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Aventiure von dem Turney ze Frisach

Um die Fasten kam neue Kunde. Es wolle der Markgraf von Istrien den Fürsten von Kärnten angreifen. Als dies Fürst Leopold von Österreich vernahm, sprach er: »Das gestatte ich nicht! Ich will versuchen einen Vergleich zu stiften, und will in Kürze einen Tag einberufen.« Er sendete einen Boten an die beiden Fürsten mit der Bitte, ihm zu gestatten, zwischen ihnen zu vermitteln. Und als beide damit einverstanden waren, wurde ein Tag für die Klage der Fürsten einberufen und zwar nach Friesach auf den Tag Sancti Philippi (erster Mai). Als ich davon hörte, freute ich mich von Herzen, ging zu meinem Bruder und sprach: »Dort zu Friesach kommt eine große Menge Herren zusammen. Deren Ritterschaft sollten wir prüfen.« »Du hast gut geraten,« erwiderte er. »Da wollen wir uns mit Rittern in den Wald legen und all den Tag jedem, der Kampf begehrt, ihn auch gewähren. Und damit man zu uns stößt, wollen wir es verlauten lassen. Viele werden kommen. Denn dann ist Maienzeit, zu der man ungern zu Hause liegt.«

»Bruder«, meinte ich, »da hast du recht. Und sendest du Boten auf die eine Seite, so will ich sie auf die andere schicken.« So ritten sie denn überall durch die Lande und wirklich kam zu Ehren der Frauen manch tapferer Ritter. Als Zeit und Tag nahe waren, ritten die Boten der Herren in die Stadt und machten Herberge. Der Marschall des Fürsten von Österreich aber bat die Gäste, sie mögen sich züchtiglich betragen. In der Stadt fand jeder Fürst die Herberge so, wie er sie sich erbeten hatte. Grafen, Freiherren, Dienstmannen, fanden im ganzen Orte verteilt, ritterlich Gemach. Nun will ich euch sagen, wer alles zu dem Tage kam und sich in Friesach aufhielt. Da waren zunächst der Fürst Leopold und der Markgraf von Istrien, dann Herzog Bernhard von Kärnten, Markgraf Diepold von Boheburg, Graf Albrecht von Tirol und Graf Meinhard von Görz. Dann sah man den von Liebenau, einen von Heunburg, der mit mehreren Rittern eintraf, Grafen Hermann von Ortenburg.

Graf Ulrich von Pfannberg war da – dann Hugo von Taufers und die Brüder von Schauenberg. Ritterlich hielten Einzug der Domvogt von Regensburg, Herr Otto von Lengenbach, der von Auersperg, Konrad von Sonneck, Dietmar von Pottenstein. Von den Lehensleuten nenne ich euch Hartnid von Ort, Hartnid von Wildon, den von Stubenberg, Herren Reinprecht von Murreck, der mit vielen Rittern kam, Rudolf von Ras, einen Königsperg, Hermann von Kranberg (Krainverg?), Herren Offo und zwei Heinrich von Pitten, Heinrich und Kol von Truhsen (Trixen?), Otto von Graz und seinen Bruder Ortolf, einen Wolkensteiner, Gundacker von Steyr und seinen Bruder Dietmar, Herren Ekkehard von Tanne, Gundacker von Starkenberg, Albrecht von Nußberg, Hadmar von Kuenring mit dreißig Rittern, Wölfelin von Gars, Otto von Schönkirchen, Rüdiger von Antschowe (Anjou?), Ulrich von Steunze und den von Ottenstein, Hadmar von Schönenberg, den Herren von Hakenberg, Herren Heinrich von Kiaue. Die Liste ist stark gekürzt.

Nun habe ich euch jene genannt, die als Anführer in Betracht kamen. Außerdem waren über 600 Ritter anwesend, und mehr als zehn geistliche Herren, die helfen wollten, den Streit zu schlichten.

Nun waren also die Herren und Ritter in die Stadt gezogen – ich aber ließ vor der Stadt 10 Hütten und ein Zelt aufschlagen, herum in die Erde 4 Banner und 500 Speere stecken. Dort lagerten 36 gute Ritter, die alle der Frauen wegen Ritterschaft pflegen wollten. Ihr könnt mir glauben – wir fieberten diese Nacht vor Kampfesgier und am nächsten Morgen wurde jedem, der es begehrte, von uns Kampf gewährt.

Ritterlich zogen sie von allen Seiten gegen uns. Bunte Banner flogen über dem grünen Anger, Helmschmuck leuchtete, wie die Blumen in der Maienwiese strahlen.

Die aus der Stadt rückten nur langsam heran. Als wir sie nahen sahen, liefen wir zu unseren Rossen – und gleich gab es ein lustig Stechen.

Die grôier Eine Art Herold. liefen hie unde dâ:
si schrîten: »wâ nu, wâ nu, wâ
ein ritter, der tyostyrens ger?
der sol komen: herâ her!
hie stampfte vil manic ritter guot
under helme hôch gemuot:
die wellent êre, guot unde lîp
hie wâgen durch di reinen wîp!

Mehr als 40 Bahnen gab es, auf denen ritterliche Taten vollführt wurden.

Das Ritterspiel währte den ganzen Tag. Damals taten Leute mit, die es noch nie versucht hatten. So mußte manch Bein daran glauben, ritt mancher den Gegner so an, daß sie beide mit den Gäulen am Boden lagen. Rosse gingen verloren, da man den Reiter herabgestochen hatte, der zum Schaden auch noch den Spott leiden mußte.

Diesen Tag fand jeder, was er wünschte. Die einen stachen aus freudigem Stolze, andere um Gut zu erwerben, dritte kämpften zu Ehren der Frauen, vierte um zu lernen, fünfte um Ruhm zu erlangen. Der Boden lag am Abend voller Speerstücke. Die gestürzten Ritter mußten nun das Zimmer hüten; manchem kam die Nacht zu früh, andere freuten sich ihres Nahens, um sich ausrasten zu können.

Die anderen zogen wieder in die Stadt – wir aber lagerten im Zelte, wo wir gute Unterkunft hatten.

Ich hatte bei dreißig Speere verbraucht, lag voller Gedanken wach, bedachte, was ich tun solle, um alle zu übertrumpfen. Ich überlegte: »Morgen in der Früh greife ich zuerst beim Stechen heftig an. Nach einer Weile aber stehle ich mich heimlich fort, ziehe auf den Berg. Von dort aus will ich mit 11 Knappen grün gezimiert in die Bahn reiten. Ein jeder der Knappen soll einen grünen Speer führen, grüne Kleidung, grüne Pferdedecken haben.« Ich setzte auch durch, daß es möglich wurde.

Den nächsten Morgen zogen die Kämpen wieder froh und hochgemut heran. Da war ich schon mit Schild und Wappenkleid bereit.

Zuerst rannte mich Konrad von Sonneck an. Ihm folgten Herr Leutold von Pettach, der Königsperger und Herr Ulrich von Steunze. An diesen Vieren verstach ich 13 Speere – dann zog ich mich in mein Zelt zurück, verließ es heimlich, ritt eilig auf den Berg, wo ich schon mein grünes Wappenkleid bereit fand, das ich rasch anlegte. Nun waren Wappenrock und Pferdedecke aus grünem Samte, Schild, Helm, die 12 Speere waren grasgrün. Grün waren meine Knechte, grün die Decken ihrer Rosse. Ich selbst nahm einen grünen Speer in die Hand und ritt zum Platze zurück.

Als ich den Berg hinabkam, schrien die Grojer eben: »Wo ist ein Ritter? Wo? Wo?« Das war aber wirklich nicht notwendig. Denn ich fand wohl 100 Ritter vor, die sich in ritterlicher Arbeit mühten.

Mit lautem Schalle sprengte ich auf sie zu.

Ich freute mich herzlich, als ich merkte, daß mich niemand erkannte. Als erster rannte mich mein eigener Bruder an. Doch ich wendete mich schweigend ab, und bestand Herren Hugo von Taufers, der mich am Kolliere traf, während mein Speer an seinem Helme zersplitterte, daß die Späne flogen. Nun ritten Leute herbei, um zuzusehen. Da verstachen er und ich wohl 10 Speere. Unterdessen war auch Herr Hadmar von Kuenring herbeigekommen. Und als ich ihn heranrasen sah, gab auch ich meinem Rosse die Sporen und flog gegen ihn. Auch da blieben die Stangen nicht ganz – die Schilde klüfteten sich vom Stoße, die Kniee schmetterten gegen einander.

Diu tyost âne schaden niht geschach.
sîn hant mich in den arm stach:
ich wart von im ein lüzel wunt.
daz wart im noch dâ niemen kunt:
mich huop diu wunde vil unhô.
wir ruoften bêdenthalp alsô:
»sperâ, herre, sperâ sper!
diu sint enzwei: andriu her!«

Diu gab man uns vil palde dar.
bî mîner höfscheit, daz ist wâr.
uns was zesamen bêden ger.
in kurzer zît wir siben sper
zerbrâchen: der verstach er driu
und ich mit mîner hant vieriu.
daz ich gevaelt nie tyoses dâ.
dô band er ab den helm sâ.

Nun kam gegen mich Herr Wolfger von Gars, der, so wie ich, zwei Lanzen verbrauchte. Dann stach ich Herren Leupold von Lengenburg den Helm vom Kopfe – und nun baten meine Knappen die Ritter, zurück zu bleiben. Aber als man mich vom Felde forttraben sah, folgte man mir zu meinem Ärger doch nach.

Da kam Herr Markgraf Heinrich herangesprengt, rief: »Laßt doch diesen Ritter davon! Ihr seht – er will unbekannt bleiben – und wenn das sein Wunsch ist, so laßt gefälligst das Nachreiten.«

Man gehorchte – ich aber legte, wo mich niemand sah, das grüne Wappenkleid ab, und kehrte, gezimiert wie vordem, wieder auf das Feld, verstach noch sechs Speere unter meinem Wappen; erst am Abende wurde der Anger leer. Da- und dorthin zogen die Ritter und der Ruhm manches Mannes stieg den Tag gar hoch. Ich kann euch nicht sagen, wer sich besonders hervorgetan hat. Das kann ich sagen, daß mancher besser war als ich. Doch eines war wohl wahr: Alle fragten sie, wer heute der Ritter gewesen sei, der im maienfarbigen Wappenkleide erschienen.

Am dritten Morgen begann der Kampf wieder – und ich gestehe – das Ritterspiel dauerte 10 Tage, ohne daß sonst etwas anderes geschehen wäre. Fast einen jeden traf es in der Zeit einmal, mit dem Pferde zu stürzen.

Da sagte der Fürst von Österreich: »Wahrlich, ich bin nicht deswegen hergekommen, daß wir nichts anderes tun, als Lanzenbrechen. Einen Tag habe ich hieher einberufen, um den Zwist zwischen dem Kärntner Herzoge und dem Markgrafen Heinrich zu bereinigen.«

Der Patriarch von Aquileja wieder meinte: »Die Kosten sind mir zu hoch.« Und der Bischof von Bamberg sprach: »Mein Bruder, der Markgraf von Istrien, hat mich hergebeten. Aber es hat ja gar keinen Sinn, sich hier aufzuhalten.« Die vier Bischöfe von Salzburg, Brixen, Passau und Freisingen waren ungehalten, daß sie unsertwegen Auslagen hatten. Was an geistlichen Fürsten in der Stadt war, bat daher den Herzog Leopold hoch und teuer, er möge doch endlich das schaffen, weswegen man hergekommen. Der erwiderte: »Gebt mir lieber einen guten Rat, und sagt mir, wie ich das machen soll. Denn gerade jenen, die ich unbedingt bei der Beratung brauche, gefällt das Tjostieren so wohl, daß ich sie nicht von der Stechbahn wegbringen kann, so sehr ich es auch versuche.«

Sagte der Fürst von Kärnten: »Ich will raten, wie man dem ein Ende machen kann! Wir veranstalten selbst ein Turnier! Seit 10 Jahren bin ich nicht mehr zum Vergnügen, sondern bloß im Ernste, im Wappenkleid gewesen. Und da will ich selbst mithalten.«

Diesen Rat befolgte man auch. Man bat, das Tjostieren zu lassen, und die Herolde verkündeten in der Stadt: »Am Montag wird ein Turnier stattfinden.« Da ließ ich freudig Hütten und Zelt abbrechen, und wir zogen in die Stadt, froh, daß noch ein Turnier stattfinden sollte.

Seidenstoffe, Brokate, Zobel, Hermelin, Zendal, Tafft wurden da in Mengen verschnitten, Silber, Gold, darauf gelegt. Und wem das zu teuer war, der hielt sich an Stoffe aus Bukara. Jeder schmückte sich so gut er konnte. Dann wurde das Turnier geteilt, was viel Nachdenken machte. Der von Österreich hatte 100 Ritter. Zu ihm stießen der Markgraf Diepold mit 12, Graf Albrecht von Tirol mit 40, Hugo von Taufers mit 23, der Domvogt mit 22, der von Murreck mit 40, Hadmar von Kuenring mit 31, Hermann von Kranberg mit 20 und Wolfger von Gars mit 12 Rittern.

Auf der anderen Seite aber standen Markgraf Heinrich mit 60, der Fürst von Kärnten mit 50, der Graf von Görz mit 55, der von Heunburg mit 32, der von Liebenau mit 25 Rittern, die er von Bayern und Franken mitgebracht hatte; Graf Hermann von Ortenburg führte nicht mehr als 8 Ritter, während der von Ort 36 aufgebracht hatte, und Wülfing von Stubenberg 34 anführte.

Montags hörte man bei Sonnenaufgang die Messe – und dann gab es überall ein groß Gedränge. Von Posaunen ward großer Schall, Hollerflöten, der Hörne Stoß, Paukenschlagen war da groß. Die Herolde die waren froh – die riefen da und dort allso:

»Nun zieht aus Ritter, edel, gut, nun zieht aus und seid hochgemut und zieht im hohen Mut. Fürwahr – das nehmen der Frauen Boten wahr. Nun zieht mit Freuden auf das Feld, da liegt der Minnegehrenden Geld.«

Mit Schall zogen wir aus der Stadt – und ein jeder Rottmeister bat die Seinen hoch und teuer, auf sich zu sehen und sprach: »Uns mag wohl Preis gebühren, wenn wir zusammenstehen. Ich bitt' euch, laßt euch nicht zersprengen – das bringt euch Lob.« So kamen wir auf das Feld.

Nu wâren ûf daz velt bekomen
in hôhem muote gar die fromen.
des was daz velt vil wunneclîch
von maniger liehten panir rîch.
man sach ouch dâ manic lichtez sper,
gevärbet nâch der ritter ger.
gezimirt dâ manic helm guot
vil schône was durch hôhen muot.

Der helme blic, der schilde schîn
dâ manigem in diu ougen sîn
sô lûhte, daz er kûm gesach:
von liehter varbe daz geschach.
ir zimir und ir wâpencleit
mit lichte dâ mit der sunne streit.
daz velt was lichter varbe rîch
un ir zimirde wünneclîch.

Man ritt hin und her – da rückte langsam der von Stubenberg mit den Seinen, Speer hoch, über das Feld. Gegen ihn wendete sich Herr Hadmar von Kuenring, gab die Sporn, als er die Speere herannahen sah, schrie den Seinen zu: »Speer in die Hand. Rückt zusammen! Noch mehr zusammen! Macht den Anlauf nicht zu lang. In voller Fahrt müssen wir ankommen!« Herr Wülfing wieder sprach: »Eine harte Sache kommt. Herr Hadmar will uns bestehen. Was ich will, will auch er. Stechen wollen wir! Der liebe Gott soll seine Freude daran haben!«

So rückten sie gegeneinander. Als sie kaum mehr einen Lauf von einander entfernt waren, wurden die Rosse gespornt – jäh fuhren die Haufen aufeinander los. Speere zerkrachten, Schilde schallten, im Hurte stießen sich die Knie, Mann und Rosse wälzten sich am Boden. Es gab Beulen, Wunden. Man prellte vor, ging zurück, versuchte umzukehren. Helme wurden abgerissen, Pferde beim Zaum genommen, Schwert klang auf Helm, Schilde barsten unter den Stößen und Herr Hadmar mußte weichen.

Dem zu Hilfe kam herangeritten der von Murreck. Mit Kunst griff der seitlings an, und ritt dem von Stubenberg einen Teil seiner Leute um. Da ist der von Ort zu Hilfe geeilt und kam mit solchem Schwunge, daß er die drei Scharen alle durchbrach und eine Menge Ritter stürzten. Nun begannen Hugo von Taufers und Hermann von Kranberg, die zusammen eine Rotte bildeten, heranzusprengen. Deren Anprall war so schön, daß sie die beiden Parteien über Ackersbreite auseinander warfen. Der Graf von Liebenau aber rannte in schärfstem Ritt den von Lengenbach an, und durchbrach ihm die Schar. Doch von dem Anpralle wurde sein Roß lahm und brach unter ihm, als er neuerlich anritt, zusammen. Herr Siegfried von Totzenbach und sein Vetter Gottfried brachten dem Grafen, der am Boden liegend einige Huftritte erhalten hatte, ein neues Pferd. Des Grafen Ritter aber stürmten unter der Führung des Heinrich von Vigaun noch einmal heran und ritten den Domvogt mit seiner Schar von ihren Herren ab, halfen ihm auf. Der Graf von Heunburg und auch Graf Hermann brachen krachend mit den Ihren in den Kampf und nun gerieten der Graf von Tirol und der Herzog von Kärnten aneinander. Beide durchbrachen die gegnerischen Reihen – hinter ihnen aber kamen ihre Scharen herangebraust, daß es weit über das Feld klang; vom Anprall saßen Pferde auf den Hechsen, Speere barsten, man rang und schlug.

Noch hielten der Fürst Leopold mit dem Markgrafen Diepolt auf der einen Seite, gegen den Markgrafen von Istrien und den Grafen von Görz auf der anderen Seite. Die beiden wendeten sich mit ihrer Schar gegen den von Österreich. Das Turnier begann sich zu Ungunsten des Österreichers zu verschieben. Da gab er seinem Rosse die Eisen und im Anpralle ritten er und die Seinen das Turnier entzwei – die Freunde hier, die Feinde dort.

So stark war der Anprall, daß viele Schilde in Trümmer gingen, Rosse lahm wurden, Eisenhosen zerrissen. Nun waren alle Scharen im Kampf. – Die Rosse dampften – man rang mit Stoß und Schlag, mit Anprall und mit Schildstoß um den Sieg und um Ehre. Der Graf von Görz drang zum Fürsten von Österreich vor, versuchte, ihn gefangen zu nehmen – der aber riß ihm den Helm ab. Da kam auch schon unter der Führung des Markgrafen Diepolt seine Ritterschaft dem Herzog Leopold zu Hilfe. Und da ward der Graf von Görz so umringt, daß er nicht davon konnte. Er aber wehrte sich ritterlich. Da brachte Rudolf von Ras ihm mit 50 Rittern, darunter Heinrich von Lienz, Hilfe. Die halfen ihrem Herren davon – und da klang es von hellem Schwertklang und dumpfen Gedröhne der Zusammenprallenden. Und als der von Ras seinen Herren befreit hatte, wollte er nicht leer davon, und fing aus der Schar des Österreichers sich Herren Hermann von Tribuswinkel heraus. Den Tag gewann Markgraf Diepolt viel Ehre – ebenso auch der von Schlüsselberg und Dietmar von Liechtenstein, der 25 Speere verstach. Auch eine Menge Helme fiel in seine Hand. Der von Königsperg schwang meist das Schwert und machte 5 Gefangene – während Wolfger von Gars 22 Speere verstach. Lob errangen auch Ortolf von Graz, Ulrich von Murberg, Ottokar von Wolkenstein. Wie ein Falke auf die Stare stößt – so fuhr er durch die kämpfenden Haufen. – Otto von dem Wasen glänzte als Speerkämpfer. Der starke Heinrich von Kiaue nahm den Grafen von Tirol gefangen und ließ ihn nur über Eingreifen des Otto von Meißen frei, der dem Kiauer den Helm abbrach, so daß er sich zurückziehen mußte. Ruhmvoll kämpften auch Herrmann der Schenk von Osterwitz und Herr Reinher von Eichelberg. Vier Rosse gewann Herr Küon von Friedberg, der auf Erwerb bedacht war, und ebendas gelang auch Otto und Dietrich von Buchs.

Wollt ich all die Ritter nennen, die sich besonders hervortaten – so käme ich zu weit. Denn da müßte ich bei 100 Namen nennen. Mehr als 1000 Speere wurden verstochen; wohl 150 Ritter verloren ihre Pferde. Mancher band den Helm ab, während andere noch turnierten, als hätten sie eben erst begonnen. Und was mich selbst betrifft, so kann ich nur sagen, daß ich weder der Beste war, noch zu den Schlechten zählte.

Den ganzen Tag währte das Turnier – wenngleich man es schon in aller Früh begonnen hatte. Erst am Abende band man die Helme ab – und zog in die Stadt, wo schon überall die Bäder bereit waren. Einzelne fielen vor Müdigkeit im Bade in Ohnmacht – manche wurden verbunden, andere mit Salben am Arme, am Knie gerieben. Es gab solche, die schliefen wie erschlagen – andere konnten vor der Frage: »Wie habe ich heute hier abgeschnitten?« keinen Schlaf finden.

Am nächsten Tage aber mußten die, die Gefangene waren, zu dem Juden wandern, allerlei Kostbarkeiten ihnen als Pfand geben. Die Gut gewonnen hatten, waren froh und hochgemut. Der Fürst Leopold von Österreich aber sendete nach dem von Istrien und nach dem Herzoge von Kärnten – und am dritten Tage gelang es, sie zu versöhnen. Da ritten dann die Fürsten davon – ich aber nahm den Weg zu meiner Niftel, die mich willkommen hieß. »Nun mußt du wieder mein Bote sein,« bat ich. Sie erwiderte: »Gerne, Neffe! Ich sende gleich einen Boten zu meiner Frau und lasse ihr sagen, daß niemand sich in Friesach mehr ausgezeichnet hat als du.«

»Niftel – ich danke dir's immer, wie ich nur kann, bitte dich, auch dieses Lied anzuschließen. Diesmal bin ich unbesorgt – denn es hat schon den Besten gefallen.«

Das Lied aber ging so:

 

Eine Tanzwîse.

In dem Walde süße Töne,
Singen kleine Vögelein,
Auf der Heide Blumen schöne
Blühen, wie des Maien Schein.
Also blüht mein hoher Mut
Im Gedenken ihrer Güte,
Die mir tröstet mein Gemüte
Wie's der Traum dem Armen tut.

Hoffen ist's viel hoher Dinge,
Das ich gegen ihre Tugend trage,
Geht's doch dahin, daß es mir gelinge
Daß mein Glück bei ihr ich jage.
Dieses hoffend, bin ich froh;
Gott geb', daß ich's wohl beende,
Daß sie mir den Wahn nicht wende,
Der mich macht von Herzen froh.

Die Vielsüße, falschesfreie.
Der fremd jede böse Tat,
Lasse mich in Liebesmaie
Da doch frommt kein anderer Rat.
Daß die Freude lange währe.
Daß nicht weinend ich erwache.
Daß ich zu dem Tröste lache –
Dies bloß ich von ihr begehre.

Wünsche sind auch süß' Gedanken,
Sind die meiste Freude mein.
Darum will ich gar nie wanken.
Sie gestatte mir zu sein
Mit den Beiden nah bei ihr.
Williglich soll sie gewähren
Dies mein demutvoll Begehren,
Daß sie immer selig sei.

Selig Maie – du alleine
Tröstest sonst die ganze Welt,
Doch du und die Freuden deine
Ohne ihr mir nicht gefällt.
Was kannst du mir Freude geben,
Wenn die Holde mich will meiden?
Schweres muß mein Herz dann leiden –
Kann ohn' ihren Trost nicht leben.

Das Lied hab' ich zu Friesach das erste Mal gesungen und mancher Ritter hat es dort gehört, der sagte, es wäre gut, die Weise sei neu und hochgemut – die Worte aber süß und doch wahr. Meiner Niftel gefiel das Lied auch – und so nahm sie es mit der Zusage, es an meine Frowe gelangen zu lassen. Die empfing den Boten huldvoll, übernahm die Sendung und las den Brief –

In dem stand aber:

Ich entbiet euch Fraue meinen Gruß,
Und Dienst, wie ich's von Rechtens muß
Meiner lieben Frauen.
Ihr könnt mir wohl vertrauen.
Daß ich euch diene meine Tage.
Nun höret, Frau, was ich euch sage.
Zu Friesach war viel Ritterschaft
Versammelt mit gar hoher Kraft.

Da hat das Beste gar getan
Euer getreuer Lehensmann,
Mein Neffe, der von Liechtenstein.
Der anderen Taten dünken klein.
Denn er hat für euch, Fraue hehr,
Verstochen mehr als 100 Speer.
Gelobt wird er von jeder Seit.
Das ist wahr – bei meinem Eid.

Er hat euch dort gedienet so.
Daß ich davon bin worden froh.
Er diente euch mit Treuen
Kann den Dienst erneuen
Euch mit ritterlicher Tat;
Sein Herz euch immer lieb hat.
Viel herzenliebe Fraue mein
Meiner Seele Heil soll Pfand euch sein.

Als sie den Brief gelesen hatte, schrieb meine Frowe auch einen, gab ihn dem Boten mit den Worten mit: »Sag deiner Frau einen Gruß von mir, bringe ihr den Brief und richte ihr von mir aus, daß das, was sie mir sagen ließ, nicht wahr war...«

Als der Brief zu meiner Niftel gelangte, ließ sie ihn mir zukommen. Ihr Bote fand mich zu Leibnitz bei einem Turniere, an dem bei 300 Ritter teilnahmen.

Freudig empfing ich den Boten, von dem ich meinte, daß er mir eine Freude bringe. In dem Briefe aber stand:

»Du lobst mir hoch den Neffen dein –
Das wird wohl wegen der Sippung sein;
Denn Fremde loben ihn mir nicht!
Und dies fällt mir mehr ins Gewicht.
Und streichst du ihn so sehr heraus.
Halt reif ich dich fürs Irrenhaus.«

Als das Brieflein mir gelesen worden war, schämte ich mich der Botschaft und dachte mir: »Nun muß ich durch Taten bei ihr zu hohem Lobe kommen, denn sonst verliere ich Leib, Gut, Sinne und Leben.«

Da fuhr ich weithin durch das Land. Wo irgendwo Ritterschaft sich zusammenfand, tat ich im Scherze und im Ernste mit, zehrte an Leib und Gut. So zog ich den ganzen Sommer in den Landen hin und her. Und als der kalte Winter gekommen, der grüne Wald verdorben war und die Vöglein schwiegen – da ritt ich zu meiner Niftel – und klagte ihr mein Leid.

Die sprach: »Es ist für mich nun ausgeschlossen, in Hinkunft dein Bote zu sein. Sie fürchtet zudem, man könne etwas merken und hat es mir ausdrücklich verboten. Und da sie es nicht will, so wäre ich töricht, wenn ich ihr auch weiterhin gegen ihren Wunsch Nachrichten senden würde.«

Darüber klagte ich sehr – die Niftel aber versicherte mir, daß meine Frowe mir eigentlich gewogen sei, daß sie nur fürchte, sie könne durch die vielen Botschaften in ein Gerede kommen. Davor wolle sie mich und sich behüten. Außerdem sei es für den Boten böse, jetzt zu reiten.

So ritt ich unverrichteter Dinge davon und dichtete unterwegs das folgende Lied:

 

Ein Tanzwîse.

Der Sommer hat ein End' genommen
Es schweigen nun die Vögelein.
Davon ist Trauer mir gekommen
Tief in das treue Herze mein.
Winter und ein ander Leid
Die geben mir sehnsuchtsvollen Sinn
Und haben angesagt mir Streit.

Sommers soll man sein voll Freud –
Da soll ein Mann der Frowen sein
Mit Diensten gerne sein bereit –
Drum selig sei sein lichter Schein.
Winter voll Haß ich dir bin
Dabei dem lieben Sommer hold
Wo besser ich der werten Frowen dien!

Was soll mir die Winterszeit
Und auch dazu die lange Nacht?
Die, welch' mir meine Freude leiht
Die hat d'ran leider nicht gedacht,
Daß sie so ende meinen Streit
Wie jenem, dem gar wohl geschieht,
Der nah beim Liebe lieblich leit. liegt.

Wenn man schon Leid nach Liebe hat,
So soll auch Lieb nach Leiden nah'n.
Mein Leib noch schwere Leiden hat;
Doch nichts mein Sehnen wandeln kann.
Frowe, wende du mein Leid,
Daß mir nach Leide Lieb geschehe.
Mein Herz bei Freuden traget Leid.

Frowe, liebe Frowe mein
Warum erweck ich deinen Haß?
War doch stets im Dienste dein. –
Dies weiß Gott und auch daß
Ich von dir meinen Sinn nie wandte.
Seit der Zeit, da ich Gut und Schlecht erkannte.

Im Winter ritt ich auf Besuch hin in das Land, in dem meine Frowe saß und dachte dabei hin und her, wie ich einen Boten finden könnte, der ihr meinen Willen sagen sollte. Leider war mein Suchen vergebens – nirgends konnte ich einen Mann finden, der mir dazu geeignet erschien. Daher wurde ich wieder kummervoll. Da kam auch schon wieder der Sommer mit seinen schönen Tagen und ich beschloß meiner Frowe auch dies Jahr oft zu dienen. Vielleicht gelang mir etwas, was ihr gefiel.

In Kürze war ich mit Rossen und Wappenkleidern ausgestattet, ritt freudig nach Kärnten, Krain und Istrien. In Triest veranstaltete der Graf Meinhard ein Turnier, bei dem es gar ritterlich zuging und bei dem 500 oder noch mehr Speere verstochen wurden. Ich selbst verstach dort 15 Stangen und erfuhr hiebei, daß in Brixen ein Turnier stattfinden solle. Da zog ich denn hin.


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