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Eveline war aber in großer Unruhe und ich diesmal nicht minder. ›Weiß dein Mann, daß du hier bist?‹ fragte ich. ›Nein, er weiß nicht, daß ich bei dir bin. Wie könnte er mich sonst fortgelassen haben?‹ Ich streichelte ihren kleinen aschblonden Kopf, und wir setzten uns zu Tisch. Sie zwang sich mit aller Mühe zu essen. Die Direktorin hatte es sich in der Küche die größten Anstrengungen kosten lassen. Ich legte Eveline nur wenig vor. Ich war zum Schluß sehr froh, als sie diese geringe Menge von Nahrungsmitteln zu sich genommen hatte. ›Bist du einverstanden‹, sagte ich ihr nach dem Essen, wenn wir den Dozenten L. kommen lassen?‹ ›Wozu denn? Ich bin ja gesund, und mit dem Kinde hat es noch lange Zeit ...‹ ›Du hast aber selbst gestern über Bronchitis geklagt.‹ ›Ich? Ich war nur von der Reise erkältet.‹ ›Wir wollen nicht um Worte streiten‹, sagte ich ruhig, › ich wünsche, daß du heute den Spezialisten kommen läßt.‹ ›So, dann ist es etwas anderes‹, antwortete sie und sah mich sehr erstaunt an.

Ich sprach den Spezialisten sofort nach der Untersuchung. Er berief sich nicht wie seinerzeit Mohrauer auf des Berufsgeheimnis, sondern gab mir ganz offen Auskunft: ›Ich brauche einen Röntgenbefund, aber ich kann Sie schon jetzt insoweit beruhigen, als ich die Lungensymptome nicht alarmierend finde. Es besteht ein Prozeß in beiden Lungen, das ist sicher. Ob Kavernen da sind, wird erst die Röntgenplatte mit Bestimmtheit ermitteln. Entscheidend ist es nicht. Ich habe also ziemlich große Hoffnung auf Erfolg.‹ ›Ich danke Ihnen, Herr Kollege‹, sagte ich und schüttelte ihm die Hand. Er hatte Eile und ging. Ich gab ihm ein entsprechendes Honorar für den Besuch, und er nahm es mit großem Dank. Ich wußte, daß in dem Honorar auch die Entschädigung für die verlorene Zeit der Fahrt zu uns und zurück enthalten sein mußte. Beim Pförtnerhäuschen nahm er Abschied von mir, drehte sich aber noch einmal um: ›Die ... Schwangerschaft muß natürlich sofort unterbrochen werden. Das haben Sie wohl schon längst gewußt, nicht?‹ ›Nein‹, sagte ich, ›darüber habe ich nicht nachgedacht, und mir fehlt die Erfahrung.‹ ›Die Erfahrung habe ich. Die Mutter und das Kind zu retten ist menschenunmöglich.‹ ›Haben Sie das der Patientin gesagt?‹ ›Ich weiß nicht‹, sagte er etwas verlegen und sehr in Eile, ›im Grunde ist es selbstverständlich. Sollte ich es vergessen haben, sagen Sie es ihr in meinem Namen.‹

Ich kehrte sehr bedrückt zu Eveline zurück. Trotz dem nicht ungünstigen Befund des Spezialisten hatte ich trübe Ahnungen und diesmal mit Recht. So schonend ich nur konnte, sagte ich Eveline das, was ich erfahren hatte. Aber sie stopfte sich die Ohren zu und wollte es nicht anhören. Sie weinte und schlug um sich. Schließlich stand sie mühsam auf, begann ihre Sachen einzupacken und antwortete auf meine Bitten nicht mehr. ›Ich wünsche mir ein Kind‹, sagte sie, als ich sie endlich gezwungen hatte, sich wieder hinzulegen. ›Ich bin mir zu gut, um nur zur Unterhaltung von euch Herren der Erde zu dienen! Eine Frau ohne Mutterschaft ist ein unnützes Ding.‹ ›Das hast du früher nie gesagt!‹ ›Ich habe es immer gesagt, aber du wolltest es nicht hören. Ihr Männer in eurem ungeheuren Egoismus denkt nur an euch.‹ ›Aber es bedroht dein Leben!‹ ›Wer sagt das? Meine Mutter war viel kränker als ich und hat zwei gesunde Kinder zur Welt gebracht, mich und meinen Bruder, den Riesenkerl, den Sesselmörder.‹ ›Wie krank oder gesund deine Mutter war, weiß ich nicht. Das aber weiß ich, daß deine beiden Lungen angegriffen sind und du mit deinen dreißig Jahren eine erste Geburt nicht aushältst.‹ ›Jetzt wirft er mir mein Alter vor! So empfängst du mich! Heute ist der erste Tag, daß ich bei dir bin. Du gönnst mir das Kind nicht, weil es nicht von dir ist! Was hätte ich aber tun sollen? Heiraten kannst du mich nicht, und ich konnte meinen armen, von uns betrogenen Mann nicht von mir stoßen, ihn, der in seiner Großmut alles seinem Vaterland opfert und zum zweitenmal ins Feld ziehen will.‹ ›Eveline‹, sagte ich, sehr ruhig und sehr bestimmt, ›ich denke nur an dich.‹ ›Dann schone mich, rege mich nicht auf. Ich will meine Temperatur messen, du sollst sehen, sie ist gestiegen.‹ In diesem Punkte hatte sie recht. Das Thermometer zeigte über 38 Grad. Ich beruhigte sie, so gut ich konnte.

Der Röntgenbefund war nicht besonders gut, aber auch nicht besonders schlecht. Der Lungenspezialist wiederholte seine Warnung vor dem Kind, und Eveline versprach ihm zwar, sie wolle ihm gehorchen, mir gegenüber aber wiederholte sie die alte Beschuldigung, ich gönne ihr das Kind nicht, habe den Arzt gegen sie aufgehetzt, ich sei eifersüchtig auf ihren Mann, den sie mir geopfert habe ...

Ich war nicht mehr so unermeßlich glücklich mit ihr wie früher. Mein Gefühl war etwas bitter geworden – aber ich liebte sie nur um so mehr. Ich zitterte, wenn ich wußte, daß sich die Tür eines Zimmers öffnete, in dem sie sich aufhielt. Ich dachte Tag und Nacht darüber nach, wie man ihr helfen, wie man ihre Gesundheit stärken könne. Ich war aber auch in dieser Zeit manchmal glücklich. Und zwar dann, wenn Eveline abends kein Fieber hatte, oder wenn die Waage eine kleine Gewichtszunahme anzeigte. Ich möchte fast sagen, daß diese winzigen Zeichen einer Festigung ihrer Gesundheit mich noch tiefer beglückten als die stürmischen Nächte von früher. Mitte März bekam ich einen langen Brief ihres Mannes.

›Lieber Leutnant und alter Regimentskamerad! Ich hätte Dir natürlich längst danken sollen, denn Du hast Dich meiner Frau vor circa einem Jahr in Deinem Sanatorium so großartig angenommen, daß Du einen kleinen Dank von mir wohl verdient hättest. Linatschka kam blühend aus der Behandlung zurück. Ich weiß wohl, daß ihre Gesundheit nicht die eines Eichenbaums ist. Ich glaube aber, daß sie nach der Geburt richtig aufblühen wird. Viele Frauen sind blaß und bleichsüchtig, und nach dem ersten Kind erkennt man sie nicht wieder. Es ist, wie sich von selbst versteht, unser beider Wunsch gewesen, ein Kind zu haben, und wir sind beide glücklich, daß es sich endlich so getroffen hat. Trotz Deinem großartigen Renommée als Arzt hätte ich sie aber keine so weite, anstrengende Reise antreten lassen, wenn nicht eine wichtige Angelegenheit dazukäme, die Du als alter Einjährig-Freiwilliger, Fähnrich und schließlich Leutnant unseres früheren Regimentes, sicher verstehen wirst. Ich bin Pole. Auch meine Frau fühlt und denkt polnisch. Unsere Grenzen sind, wie Du weißt, in Versailles nur nach Westen, gegen Europa, nicht aber gegen Osten, gegen Rußland, gegen Halbasien abgegrenzt. Unser großer Kriegsheld und Vaterlandsretter wird diese Grenzen mit dem polnischen Degen abstecken. Dich als früheren österreichischen Dragoner wird es sicherlich erfreuen und ehren, zu wissen, daß wir nach österreichischem Reglement exerzieren, daß das gute österreichische Gewehrmodell, im Kampf gegen Moskowiter bewährt, auch jetzt uns tapfer dienen, uns zum Siege führen soll und wird. Ich will meine Frau in ihren interessanten Umständen keinen Aufregungen aussetzen. Ich habe sie zu Dir geschickt. Sorge, lieber Kamerad, um sie wie um Deine Schwester, um Deine Mutter, um Deine Frau. Sage Deiner Frau Gemahlin, die ich nach unserer Rückkehr kennen zu lernen hoffe, daß ich ihr ewig dankbar sein werde, wenn sie vor, während und nach der Geburt sich um unser kleines Mütterchen kümmert. Und – auf Lebens- oder Sterbensfall – ich vertraue sie euch beiden an. Sollte mir etwas Soldatisches zustoßen, helft ihr beim Ordnen unserer Angelegenheiten. Das Vermögen ist durch den Währungsschwund etwas verringert. Nach unserem Sieg über Moskau wird die Währung steigen und Eveline wieder eine sehr reiche Frau sein. Mein Bruder, Witislav von K. auf Gut Anatowka bei Lublin, hat mein Testament. Mit altem Gruß in neuer Zeit, Handkuß an Deine Gnädige

Dein Oberstleutnant von Ksczalski.‹

 

Ich erzählte Eveline nichts von diesem Brief. Vor allem wollte ich sie nicht dadurch kränken, daß ich sie als Lügnerin hinstellte. Sie sollte mir vertrauen, mehr denn je. Ich wollte alle meine Kraft zusammennehmen, um sie zu retten, auch dann, wenn das ungeborene Kind dabei geopfert werden sollte. Ich faßte diesen Entschluß nicht leicht. Ich mußte mir sagen: wenn sie eines Tages endlich geheilt ist oder fast geheilt, so wird sie mir dankbar sein. Wenn sie aber dafür das Kind aufopfern muß, an dem sie hängt – und darin scheint sie aufrichtig –, so wird sie es mir bitter vorwerfen, wird meine Beweggründe mißdeuten und sich in bösem von mir auf immer trennen.

Trotzdem war ich dazu entschlossen. Ich begnügte mich nicht mit den ausweichenden Antworten des Lungenspezialisten am Telephon, sondern machte mich eines Nachmittags frei und fuhr in die Stadt zu ihm. ›Ich kann Ihnen nichts anderes sagen, als Sie bereits wissen.‹ ›Bitte, sprechen Sie deutlicher!‹ ›Gut! Ich finde, man hätte längst diese Schwangerschaft unterbrechen müssen. Daß man solange gewartet hat, bedeutet fast einen Kunstfehler. Wir wissen, es besteht ein fortschreitender, wenn auch nicht galoppierender Prozeß in beiden Lungen. Rechts im Oberlappen, links im Oberlappen, an der Basis, beiderseits am Rippenfell. Dazu kommt: Die gnädige Frau steht mit circa zweiunddreißig Jahren vor der ersten Geburt. In einem Alter über achtundzwanzig Jahren ist es nie ganz einfach. Die Gelenke des Beckens sind bereits verknöchert. Setzen Sie sich also mit dem Frauenarzt Hofrat Dr. R. in Verbindung. Der Eingriff ist auch jetzt noch ungefährlich. Es ist eine Frühgeburt. Der Zufall kann es wollen, daß man das Kind rettet.‹ ›Und an einer schweren Geburt stürbe sie?‹ ›Sterben? An der Geburt? Das will ich nun nicht gesagt haben. Es gibt immer Wunder, glücklicherweise.‹ Der Hofrat hatte wenig Zeit und empfing mich etwas kühl. ›Ich bin für Abwarten. Den Eingriff können wir immer noch ausführen. Ich verstehe, daß die Dame von der Last befreit sein will ...‹ ›Nein, Herr Hofrat, im Vertrauen gesagt, ich habe den Eindruck, sie möchte es lieber behalten.‹ ›Ach so, behalten? Austragen? Ausgezeichnet! Famos! Also dann erst recht abwarten! Das Kind kann kerngesund zur Welt kommen, und man kann es bei einiger Vorsicht trotz der erblichen Belastung großziehen wie jede normale Frucht.‹ ›Aber die Frau fiebert, sie ist lungenkrank ...‹ ›Alles gut und schön. Aber wenn sie das Kind austragen will, wäre es verbrecherisch, sie daran zu hindern. Sind Sie übrigens mit der Dame verwandt?‹ ›Nein. Ihr Mann, der in Polen lebt, hat sie hergeschickt und mir anvertraut. Hier ist sein Brief.‹ ›Sein Brief – wozu? Alles ist klar. Ihr Wort genügt. Haben Sie die Atteste des behandelnden Arztes? Gut! Ich stehe zur Verfügung, wenn die gnädige Frau mich holen läßt. Sagen Sie ihr nur, sie möge nicht bis zum letzten Augenblick warten.‹ ›Ich werde es ihr sagen.‹ Ich zahlte das Honorar und ging. Ich kam zu Eveline zurück, die sofort erriet, daß ich bei den Ärzten gewesen war: ›Nun, was haben sie gesagt?‹ ›Wer?‹ fragte ich und wollte ihr einreden, ich hätte Einkäufe in der Stadt besorgt, oder besser gesagt, nur Einkäufe, denn ich hatte auf dem Heimweg mich in verschiedenen Läden aufgehalten und allerhand Leckerbissen, etwas Parfüm und einige neue bunte Magazine für sie mitgebracht.

Sie tat, als ließe sie sich täuschen. ›Ich bin so froh‹, sagte sie, ›daß du dich mit dem Kind abgefunden hast. Ich bin jetzt schon glücklich, wenn ich daran denke. Heute nachmittag war der Pater C. hier, der mich seit meiner Kindheit kennt. Er hat mich gesegnet und das Kind in meinem Leib.‹ Ich hätte in meiner Verzweiflung fragen können, ob er auch die Tuberkelbazillen und die Kavernen in ihrer armen Brust gesegnet habe, aber ich unterließ es und tat, als glaube ich, daß sie mir glaube. So betrogen wir uns während der ersten Monate des Jahres 1920. Sie empfing von ihrem Mann, der an dem Feldzug des Marschalls gegen Rußland teilnahm, fast täglich kurze Nachrichten. Ich tat, als kenne ich nicht seine Schrift, interessiere mich nicht für ihre Post. Ich schonte sie, ich stellte keine Fragen, ich zwang sie zu nichts, ich machte ihr keine Angst, ich drohte ihr nicht, daß sie vielleicht das Kind mit dem Leben bezahlen könnte, ich fragte sie auch nie mehr, ob sie mich liebe. Ich war in meiner Art schon darüber glücklich, daß sie hier bei mir lebte, daß sie etwas weniger hustete, daß ihr Nachthemd nicht nach jeder Nacht zum Trocknen ins Badezimmer gehängt werden mußte, und daß sie genug aß, um nicht ganz zu verfallen. In früheren Zeiten hatte sie sich mir zuliebe nicht zum Essen gezwungen. Dem Kinde zuliebe tat sie es. Aber meine Eifersucht erschien mir kläglich, unwürdig und gemein, und ich versuchte sie zu unterdrücken. Es gelang mir sehr gut. Sie war mir etwas fremd geworden, es war eine zweite Eveline, die anstelle der ersten aus meiner Jugend hier fast den ganzen Tag in meinen zwei Zimmern weiterlebte, und die ich anders, aber noch mehr liebte als die erste.

Die Zeit des Endes ihrer Schwangerschaft kam heran. Wir mußten einen Entschluß fassen. Hier in der Anstalt konnte es keinesfalls vor sich gehen. Ich schlug Eveline vor, ich wolle sie in der Diakonissenanstalt unterbringen, wo ein Bekannter von mir die geburtshilflichen Fälle behandelte. Ich versprach ihr, daß ich alles daran setzen würde, daß sie wenig Schmerzen hätte, daß man Narkose anwenden würde, wenn es notwendig werden sollte. Aber das, was jede andere Frau in einer solchen Lage beruhigt, brachte sie gegen mich auf. Sie wollte nicht. Sie schüttelte den Kopf. › Ich werde bei dir bleiben, werde für deine Behandlung sorgen‹, sagte ich und legte den Arm um ihren dünnen Hals; ›ich traue es mir zu.‹ ›Aber ich dir nicht, alter Liebling!‹ sagte sie und machte sich entschieden frei. ›Von Frauen verstehst du nichts. Ich will nicht narkotisiert sein. Was hundert Millionen Frauen ohne Narkose ausgehalten haben, wird eine Eveline, genannt Linatschka, auch aushalten.‹ Und sie lächelte. In ihren Zügen war jetzt die alte Eveline, und ich beugte mich zu ihr, um sie zu küssen. ›Vernünftig sein!‹ sagte sie und hielt mich mit ihren zarten, gelblichen Ärmchen von sich ab, als hätte sie Angst, ich könnte mich zu schwer auf ihren Leib legen und dem Kinde schaden. ›Aber du bist mir doch deshalb nicht böse?‹ fragte sie naiv. ›Ich sehe eben nicht den Arzt in dir, ich liebe dich zu sehr.‹ ›Aber mein Bekannter, der Dozent im Diakonissenhaus?‹ ›Aufrichtig gesagt‹, flüsterte sie und zog mich jetzt aus eigener Kraft zu sich auf das Sofa, um leiser sprechen zu können, denn das laute Reden strengte sie an, und der trockene Husten hörte nicht auf, wenn ich ganz aufrichtig sein soll, ich traue auch deinem Bekannten nicht. Ich weiß, du willst dem Kind nicht wohl.‹ ›Ich liebe nur dich‹, sagte ich sehr leise. ›Deshalb müßtest du nicht so feindselig sein gegen das wehrlose Kind! Ich spreche davon, als wäre es schon am Leben. Eigentlich lebt es ja schon, es bewegt sich, ich spüre es oft. Das versteht eben kein Mann.‹ ›Oh doch, ich verstehe dich gut.‹ ›Nun, dann tu endlich alles, wie ich es will. Es geht doch um mich, und du behauptest, daß du mich liebst, nicht?‹ ›Und was willst du?‹ ›Ich will unbedingt in die Privatklinik des Hofrates R. Ich will, daß du mich solange nicht besuchst, bevor nicht alles vorüber ist. Auch nicht anrufen! Bitte! Versprichst du es mir? Schwörst du es mir?‹ ›Nein, ich kann nicht‹, sagte ich. ›Nun, habe ich nicht recht, wenn ich dir mißtraue? Deine großen Gefühle sind nichts als Phrase, und manchmal begreife ich nicht, daß ich meinen Mann mit dir betrügen konnte. Wenn er es wüßte! Ich bin so schlecht. Er schreibt mir nicht mehr!‹ Sie begann zu weinen. Was sollte ich tun? ›Es soll sein, wie du es willst.‹ Trotzdem ich mich also in alles gefügt hatte, kam aber ihre frühere Zärtlichkeit nicht wieder, und sie wandte sich kühl von mir ab, als das Auto vorgefahren kam, um sie aus unserer Anstalt in die Privatklinik des Hofrates zu bringen. Für die Direktorin, die in ihrem alten dicken Mantel bis ans Portierhäuschen gekommen war, hatte sie ein warmes Lächeln, sie beugte sich sehr bewegt zu ihr, sie fiel ihr um den Hals und küßte sie unter Tränen ab. Mir hatte sie nur die Hand gereicht, die ich küßte, weil ich ihren Mund nicht küssen durfte, um von ihr Abschied zu nehmen.


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