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Der Köhler und Kaiser Maximilian II.

Zur Zeit Kaiser Maximilians war ein armer Köhler, der seine Hütte im Walde hatte. Als er wieder einmal Kohlen brannte, kam der Kaiser auf einem Spaziergang auch zu ihm, und sprach: »Gottes Segen!« »Vergelt's Gott! Schön willkommen!«

»Dank schön, was machst Du denn da?«

»Kohlen brennen.«

»Wieviel verdienst Du damit?«

»I nu, so viel als ich brenne.«

»Und was hast Du zu essen?«

»Meine Hütte ist etwas weit weg; drum koch' ich hier Klöße. Bitte, wer seid denn Ihr?«

»Maximilian.« Der Köhler konnte sich den langen Namen nicht merken, den er noch nicht gehört. »Wie? Maxi–Mazi–Aha, Marzipan!« – Der huldvolle Kaiser lachte innerlich, und ließ ihn dabei. – »Was macht Ihr denn da im Wald, Herr Marzipan?«

»Bin ein Bischen spazieren gegangen.«

»Ohne Zweifel habt Ihr schon Hunger, wie ich. Wartet ein wenig, bis die Klöße gekocht sind! Ihr könnt mit mir essen. Wartet nur, wartet, sie werden gleich fertig sein!« Und bereitwillig legte der Köhler Kohlen zu, damit die Klöße schneller kochten, nahm sie dann mit einer hölzernen Gabel aus dem Topf, gab sie auf eine Schüssel, schmalzte sie und sagte: »Kommt mit mir essen, Herr Marzipan!«

Der Kaiser nahm die hölzerne Gabel und steckte sich ein Stück Kloß an; doch war's zu sehen, daß die Speise ihm nicht sehr behage.

Der Köhler nöthigte ihn: »Laßt's Euch nur schmecken! Die Klöße sind nicht von schwarzem, sind von weißem Mehl.« Aber der Kaiser dankte; er spüre keinen Hunger. Der Köhler fragte ihn zwischen dem Essen weiter: »Seid Ihr auch verheirathet?«.

»Versteht sich.«

»Habt Ihr auch Kinder?«

»Ja wohl. Wenn Du in die Stadt kommst, besuch' mich. Hab' dort meine Hütte. Frag' nur nach dem Herrn Marzipan, es wird Dir Jedermann sagen, wo ich wohne. Dann will ich Dir mein Weib und meine Kinder zeigen.«

Der Köhler versprach mit Freuden, ihn zu besuchen, und der Kaiser wünschte ein »Gott befohlen!« und ging. –

Nach einiger Zeit fuhr der Köhler Kohlen in die Stadt, und nachdem er sein Geschäft abgethan, erinnerte er sich, daß er den Herrn Marzipan besuchen solle. Der Kaiser hatte schon früher an alle Wachen den Befehl ergehen lassen, wenn ein Mann nach dem Herrn Marzipan frage, solle man ihn in's kaiserliche Schloß führen. Der Köhler fragte wirklich, wo der Herr Marzipan wohne. Die wachestehenden Soldaten führten ihn ins kaiserliche Schloß. Als er dem Kaiser gemeldet wurde, ließ ihn dieser sogleich vor. Er trat in's Gemach, und als er seinen Waldgast erkannte, sagte er: »Aber Herr Marzipan, Ihr habt eine schöne Hütte und eine schöne Stube; so schön hab' ich's nicht. Mir scheint, Ihr eßt andre Klöße, als ich Euch im Walde geboten; drum wollten Euch die nicht schmecken! Wo habt Ihr denn Eure Kinder?«

»Die sind im andren Zimmer. Wart', ich will sie Dir bringen!« Der Kaiser fühlte seine schmucken Prinzen herbei, und stellte sie dem Köhler vor.

»Ei, Ihr habt prächtige Jungen! Hab' ihnen was mitgebracht, und meine, daß sie das Spielzeug freuen wird!« Und hiermit zog er einige große Erzklumpen aus seiner Tasche, und gab sie ihnen. Dann fragte er weiter: »Wo habt Ihr denn Euer Weib, Herr Marzipan?«

»Das ist wieder in einem andern Zimmer. Dir zu Gefallen will ich es gleichfalls holen!« Er ging zur Kaiserin, und sagte ihr, daß ein gemeiner Mann bei ihm sei, der sie zu sehen wünsche; sie möchte nicht zürnen, wenn er ihr etwas Unliebes sage, sondern Alles, was er reden würde, in Güte aufnehmen. Er führte die Kaiserin herbei und sprach: »Siehst Du, das ist mein Weib!«

»Mein Seel', Herr Marzipan, Ihr habt ein prächtiges Weib! Ueberhaupt ist Alles hübsch in Ordnung bei Euch.«

Die Kaiserin entfernte sich wieder, und der Kaiser fragte den Köhler, ob er etwas zu essen haben wolle.

»Habt Ihr was fertig, möcht' ich wohl essen!«

Der Kaiser ließ kalten Braten, Weißbrot und guten Wein auftragen, und der Köhler ließ sich's trefflich schmecken. Als er sich satt gegessen, sagte er: »Das glaub' ich, daß Euch meine Klöße nicht behagten, Ihr eßt anders als ich!«

Der Kaiser brachte nun die Rede auf das Spielzeug, das der Köhler den Prinzen gebracht, und fragte ihn: »Wie bist Du denn zu den Klumpen gekommen?«

»Dergleichen hab' ich im Walde genug. Wenn ich Kohlen brenne, fließt das Zeug in Menge. Ich werf's gewöhnlich bei Seite; man könnte zwei, drei Wagen damit vollladen.«

»Weißt Du was, ich will mit Dir gehen, und es aufladen.«

»Könnt Euch nehmen, wie viel Ihr woll't. Es liegt bei mir in Haufen, wie trocknes Holz.«

Der Kaiser kam hin und ließ die Erzklumpen fortschaffen, von denen der Köhler nicht wußte, daß sie lauter Gold waren. Dann nahm er den Köhler sammt Weib und Kindern zu sich und versorgte ihn reichlich. Allein dem Köhler gefiel das Leben nicht; ihm wurde bang, und er sagte bald zum Kaiser, den er inzwischen kennengelernt: »Mein allergnädigster Herr! Mir geht's vortrefflich, ich esse und trinke gut, das ist wahr; aber ohne Arbeit kann ich nicht sein. Im Wald bei der Arbeit gefiel's mir weit besser, als ohne Arbeit hier bei Hof!« – Der Kaiser entgegnete: »Ich will nicht, daß Du faullenzen sollst, auch ich möchte nicht ohne Arbeit sein. Willst Du, so geh' in den Garten und arbeite; das wird mich freuen.«

Der Köhler und sein Weib und seine Kinder lernten mit der Zeit das Gärtnergeschäft, und blieben bei dem Kaiser bis zu ihrem Tode, und oft unterhielten sie sich später vom Kohlenbrennen und von dem Abenteuer im Walde.


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