Jakob Wassermann
Das Gold von Caxamalca
Jakob Wassermann

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Welch verdächtige Eile, zu der sich der General getrieben fühlte; vor allem fürchtete er die Rückkehr Hernandos de Soto; weshalb, ist mir eigentlich nie recht klar geworden. De Soto war ein starker und redlicher Charakter, auch gehörte er einer einflußreichen und mächtigen Familie an. Was hatte aber Francesco Pizarro zu fürchten, außer Mißlingen und Tod?

Auf meine unbedeutende Person Rücksicht zu nehmen, hatte er keinen Grund, obwohl ihm meine Gesinnung in dieser Angelegenheit bekannt sein mußte; ich heuchelte ihm gegenüber nicht wie seine Schönredner und vermochte nicht jede seiner Handlungen zu bewundern. Ich war meiner ganzen Natur nach zum schweigenden Zuschauer bestimmt: ich bin ein Stotterer; ich bin es auch innen; damals war mir das Wort noch weniger gegeben als heute, und was ich sah und empfand, rann erst durch viele Kanäle, bevor es in mein Bewußtsein und in das Licht des Herzens trat.

Es war wünschenswert, die ausdrückliche Billigung des Pater Valverde zu dem Verfahren wider den Inka zu erlangen. Dem Mönch wurde eine Abschrift des Urteils vorgelegt, damit er es unterzeichne. Ich war zugegen, als er es las. Sein Blick flog unsicher über die Seiten, er setzte seinen Namen unter das Dokument, neben die drei Kreuze, die der General gemacht hatte, und sagte mit finsterer Ruhe: „Er möge sterben.“

Seit diesem Tag sind dreißig Jahre an mir vorübergezogen, und man sollte meinen, daß das Bild verblaßt sei. Dem ist aber nicht so. Im Gegenteil, jede Gestalt und jede Farbe steht noch mit derselben Deutlichkeit vor mir, jedes Wort haftet noch mit derselben Schärfe in meinem Gedächtnis. Was verschlägt es, dreißig Jahre? Und wenn es dreihundert, und wenn es dreitausend sein werden, die ihren Staub und Moder darübergeschüttet haben, das Gedächtnis der Menschheit wird so unerbittlich sein wie meines. Des bin ich sicher in meiner Einsamkeit.


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