessen Wasser ich trinken darf. – Nun nähere ich mich dem Lehrsaal, derselbe ist wieder außerhalb der Stadt; ich habe innerhalb 30 Treppen zu besteigen, ehe ich in denselben komme, eine jede Treppe hat eine andere Farbe, und eine jede gibt nach ihrer Farbe einen Glanz von sich. Was ist doch Gott für ein unendlich großer Gott! In dem Aufsteigen der Stiege kommt mir eine verstorbene Selige entgegen, selbige führt mich an meiner linken Hand, und ist weiblichen Geschlechtes; Von derselben gab sie den Geschlechtsnamen und die übrigen Familienverhältnisse pünktlich an; es wäre nicht einem Menschen beigefallen, daß dieses gute Mädchen, welches schon vor einigen Jahren verstarb, schon gestorben wäre, wenn sie nicht eine Erzählung von ihr gemacht hätte, denn sie war längst in Vergessenheit gerathen. – sie ist in ihrem 14 Jahre gestorben, hat eine schöne Krone auf ihrem Haupte und ihr Kleid ist so schön weiß, daß es einen Glanz von sich gibt; ich hätte sie nie gekannt, wenn mir mein Führer nicht gesagt hätte, wer sie auf unserer Welt war und wem sie angehörte; gerne wollte ich mich mit ihr unterhalten, aber sie gibt mir keine Antwort, wohl aber kann sie mit meinem Führer reden. Es ist doch gewiß etwas sehr Großes, daß die Seligen einander alle kennen, sie mögen her- und abstammen, wo sie nur immer wollen; dasselbe ist aber auch bei den Unseligen und Verdammten der Fall. – Nun werde ich in den Saal eingeführt, die Gesellschafterin verläßt mich, und sezt sich an ihren Plaz; die Seligen, die ich da antreffe, kann ich vor Klarheit kaum anschauen, sie sind beinahe zum Durchschauen glänzend, und was mich wieder besonders freut, ist dieses: daß ich hier wieder 6 Lehrer sehe. Ich habe meinen Führer gefragt: wie es komme, daß hier wieder 6 Lehrer und die Zahl der Seligen um ein merkliches größer sey, als in den vorigen Lehrsälen; er sagte mir darauf, daß sich hier mehrere Jünglinge und Jungfrauen befinden, die, in einem Alter von 12 bis 15 Jahren, zwar in einer gewissen Unschuld, aber doch nicht ganz ohne Sünden, wie jünger unmündige Kinder gestorben sind, und obgleich sie in der Buße und Wiedergeburt starben, dennoch für die Sonne noch nicht empfänglich waren, nun aber für diese heranwachsen, was ich noch in einigen Reisen hierher wahrnehmen werde. – Jezt läßt sich wieder Gesang und Musik hören, die ist zu herrlich und göttlich, Ton und Lied aber kann ich nicht angeben. Von der gegenseitigen Liebe und Eintracht kann ich abermalen Niemanden nur den geringsten Begriff beibringen; die Lehrer haben Bücher vor sich liegen, die Buchstaben sehen aus als ob sie von dem gediegensten Golde wären, bei den Lernenden aber bemerke ich keine Bücher. – Nun muß ich den Saal verlassen, ich mache zwar noch Seitenblicke, aber diese genügen nicht. O, wie haben es doch die Seligen so herrlich und gut! da ist nichts vorhanden, das ihre Seligkeit nur im mindesten stört oder unterbricht; ich wollte, wenn ich nur hier bleiben dürfte, mir für alle ewige Ewigkeiten keine höhere und größere Seligkeit wünschen und verlangen. – Die Gegend, die ich durchreise, ist ganz eben und mehr als schön; wenn ich Euch 8 Tage lang unausgesezt von den Herrlichkeiten, die mir gezeigt worden sind, erzählen würde, so könnte ich Euch bei weitem nur den allerwenigsten Theil schildern, und dabei sagt mein Führer, daß alle diese Schönheiten, gegen das neue Jerusalem, in keinem Theile in einen Vergleich zu stellen seyen. – Das Wasser, das mir aus dem Strom zu trinken gegeben wird, dient dazu, daß ich alles Uebels, was von schlechten und böse denkenden Menschen aus über mich ausgegossen und gesagt wird, mit der größesten Gelassenheit und aller Ruhe ertragen kann; ich würde in meinem Christensinn noch gar nicht zugenommen haben, wenn ich Böses mit Bösem erwiederte. Was hat sich der Gottmensch, Jesus Christus, der Welt-Erlöser, während seines Lehramtes auf dieser sündenvollen und im Argen liegenden Welt – ja bis auf diese Stunde – Alles gefallen lassen! »Er dräuete nicht, da er litte, sondern er stellete Alles dem heim, der da recht richtet.« Hierinnen will ich meinem liebevollen Heilande nachzuahmen mich nach allen Kräften befleißigen. – O, ich elende Made, kann ja mit dem Sohne Gottes nie in eine Vergleichung gestellt werden: was hier an mir nicht zu Schanden wird, wird es jenseits werden.«

Darauf hielt sie wieder an alle eine eindringende Rede, voll der kräftigsten Ermahnungen und schloß dieselbe mit den Worten:

»Außer Paulo, ist noch Niemanden, der noch im Fleische wandelt, das gezeigt worden, was mir gezeigt wird; Alles ist noch gar in keines Menschen Herz gekommen. Wie unaussprechlich herrlich und schön ist es in der Ewigkeit der Seligen! – O! O!! wie sehr bedaure ich die, die an dem Alles entscheidenden Gerichts-Tage zur linken Seite gestellt und in die ewige, ewige Verdammniß verwiesen werden; und wie viel, viel Millionen Menschen leben so gottlos und sicher in den Tag hinein!

Sie wurde nun stille, und unterhielt sich mit ihrem Führer, allgemein aber wurde bemerkt, daß sie in ihrem Geiste sehr bekümmert war; nach einer Weile fieng sie an zu sprechen:

»Dann werd' ich das im Licht erkennen, »Was ich auf Erden dunkel sah: »Das wunderbar und heilig nennen, »Was unerforschlich hier geschah. »Da denkt mein Geist mit Preis und Dank, »Die Schickung im Zusammenhang« Aus dem Gellert'schen Liede: »Nach einer Prüfung kurzer Tage etc.« »Obgleich in der Ewigkeit gleichsam alle Zeit aufgehört hat, so werden, nach menschlicher Weise gesprochen, einem Seligen tausend Tage bei weitem nicht so lange, als einem Menschen hier nur ein Tag wird, wenn er denselben auch mit Ruhe und Zufriedenheit durchlebt hat; dagegen aber wird auch einem Unseligen ein Tag viel länger als tausend Tage hier, wenn er solche gleich in Hunger, Kummer und Schmerzen durchleben müßte. – Ich bitte Euch von ganzer Seele und aus allen Kräften, nehmet das, was ich gesagt habe, doch recht in Acht, denn diese Worte sind wahrhaftig und gewiß, ich rede dieses nicht aus mir selbst, sondern was mir mein Führer in den Mund gelegt hat, das verkündige ich Euch.« –

»Mein Herz ist mir wie ganz eng und beklommen, ob ich gleich auf dem Bette liege; denn der Mensch bestehet aus Geist, Seele und Leib, und so lange dieser nicht von jenem getrennt ist, so stehen sie mit einander in Verbindung, und hat eines auf das andere Einfluß, denn nur mein Geist wandelt hier. – Ich sehe mehrere Selige außer der Stadt in den göttlichen Gefilden herum wandeln.«

Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort zu reden:

»Ich sehe den Strom, aus dem mir zu trinken gegeben wird, und die Brücke über denselben, aber noch etwas entfernt vor mir liegen; über die Brücke muß ich wandern. – Nun nähert sich mir ein erschaffener Engel, der mir das Wasser reichen wird.«

Darauf öffnete sie ihre rechte Hand und streckte die linke aus, und sagte:

»Mein Führer hat sich, so wie sich mir der Engel näherte, rückwärts gezogen, und meine linke Hand ergriffen, meine rechte Hand aber ergriff der erschaffene Engel; dieser heißt Zacharias. – Nun reicht mir derselbe das Wasser aus einem durchscheinend goldenen Becher. Alle Anwesenden sahen sie so natürlich schlucken, als wenn sie wirklich vor unsern Augen getrunken hätte. – Ein Wasser der Art, habe ich noch nie getrunken, das dringt mir durch Mark und Bein, auch alle Adern und Gelenke, der Geschmack ist köstlicher als Honig. Der Engel gießt auch einige Tropfen dieses Wassers auf mein Haupt, ehe dieses aber geschahe, so hatte er einen Segen darüber gesprochen, von welchem ich aber nur noch die Schlußworte weiß, welche also lauteten: »dein getreuer Heiland leite dich stets auf ebener Bahn.« – Nun scheidet dieser Engel von mir; seine Stimme war sehr stark, auch ist seine Person groß und stark, sein Angesicht aber viel Liebe und Annehmlichkeit. Einen erschaffenen Engel kann man angreifen und betasten, einen selig Verstorbenen aber nicht, denn deren angenommene Körper sind zu sehr verfeinert. – Nun beginnt meine Rückreise.«

Während derselben war sie sehr vergnügt, und als sie solche vollendet hatte, so sagte sie:

»Bruder, jezt wecke mich auf, sage mir aber auch, wenn ich erwacht bin, was ich gesprochen habe, denn ich fühle es in meinem Geiste, daß eine Veränderung mit mir vorgegangen ist. Das ist mir schon immer räthselhaft gewesen, daß ich mich im wachenden Zustande nicht des Geringsten zu erinnern weiß.«

Sobald sie erwachte, war sie ganz heiter, sie verfiel aber bald darauf mehrmals in Schwächen; in einigen derselben schrieb sie Briefe und in andern las sie aus mehreren Büchern, was bei Allen, die solches sahen und hörten, die größte Bewunderung erregte. – Als die Schwächen vorüber waren, ging sie zu Bette und hatte die Nacht über einen ziemlich ruhigen Schlaf.

*

Dritte Reise in die Ceres

Am 11. Dezember Mittags halb 1 Uhr machte sie ihre dritte Reise in die Ceres. Während derselben wurde nach einem vermißten Hausvater gefragt, dessen Schicksal sie, wie es nachher die Zeit lehrte, genau angegeben hatte. Es zeigte sich wieder ein unangenehmer Reisegefährte, und veranlaßte die Frage: woher es komme, daß sich solche einstellen? Darauf sagte sie:

»Ich komme in meiner Hinaufreise nicht weit an den Reichen der Unseligen und Verdammten vorbei, und weil die Unseligen in dem ersten Grade auch hie und da herum schweben dürfen, mich schon öfters haben wandern sehen, und mich, weil ich ihre Reiche theilweise durchwanderte, kennen, so wie ich sie kenne, so sind sie der Meinung: sie könnten durch mich oder meinen Führer eine Erleichterung, oder eine frühere Erlösung erhalten, was jedoch nicht möglich ist, so wie ihnen aber mein Führer abwinkt, so müssen sie weichen, sie können mir auch durchaus nicht schaden.«

Darauf verfiel sie in eine große Freude und sagte:

»Ich erhalte noch einen Begleiter, ich weiß nicht, was ich vor Freude anfangen soll, es wird mir heute wieder ein Wasser gereicht. – Jezt habe ich die Reise vollbracht, und komme sogleich an ein Stadt-Thor, die Stadt selbst heißt Noßphat. Der Engel, der mich begleitet, ist von Person mehr als mein Führer, seine Kleidung hellglänzender, auch ist seine Krone größer und glänzender. Er ist vom neuen Jerusalem herunter gekommen, vor einem solchen Engel haben alle die, welche in den Sternen wohnen, eine Hochachtung; seine Stimme ist sehr stark, sie gleicht einem Donner; sein Name ist Gabriel. Die Seligen, die ihm begegnen und in dem Lehrsaale sind, empfangen ihn mit den Worten:

›Gegrüßet seyest Du, Engel Gabriel!‹ Jedes stehet aus Hochachtung vor ihm auf, die Lehrer aber haben ihn nach einander umarmt, so wie sich Freunde, wenn sie einander lange nicht gesehen haben, umarmen. Hinter einem solchen Empfang steckt keine Tücke, kein Neid oder Mißgunst, da ist Alles lauter und sonnenklar; dieser Engel dünkt sich ganz und gar nicht höher als die, welche er begrüßte und umarmte, unter den Seligen ist nichts anders als die reinste Liebe; dieser Engel Gabriel war vorher auch ein Erdenbewohner, unter den Seligen gibt es viele, welche den Namen Gabriel führen. – Von der Schönheit des Thores, der Stadt und des Lehrsaales kann ich nur so viel sagen: daß selbst die Seligen, die da sind, es nicht vermögen, die Herrlichkeiten und Schönheiten, die hier sind, nach ihrer Größe zu schildern; was könnt Ihr nun von mir, als einem elenden Erdenwurm, erwarten! – Es nahen sich mir wieder zwei Engel, die waren auch auf unserer Erde Zwei Schwestern aus Weilheim, die wieder nicht einer Seele eingefallen wären, wenn sie solche nicht namentlich angegeben hätte. arme verachtete Tropfen, und jezt genießen sie einer sehr großen Seligkeit. Gott ist unbegreiflich und unerforschlich. Glaube ja Niemand, daß Gott nur im mindesten etwas entgehet, der geringste Wurm, und die unserm Auge kaum sichtbare Insekte ist ihm nicht unbekannt, vielweniger Menschen, für die Jesus Christus, um sie zu beseligen, sein Leben in den Tod dahin gegeben hat. O, welch eine Liebe ist das, wer kann sie begreifen und fassen.

Nun wurde auch nach der Seherin von Prevorst gefragt; nach einer kurzen Pause sagte sie:

»Mein Führer sagt mir, sie sey wegen ihrer vielen Leiden, und weil sie auf Erden so sehr geläutert wurde, in das neue Jerusalem versezt worden. – Der Engel Gabriel und mein Führer leiten mich auf beiden Seiten, und doch ist der Weg so außerordentlich schmal. Das Wasser, welches mir nun gereicht wird, dient dazu, daß ich auch für das Höhere, das mir gezeigt wird, empfänglicher werde.«

Jedes Anwesende hat es sichtlich wahrgenommen, daß sie so gierig schluckte, als ob sie den größesten Durst gehabt hätte; darauf fuhr sie wieder fort zu sprechen:

Der Engel Gabriel hat seine Hand auf mein Haupt gelegt und mich gesegnet, damit nimmt er Abschied von mir. – Ich habe über diesen Besuch nicht dazu kommen können, Euch nur etwas weniges von dem, was mir gezeigt wurde, ausführlicher zu sagen, nehmt diesesmal vorlieb mit dem, was ich bereits angegeben habe, denn meine Rückreise beginnt so eben; ich werde zwar in derselben durch einen schönen, schönen Garten geführt, darf mich aber in demselben nicht verweilen. Darinnen sind die herrlichsten Blumen und Bäume; ich sehe wirklich viele Selige herumwandeln, aber die Wege sind wieder ganz schmal und es ist mir unbegreiflich, daß ihr von dem Wohlgeruch der Blumen und Bäume, der mich anwehet, wenn ich zurück komme, nichts empfinden solltet. – Mein Führer sagt mir etwas, was mir schwer auffällt und mich tief darnieder drückt, nämlich dieses: daß ich heute noch zwanzigmal in Schwächen verfallen werde, und daß solche erst diese Nacht mit dem Schlage 10 Uhr beendiget seyen. – Betet für mich, daß Gott mein Werk vollends herrlich hinausführe. Mein Führer gab mir beim Abschied die siebente Strophe aus dem Liede: »Befiehl du deine Wege etc.« zum Troste mit, dieselbe heißt:

»Auf, auf, gib deinem Schmerze
»Und Kummer gute Nacht;
»Laß fahren was das Herze
»Betrübt und traurig macht!
»Bist du doch nicht Regente,
»Der Alles führen soll;
»Gott sizt im Regimente,
»Und führet Alles wohl!«

Darauf mußte sie auf ihr Verlangen geweckt werden, nach dem Erwachen war sie zwar voll Liebe und Freundlichkeit, die Bangigkeit aber, die auf ihr lag, konnte sie doch nicht ganz unterdrücken.

*

Vorgänge nach dieser Reise.

Nachdem sie nur sehr wenig von einer ganz leichten Suppe gegessen hatte, so stund es kaum eine halbe Stunde an, als sich die Schwächen, die eine mehr, die andere weniger heftig und entkräftend einstellten. Von dem, was sie in denselben sprach und wirkte, kann folgendes hier aufgenommen werden. – In einer derselben sagte sie:

»Ich höre eine Stimme, die ruft mir zu: »Sey »getrost mein Kind, mache deine Kämpfe durch, »sie werden dir hier zeitlich und jenseits ewig »belohnt werden.«

In einer andern verlangte sie Dinte, Feder und Papier, indem sie an einen ihrer abwesenden Brüder zu schreiben habe; dieses verrichtete sie in Anwesenheit vieler Personen, in der Nacht, bei den verschlossensten Augen, während dem ihr alles Licht genommen wurde, mit der genauesten Pünktlichkeit. Als sie damit fertig war, machte sie den Brief ordentlich zu und schrieb die Adresse darauf, so daß alle Anwesenden darüber staunten, und sich von der Möglichkeit dieses Ereignisses gar keinen Begriff machen konnten, weil Allem, was ihr hätte dienlich seyn mögen, geflissentlich vorgebeugt worden war.

In einer der lezten Schwächen sagte sie:

»Ich sehe wirklich so helle durch meinen Magen, daß ich fähig wäre, zu lesen.«

Sie forderte nun ihren Bruder A... auf, dem Herrn Präzeptor Vögelen ein Gesangbuch oder ein anderes Buch zu geben, damit er etwas in demselben aufschlage; sie wolle das Buch sodann auf den Magen nehmen und lesen. Dieser nahm das Buch und schlug das Lied auf: »Es kostet viel, ein Christ zu seyn etc.« ohne daß ihr ein Wort davon gesagt worden wäre. Sie nahm das Buch, drückte es auf ihren Magen und las das Lied mit der besten Fertigkeit und allem Anstande, rückte auch das Buch immer so, daß sie die Helle aus dem Magen nicht verlor. Nachdem sie fertig war, sagte sie:

»Aber jezt bin ich doch recht matt, bringet mich nun zu Bette.«

Die zwei lezten Schwächen hat sie vollends im Bette ausgehalten; so wie auf der hiesigen Kirchenuhr die zehnte Stunde zu schlagen anfing, so waren auch alle zwanzig Schwächen, die man genau nachgezählt hatte, überstanden, und als sie beendiget waren, da rief sie aus:

»Gottlob, nun sind sie vorbei.«

Nachher schien sie wieder wie ganz gesund, genoß aber nicht das mindeste mehr, und hatte die Nacht über einen ganz natürlich guten und gesunden Schlaf.

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Vierte Reise in die Ceres

Den 12. Dezember Nachmittags halb 1 Uhr machte sie ihre vierte Reise in die Ceres. Während ihrer Hinreise wurde ihr im Stillen etwas aufgetragen; bald darauf sagte sie:

»Mein Führer hat mir deshalb meine Bitte nicht gewährt. – Es hat sich wiederum ein Ungebetener anschließen wollen; er ist aber von meinem Führer plötzlich abgewiesen worden. – Lasset mich heute so viel als möglich mit Fragen in Ruhe, ich habe mich heute mit meinem Führer zu unterhalten, denn meine Reise wird heute sehr bedeutend. Ich komme heute in eine Stadt, in einen Lehrsaal, auf einen hohen Berg, und sodann in der Rückreise an ein Wasser.«

»Nun habe ich die Ceres erreicht, es stellt sich wieder ein Seliger als Mitbegleiter bei mir ein, welcher mir aus der reinsten Freude entgegen gegangen ist. Mein Führer sagt mir, er habe von den schon angegebenen Seligen in Erfahrung gebracht, daß ich heute hieher eine Reise mache. Er ist der Heinrich Herrmann von hier, welcher in seiner Jugend an der Auszehrung gestorben ist; mein Führer zeichnet sich vor dem Herrmann in Rücksicht des Glanzes und der Größe der Krone aus, denn die Seligkeiten richten sich in Ansehung der Klarheiten nach ihren Graden. Der Herrmann ist nun hochselig, obwohl er auf unserer Welt wie übersehen ward, kein Mensch achtete ihn wegen seiner niederen Abkunft und Armuth, demungeachtet ist er nun ein so seliger Engel Gottes. Er ist voller Liebe und Freundlichkeit, er spricht zwar mit meinem Führer, aber nicht mit mir.«

Es wurde gefragt: ob er zu ihrer Rechten oder zu ihrer Linken wandle? Darauf gab sie zur Antwort:

»In der Seligkeit wird nicht auf Ehre gesehen; wohl aber ist es so zu verstehen, daß, wenn sich Diener Gottes zeigen, und Bewohner vom neuen Jerusalem zu anderen Seligen in niederen Graden kommen, so ist gegen dieselbe eine große Hochachtung, nicht aber so, daß am mindesten der Ehre Gottes ein Abbruch zuginge. – Nun bin ich an dem Thore der Stadt, in die ich heute komme, sie heißt Dann; von da aus sehe ich in die Sonne. Sie erscheint mir sehr groß; von hier aus siehet man keine Wolken und Nebel mehr, auch ist die Luft nicht mehr blau, sondern wie Krystall so hell, und die Sonne unendlich heller und größer, als sie auf unserer Erde erscheint; und doch vermögen wir von da aus nicht wohl in dieselbe zu sehen. Der Herrmann freut sich sehr, daß er mich auch begleiten darf; wir haben die Stadt noch nicht ganz durchwandert. – Nun werde ich in den Lehrsaal geführt, welcher wieder herrlicher ist als die vorigen.«

Nun fragte man: ob sie außer dem Herrmann Niemand kenne? Darauf sagte sie:

»Nein, auch dieser wäre mir unbekannt geblieben, wenn mir mein Führer ihn nicht namentlich und umständlich angezeigt hätte; obgleich die Seligen menschliche Gestalten haben, so sind sie doch wegen ihren Klarheiten, die sie an sich haben, ganz verwandelt und nicht mehr kennbar, was ich ja schon angegeben habe. Zwischen dem Vergänglichen und Unvergänglichen ist der Unterschied unaussprechlich groß. – In diesem Saale sind wieder 6 Lehrer, sie haben Bücher vor sich und geben Unterricht daraus; die Bücher haben eine Quartform und schon die Decken derselben geben einen Glanz von sich. – In der Mitte des Saales, der eine ungeheure Höhe hat, sehe ich eine Säule, die einem Baume gleicht; abermalen sind Engel nicht vermögend, die Herrlichkeit, die da ist, auszusprechen. Ich kann nicht mehr sagen, als dieses: Alles ist göttlich und himmlisch, denn eine jede Vergleichung ist viel zu mangelhaft; sogar mein Führer kann mir keine Worte beibringen, um mich verständlich genug zu machen. – Kommt Euch das nicht mehr als wunderbar und seltsam vor? hier liege ich auf meinem Bette und rede von himmlischen Dingen; und in der nämlichen Kleidung und Gestalt, in welcher ich hier liege, wandle ich dort; aber nur mein Geist ist dorten, meine Seele bleibt in meiner sterblichen Hülle. – Ach: wenn ich nur da bleiben dürfte! – Von dem Unterrichte, welchem ich zuhöre, kann ich nicht ein Wort mittheilen; es ist mir, als ob Alles in deutscher Sprache gesprochen werde, und alle die, welche hier sind, sie mögen von unserer Erde her seyn wo sie wollen, verstehen und fassen ein jedes Wort. Mein Führer sagt mir, daß ich davon nichts sagen könne, das werde mir wohlweislich vorenthalten, weil meine Erdenbewohner einen solchen Unterricht weder fassen noch begreifen könnten. Nun muß ich den Saal verlassen und in 2 Minuten bin ich an dem Berg, welchen ich bereisen darf. Ich habe 350 Treppen zu besteigen, bis ich oben bin, und gebrauche dazu 5 Minuten Zeit, die Treppen selbst sind leicht zu ersteigen, indem sie nicht hoch sind. Der Berg hat den Namen Nego, seine Form ist wunderschön; um denselben stehen die herrlichsten Blumen und Bäume, einige von diesen tragen Früchte, sie haben theils eine rothe, theils eine weiße Farbe, ich wünschte nur, einige davon genießen zu können. Die Bäume und Blumen duften herrlich aus; um den Berg herum führen viele Wege, aber alle sind sehr schmal. – Meine Reise gehet mühsam; es sind 2 Personen gegenwärtig, welche einen tiefen Eindruck auf meinen Geist machen; sie haben meiner gespottet und über mich gelacht, ich kann getrost und ruhig dabei bleiben, denn Gott ist Richter meiner Sache. – Jezt bin ich auf der Ebene des Berges, diese ist sehr beträchtlich, und auf derselben ist ein großes Gebäude, von einer solchen Schönheit und Größe habe ich noch gar keines getroffen, es hat mehrere Thore und Eingänge, und wird auch von Seligen bewohnt, aber deren sind sehr wenige.«

Ihr Bruder wollte inzwischen ein und andere Fragen an sie stellen, darauf aber sagte sie:

»Jezt belästige mich mit keinen Fragen, ich will mich nun an der Schönheit des Berges und des Gebäudes ergötzen, da bleibt mir nichts übrig, als die tiefste Anbetung und Bewunderung; ich höre in demselben die vortrefflichste Musik und Gesang, ich bin aber nicht in dem Saale, wo dieses vorgehet, das Innere desselben ist voller Klarheit; ich bedaure, daß ich es nicht ganz durchwandern darf, ich habe zwar meinen Führer deßhalb gebeten, er sagt mir aber, er halte mich nicht befähiget, daß ich das Ganze ertragen könnte. Ich wünschte, nur ewig dableiben zu dürfen, aber auch dafür werde ich als unreif erkannt.«

Nachdem sie einen tiefen Seufzer ausgestoßen hatte, fuhr sie fort zu sprechen:

»Ich muß schon wieder in die Ebene zurück; ich kann diesen Berg nicht herrlich genug beschreiben; der Grund ist grün, wie mit einem niedern Gras bewachsen, welches glänzt; die Treppen sind von verschiedener Farbe, und jede gibt einen Glanz von sich. – Ich habe die Niederung erreicht, und werde nun an den Fluß geführt. – Jezt verläßt mich Herrmann wieder, mit eben der Liebe und Freundlichkeit, mit der er mich empfangen hatte; er läßt mir durch meinen Führer sagen: »ich solle, so lange ich noch auf dieser Welt zu wandeln habe, das Gebet ja nie außer Acht lassen, sondern immer eifriger darinnen werden; Liebe an jedem Menschen, so viel mir immer möglich ist, ausüben; Stolz und Hochmuth fliehen, wie die Pest; das heilige Bibelbuch solle mir über Alles theuer und werth seyn; besonders das Halten aller Gebote Gottes; auch soll ich die Fußstapfen des großen Welt-Erlösers nie verlassen, und den Einwirkungen des heiligen Geistes allen und jeden Raum verschaffen: dann werde ich einer solchen Seligkeit fähig, wie er zu genießen habe, die er um unzählige Welten und Weltherrlichkeiten nie vertauschen würde.« – Ach, die angenehme, unschuldsvolle und freundliche Blicke, womit er meinen Führer und mich verläßt. – Jezt habe ich den Fluß erreicht, er heißt Sideron; das Wasser ist mehr als krystallhell, und dessen Lauf kaum bemerkbar, es kann kein irdisches Wasser mit diesem in Vergleichung gestellt werden. Die Brücke über diesen Fluß ist gar zu schön; die Steine davon glänzen wie Edelsteine. – Wie ist es doch aber möglich, daß die Menschen so großer Seligkeiten nicht achten! – Diese Bemerkung dürfte den angegebenen Arzneimitteln nämlich nur in einer Beziehung darauf vorausgeschickt werden. – Ich werde der Menschen überdrüßig, weil ich immer nur von himmlischen Dingen rede, und sie wollen nur irdische Beweise von mir hören und erfahren; es werden deren zwar mehrere folgen, und es würden deren noch mehr werden und von Wirkung seyn, aber Viele werden das, was ich angebe, nicht befolgen oder nicht anhaltend befolgen, und viele sind wegen des Unglaubens der anbefohlenen Hülfe nicht würdig.« – »Jezt trete ich meine Rückreise an, beschweret mich aber in derselben mit keinen Fragen, wohl aber saget mir, wenn ich wach bin, was ich diesesmal alles angegeben habe. – Es werden zwar diesen Abend noch einige Schwächen bei mir eintreten, was ich aber in denselben angebe, nehmet nicht auf, oder machet es nicht öffentlich, es ist durchaus nicht rathsam, ob ich gleich die theuersten Wahrheiten sagen werde.«

Nachdem sie ihre Reise zurückgelegt hatte, so sagte sie zu ihrem Bruder, daß er sie wecken solle, und als sie sich im wachenden Zustande befand, so war sie voll Liebe und Freundlichkeit.

*

Fünfte Reise in die Ceres.

Am 13. Dezember machte sie ihre fünfte Reise in die Ceres zu der gewöhnlichen Zeit. In ihrer Hinreise zeigte sich wieder ein in Hoffnung stehender Geist, sie machte aber mit der Hand abweisende Bewegungen und unterhielt sich wieder mit ihrem Führer. Als sie an Ort und Stelle war, sagte sie:

»Jezt bin ich oben. So eben fällt ein Strahl von der Sonne auf die Ceres, aber hier hat sie eine andere Benennung. Sie hat solche aber nicht angegeben, und leider wurde es übersehen, darum zu fragen. Mein Weg gehet diesesmal, ehe ich in die Stadt komme, durch einen sehr großen Garten; derselbe ist mit einer Mauer umfangen und hat mehrere Eingangs-Thore; auch sind daselbst die allerschönsten Bäume und Blumen.«

Man fragte sie: ob sie von den Blumen nicht eine Aehnlichkeit mit irdischen Blumen angeben könne? Darauf erwiederte sie:

»Ja, ich sehe z. B. Nelken, Rosen etc., nur sind sie von den irdischen in ihren Bestandtheilen, ihrer Schönheit und dem außerordentlichen Wohlgeruch, welchen sie verbreiten, weit unterschieden. – In dem Garten wandeln wirklich sehr viele Selige, theils Abgestorbene, theils erschaffene Engel, und alle glänzen nicht anders als wie die Sonne. In allen Sternen der Seligkeiten sind erschaffene Engel anzutreffen, nur in dem einen mehr, in dem andern weniger. Die erschaffenen Engel scheinen mir in Hinsicht ihrer Klarheit etwas vollkommener, und ihre Körper fester; sie bewegen sich aber eben so schnell, als die selig verstorbenen Geister. Nun höre ich eine Musik, diese gehet an Vortrefflichkeit wieder weit über die früher gehörte. Ich will mich gewiß mit allem Ernst und Eifer bestreben, daß ich seiner Zeit auch eine Seligkeit der Art erlange; je höher ich geführt werde, desto reger wird mein Bestreben darnach seyn. – Ich habe in den Sternen, welche ich früher bereiste, die Sonne auch gesehen und wußte aber nicht, was das für ein mir immer größer und heller scheinender Körper ist; denn je näher ich derselben komme, desto größer und hellglänzender erscheint sie mir.« »Mein Führer sagt mir wiederholt: in der Seligkeit finde durchaus kein Ansehen der Person Statt; Abkunft, Stand und Amt kommen hier in gar keine Berechnung, sondern ein Jedes werde nach dem Maaße seiner Treue, und wie es bei Leibes Leben gethan und gehandelt hat, gerichtet. Hier könne einer, der von der Welt, nämlich den Menschen, darinnen ganz übersehen worden sey, neben einem im Glauben heimgegangenen Fürsten oder Prinzen sitzen; denn die Gerechtigkeit, Geradheit und Unparteilichkeit Gottes lasse sich weder fassen noch begreifen. Ein jeder Mensch, wenn er auch für noch so rechtschaffen gehalten werde, sey und bleibe in seinen Beschlüssen Mensch; entweder thue er zu viel oder zu wenig, was aber einem solchen, in so ferne er nur treu dabei geblieben ist, wenn er in die Ewigkeit komme, nicht aufgerechnet werde, weil er nur das allerwenigste durchschauen konnte. – Nun muß ich den Garten verlassen; er heißt nach unserer Sprache: der Garten des Friedens und der Eintracht

Man fragte sie nun; was denn unter dem biblischen Ausspruche: »Er sey in Abrahams Schooße« zu verstehen sey? Darauf antwortete sie:

»Die Seligkeit selbst, in welcher Abraham ist. Hiemit rechtfertiget sich meine so eben gegebene Aeußerung. Abraham war zu seiner Zeit ein Fürst; Lazarus aber, einer der Aermsten dieser Erde, und dennoch erlangte er die Seligkeit, welche Abraham hatte. Damit glaube ich vollständig bewiesen zu haben, daß in der Seligkeit kein Ansehen der Person Statt habe. – Der Weg, auf welchem ich mich der Stadt nähere, ist sehr schön, und von verschiedenen Farben: die Stadt, in die ich komme, heißt Ragel

Nach einigem Stillschweigen fing sie wieder an:

»Sage der Mutter, wenn sie meinen Tod erleben sollte, sie solle ja nicht um mich weinen, denn ich sehne mich allzusehr nach der Seligkeit. Wenn ich mir dessen wachend bewußt wäre, was mir in meinem somnambülen Zustande gezeigt wird: so wäre es mir gar nicht mehr möglich, noch länger auf unserer sündenvollen Welt zu verweilen.«

Die Schönheit der Stadt und des Lehrsaales hat sie abermals vortrefflicher als jene der früheren geschildert, aber nichts Spezielles angegeben. Darauf hielt sie wieder eine eindringende Rede an alle Anwesende, über die Vortrefflichkeit der Seligkeiten und sagte in derselben unter andern:

»Es soll ja kein Mensch glauben, daß meine Aussagen Phantasien seyen, oder in einer gesteigerten Einbildungskraft ihren Ursprung haben; die Herrlichkeiten, die mir gezeigt wurden, hat noch kein Auge gesehen, kein Ohr gehöret, und sie sind auch noch in keines Menschen Herz gekommen. – So wie ich nicht vermögend bin, Euch die Seligkeit auch nur im Mindesten nach ihrer Größe anzugeben; eben so wenig bin ich im Stande, die unaussprechliche Qual der Verdammten, welche sich in dem dritten Grade der Unseligen befinden, zu schildern. Wenn es mir nur möglich wäre, dieses jedem einzelnen Menschen recht tief in seine Seele einzuprägen, so würde ich das größte Vergnügen darinnen finden. Ich kann nicht mehr thun, als Alle zu einer lebendigen und thätigen Buße und Bekehrung aufzufordern! Ach, daß doch ein jedes den Welterlöser Jesum Christum im wahren Glauben ergreifen möchte! – Ich bin nun – was mir mein Führer besonders aufgegeben hat zu lernen – so weit gekommen, daß ich für meine Feinde und Verfolger herzlich beten will; hier muß ich wiederholen, was ich schon öfter hätte sagen sollen, bete ja ein Jedes recht ernsthaft und vollem Nachdenken, denn das Gebet, wenn es ernstlich geschiehet, ist eine Unterhaltung und Gespräch mit Gott selbsten, es ist eine Schutzmauer, Wöhr und Waffe gegen alle Anfälle. Wenn einen Menschen eine zugestoßene Noth zum Beten antreibt, und er solches vorher in keiner zuversichtlichen Uebung hatte und verrichtete, so wird er auch, so sagt mir mein Führer, gewiß nicht erhört, weil es ein solcher Mensch nur als ein ihm von Gott abgebetteltes Gebet verrichtet, besonders könne es auch darum keine Erhörung und Willfahrung finden.«

Auf dieses ging ein Seufzer voll Ernstes von ihr aus mit den Worten:

»Welcher Mensch vermag das Alles durchschauende der Gottheit ergründen!«

Nach einer kurzen Pause sagte sie:

»Ich muß wieder auf mich selbst zurück kommen, es ist einem Jeden von meiner Seite Alles von Herzen verziehen; ob sie meinen Aussagen einen Glauben beimessen oder nicht, das ist mir gleich viel. Wer bin denn ich gegen den Sohn Gottes, der auf unserer Welt lebte und lehrte, und doch so vielen Widerspruch gefunden hat, wie ich schon einmal sagte; und ich bin nur eine so elende Made, warum sollte ich nicht Alles ertragen können!«

Es wurde nun die Frage an sie gestellt: ob sie in diesem Saale niemand kenne? Darauf erwiederte sie:

»Wenn mir mein Führer einen angibt, sonst kann ich keinen erkennen, denn die Klarheit, welche die Seligen umgibt, macht jeden unkenntlich; aber von allen Nationen und Religionen sind Selige da. – Nun gibt mir mein Führer einen an mit den Worten: dieser ist dir aus seinen Schriften bekannt, das ist Gellert. – Ach, ich erhalte so eben einen Verweis von meinem Führer; ich habe mich des Ausdruckes: »das ist gar schön« bedient, diesen soll ich nicht mehr gebrauchen, ich soll sagen: das ist herrlich oder himmlisch.«

Auf die Frage: ob die Lehrer auch Bücher vor sich liegen haben? antwortete sie:

»Ja wohl, einige sind wie gebunden, und andere wie gerollt; ich hoffe, daß mir später noch vergönnt wird, in dieselbe sehen zu dürfen, dann will ich es sagen, ob sie gedruckt oder geschrieben sind; ich muß mich auch in Bescheidenheit halten. Nun muß ich den Saal verlassen und meine Rückreise gehet von hier aus an, belästiget mich aber in derselben mit keinen Fragen mehr, ich will mich einzig mit meinem Führer unterhalten.«

Als dieser sie verlassen hatte, wurde sie gefragt: mit welchen Worten er Abschied genommen habe? Darauf sagte sie:

»Ich kann euch davon nur von dem Beschluß sagen; er gab mir aus dem Liede Nro. 393 »Ermuntre Seele dich etc.« den lezten Vers mit:

»Nein, wache, kämpfe, bete du!
Dein Gott sieht deinem Kampfe zu,
Einst wird er dich belohnen.
O, bleib ihm treu und wanke nicht;
Denk' an den Tod, denk' an's Gericht,
Und an des Sieges Krone!«

Nachdem sie ausgesprochen hatte, verlangte sie geweckt zu werden, und zeigte aber auch zugleich an, daß sie nach diesem Schlafe noch mehrere Schwächen zu bestehen habe. Als sie erwachte, war sie voll Liebe und Freundlichkeit, und verlangte wieder, wie jedesmal, von dem was sie gesprochen hatte, unterrichtet zu werden.

Eine halbe Stunde später stellten sich Schwächen ein, welche sie hart mitnahmen. Sie sprach zwar in denselben, jedoch nur weniges, was übrigens keinen Plaz finden kann.

*

Sechste Reise in die Ceres.

Am 14. Dezember machte sie ihre sechste Reise in die Ceres. Nachdem sie solche schon angetreten hatte, wurde sie gefragt: ob während ihrer Hinreise Fragen an sie gerichtet werden dürfen? Sie antwortete:

»Ja, nur überhäuft mich nicht damit, ich werde am Wesentlichsten zu viel gestört.«

Gleich am frühen Morgen dieses Tages kam eine sehr bekümmerte Mutter aus dem benachbarten Orte Bißingen an der Teck hierher. Derselben ist eine Tochter von fünfzehn Jahren, von dem Walde, Teckberg genannt, woselbst sie etwas dürres Holz sammeln wollte, im Mai dieses Jahres todt nach Hause gebracht worden. Nun erhoben sich bei den bekümmerten Eltern allerlei Gedanken; ob ihre Tochter durch einen Fall, an dem sehr steilen Berge, ob durch einen Steinwurf von einem Andern, oder aber durch einen im Walde in Lauf gekommenen Stein, diesen Tod erlitten habe? Auf Befragen darüber, erfolgte die Antwort:

»Von allen diesen Vermuthungen ist keine richtig; sie ist an einem Brustschlag gestorben, der sie rückwärts stürzte, durch diesen Fall hat sie zwar einige Kopfwunden erhalten, die aber nicht tödlich waren und ihr auch keinen Nachtheil gebracht hätten; das nämliche würde sie betroffen haben, wenn sie zu Hause geblieben wäre, denn der Faden ihrer Lebenszeit war abgelaufen. Nun will ich meinen Führer fragen, wo sie ihren Wohnsitz habe? – Er sagt mir: sie sey in der Sonne und genieße eine große Seligkeit; ihre Eltern sollen ja recht beruhiget seyn, Gott habe sie heißen sterben, und sie sollen nun für sich, wegen ihres eigenen Seligwerdens den besten Nutzen daraus ziehen.«

Die bekümmert gewesene Mutter gestand nun, was sie vorher nicht bekannte: daß ihre Tochter von Chirurgen und darauf von Doktoren untersucht worden wäre, und daß Alle erklärt hätten: daß die Kopfwunden ihren Tod nicht verursacht haben, sondern es habe sie ein Schlag getroffen, sie wußten aber nicht anzugeben, welche Art desselben. Ganz erheitert und getrost kehrte das gute Weib in ihre Heimath zurück mit den Worten: Gott hat mir auf mein inständiges Bitten schon einen Fingerzeig gegeben, nun aber habe ich volle Ueberzeugung bekommen.«

Auf inständiges Bitten anderer, ebenfalls sehr bekümmerter Eltern aus Oberlenningen, Oberamts Kirchheim, deren Sohn sich als Leinenweber-Lehrjunge in der Werkstätte erhenkte, wurden die Fragen an sie gerichtet: was diesen Menschen zu einer solchen Handlung verleitet habe: und welches Schicksal ihm zu Theil geworden sey? Nach genommener Rücksprache mit ihrem Führer antwortete sie:

»Mein Führer sagt mir: die Eltern seien nicht ganz schuldlos, denn diese haben ihn zu der Weber-Profession, wofür er gar keinen Sinn hatte, gezwungen. Obgleich er sich Anfangs nicht übel angelassen hatte, so fehlte ihm doch Lust und Liebe zu diesem Gewerbe, was auf seine Seelenkräfte einen tiefen Eindruck verursachte. Zu einer Zeit, wo sich Alles im Freien erfreute, war er größtentheils in seiner Werkstätte eingekerkert, und sah Niemanden um sich, der ihn erheiterte. Darüber hatte ihn eine Bangigkeit und Schwermuth überfallen, welcher er nicht zu wiederstreben vermochte, so daß er der Geistesschwäche unterlag, weshalb er zu einem Selbstmord gekommen ist, was er freilich nicht hätte thun sollen. Das Tödten eines Andern, so wie das deiner selbst, ist im fünften Gebote »Du sollst nicht tödten« verboten. – Im Anfange hat er freilich nicht das beste Loos erhalten, nun aber ist er im Monde. Es wird mir später vielleicht noch vergönnt werden, ein Mehreres darüber sagen zu dürfen.«

Man wollte noch mehrere Fragen an sie stellen, aber sie nahm keine mehr an, und verwieß solche auf eine andere Zeit, indem sie sagte:

»Meine Reise ist bald vollendet. Es hat sich wieder Eines anschließen wollen, das abgewiesen werden mußte. – Auch ist wieder Einer da, der nicht mit dem redlichsten Herzen hierhergekommen ist: er kehret aber mit einem besserem Sinn zurück, als er kam. – Nun bin ich in der Ceres angekommen; ich sehe einen wunderschönen Berg vor mir liegen, und über mir die Sonne.«

Darauf stieß sie einen großen Seufzer aus und rief:

»O Gott, wie unbegreiflich groß bist du! – Heute darf ich diesen Berg besteigen.«

Sie warnte nun Alle vor jeder Sünde wieder auf das nachdrücklichste, und schloß mit den Worten:

»Es sei denn, daß Jemand von neuem geboren werde, sonst kann er nicht in das Reich Gottes kommen.«

Nachdem sie sich einige Zeit mit ihrem Führer unterhalten hatte, fing sie wieder an zu sprechen:

»Jezt bin ich an dem Berge. In den seligen Ewigkeiten machen die Berge, als zu nahe liegend, keine Bangigkeiten, denn der Glanz, der von ihnen ausgehet, erleichtert Alles; der Berg heißt Joel und ist wieder schöner, als die vorigen, die mir bereits gezeigt worden sind. Es kommt mir, indem ich den Berg hinaufsteige, ein eschaffener Engel entgegen; diese verwandeln ihre Gestalten nicht, sie werden nicht älter, sondern bleiben sich gleich und für immer jugendlich; der Name dieses Engels ist Jakob. Die Kronen, welche die Seligen tragen, müssen ihnen gar nicht beschwerlich sein, und doch sind sie vom gediegensten Golde, und mit den herrlichsten Edelsteinen besetzt.«

»Ich nähere mich jezt der Ebene des Berges, welche mit der glänzendsten Mauer umgeben ist; an dem Eingange derselben ist ein Thor, welches sich von selbst öffnet, und nachdem ich eingetreten bin, auch von selbst wieder zuschließt; dieses Thor ist wunderschön. Das Gebäude, an welches ich komme und geführt werde, hat eine unübersehbare Länge, Breite und Größe, und ist sechs Stockwerke hoch, alle Stockwerke haben eine verhältnißmäßige Höhe; hier kann man sehen, welch ein Baumeister Gott ist! Dieses Gebäude nur zu umgehen, würde so, wie die Menschen wandern, eine ziemliche Zeit erfordern. Berg, Mauer und Gebäude, Alles ist voller Herrlichkeit, ich weiß nicht, wohin ich nur mein Auge zuerst wenden soll; einem sterblichen Auge wäre es nicht möglich, den Glanz nur eines einzigen von den Steinen, welche an der Mauer und dem Gebäude angebracht sind, zu ertragen, viel weniger das Ganze. Meine Bitte, hier bleiben zu dürfen, wird mir wieder gänzlich abgeschlagen. Es ist mir jezt unfaßlich, daß es in der Sonne und in dem neuen Jerusalem schöner seyn könne, als hier. – Ich werde jezt in das Gebäude eingeführt und habe 20 Treppen zu besteigen, ehe ich in den Lehr- oder Versammlungs-Saal komme. – Ueber die Schönheit des Saales, die Musik und den Gesang, welche ich da höre, bin ich betreten, und habe keine Worte, sie Euch zu schildern.«

»Ich weiß nicht, warum unter den Seligen, die da sind, auf einmal eine so große Freude entstehet, ich muß meinen Führer darum fragen. Mein Führer sagt mir: es sey die Nachricht angekommen, daß ein sehr großer Sünder auf unserer Welt, zur Bekehrung gekommen sey, welcher in keinen Rückfall mehr gerathe; er sey durch einen Traum erweckt worden, in welchem ihm der dritte Grad der Verdammten gezeigt wurde, dieses wäre unterblieben, wenn nicht die Ueberzeugung vorgelegen wäre, daß er dadurch wirklich erweckt und zur Seligkeit gebracht würde. Gott habe viele Wege, die Menschen zur Seligkeit zu bringen, sie seien unzählig; nur sei es recht sehr zu bejammern und zu bedauern, daß die Menschen so wenig darauf achten. – Erinnert euch hierbei an das Evangelium vom verlornen Groschen und Schaafe.« »Die vielen Abtheilungen des Gebäudes werden von den Seligen bewohnt, wenn der Lehrunterricht beendigt ist. Der Lehrsaal ist gar nicht voll; obgleich eine beträchtliche Anzahl Seliger hier ist, so könnte er doch noch viel mehrere aufnehmen; auch weiß ich von Allen, welche hier sind, keinen namentlich anzugeben. Aber das kann ich nun sagen, wie es sich mit dem Wachsthum der Seligkeiten verhält; wenn z. B. eines aus dem ersten Grad der Unseligen in den Mond versezt wird: so kommt es nicht sogleich an den Ort, von welchem es wieder in einen andern Stern versezt wird, sondern ein solches hat daselbst mehrere Grade durch zu machen, ehe es weiter kommen kann, denn es gehet in die Ewigkeiten mit dem Aufsteigen nicht gar schnell. Wenn aber eines von unserer Erde sogleich in den Mond oder in einen andern Stern versezt wird, so ist ein solches um ein merkliches besser daran; es glaubt es gar kein Mensch, was Glaube, Buße und Bekehrung in unserer Welt voraus hat vor dem ganz langsamen Stufengange in jener Welt. Indem ich über die Seligen hier meine hohe Freude bezeuge, sagt mir mein Führer: es sey ihm nicht möglich, es mir beizubringen, wie sehr es der Dreieinigkeit Gottes, und wieder jedem einzelnen Seligen darum zu thun sey: daß ein jeder Mensch ohne Unterschied, er möge auf unserer Welt gewesen seyn, wer er immer wolle, selig würde; denn es sey hier unmöglich, daß ein Eigennutz oder Ehrgeiz eintreten könne, indem nie ein Seliger, in dem Grad und Wachsthum seiner Seligkeiten, dadurch etwas verliere.«

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Erste Reise in die Ceres.

»Um den Berg herum ziehen sich viele Wege, aber sie sind alle wieder sehr schmal, die obere Fläche des Berges aber ist sehr breit; der Plaz um das Gebäude bildet wie einen Garten und ist voll Annehmlichkeit. Ich hätte Euch noch vieles zu sagen, aber so eben muß ich Saal, Gebäude und Berg verlassen. Morgen mache ich zwei Reisen in die Ceres, und eine auf dieser Welt, zu einem Bruder. Wegen des Lezteren solle besonders der Vater Alles genau vormerken, und sodann Bericht einholen, ob derselbe keine Ahnung gehabt, oder Bemerkungen gemacht habe.«

Sie wurde nun stille und sagte nach vollendeter Reise:

»Mein Führer hat mir den lezten Vers aus dem Liede Nr. 290 »Schwing zu deinem Gott dich auf etc..« mitgegeben, welcher also lautet:

»O, so fasse dich mein Herz!
»Wanke nicht im Glauben.
»Laß nicht Freude, laß nicht Schmerz
»Dir die Krone rauben.
»Preiß ihm, der den Tod bezwang!
»Seinem großen Namen,
»Tön auf ewig mein Gesang.
»Er wird helfen! Amen.« Es muß hier bemerkt werden, daß die Somnambüle sowohl dieses, als das in der lezten Reise angeführte Lied, so wie auch noch nachfolgende, niemals auswendig gelernt hatte, auch gab sie in ihrem Schlaf jedesmal die richtige Nummer des Liedes an.

Nach ihrem Erwachen war sie voll Heiterkeit, verfiel aber bald darauf in mehrere bedeutende Schwächen, in welchen sie nichts gesprochen hat. Auf Verlangen wurden ihr verschiedene, ihr ganz unbekannte Bücher aufgelegt, aus welchen sie ganz deutlich und mit vielem Anstande gelesen hat; eben so eine Sackuhr, welche geflissentlich auf eine andere Stunde gerichtet worden war; allein sie gab Stunde und Minute auf derselben genau an. Als die Schwächen vorüber waren, klagte sie über große Mattigkeit, ging nicht mehr aus dem Bette und nahm auch nur sehr wenig Speise zu sich.

*

Siebente Reise in die Ceres.

Am 15. Dezember Mittags halb 12 Uhr machte sie ihre siebente Reise in die Ceres. Gleich Anfangs beschwerte sie sich sehr über 6 Unwürdige, welche anwesend seyen.

»Ich muß es – fuhr sie fort zu sprechen – besonders in der Hinsicht beklagen, weil solche eine Einwirkung auf meinen Geist haben. Ich bin nun aber so weit, daß ich für sie beten kann, Gott ist Richter zwischen mir und ihnen, ja sogar die Steine, die Euch und mich einschließen, sollen noch jenseits von dem, was ich angegeben habe, Zeugen seyn, daß ich die reinste Wahrheit gesprochen habe. Allem dem, was mir mein Führer sagte, blieb ich wörtlich getreu, sowohl was ich von dem Zustande der Unseligen und Verdammten, als auch von dem der Seligen angegeben habe, ist Alles mehr als wahr; ich bin ja nicht einmal vermögend genug, das eine und das andere, so wie es wirklich ist, genugsam auszudrücken, indem mir bei weitem die Worte dazu fehlen.«

»Ich habe nun die Ceres erreicht; diese Reise ging aber sehr herb, und mir ist bange. In 2 Minuten werde ich in eine Stadt geführt; in der Gegend, in welcher ich wirklich reise, sind Städte, Berge, Thäler, Waldungen, Gärten und Wasser, Alles ist mehr als herrlich und schön. Eine Erdengegend, wenn sie auch noch so herrlich und schön ist, kann mit dieser im entferntesten Sinne in gar keinen Vergleich gestellt werden; der Unterschied ist so groß, als weit die Ceres von unserer Erde entfernt ist. Ich nähere mich nun der Stadt; das Thor ist mehr als wunderschön, die Stadt hat nach unserer Sprache den Namen: die Friedens-Stadt, sie hat eine Länge von einer Viertelstunde, die Straße durch dieselbe ist ganz schmal, jede Reihe der Gebäude sieht aus, als ob es nur ein Haus wäre, es ist aber doch nicht so; diese Stadt kommt mir wieder etwas schöner vor, als die vorige.«

Sie rühmte nun die Seligkeiten wiederum ungemein und schilderte dagegen die Qual der Verdammten höchst schauderhaft. Alsdann sprach sie:

»Ich höre von der Ferne her Musik und Gesang. – Nun habe ich die Stadt durchwandert, das Thor aus derselben ist so schön, als jenes, durch welches ich eingeführt worden bin. In einen Versammlungs-Saal komme ich heute nicht, aber in einen Garten, woselbst ich die Seligen, die hier sind, antreffe. Nun werde ich in den Garten eingeführt, das Thor in denselben ist wieder mehr als schön, es sind in diesem Garten die allerherrlichsten Bäume und eine Menge Blumen aller Art. Der Wohlgeruch, welcher von denselben ausgehet, ist eine wahre Seligkeit; auch sind viele, aber schmale Wege hier und von seligen Engeln, welche herum gehen, wimmelt es. Die Heiterkeit und das Vergnügen, welche sich in den Gestalten der Seligen zeigen, die Gleichförmigkeit ihrer glänzenden Kleidungen und Kronen sind nicht zu beschreiben; nur bemerke ich, daß die Perlen in diesen Kronen nicht alle gleichförmig sind. – Ich habe meinen Führer gefragt: woher dieses komme? darauf sagt er mir: eine jede Tugend, die ein Mensch ausübte, habe ihre eigene Perle, dem einen gehe diese, einem anderen eine andere ab; demungeachtet aber seyen sie alle gleich selig, indem jedem seine Sünden durch den Tod Jesu erlassen worden sind. – Die herrlichste Krone eines Königes auf unserer Erde, und das schönste Diadem einer Fürstin, sind gegen die Kronen der Seligen in höhern Graden eine Dunkelheit, weil hier Alles viel anderer Art ist. – Nun beginnt meine Rückreise. Der Ausgang aus dem Garten hat eben das schöne und herrliche Thor, wie der Eingang; das schöne Grün außerhalb des Gartens kann ich wieder nicht genug rühmen.«

Sie unterhielt sich nun mit ihrem Führer. Ehe sie sich aufwecken ließ, sagte sie:

»Mein Führer hat mir wieder einen Vers mitgegeben, und zwar den zehnten aus dem Liede Nr. 396 »Oft klagt mein Herz wie schwer es sey, hier als ein Christ zu wandeln etc.« er lautet so:

»Sey stark, sey männlich allezeit,
»Tritt oft an deine Bahre;
»Vergleiche mit der Ewigkeit,
»Den Kampf so kurzer Jahre.
»Das Kleinod, das dein Glaube hält,
»Wird neuen Muth dir geben;
»Und Kräfte der zukünft'gen Welt,
»Die werden ihn beleben.«

Als sie erwachte, war sie etwas mißmuthig, und kam bald darauf in eine Schwäche. In zwei nachher erfolgten Schwächen erlitt sie über hundert heftige Herzstöße, so daß Jedermann glaubte, sie werde dabei unterliegen. Sie schrieb sehr Vieles den unter den Besuchenden gewesenen Unwürdigen zu.

*

Achte Reise in die Ceres.

An eben diesem Tage, (den 15. Dezember) Nachmittags 2 Uhr machte sie die achte Reise in die Ceres. Sogleich bei dem Empfange ihres Führers, war sie voll Freundlichkeit und äußerte sich darüber mit den Worten:

»Nun sind keine boshaft aufgestellte Menschen da. – Ich nähere mich nun der Ceres; auf dieser Reise komme ich wieder auf einen Berg, Sie hat mit dem Zeigfinger ihrer linken Hand darauf hingewiesen. aber bevor ich zu dem Berg gelange, durchwandere ich ein Wäldchen. – Dieses ist mehr als angenehm, es sind viele und schöne Blumen hier, auch kleine Vögel in Menge, die ganz herrlich singen. – Der Berg heißt Golgatha, sein Umfang beträgt 20 Stunden, rings um denselben sind Gärten, der Berg scheint mir von oben nicht viel schmäler zu seyn, als von unten, und ich habe 420 Treppen zu besteigen, bis ich dessen Höhe erreiche. Ich sehe Engel, welche unten am Fuße des Berges herumwandeln; es scheint mir nicht, daß sie gehen, ich meine sie fliegen. Der Berg ist schon unterhalb mit einer Mauer umfangen, dieserwegen komme ich jezt zu einem Thore hinein und nun fangen erst die Treppen an. Ich habe die zweite Treppe erstiegen und nun kommt noch ein Engel an; mein Führer hat sich um mich herum gemacht und faßt mich bei meiner linken Hand, der Engel aber ergreift meine Rechte. Es ist ein erschaffener Engel, sein Name ist Micha. Nun geht mein Gang ganz leicht, ich weiß vor Freude und Vergnügen nicht, was ich anfangen soll. – Ich sehe schon das Thor, das in die Ebene des Berges führt; dieses schließt sich wieder von selbst auf. – Ich habe schon so viele Herrlichkeiten erblickt, aber diese übertrifft noch alle.« »Auf dem Berg ist ein Gebäude, welches fast die ganze Fläche desselben einnimmt, ein Mensch würde beinahe 15 Stunden brauchen, dasselbe zu umgehen, aber die seligen Geister, die da sind, umwandern es in Augenblicken. Die Klarheit und Schönheit, die hier herrscht, übersteigt alle Begriffe. So wie mich jezt 2 Engel führen und begleiten, eben so werden auch selig abgestorbene Menschen von 2 Engeln abgeholt. Hier sind lauter Engel, die von der Urquelle an hier sich befinden; ich möchte vor Freudenthränen zerschmelzen, denn hier ist Alles und Alles lauter Glanz und Klarheit. Nun sehe ich auch Engel fliegen. O, welch eine Herrlichkeit! Ich bitte was ich bitten kann, bekehret Euch doch von ganzem Herzen und ganzer Seele zu dem Herrn, Euerm Gott; Ich mag reden und sagen, was ich immer nur will, so ist Alles nichts gegen das, was hier wirklich ist; all mein Geschwäz ist nur ein Schattenbild. Das Pflaster um das Gebäude ist mit Steinen verschiedener Art und Farbe belegt, ich bin nicht vermögend nur die Farben zu schildern; die Sonne, die sie bescheint, vergrößert ihre Schönheit gar sehr.«

»Mein Führer hat von dem Engel Micha die Erlaubniß erhalten, daß ich in das Innere des Gebäudes geführt werde, in den Saal aber darf ich nur hinein sehen, weil ich dessen Herrlichkeit jezt noch nicht ertragen könnte. Hier sind lauter von Ewigkeit her erschaffene Engel; ihre Kronen sind sich alle ganz gleich und mit den herrlichsten Edelsteinen besetzt. Lehrer sind nicht da, weil jene Engel in Kenntnissen ganz gleich sind und sich selbst unter einander unterrichten, ergötzen und erfreuen; die Musik und der Gesang, welche ich höre, übertreffen wieder Alles. Diese Engel wandern vielfältig in den Bereichen der Seligkeiten herum. Schon der Wunsch, da oder dort zu seyn, sagt mein Führer, versezt sie dahin. – Nun komme ich an das Thor, durch welches ich eingeführt worden bin, daselbst wird mir von dem Engel Micha Wasser zu trinken gegeben; Allgemein glaubte jedes der Anwesenden, daß sie wirklich trinke. es wurde von dem Engel Micha der Segen vor und nach dem Trinken über mich ausgesprochen; das Wasser dient zu meiner Stärkung und weitern Beförderung. Nun hat mich der Engel Micha verlassen und ich trete meine Rückreise an.«

Man bemerkte, daß sie sich mit ihrem Führer unterhielt, nachdem sie derselbe verlassen hatte, sagte sie:

»Mein Führer hat mir Folgendes zum Beschlusse hinterlassen, nämlich, aus dem Liede Nr. 436 »Auf Gott und nicht auf meinen Rath, will ich mein Glück stets bauen etc.« den zweiten Vers, welcher also lautet:

»Er sah von aller Ewigkeit,
Wie viel mir nützen würde,
Bestimmte meine Lebenszeit,
Mein Glück und meine Bürde.
Was zagt mein Herz?
Kann auch ein Schmerz
Bei diesem festen Glauben,
Mir Muth und Ruhe rauben!«

Darauf verlangte sie geweckt zu werden und war nach dem Erwachen voll Liebe und Freundlichkeit.

*

Vorgänge nach dieser Reise.

Nach Verfluß einer Stunde verfiel sie wieder in einen Schlaf, während dessen sich ihr Führer ebenfalls bei ihr einstellte.

Darauf machte sie mit demselben eine Reise nach Chur, im Canton Graubündten in der Schweiz, woselbst sich ein Bruder von ihr befindet.

Die Lage der Stadt gab sie ganz richtig an, sie beschrieb das Gebäude und Zimmer, in welchem sie ihren Bruder angetroffen hatte, und nannte auch die Beschäftigung, welche er so eben verrichtete, indem sie sagte:

»Er schneidet wirklich eine Feder, ich berühre ihn zwar, kann mich aber ihm nicht fühlbar machen, weil nur mein Geist da ist; mein Führer und ich, wir stehen hinter ihm, er kann uns aber nicht sehen; sein Aussehen zeigt von einer guten Gesundheit. In Chur ist es wirklich dreiviertel auf 4 Uhr; nun kehre ich zurück, in 2 Minuten bin ich wieder bei Euch, wegen der dicken Erdenluft kann ich nicht so schnell wandern, als wenn ich aufwärts reise.«

Nachdem die 2 Minuten abgelaufen waren, sagte sie:

»Jezt kehrt mein Führer zurück mit den Worten: »Lebe wohl, Morgen sehen und sprechen wir uns wieder.«

Diese Reise hatte sie schon den Tag zuvor angegeben, mit dem Zusatze: daß solche nur von kurzer Dauer seyn werde.

Von diesem Schlafe erwachte sie selbst und erholte sich recht gut.

*

Neunte Reise in die Ceres.

Am 16. Dezember Vormittags halb 12 Uhr machte sie ihre neunte Reise in die Ceres. In der Hinreise beantwortete sie einige geheime Fragen und unterhielt sich außerdem mit ihrem Führer.

Ihre Gestalt verwandelte sich auffallend und drückte ungewöhnliche Liebe und Freundlichkeit aus. Bald darauf begann sie zu sprechen:

»Heute werde ich in einen Garten geführt, der mit einer glänzenden Mauer umfangen ist; die Mauern dienen in der Ewigkeit zu keiner Schutzwehre, sondern sie sind blos zur Verschönerung eines Gegenstandes da. Von diesem komme ich in eine Stadt, und von heute über vierzehn Tage in die Sonne, wo ich die Bereiche der Kinder bereise. – Ich werde später in einige Träume verfallen, in welchen mir hie und da etwas vorkommen wird, von dem, was mir in meinem somnambülen Schlafe gezeigt worden ist, damit mir doch nur etwas bleibt.

»So eben lange ich in dem Garten an, er hat eine schöne Rundung; mein Führer sagt: ein Mensch würde 24 Stunden gebrauchen, bis er denselben umgangen hätte. Die Seligen heißen ihn nach unserer Sprache den Garten der Freude. In diesem Garten wimmelt es von seligen Geistern, theils sind es erschaffene, theils selig abgestorbene Engel; wirklich naht sich mir ein erschaffener Engel, sein Name ist Jakob. Die Schönheit des Gartens kann ich Euch nicht hinreichend beschreiben, die Bäume stehen so geordnet, und die vielerlei Arten von Blumen sind so schön und deren Geruch so erquickend, daß ich Euch unmöglich einen Begriff davon beibringen kann; Bäume und Blumen funkeln vor Schönheit, die Wege in dem Garten sind wieder ganz schmal. Die Liebe und Freundlichkeit, mit welcher die Engel einander begegnen, vermag ich abermals nicht zu sagen; da heißt es in Wahrheit: Man kann die Redlichkeit am Gesicht ablesen, denn hier ist alles ohne Falschheit. Die erschaffenen Engel haben zwar auch menschliche Bildungen, aber welch eine Klarheit strahlt aus denselben hervor. Jezt muß ich den Garten verlassen, und komme in eine Stadt, in welcher ich größtentheils erschaffene Engel antreffe; in der Schönheit und Vollkommenheit übertreffen sie diejenigen, die vorher Menschen waren und nur dem Geiste und der Seele nach hier sind. Die erschaffenen Engel haben wunderschöne Perlen in ihren Kronen. Jezt nähere ich mich dem Stadtthore. – Was ist doch Gott für ein unerforschlicher und unergründlicher Gott! in die Tiefen der Gottheit kann sich kein Engel, vielweniger ein elender Wurm einlassen. – Diese Stadt heißt Phioel, sie übertrifft die vorherige wieder an Schönheit und ich sehe eine Menge Engel umher wandeln. Der Engel Jakob kommt morgen auch zu meiner Einsegnung, dieser kann mit mir reden, seine Stimme ist sehr stark. Ich muß es sagen, daß mich die Herrlichkeiten, die mir gezeigt werden, gleichsam schwach machen, weil ich sie beinahe nicht ertragen kann; um deßwillen wird mir auch heute von dem Engel Jakob ein Wasser zur Stärkung gereicht. Alle Anwesenden glaubten, sie trinke wirklich. Ihr seht mich zwar mehrere Bewegungen machen, und doch könnte man mir jezt alle Glieder vom Leibe trennen, ich würde nicht einmal zucken, und auch keine Empfindung davon haben, der Zustand bei einer somnambülen Person ist etwas besonderes und eigenes, was ich mir selbst nicht zu erklären vermag, und mein Führer, welchen ich darüber schon einigemale gefragt habe, gibt mir keinen Aufschluß darüber, sondern fertigt mich mit den Worten ab: »das gebührt dir jezt nicht zu wissen, wenn du einmal mit Geist und Seele hier bist, kannst du dir es selbst erklären.« – Ich hätte Euch von der Schönheit der Stadt so vieles zu erzählen, aber ein jedes Wort dazu mangelt mir, ich mag sagen, was ich will, so drücke ich mich viel zu schwach aus.«

Nach einer kleinen Pause fing sie wieder an zu reden, wie folgt:

»Ich erhalte so eben wieder einen Auftrag von meinem Führer, um Euch Erdenbewohnern etwas an das Herz zu legen; er sagt mir: obgleich bei mehreren die Worte, die ich dir in den Mund lege, so schnell verschliefen als ein Regenwasser; so sind doch einige da, wo es Frucht bringt und bei ein und andern Zufällen nicht ohne Nutzen bleibt. Sage denselben folgendes: die Unliebe gegen Nebenmenschen sey eine große, große Sünde, wodurch schon unzählig viel Menschen die Seligkeit eingebüßt haben; wer mit einem unausgesöhnten Herzen in die andere Welt hinüber komme, könne unmöglich die Seligkeit erlangen, denn in der Ewigkeit mache die gegenseitige Liebe die Seligkeit eigentlich angenehm; denn Gott und der Nebenmensch stehen neben einander; damit aber will nicht gesagt werden, daß, wenn ein ganz Unbußfertiger einem Andern, der die Versöhnung mit Aufrichtigkeit sucht und wünscht, demselben nicht verzeiht, es diesem Nachtheil bringe; es genügt, wenn er vor Gott entschuldiget erscheint. Dabei soll ich auch ein Jedes aufs nachdrücklichste erinnern, daß man ja mit keinem unversöhnten Sinn und Herzen zum heiligen Abendmahle gehen solle; im entgegengesetzten Falle ladet man ein schweres Gericht auf sich. – Ueber seinen Nebenmenschen Lügen aussagen, ihn um guten Namen und Ehre bringen, ist eine abscheuliche Sünde. – Unbarmherzig und hartherzig gegen Nebenmenschen seyn, ist eine große, große Sünde, wer aber Barmherzigkeit übt, solle ja seine linke Hand nicht wissen lassen, was seine rechte thut, das sey des Seligmachers Lehre, im andern Falle sey aller Lohn dahin. – Besonders verachtet eure ärmere Nebenmenschen nicht, und dünket euch ja nicht mehr und höher als diese; was ihr Gutes an euren Nebenmenschen thut, muß aus der reinsten Liebe gegen Gott und den Nebenmenschen geschehen, denn Gott siehet bei allen unsern Handlungen einzig auf das Herz; Menschen kann man betrügen und hintergehen, aber bei Gott ist dieses unmöglich. – Hoch- und Uebermuth gegen seinen Nebenmenschen in Worten und Werken ausüben, ist ein Gräuel in den Augen Gottes. – Ich habe hier nur wieder einige Hauptsünden aus besonderem Auftrag meines Führers anzeigen müssen, wenn ich mich deshalb in das Ganze einlassen sollte, so würde ich gar nie fertig werden. Denn mein Führer sagt, wie vielfältig der Mensch sündige, und Sünden begehe, das sey unzählig; gerade die Menschen, die sich keiner Sünde bewußt glauben, die betrügen sich unaussprechlich, gebe ein Jedes nur recht auf sein eigenes Herz acht, dann wird es bald gewahr werden, was für ein Wust von Sünden darinnen liegt. Ich solle doch ein Jedes recht dringend und ernstlich bitten, daß es sich wahrhaftig zu dem Herrn bekehre, seinen Sinn nach Gottes Wort und Willen einrichte und wiedergeboren werde. Es sey um die Seligkeit so etwas unaussprechlich großes, wenn ich millionenmal Millionen Zungen hätte, so wäre ich nicht vermögend, das auszusprechen, was es um die Seligkeit ist, und wenn es die Menschen glaubten, sie würden im Sack und in der Asche Buße thun.«

»Es ist eine große Thorheit, wenn Gatten um Gatten, Kinder um Eltern, Eltern um Kinder, Freunde um Freunde Leid tragen, wenn sie selig abgestorben sind, wiewohl ich aus besonderm Auftrag meines Führers sagen muß, daß zum selig werden unsäglich viel erfordert wird. In nichts irren sich die Menschen mehr, als in ihren Urtheilen über Abgestorbene; mancher wird von ihnen in den Himmel erhoben, er ist aber unter den Unseligen, oder gar unter den Verdammten, während ein anderer für unselig gehalten wird, und er ist in einem Reiche der Seligen. Mein Führer sagt mir, was ich schon so oft angegeben habe, daß die Geradheit Gottes unergründlich sey, es geschehe keinem Menschen weder zu viel noch zu wenig. Ein Verdammtes kann nicht betrauert genug werden. Bei meinem Reisen in die Ceres komme ich jedesmal nahe an dem Orte der Unseligen vorbei.«

Nach einem kleinen Stillschweigen fing sie wieder an zu sprechen:

»Ich habe meinen Führer gefragt: wie es denn komme, da doch auf unserer Welt täglich so viele Menschen sterben, daß mir von denselben, bei meinen Hin- und Herreisen keine begegnen? Darauf hat er mir geantwortet: Diese haben andere Wege, ich würde nur gestört werden, und er könne keinen andern Weg mit mir machen, als den der ihm angewiesen sey, denn in der Seligkeit herrsche die größeste Ordnung und Pünktlichkeit. Der Engel Jakob verläßt mich jezt, vor seinem Abschiede hat er seine Hand auf mein Haupt gelegt. Nun fängt aber auch meine Rückreise an, belästiget mich in dieser mit keinen Fragen, ich will mich mit meinem Führer unterhalten.«

Während ihrer Rückreise sagte sie noch folgendes:

»Es zeigt sich wieder eines aus dem Reiche der Unseligen, das ich kenne, ich bedaure dieses sehr, aber weder mein Führer, noch ich, können ihm in etwas behülflich seyn. Mein Führer trägt mir auf, ich solle es frei und ohne Scheu sagen, daß Abgestorbene, sie mögen auf unserer Welt gewesen seyn, wer sie immer nur wollen, und wenn sie sogar jezt Diener Gottes seyen, bei Gott nicht das Mindeste, weder zur Seligkeit, noch Verdammniß beitragen können; denn das, was sie seyen, seyen sie selbst nur aus lauter Gnade um Jesu Christi willen geworden. Wer die vorgeschriebenen Gebote und Gesetze Gottes muthwillig und freventlich übertrete, den Sohn Gottes nicht als den einzigen und wahrhaften Mittler und Fürsprecher bei Gott, in einem lebendigen Glauben ergreife und den Einwirkungen des heiligen Geistes nicht alles Gehör gebe, der sey ohne Rettung verloren. Mein Führer sezt noch hinzu: Gott hätte für die Menschheit unmöglich mehr thun können, als er wirklich gethan habe, – vorher wußte ich dieses Alles bei weitem nicht so – und obgleich die Liebe Gottes für die Menschen, durch den Tod seines Sohnes sich im allerhöchsten Grade darlege, so bleibe er bei der Verachtung dieser Gnade dennoch ein gerechter Gott; denn Gott lasse sich – was ich schon einigemale sagte – von den Menschen keine Gesetze vorschreiben, unter welchen Bedingungen die sie Alles machen, diese Sünder seine Gnade annehmen wollen.«

Darauf rief sie in einem Tone voll Mitleides aus:

»Warum sehen doch die Menschen nicht ein, wie elend, arm, blind und blos sie sind! – – Nun verläßt mich mein Führer.«

Gleich darnach wurde sie gefragt: daß der Führer ihr jedesmal etwas zum Troste hinterlasse, was er denn diesesmal gesagt habe? Darauf erwiederte sie:

»Daß ich mich von der Welt immer mehr und mehr abziehe, und weil ich in meinem wachenden Zustande nicht das mindeste weiß, so hat er mir aus dem Liede Nro. 436 »Auf Gott, und nicht auf meinen Rath etc.« den 6. Vers mitgegeben, er heißt so:

»Was ist des Lebens Herrlichkeit?
Wie bald ist sie verschwunden!
Was ist das Leiden dieser Zeit?
Wie bald ist's überwunden!
Hofft auf den Herrn!
Er hilft uns gern.
Seyd fröhlich ihr Gerechten!
Der Herr hilft seinen Knechten.«

»Heute nachmittag präcise zwei Uhr mache ich meine zehnte Reise in die Ceres. Bruder, jezt wecke mich.«

Als sie erwachte, war sie voll Liebe und Freundlichkeit, was die Umstehenden jedesmal sehr erfreute.

*

Zehnte Reise in die Ceres

Am nämlichen Tage (16. Dezember) Nachmittags präcise 2 Uhr machte sie ihre zehnte Reise in die Ceres. Bei der Hinreise wollte sich wieder ein Unseliger anschließen, er wurde aber sogleich zurück gewiesen; während derselben bezeugte sie ihre Freude auf die Christtagsreise und unterhielt sich übrigens mit ihrem Führer. Als sie in der Ceres angekommen war, sagte sie:

»Ich werde diesesmal weder in einen Garten, noch in eine Stadt geführt, die Gegend, in welcher ich bin, gleicht einem schönen grünen ebenen Felde, in welchem erschaffene Engel, die von Ewigkeit her sind, herum wandeln; sie gehen zu zwei und zwei. Die Zufriedenheit unter denselben kann ich Euch nicht genug rühmen, und wie angenehm warm es in der Ceres ist, das kann ich gar nicht ausdrücken, ich weiß es mit keiner Wärme auf unserer Erde in Vergleichung zu bringen; die Luft ist voll angenehmen Geruches, und dennoch werde ich hier keine Bäume und Blumen gewahr, wohl aber sehe ich eine Menge von Wegen, jedoch sind alle wieder ganz schmal; ich kann nicht mehr sagen, als es ist alles göttlich und himmlisch.«

Von dieser Gegend gab sie keinen Namen an, wurde aber auch nicht darum befragt; gleich darauf sagte sie:

»Ich habe Euch aus Auftrag meines Führers wieder Ermahnungen zu geben: von der Liebe, die man gegen seinen Nebenmenschen haben müsse, daß man ja keinen verachten solle, besonders der verschiedenen Religionen wegen, wer dieses thue, begehe eine große Sünde. In den Sternen, die ich bereiste, habe ich von allen Religionen und Nationen Selige angetroffen. Was christliche Religionen anbetrifft, so muß ich sagen, daß von der katholischen Religion mehrere da sind als von anderen, was begreiflicherweise auch ihre Mehrzahl gegen andere mit sich bringt, das nämliche findet aber auch im umgekehrten Falle Statt. Alle Menschen haben eine gleiche Ansprache an das Reich Gottes; bei Gott ist ganz und gar kein Ansehen der Person, denn bei einem jeden Menschen hängt die Seligkeit einzig und allein vom Thun des Willens Gottes ab. Mein Führer sagt: die Unliebe unter den Menschen, die Mißgunst, Falschheit und Untreue gegen einander, habe ihren höchsten Grad erreicht. Der Welt stehe ein großes Gericht bevor, und Gott werde bald eine starke Musterung in derselben vornehmen. Die Zeit, wenn dieses geschehen soll, hat sie aber nicht angegeben. Die Demuth muß auch vorzüglich empfohlen werden, bei den Seligen hat diese ihre wahre Heimath, denn ein Stolzer kann unmöglich in das Reich Gottes eingehen. Wenn ich nur Kraft und Worte genug hätte, um Euch die Liebe, Eintracht, Demuth, Redlichkeit, Bescheidenheit und Gefälligkeit, die da ist, genug anzupreisen, dieses läßt sich nur erfahren, aber nicht sagen. Ich will Euch nur ein kleines Beispiel geben: wenn sich Ehegatten und Kinder unter und mit einander gleich treu lieben, so genießen sie schon in dieser Welt etwas von Seligkeit; nur dieses schwache Bild und Gleichniß vermag ich anzuführen. Nun könnt ihr Alle, die ihr da seyd, es von selbst einsehen, daß ein Mensch, der in seinen Sünden dahin stirbt, unmöglich die Seligkeit erlangen kann; die Seligkeit leidet nichts unreines, da gilt nichts anderes als eine neue Kreatur; der Mensch muß nach Gott geschaffen und umgebildet seyn, in rechtschaffener Gerechtigkeit und Heiligkeit. Wie vielerlei Arten von Sünden vorgehen, sagt mein Führer, das sey unzählig; ich mag rufen und schreien so viel ich immer nur will, so kann ich doch bei weitem nicht genug die Menschen zur Buße und Bekehrung aufmuntern. Wer selig werden will, darf in Wahrheit seine Knie nicht sparen, um sich vor Gott hinzuwerfen und um Vergebung seiner Sünden, um des Verdienstes Jesu willen zu bitten. Die Welt mag mich für eine Phantastin, Schwärmerin und was ihr nur einfällt, ausschreien, und thun was sie will, das regt mich gar nicht an; Gott, der in den Höhen wohnet, der ist mein Zeuge, daß ich Wahrheit rede. Nun bin ich auf der Rückreise.«

Nach einer kleinen Pause rief sie im größesten Eifer aus:

»Wer Sünde thut, der ist vom Teufel!«

Darauf fing sie wieder an von dem dritten Grade der Unseligen, oder den Verdammten zu reden, und fuhr folgendermaßen fort:

»Ob ich Euch solchen gleich fürchterlich und abscheulich beschrieben habe, so habe ich Euch solchen doch noch lange nicht in seiner Größe, so wie er ist, geschildert. Die Gestalten, welche die verdammten Menschen haben, sind craß und fürchterlich, ihre Qualen mehr als schrecklich, dann wieder die dicke Finsterniß, wo nicht der kleinste Lichtstrahl hineinfällt; das immerwährende Zähneknirschen, Verfluchen und Anklagen, und nicht einen Augenblick Ruhe, – denn in der Ewigkeit hat aller Schlaf aufgehört – ist dieses nicht mehr als jammervoll!? Das allerschwerste ist noch dieses, daß sie ja gar keinem Ende entgegen sehen. Es gibt so viele Menschen, die sagen: sie glauben keinen Teufel, und es gebe keinen Teufel; diese bedaure ich herzlich, wenn sie solche erst aus Erfahrung kennen und glauben lernen. Ich weiß wohl, daß mehreren meine vielen Ermahnungen und Bußantreibungen nicht immer gelegen kommen, aber ich kann nicht anders, ich habe das, was mich mein Führer anweißt, zu befolgen, und ich befolge es sehr gerne, weil ich mich von Allem mehr als überzeugt habe. – Wenn ich durch das, was ich gesagt habe, nur eine einzige Seele zur Buße und Bekehrung bringe, daß sie zur Seligkeit kommt, so bin ich für Alles mehr als entschädigt. Ich will aber vordersamst an mir selbst anfangen, daß ich nicht verwerflich werde, ich will es mir gewiß alles Ernstes angelegen seyn lassen, daß ich der Seelen Seligkeit davon trage.«

Darauf bewegte sie ihre rechte Hand, mit der sie ihren Führer fest hielt, richtete ihren Mund zu dem Empfange eines Kusses, und sagte:

»Diesesmal hat mich mein Führer geküßt, und ich habe ihn geküßt, das ist das erstemal, nun aber nimmt er Abschied.«

Nach einer kurzen Pause sprach sie:

»Mein Führer hat mir wegen dessen, was ich noch auszurichten und zu sagen habe, und weil ich im wachenden Zustande so gar nichts davon weiß, und dennoch so unschuldig von den Ungläubigen verfolgt werde, wieder Muth gemacht; er gab mir nämlich den 5. Vers aus dem Liede: »Befiehl du deine Wege etc.« Nr. 160 im alten Württ. Gesangbuche auf, der also lautete:

»Und ob gleich alle Teufel,
»Hier wollten widerstehen,
»So wird doch ohne Zweifel
»Gott nicht zurücke gehen
»Was er ihm fürgenommen,
»Und was er haben will,
»Das muß doch endlich kommen,
»Zu seinem Zweck und Ziel .«

Nachher forderte sie ihren Bruder auf, daß er sie wecken solle und war nach dem Erwachen voll Liebe und Annehmlichkeit, klagte aber ziemlich über Mattigkeit.

*

Elfte Reise in die Ceres

Am 17. Dezember Mittags halb 12 Uhr machte sie ihre elfte Reise in die Ceres und beklagte sich aber gleich im Anfang derselben, daß sie etwas schwer gehe, weil zu viele Menschen anwesend seyen, die einen üblen Eindruck auf ihren Geist machen. Als sie in der Ceres angekommen war, sing sie wieder an zu sprechen:

»Ich nähere mich schon der Stadt, in die ich heute geführt werde, mein Führer sagt, sie heiße Elkana: Thor und Stadt sind gleich herrlich und schön, und überstrahlen die vorigen wieder weit. In dieser treffe ich keine andere Bewohner als erschaffene Engel an, diese sind aber wandelbar, und wandern da und dort hin. Ihre Kronen sind alle ganz gleich schön, so auch ihre Kleidungen, alle zusammen funkeln vor Klarheit; mir kommt es vor, als ob ihre Körper Fleisch und Bein haben, sie sehen viel fester und dichter aus, als die Seligen, die von unserer Erde hinüber gekommen sind. Mein Führer kann mit ihnen reden, ich aber nicht, so etwas wird mir nur im einzelnen, hier und da vergönnt, besonders bei solchen, die in eine nähere Verbindung mit mir treten. Mit welch einer Liebe und Freundlichkeit sie mich aber ansehen, vermag ich gar nicht auszudrücken. Von ihrer Sprache verstehe ich nichts, sie klingt aber gar schön. Hier ist auch ein Versammlungs-Saal, besondere Lehrer sehe ich jedoch nicht; mein Führer sagt mir abermalen, daß ihre Beschäftigung sey, Gott zu loben, und seine Befehle auszurichten; sie werden auch vielfältig zur Abholung selig Abgestorbener gebraucht. Mir thut es mehr als herzlich leid, daß ich die Schönheiten der Seligkeiten nur allzuwenig erzählen kann. Je höher, desto herrlicher und schöner. In der Ewigkeit wird nicht mehr nach Stunden, Tagen, Monaten und Jahren gezählt und gerechnet, da hat alles dieses ein Ende, denn in der Seligkeit ist es nie Nacht, es bleibt sich immer gleich schön und herrlich. Ich muß wieder nach menschlicher Weise reden, nämlich so: tausend Tage und Nächte vergehen einem Seligen schneller, als nur ein Tag; denn mein Führer sagt mir, es sey gar nicht möglich, daß ein Seliger, es sey ein erschaffener Engel, oder ein abgestorbener Seliger, sich über der Größe, Heiligkeit, Liebe, Reinheit, Gerechtigkeit, im Ganzen, was zu seiner Gottheit gehöre, weder satt sehen, verwundern, noch selbe erforschen könne. Obgleich die Seligkeit in beständigem Wachsen sey, so komme doch kein Seliger deshalb zu Ende, wohl aber zu einer immer größern und tiefern Ehrfurcht gegen Gott, denn das sey ein Haupttheil von dem, wodurch einem die Seligkeit so angenehm werde. Mein Führer sagt: ich solle mir nur das denken: daß ein Seliger im mindesten kein Gefühl, weder von außen noch von innen mehr erfahre, wodurch seiner Seligkeit ein Einhalt geschehen könnte; er sagt mir, wie oft kommt auf deiner Sündenwelt ein redlich und gut gesinnter Mensch, einzig durch des Nächsten Schuld in Kummer und in Ungeduld; von allem andern wolle er schweigen, weil er mich bald verlasse.«

Sie wurde nun ein wenig stille, und fing aber bald darauf, gleichsam wie bekümmert, von selbst wieder zu sprechen an:

»Ich bedaure es allzu sehr, daß ich mit Allem, was ich sage, sowohl der großen Seligkeiten halber, als wegen der Verdammten und Unseligen, gar zu wenig Eingang finde. Glaubet mir, daß Alles wahrhaftig und gewiß ist, ich war erst nicht vermögend, weder das Eine noch das Andere, so wie es wirklich ist, genug auszudrücken.«

Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort zu reden:

»Mein Führer spricht: sage es deinen Erdenbewohnern ohne alle Zurückhaltung, daß die Verdorbenheit der Erdenbewohner in jeder Sünde sehr hoch gestiegen sey. Die Zahl derer, die selig absterben, steht mit derjenigen, die den unseligen Orten und der Verdammniß zuwandern, in einem ungleich großen Verhältniß. Gott habe schon mehrere große Richtungen vorqenommen, die größeste aber werde bald folgen

Die Zeit derselben hat sie nicht bestimmter angegeben, und auf Befragen darum erwiderte sie blos:

»Thut Buße und wachet, denn die Zeit ist ganz nahe da. Was ich sage, rede ich gewiß nicht aus mir selbst, sondern Alles, was ich rede, wird mir von meinem Führer aufgetragen. – Heute hörte ich wieder den herrlichsten Gesang und Musik, ich vermochte solche beinahe nicht zu ertragen; einen Text davon vermag ich nicht anzugeben, das sind Stücke, die nur für den Himmel taugen, auf unserer Welt könnten sie unmöglich aufgeführt werden. – Meine Rückreise beginnt so eben.«

Nach einer Pause von 4 Minuten sagte sie:

»Bei meiner Hinreise hat sich kein Irrgeist gezeigt, nun aber will sich wieder einer anschließen, er kehrt aber von selbst zurück, weil er seine Gränze nicht überschreiten darf.«

Nun wurde sie stille, und unterhielt sich mit ihrem Führer; als sie derselbe verlassen hatte, sprach sie:

»Da ich wegen meiner eigenen Seligkeit so sehr bekümmert war, so hat mein Führer aus dem Liede Nro. 419 »Ich soll zum Leben dringen etc.« den 6. Vers mit mir gebetet, der also heißt:

»Dir seufz' ich anzuhangen,
Erbarmer, dir allein!
Du hast es angefangen,
Das gute Werk ist dein.
Vollende, Gott, vollende,
Was mir dein Wort verheißt!
In deine Vaterhände
Befehl ich meinen Geist.«

Darauf gab sie nur noch an, daß sie diesen Nachmittag präcise zwei Uhr ihre zwölfte und lezte Reise in die Ceres mache, und in derselben auf einen Berg geführt werde; sodann verlangte sie geweckt zu werden, um vorher noch einer kleinen Erholung genießen zu können. Als sie wach war, klagte sie über nichts, und bezeigte gegen Alle Liebe und Freundlichkeit.

*

Zwölfte Reise in die Ceres.

An dem nämlichen Tage (17. Dezember) Nachmittags 2 Uhr stellte sich ihr somnambüler Schlaf ein. Nachdem sie ihren Führer voll Liebe und Freudigkeit empfangen hatte, gab sie an, daß sie in 10 Minuten oben seyn werde. Es wurden mehrere Uhren aufgelegt, und so wie die bestimmte Zeit auf die Secunde hin abgelaufen war, sagte sie:

»Jezt bin ich oben. – Es haben sich während meiner Hinreise zwei Ungläubige herein geschlichen, sie werden aber mit einem bessern Sinne weggehen, als sie gekommen sind. – Ich nähere mich nun dem Berge, derselbe heißt: Lorier, er hat einen Umfang von 8 deutschen Meilen, ist schön rund und geformt wie ein Apfel; er gibt einen starken Glanz von sich, und ist oben nicht viel schmäler als unten; um denselben herum sehe ich mehrere erschaffene Engel wandeln. Es ziehen sich viele Wege um den Berg herum, aber alle sind sehr schmal, auch stehen Bäume umher, jedoch nicht in Menge, Blumen aber verschiedener Art, sehr viele; den Wohlgeruch derselben kann ich Euch gar nicht angeben, derselbe ist zu angenehm, ich kann ihn mit keinen irdischen Blumen vergleichen. An den Treppen sind von beiden Seiten Geländer, es gehet gleichsam ganz gerade aufwärts. Ich weiß nicht, was herrlicher ist, Treppen oder Geländer. Nun nähere ich mich der Oberfläche des Berges, diese ist mit der schönsten Mauer umgeben, sie glänzt ganz, ich habe sie schon, wie ich noch unten war, mir entgegen strahlen sehen. Das Thor, durch welches ich eingeführt werde, öffnet und schließt sich auch von selbst wieder zu. – Nun habe ich die Ebene erreicht, da glänzt alles zusammen, ich selbst bin klarer als ich war, und das einzig und allein von dem Ausglanz der erschaffenen Engel, deren ich eine große Anzahl hier erblicke. Ach! die Liebe und Eintracht, die sie gegen und bei einander haben, die ist freilich weit über alles Menschliche hinaus! Die erschaffenen Engel haben Haut, Fleisch und Bein, bei allem diesen aber sind sie voller Klarheit und wandern so schnell als selig Abgestorbene, die nur dem Geist und der Seele nach hier sind. Ueber die Feinheit der Haut, welche die erschaffenen Engel haben, kann ich mich gar nicht äußern; sie ist weit feiner und heller, als der allerfeinste und weißeste Alabasterstein, dieser ist nur ein Schattenbild dagegen.

»Auf der Ebene des Berges stehet ein Gebäude, das ganz einem Tempel gleicht; das Pflaster um denselben glänzt nicht anders, als wenn es die besten Edelsteine wären; von der innern Schönheit des Gebäudes bin ich durchaus nicht im Stande, auch nur irgend einen Ausdruck anzugeben; die erschaffenen Engel, welche da sind, wären nicht vermögend, Euch nur einen Begriff hievon beizubringen, und mein Führer sagt, er könne mir auch keine Worte eingeben, um mich verständlich zu machen. Bei der Musik und dem Gesange, welchen ich hörte, war es mir, als ob mein Geist vor Rührung darüber verschmelzen müßte. Am Anfange meiner Reisen hätte ich dieses unmöglich ertragen können.«

.

Reise in die Sonne, Ankunft in die Stadt Jasa.

Sie fing nun an, von der ganz unbegreiflichen Größe Gottes zu reden, und schloß mit den Worten:

»Wenn Eines von Euch Anwesenden nur einen einzigen Blick, so schnell als ein Blitz vorüber fährt, in die Herrlichkeit, die mir heute gezeigt worden ist, hätte thun können, so wäre es, wie von einem Blitze getroffen, in eine Ohnmacht dahin gesunken. – Nun muß ich den Berg verlassen; denselben herab begleitet mich ein Engel, sein Name stehet über seinem Gewande, auf seinem Rücken her mit goldenen Buchstaben geschrieben, – so auch bei den übrigen – derjenige, der mich begleitet, heißt Zacharias. – Meine Rückreise beginnt. In einer Stunde werde ich zu den Reisen, welche ich in den Uranus und Saturnus zu machen habe, eingesegnet; dabei erscheinen mein Führer und der Engel Jakob als Zeugen und der Engel Micha nimmt die Einsegnung vor. – Ich mache zwölf Reisen in den Uranus, jeden Tag zwei, und darauf zwölf Reisen in den Saturnus, ebenfalls jeden Tag zwei, von wo aus ich mehrere Heilmittel angeben werde; solche würden viel bedeutender ausfallen, wenn sie nicht theils so vielen Einwendungen Anderer ausgesetzt würden, theils nicht auf die anbefohlene Weise, oft auch nicht lange genug, und theilweise gar nicht gebraucht würden; mehreren aber wird wesentliche Hilfe zu Theil werden.«

»Mein Führer sagt mir auch, daß ich bei den Reisen in den Saturnus und Uranus in bedeutende Schwächen verfallen werde, in welchen derselbe nicht bei mir ist. Ich werde in denselben zwar öfters helle Zwischenräume, aber immer nur von ganz kurzer Dauer haben, weshalb das, was ich in denselben angebe, wenn ich es nachher nicht zwei und dreimal wiederhole, nicht als wahr angenommen werden darf, weil sich da manches Unrichtige einmischen kann, was ich zu aller Vorsicht anzeige. – Nun verläßt mich mein Führer mit den Worten:

»Gott sey mit dir, ehe eine Stunde verstreicht, so sprechen wir einander wieder.«

Darauf verlangte sie geweckt zu werden; sie war, als sie erwachte, zwar freundlich, ihre Miene aber ernsthaft

*

Vorgänge nach dieser Reise.

*

Einsegnung zu den Reisen in den Saturnus und Uranus.

Schon gestern hatte sie angegeben, daß heute ihre Einsegnung zu den Reisen in den Saturnus und Uranus vorgehe, und wenn sie sich auf ihre Knie niederwerfe, so solle jedes Anwesende ebenfalls niederknieen, und ein gläubiges Vater unser für sie beten, damit sie das Werk, das sie noch auszuführen habe, zum Preiße Gottes und zum Besten der bei ihr Rath und Hülfe suchenden Menschheit vollführe.

Ehe noch nach ihrer heute vollbrachten lezten Reise in die Ceres eine Stunde vorüber war, rief sie aus:

»Nun beginnt meine Einsegnung.«

Sie ging nun im tiefsten Schlaf aus dem Bette, warf sich sogleich auf ihre Kniee nieder und empfing nebst ihrem Führer, die Engel Jakob und Micha. Bei dieser Handlung legte sie vordersamst aufs Neue einen Eid der Treue ab, und sagte dann weiter:

»Der Engel Micha hat mir seine Hand auf mein Haupt gelegt, diese habe ich genau empfunden, sowohl als wenn mir ein Mensch selbe auflegte, nur fühlte ich von der Hand des Engels eine besondere Kraft und Annehmlichkeit; auch hat er mir von dem Wasser des Lebens zu trinken gegeben.«

Man sahe sie wirklich trinken, und nach einer kurzen Pause sagte sie:

»Nun verlassen mich diese drei Engel auf einmal, einzig noch hat mir mein Führer etwas gesagt, was ich meinem Bruder in einer bald folgenden Schwäche, in welcher mir ein heller Zwischenraum zu Theil werden wird, allein eröffnen werde.«

Darauf legte sie sich, noch im tiefsten Schlafe, ohne alle Hilfe, von selbst zu Bette; nach einer kleinen Weile fing sie an zu sprechen:

»Daß Ihr keinen von den anwesend gewesenen 3 Engeln habt sehen können, wundert mich nicht, weil Ihr deren Klarheit unmöglich hättet ertragen können; aber daß ihr von der starken Stimme und den kraftvollen Worten, die der Engel Micha bei meiner Einsegnung sprach, gar nichts vernommen habt, das ist mir viel weniger faßlich. – Diesesmal erwache ich von selbst.«

Nach ungefähr 6 Minuten wurde sie wach; ihr Geist und Körper schienen besonders gestärkt zu seyn. In einer halben Stunde darauf verfiel sie in die angekündigte Schwäche und verlangte, daß sich Alles entfernen, und nur allein ihr Bruder A... bei ihr bleiben solle. Zu diesem sagte sie nun folgendes:

»Mein Führer hat mir gesagt, daß meiner heutigen Feierlichkeit Vieles abgegangen sey; er hat sehr darüber geeifert, daß die Anwesenden sich unter einander gescheut haben, sich auf ihre Knie hinzuwerfen, sich vor Gott zu demüthigen, und das von mir angekündigte Vater unser im Glauben für mich, im Namen Jesu Christi zu beten. Sie, die seligen Geister, seyen nicht von sich selbst, und aus eigener Macht gekommen, sie haben von dem Throne Gottes aus die Erlaubniß dazu erhalten. Sie können keine Ehre und Anbetung verlangen, denn eine solche Annahme würde den Allerseligsten in die tiefste Verdammniß hinunter stürzen, dieses wäre das tiefeste Verbrechen gegen die allerhöchste Majestät Gottes. Ich zeige dir nun hiemit an, daß ich heute abend bis sieben Uhr wieder in einen Schlaf verfallen werde, in welchem eine zweite Einsegnung mit mir vorgenommen werden wird; mein Schlaf dauert volle 3 Stunden, also bis 10 Uhr, aber die Engel und mein Führer verweilen bei weitem nicht so lange bei mir, nach ihrem Abgange bleibe ich aber beständig in großen Hellen, bis ich erwache.«

Hierauf hat sie alle die Personen, welche würdig seyen, dabei zu erscheinen, namentlich angegeben und schärfte aber auf das nachdrücklichste ein:

»Daß ja die Beugung der Kniee und das Gebet für mich nicht unterlassen wird, ich will nicht, daß das Mindeste versäumt werde und zurück bliebe.«

Bald darauf erwachte sie von selbst, sie fühlte sich zwar etwas schwach, wies aber demungeachtet alle Speise und Trank zurück. Bis 6 Uhr Abends blieb sie im Bette liegen, stand sodann von selbst auf und ging in die Wohnstube, sezte sich in derselben auf einen Sessel und unterhielt sich mit den Anwesenden. Sobald sich die angegebene Zeit näherte, so verfiel sie unverhofft auf dem Sessel in einen tiefen Schlaf; als die Glocke die siebente Stunde schlug, stellte sich auch ihr Führer bei ihr ein, welchen sie mit aller Freudigkeit empfing. Zwei Minuten darauf stand sie von dem Sessel auf, ging zu der Thüre, welche in den Oehren Vorplatz, Haustenne. führt, hinaus, und etwa 15 Schritte vorwärts, kehrte sie mit festgeschlossenen Händen in das Zimmer zurück, indem sie dabei sagte:

»Ich habe nun die Urquell-Engel empfangen.«

Sie sezte sich darauf nicht mehr nieder, sondern fiel sogleich auf ihre Knie nieder, mit einem Anstand und einer deutlich bemerkbaren Erhebung des Herzens zu Gott, daß einem Jeden nur Erstaunen übrig blieb. Alle Anwesenden knieeten ebenfalls. Während dieser Handlung der Einsegnung herrschte die tiefste Stille; sie legte ihre linke Hand auf die Brust, die rechte aber streckte sie gerade aus; auch sah man sie trinken. Als diese Handlung vorüber war, so fiel sie mit dem Angesichte auf die Erde und blieb über 5 Minuten in dieser Stellung; nachdem sie sich aufgerichtet hatte, so gewahrte man, daß sie im Stillen ein Gebet zu Gott verrichtete, indem sie ihre Hände gefaltet und ganz in Andacht versunken in tiefster Ehrfurcht gen Himmel erhob. Nach einer kurzen Pause stand sie kraftvoll auf, öffnete die Thüre, und begleitete die Engel wieder so weit, als sie solche empfangen hatte, sie kehrte sodann mit ihrem Führer in das Zimmer zurück, welcher sich nach 2 Minuten verabschiedete. Gleich darauf knieete sie wieder nieder und verrichtete laut ein Danksagungsgebet zu Gott, für alle, die einer solchen hochwürdigen Handlung beiwohnen durften.

Darauf sprach sie ein solches kraft- und geistvolles Gebet, daß ein jedes ausrief: sie ist voll des heiligen Geistes! Die Anwesenden wurden so tief gerührt, daß auch alle in laute Thränen ausbrachen, und alle bekannten frei: Gebete der Art, können nur solche, die von der Ewigkeit kommen, sprechen; indem Worte und Vortrag alles Menschliche weit überträfen. Es ist nur zu bedauern, daß dieses erhabene Gebet nicht wörtlich nachgeschrieben werden konnte. Der Hauptinhalt desselben war folgender. Erstens dankte sie dem Jehova oder der Dreieinigkeit Gottes, daß sie als eine elende Made, einer so großen Gnade und Barmherzigkeit gewürdiget worden sey; 2tens betete sie um Vergebung aller ihrer Sünden; 3tens um Zunahme und Wachsthum in der Gottseligkeit, daß sie wahrhaftig wiedergeboren und vor jedem Rückfall bewahrt werde; 4tens daß Gott ihre Angaben für Kranke und Nothleidende segnen, und endlich 5tens daß Gott sie ja nicht lange auf dieser Welt behalten, sondern bald heimholen möchte. Es war gerade neun Uhr, als sie dieses himmlisch schöne Gebet vollendet hatte, sie stand sodann auf und nahm auf demselben Sessel Plaz, auf welchem sie vorher gesessen hatte.

Bald darauf fiel sie noch zweimal auf ihre Kniee nieder, und verrichtete abermal herzliche Gebete, welche das größte Erstaunen erregten. In diesen betete sie besonders für die Menschheit überhaupt, daß sich Gott aller erbarmen und noch recht Viele, Viele zur Bekehrung bringen möchte. Sie rühmte die Seligkeit nach allen Kräften und bedauerte nur, daß ihr beinahe alle Worte fehlen, um selbe nach ihrer Größe schildern und beschreiben zu können, so wie sie eben so wenig vermögend sey, den Zustand der Unseligen und Verdammten, nach seiner Fürchterlichkeit anzugeben.

Bei allen diesen Gebeten war ihre Aussprache so klar und hell, daß kein Mensch vermögend ist, einen gleichen Ton hervorzubringen, oder ein Wort auf diese Art auszusprechen. Als sie das lezte Gebet geendiget hatte, so fehlten nur noch 5 Minuten auf 10 Uhr; sie sezte sich in ihrem tiefen Schlafe an der vorigen Stelle nieder, als aber die Glocke 10 Uhr schlug, da erwachte sie von selbst.

Damit waren nun die Vorbereitungen zu den Reisen in den Saturnus und Uranus vorüber.

Nachdem sie erwacht war, klagte sie über sehr große Mattigkeit, verlangte aber sogleich zu wissen, was mit ihr vorgegangen war, weil sie sich nicht des Mindesten davon bewußt war. Sie wunderte sich sehr, als man es ihr erzählte. In dieser Nacht hatte sie einen ziemlich erquickenden Schlaf.

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