Gustav Weil
Tausend und eine Nacht, Vierter Band
Gustav Weil

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Das wunderbare Augenheilmittel.

Es wird erzählt: Der Fürst der Gläubigen, Harun Arraschid, ging einst mit seinem Gesellschafter Abu Jakub, mit dem Barmekiden Djafar und den Dichtern Abu Nuwas und Asmai aus; da begegneten sie einem alten Mann auf einem Esel reitend. Harun Arraschid sagte zu Djafar: »Frage diesen Mann, woher er ist.« Djafar fragte ihn, und der Alte antwortete: »Von Baßrah.« – »Und wo willst du hin?« fragte ferner Djafar. »Nach Bagdad«, antwortete der Alte. »Und was willst du dort tun?« – »Ich will mir dort ein Arzneimittel für meine Augenkrankheit holen.« Da sagte Harun Arraschid zu Djafar: »Treibe mit diesem Mann ein wenig Scherz.« Djafar erwiderte: »Ich werde, wenn ich mit ihm Scherz treibe, unangenehme Dinge hören müssen.« Aber Harun Arraschid beschwor ihn nochmals, er möge ihn doch zum besten haben. Da sagte Djafar dem Alten: »Was gibst du mir, wenn ich dir ein Mittel sage, das dich gewiß heilt?« Der Alte antwortete: »Gott wird dir einen bessern Lohn geben, als ich es vermag.«

Djafar sagte dann zu dem Alten: »So höre denn mein geheimes Mittel, das ich vor dir noch niemandem anvertraut. Nimm drei Pfund Wind, drei Pfund Sonnenstrahlen, drei Pfund Mondschein und drei Pfund Flamme eines Öllichts, mische alles in einem bodenlosen Mörser, laß es drei Monate in der Luft stehen, dann stoße es drei Monate lang. Wenn du es gestoßen hast, leere es in eine durchlöcherte Schachtel und laß es wieder drei Monate in der Luft stehen. Du gebrauchst dann diese Arznei jeden Tag dreihundert Mal, ehe du schlafen gehst, und wenn du sie drei Monate hintereinander gebraucht hast, wirst du mit Gottes Willen genesen.« Als der Alte diese Worte von Djafar hörte, sagte er: »Gott schenke dir für deinen Lohn eine Sklavin, durch die du zuletzt dein Gesicht verlierst, und wenn du stirbst und deine Seele in die Hölle fährt, so ziehe sie dich im Kot am Bart herum.« Harun Arraschid lachte so heftig, daß er umfiel, und als er wieder zu sich kam, ließ er dem Alten dreitausend Drachmen geben.


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